Über die Firma NIKKO aus Japan
Die Firma NIKKO aus Japan fällt dem Redakteur beim Durchforsten der alten Hifi-Magazine dadurch auf, daß sie schlagartig von der Bildfläche verschwand, einfach weg, kein Kommentar, keine Presseinfo mehr über eine Übernahme oder "Migration" oder über einen Konkurs. Krachende Konkurse wie bei uns waren damals in Japan - sagen wir mal - "unüblich", das wurde dort anders geregelt.
Hier kommen noch eine Menge der Anzeigen und Bilder aus dem sogenannten "Lofi" Bereich, also den unteren Qualitästklassen bei den billigen Hifi-Geräten.
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Der Leser BL aus dem Frankenland schreibt im März 2017 :
Sehr geehrter Herr Redlich, werte Redaktion,
unter dem Link "Hersteller (7) Internat.-selten" ist ein Scan einer alten Anzeige eines Steuergeräts der Firma Nikko abgebildet, zu dem Sie wohl keine näheren Informationen haben. Als ehemaliger Besitzer der Nikko Kompaktanlage NHS 50 MKII mit Plattenspieler, Radioteil und Kassettenlaufwerk habe ich schon vor einigen Jahren aus Spaß an der Freude Nachforschungen über die Firma angestellt, die ich ihnen auf diesem Wege zukommen lassen möchte.
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NIKKO- Informationen aus USA
Viele der folgenden Informationen stammen von Freunden aus den USA, in denen Nikko in Van Nuys/CA (Kalifornien) eine Niederlassung hatte und vornehmlich für ihre (Vor-)Verstärker und Tuner mit gutem Preis/Leistungsverhältnis bekannt war. Im Laufe meiner Recherchen stieß ich auch auf einen ehemaligen Vertriebsmitarbeiter der US-Branch, der mich mit weiteren Details versorgte.
Die Firma NIKKO - Gründung
Nikko Electric Works wurde im Dezember 1948 als Firma zur Konzeption, Herstellung und Installation von Kommunikationstechnik und elektrischen Anlagen aller Art in Japan gegründet. In den ersten Jahren fertigte Nikko hauptsächlich Sicherungen für die Japanische Eisenbahngesellschaft JNR (Japanese National Railroad), dann heiratete die Tochter des damaligen Chefs einen audiophilen jungen Mann, der angeblich "goldene Ohren" hatte und den alten Herrn überredete, eine Reihe von Hifi-Produkten aufzulegen, womit in den späten 1960ern begonnen wurde. Der Schwiegersohn verstand viel vom guten Klang, an der Vermarktung seiner Produkte war er jedoch nur marginal interessiert, so daß er anfangs Geräte entwickelte, die zwar sehr gut, aber auch sehr teuer und damit schwierig zu verkaufen waren.
Um 1970 gab es Probleme
Da die Audio Division nicht genug Geld abwarf und sich Nikko in den 1970ern konsolidierte, wurde sie ausgegliedert und diverse Auslandsniederlassungen gegründet. Darüber hinaus überarbeitete man die Produktpalette, die dicken Boliden flogen zugunsten weniger kostspieliger und damit besser verkäuflicher Geräte aus dem Programm.
Obwohl die Produkte durchaus mit der Konkurrenz mithalten konnten, gingen sie im Handel nicht so gut, was vor allem der übermäßig biederen Optik geschuldet war. Im Gegensatz zu Sony oder anderen Großen mit ihren gebürsteten Alufronten konnten oder wollten die Nikko-Designer diesem Trend nicht folgen und hatten es demnach schwer, sich am Markt zu behaupten. Auf unsere Verhältnisse übersetzt hatten die Nikko-Geräte eher den früheren Grundig-Look.
Konzentration auf den Low-Cost Bereich
Eine Folge der Neusortierung des Angebots war die Auflage von Kompaktanlagen der unteren und mittleren Preisklasse. Mit diesen Produkten trat Nikko u. a. auch auf dem deutschen Markt an, sie wurden über verschiedene Importeure eingeführt und dann bevorzugt über Kaufhausketten oder den Versandhandel (also die Billigschiene) verkauft.
