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Anmerkung der Redaktion: Wenn man bei dieser Rezension nicht genau wüsste, daß sie aus dem Kriegsjahr 1943 stammt, so könnte man durchaus von einer Beurteilung aus den späten 50er Jahren ausgehen. - Bitte beachten Sie folgende Einschränkung.

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Aus der Funkschau Sept. 1943 - ein Technischer Schallplatten- brief - Siemens übernimmt die Deutsche Grammophon

Als Neuheit auf dem Schallplattenmarkt erscheint diesmal die mit Spannung erwartete Siemens-Schallplatte, die den Platz der bisher von der Deutschen Grammophon G.m.b.H. firmierten Platten einnimmt, und von der man grund­sätzlich sagen kann, daß sie die Tradition der bei Siemens gepflegten Elektro­akustik sinnvoll fortsetzt.

Diese Tradition läßt sich vielleicht am besten durch dezente Gediegenheit und Klangschönheit kennzeichnen, und so bevorzugen auch die dem Referenten vorliegenden Schallplatten (und auch einige weitere, die er kennt) eine Technik, die bewußt alles Grelle vermeidet und äußerst kultivierte, bei aller Klarheit und Reinheit des Tons gedämpfte Aufnahmen zu erzielen sich bemüht.

Unnötig zu betonen, daß außerdem, da die Marke „Siemens Spezial" die ehemalige „Meisterklasse" der Deutschen Grammophon ablöst, auf ein erstklassiges Programm in künstlerischer und tadellose Aus­führung (Kleinhaltung des Nadelgeräusches) in technischer Hinsicht peinlich geachtet wird. Die Vorzüge der Siemens-Schallplatte offenbaren sich wohl am schönsten im „Don Quixote" op. 35 von R. Strauß (LM 67 800/04), der vom Bayerischen Staatsorchester unter Leitung des Komponisten und mit den Solisten P. Morasch (Violine), Ph. Haaß (Viola) und O. Uhl (Cello) in glän­zender Weise wiedergegeben wird.

Straff diszipliniert folgt das Orchester dem Komponisten und bringt in bewährter Weise alle Feinheiten der unerhört farbigen Instrumentation zur vollen Geltung: man denke nur an die Fan­farenstöße im 2. und 9. Teil, an den warmen Ton der Streicher in den lyrischen Stellen, an die schönen Cellosoli und die Klarheit der phantastischen Klang­farben im 3. Teil, an die leisen Beckenschläge im 5. Teil, die sich trotz des lauten Orchesters plastisch abheben, und an das wunderbare Crescendo im 5. Teil.

Nicht ganz nach unserem heutigen Geschmack
in musikalischer Be­ziehung ist die Neuaufnahme der etwas sentimentalen Stimmungslieder „Der Wagen rollt" von Fürst-Baumbach und „Drei Wanderer" von Hermann-Busse, die ebenfalls auf Siemens (LM 67 939) Georg Hann mit starkem Ausdruck zur vollendeten Klavierbegleitung von Michael Raudieisen singt; offenbar eine Konzession an die ältere Generation und als bessere Unterhaltungsmusik ge­dacht, obwohl, wie gesagt, wir uns heute etwas anderes darunter vorstellen als die leicht forcierte Symbolik und den gewollt nachdenklichen Tiefsinn einer vergangenen Epoche.

Es ist merkwürdig, daß es trotz des hohen Standes unserer heutigen Auf­nahmetechnik doch immer wieder einzelne Schallplatten gibt, die als wirkliche Spitzenleistungen weit über alle anderen hinausragen.
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Eine solche Spitzen­leistung ist die Lustspiel-Ouvertüre op. 120 von Reger, die F. Lehmann mit der Berliner Staafskapelle auf Odeon (O 9121) zu Gehör bringt, eine unerhört farbige Aufnahme, die mit ihren brillanten Höhen und ihrer plastisch-glän­zenden Dynamik so recht für den musikalisch interessierten Elektroakustiker geeignet erscheint und hohe Ansprüche an das Wiedergabegerät stellt, sollen alle Feinheiten der Platte und dieser funkelnden Musik richtig herauskommen.

Große und ein gutes Wiedergabegerät verlangende Orchestermusik bringt auch Telefunken mit der Alceste-Ouvertüre von Gluck (SK 3266), gespielt von den Berliner Philharmonikern unter Furtwängler. Technisch fällt hieran be­sonders das schön ausgeglichene Klangbild mit den sehr natürlich klingenden Violinen auf, die hell und plastisch über den düsteren Bässen schweben. Furt-wänglers Hand bringt sowohl die wuchtigen Tiefen als auch die zarten Höhen voll zur Geltung, und der verlöschende Schluß steigert sich zu fast beklemmen­der Vollkommenheit.

Alles in allem eine Platte, die nicht nur musikalisch vollendet ist,
sondern mit der man auch die Bandbreite und Wiedergabegüte eines Gerätes sehr eindrucksvoll demonstrieren kann.

Demgegenüber stellt natürlich Kammermusik keine solchen Anforderungen an das Wiedergabegerät, und wenn man an die Odeon-Aufnahme des vom Kölner Kammertrio gespielten Trio D-dur von Quantz denkt (O 7955), so wird auch ein weniger gutes Gerät die volle Klarheit und Schönheit dieser Aufnahme wiedergeben, die trotz des etwas leisen Cembalo die reine Musikalität und den wunderbaren Zusammenklang von Flöte und Gambe hervorragend be­wahrt.

Auch die vollendete Klavierwiedergabe
von Regers Sonatine e-moll op. 89 Nr. 1 ist nicht schwierig, weil nur wenig vieltönige Akkorde vorhanden sind. Cor de Groot spielt auf Odeon (O 8789/90) und wird der zarten Klarheit dieser zerbrechlichen Sonatine voll gerecht, die im Allegro gläsern durchsichtig schillert, im volksliedhaften Andantino eine verhaltene Lyrik ausströmt und auch im Vivace trotz aller Fröhlichkeit leise gedämpft klingt. Die sinnfällige Melodik von Webers Oberon-Ouvertüre ist immer in Gefahr, ins Triviale abzugleiten, wenn nicht Dirigent und Orchester alles aufbieten, um den inneren Gehalt dieser Musik nachdrücklich hervorzuheben, d. h. es braucht schon einen Dirigenten wie W. Mengelberg und sein Konzertgebouw-Orchester Amsterdam, um die Gefahr der Banalität zu bannen.

So spiegelt die Odeon-Aufnahme (O 8397/8) die ganze Schönheit Weberscher Musikalität wieder in dem blühenden und schwellenden Gesang der Violinen, in den klar herauskommenden Bläsern und in dem ganzen vollen und" runden Klang­körper des Orchesters, dessen temperamentvolles Spiel den Dirigenten nir­gends in Stich läßt. Die Rückseite von O 8398 setzt mit dem Allegretto scherzando aus Beethovens 8. Symphonie die lobenswerten Bestrebungen fort, Einzelauf­nahmen von besonders charakteristischen und prägnanten Sätzen der klassi­schen Sinfonik herauszubringen.

H.-W. P. - Sept 1943 !!!!!

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