Die Zeitschrift STEREO suchte nach weiteren Themen
und "sie" (er)fand die Podiums-Diskussion. Heute im November oder Dezember 1994 ist Premiere und es geht um HighEnd von Burmester und MBL und natürlich um HighEnd an sich.
Leider sind die Antworten oder Beiträge der beiden eingeladenen Podiums-Gäste dermaßen mit Phrasen und Wunschträumen durchsetzt, die aber auch nicht das Geringste mit der Wirklichkeit zu tun hatten und haben, daß ich das hier besonders heraustellen muß.
Dazu ist noch folgendes zu erläutern: Rainer Pohl mit seinem Klangstudio kenne ich jetzt seit über 45 Jahren und Rainer hatte bereits Anfang der 1990er Jahre auf High-End umgeschwenkt, weil das normale Hifi vom Ertrag her in den Großmärkten verrissen und verramscht wurde. Bei den ausgewählten Produkten mit dabei waren damals Accuphase und LINN und andere Edel-Hersteller, nicht jedoch Burmester und MBL zum Beispiel.
In den ganzen 40 Jahren spielte der weibliche Kunde eine absolut untergeordnete Rolle, und wenn überhaupt, kamen Paare oder Ehepaare zum Hören und Sehen und Kaufen ins Studio. Die Entscheidung fiel zu weit über 95% im Kopf des männlichen Teils.
Bei den Ausführungen über Hifi-Qualität und vor allem über Wohnqualität und Design wird in diesem Interview ein Schmus erzählt, das widerspricht jeglicher Hifi-Studio Erfahrung. Es sind einfach nur Wunschtäume der beiden Starverkäufer, wenn der Umsatz einbricht.
Als dann noch einige "Ehemalige" von Radio Diel (Frankfurt) und Main Radio (Frankfurt) und auch vom Hifi-Lager Suppes (Wiesbaden) angerufen hatten, haben wir auch öfter über den Erfolg von Edel-Hifi gesprochen. Super High-End Hifi war immer eine Randerscheinung im Kundenspektrum. Und in diesem "speziellen" Spektrum waren die Kaufargumente so verquer und so verschieden und oft nicht nachvollziehbar, daß man das so nicht verallgemeinern durfte.
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INTERVIEW AUS STEREO 1/1995
„Wir repräsentieren den Stand der Technik"
Im "Podium" diskutieren wir mit ausgewählten High End-Anbietern Probleme, Chancen und Perspektiven des Marktes. Unsere ersten Gäste kamen aus Berlin und zählen zu den profiliertesten Vertretern der Branche:
Dieter Burmester (Burmester Audiosysteme) und Wolfgang Meletzky (mbl-Akustikgeräte) unter anderem über Konkurrenz, Dolby Surround und High End „made in Germany"
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Die Fragen :
STEREO: Fangen wir mit der Zukunft an. Welche Perspektiven sehen Sie für High End?
Burmester: Ich sehe die Zukunft in rosaroten Farben. Optimistisch bin ich vor allem, weil sich der Konsum verlagern wird in die eigenen vier Wände. Das Ambiente zuhause wird immer wichtiger, und da wird die Stereoanlage neben der Küche zum zweitwichtigsten Posten der Einrichtung. Es ist ja auch heute schon spürbar, daß immer mehr Menschen über immer höhere Einkommen verfügen und sich Lebensqualität dafür kaufen.
Meletzky: Das untermauert schon die Tatsache, daß in den nächsten Jahren vermehrt Erbschaften anstehen. Die Kaufkraft für unsere Produkte ist ohne Zweifel vorhanden, die Möglichkeit steigt damit für viele, sich langgehegte Wünsche zu erfüllen.
- Anmerkung (1) : Eine merkwürdige Business Perspektive, auf die Kaufkraft aus oder über Erbschaften zu hoffen.
STEREO: Kaufkraft allein bedeutet aber noch nicht, daß sie in High End fließt. Was vor allem schätzen Ihre Kunden an Ihren Produkten?