Auf diesem Weg geriet ich Anfang der 1980er Jahre auch an meine Kompaktanlage NHS 50 MKII, die ich zu Weihnachten geschenkt bekam. Wobei "geschenkt" hier relativ zu sehen ist, da ich fast das ganze Jahr zuvor freiwillig auf den Großteil meines Taschengeldes verzichtet und viel Arbeit in Form von Zeitungsaustragen, Fensterputzen und Autowaschen geleistet hatte, um den Traum einer eigenen Stereoanlage wahr werden zu lassen. Bei der Auswahl eines passenden Gerätes hatte ich allerdings nur am Rande mitzureden, nach einer längeren Phase der Nachforschung präsentierte mir mein Vater drei Anlagen, die er in engere Wahl gezogen hatte, und eine davon war eben die Nikko, für die ich mich denn auch entschied. Sie kam mit einem schicken runden Standfuß aus gebürstetem Metall daher, der sehr 1970er-mäßig aussah und so schön schimmerte, machte sich echt gut neben meinem Jugendzimmer-Bett ... gekauft wurde das gute Stück über den Quelle-Katalog, allerdings in unserem Fall direkt vor Ort, das war für uns ja nur "einen Katzensprung" weit weg.
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Über meine NIKKO Anlage
Ich mochte meine Nikko jedenfalls sehr, optisch fand ich sie aber damals schon recht altbacken. Der Preis lag bei etwa 400.- DM. Die Zweiwege-Boxen waren angeblich bis 50W belastbar, der Verstärker lieferte um die 25W pro Kanal, hierüber sind meine Erinnerungen leider getrübt, auch habe ich über das Gerät keinerlei Unterlagen mehr und konnte im Netz auch nichts finden. Im Nachhinein betrachtet war das halt einer der vielen Kompaktanlagen, die es damals gab, die Komponenten waren "preisgerecht", wie man so sagt, erzeugten bei einem richtigen Hifi-Fan also nur ein müdes Grinsen. Als (noch) eher anspruchsloser Bub war für mich das Gerät dennoch ein Himmelreich an audiophiler Fülle, endlich konnte ich richtige Kassettenaufnahmen von Radiosendungen und Platten machen, und das in recht annehmbarer Qualität (einige der Kassetten habe ich heute noch). Mitte der 80er fiel das Kassettenteil aus und der Plattenspieler wollte auch nicht mehr so recht, ich stieg dann auf eine (andere) gebraucht gekaufte MIDI-Anlage mit Tagentialplattenspieler um, die mich bis weit in die 1990er hinein begleitete.
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Zurück zur Firma Nikko.
Die Audio-Abteilung schloß Anfang der 1990er ihre Tore, man wollte sich künftig nur noch dem Geschäft mit elektrischen Anlagen widmen.
Aus dieser Zeit stammt auch eine bemerkenswerte Episode der Firmengeschichte, ja sogar der japanischen Arbeitsmarkthistorie. Als nämlich Nikko nach dem Wirtschafts-Crash in Japan Anfang bis Mitte der 1990er Jahre - entgegen aller Traditionen - eine Reihe von Entlassungen vornahm, und das, ohne die Mitarbeiter und Gewerkschaften vorher informiert zu haben.
Die Mitarbeiter hielten damals etwas mehr als 10% der Unternehmensanteile (über Mitarbeitervertretungen), und rächten sich bitterlich an der Unternehmensleitung, indem sie ein japanisches Gesetz heranzogen, nach dem ein Anteilseigner mit mehr als 10% der Aktien die Liquidation eines in Not geratenen Unternehmens beantragen konnte.
In der Folge wurde Nikko gerichtlich unter Insolvenzverwaltung gezwungen und schließlich an eine Investorengruppe im Besitz der Rothschilds (USA) verkauft, die u. a. die Markenrechte weiter veräußerten.
Aus Kreisen ehemaliger Nikko-Mitarbeiter ist zu hören, daß dieser Verkauf sozusagen "feindlich" vonstatten ging, da die Bilanzen des Unternehmens an sich noch gut aussahen. Das kann man als Außenstehender lediglich zur Kenntnis nehmen, ob es stimmt, ist wohl nicht mehr überprüfbar.
Soviel ist sicher, kurz vor Ende der 1990er Jahre war Nikko jedenfalls Geschichte, das Hauptunternehmen folgte der Audio-Abteilung - also nur ein paar Jahre nach ihrer Auflösung ins wirtschaftliche Nirvana.
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Hier eine (vermutlich unvollständige) Liste
an (Vor-) Verstärkern, Tunern und anderem Equipment, das Nikko vornehmlich auf dem US-Markt zwischen den frühen 1970ern und 1990 anbot. Die Liste stammt aus einem amerikanischen Onlineforum und wurde von einem Fan der Marke zusammengestellt. Was davon international oder nur auf dem US-Markt angeboten wurde, entzieht sich leider meiner Kenntnis :
(das wird nachgepflegt, wenn die Masse der US Magazine an der Reihe ist.)
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NIKKO Amps
Model WPC Years MSRP Comments
Alpha I 220 1977-82 675
Alpha II 120 1979 480 Dual Mono, analog VU meters, 30 lbs
Alpha III 80 1978-82 500 MOS-FET, DC
Alpha V 100 1979 3000
Alpha VI 300 1400 Dual Mono
Alpha 130 100 1985 ? 350 DC, servo, 29 lbs
Alpha 220 120 1979 535
Alpha 230 150 1983 470 dc servo hi-speed non-Switching, 30 lbs
Alpha 280 130 1987 500
Alpha 400 120 1988 555 invert polarity,
Alpha 440 220 1979 ? 1005 dc configured hi-speed non-Switching
Alpha 450 220 1983 900 Class AB, 47 lbs
Alpha 480 230 1987 900
Alpha 600 180 1988 765 invert polarity
Alpha 650 300 1985 1700 strappable to mono, 61 lbs
Alpha 800 250 1988-91 1300 invert polarity
Alpha 2000 330 1988 1800 alpha 2000 bridgeable to 650w, balanced inputs, invert polarity
NIKKO Pre-amps
Beta I 1977-82 350
Beta II 1978 240
Beta III 1979 420
Beta V 1979 750
Beta 20 1981 300
Beta 30 1982 280 2 tone controls, dual input signal selector, 1 sound processor input, output, mm-mc, 8 lbs
Beta 30 II 320
Beta 40 1979 470 mosfet
Beta 50 1982 480 dual input signal selector, 3 sound processor input, output
Beta 50 II 1985 420 mm-mc, 11 lbs
Beta 400 1988 440 invert polarity, moving coil input, CD direct
Beta 600 1988 600 invert polarity, moving coil input, 2 record-out selectors
NIKKO Tuners
Gamma I 1978 fm only, analog meters, MOS FET front end
Gamma V 1978
Gamma 20 1979
Gamma 30 1982 quartz frequency syn, variable muting, auto scan, 9 lbs
Gamma 40 1979
Gamma 60 1987 20-preset, auto-man seek, programmable, muting scan, muting
Gamma 80 1987 20-preset, programmable, muting, auto-manual seek
Gamma 400 1988 digital synthesized,
Gamma 600 1990 memory scan, stereo mute, MPX hold circuitry
NIKKO Equalizers
Eq
EQ I 1979
EQ II 1979
EQ 20
EQ 25 1985 12 band, 11 lbs
EQ 30 1985 30 band, 11 lbs
EQ 500 1981 6 band, 9 lbs
Other
ATD-I Time Delay/Reverb Synthesizer
CO-23 Crossover
BTL-I Power Bridging Network
Zum Schluß noch herzlichen Dank für Ihre tollen Museumsseiten, sie haben mir schon viele Stunden an interessanten Informationen und Geschmunzel verschafft!
Mit besten Grüßen aus dem Frankenland - im März 2017
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