Burmester: Das Feedback spricht eine klare Sprache: Musikalität steht im Vordergrund, unmittelbar gefolgt von Verarbeitung und Design. Unter dem Strich wollen die Kunden einfach Qualität kaufen.
Meletzky: Ich kann das nur voll unterstreichen. Während „LowFi" zurückgeht, hat HighEnd steigende Umsätze - ob in Deutschland oder den USA. Wir sind Pioniere, weil wir den Trend zu mehr Qualität früh erkannt haben. Unsere Klientel ist sehr kritisch und investiert ihr Geld sehr sorgfältig. Wir bieten ihnen eine wertstabile Investition.
STEREO: Herr Burmester, Herr Meletzky, Sie sind unmittelbare Konkurrenten. Wie sehen Sie Ihr Verhältnis?
Meletzky: Konkurrenz ist wichtig und gesund. Ein tolles Gerat von Burmester inspiriert uns, gibt uns zusätzliche Motivation und macht uns noch konkurrenzfähiger gegenüber ausländischen Anbietern. Diese Konkurrenz hat mit dazu beigetragen, daß sich Produkte aus unseren Häusern nicht gegenüber amerikanischen oder japanischen verstecken müssen.
- Anmerkung (2) : Das ist leider Geschwafel, denn der eigene Umsatz steht immer über allen hehren Beschwichtigungen. Aber lieber ein gemeinsames Interview als gar keine Publicity.
Burmester: Mit Konkurrenten aus dem eigenen Land habe ich keine Probleme. Mein Problem ist vielmehr, daß der deutsche Markt für ausländische Produkte völlig offen ist, wir aber überall auf hohe Einfuhrzölle treffen. In Taiwan sind es zum Beispiel 30 Prozent, in den USA kaum weniger. Uns geht es wie Porsche oder BMW: Im Ausland können wir gegenüber unseren internationalen Mitbewerbern nur durch absolute Qualität bestehen. Qualität durch Musikalität, Innovationen sowie Verarbeitung.
Gerade in Asien genießen HighEnd- Produkte aus Deutschland eine höhere Wertschätzung als Produkte aus den USA. Die amerikanische Presse schirmt ihren Markt dagegen fast völlig gegenüber HighEnd-Produkten aus Europa ab. Das Verhältnis von Tests ausländischer Produkte zu inländischen ist umgekehrt proportional zu der Situation in Deutschland.
Ich hatte die tollsten Messeerfolge In USA, aber dann fehlten die (dortigen amerikanischen) Tests. Auch das sind Schwierigkeiten, die Importeure in Deutschland und mit unseren Zeitschriften nicht haben.
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STEREO: Sie produzieren beide in Deutschland mit entsprechend hohen Lohnkosten. Müssen Sie dadurch nicht einfach mehr verlangen als ausländische Konkurrenten?
Meletzky: Wir verbessern die Produktivität laufend mit modernsten Produktionsmethoden, dadurch sind wir in jeder Beziehung konkurrenzfähig. Ganz persönlich sehe ich aber auch noch unsere nationale Aufgabe: Mit dem Erfolg unserer Produkte werden Arbeitsplätze bei uns in Deutschland geschaffen. Unsere Devise: Forschung, Entwicklung und Produktion unter einem Dach.
- Anmerkung (3) : Soetwas geht nur bei kleinsten Stückzahlenbei Kleinstfirmen im Edel-Hifi-Bereich, quasi einer Einzelanfertigung in einer Mini-Serie. NAD macht es vor, daß es mit der Trennung von Entwicklung in Kanada und Produktion in China durchaus geht. SETTON zum Beispiel hatte gezeigt, daß es bei zu kleinen Stückzahlen überhaupt nicht funktioniert. Und auf die "Nationale Aufgabe" musste sogar Grundig pfeifen, als es nicht mehr ging. Ich glaube auch, daß sich keiner der Montagearbeiter bei Burmester eines seiner Geräte zu Hause hinstellen kann. Im April 2022 hat sich auch der letzte DUAL Hersteller, die Firma Alfred Fehrenbacher mit 15 Mitarbeitern nicht mehr retten können und Konkurs angemeldet.
Burmester: Weiterentwicklung ist nur mit der Produktion vor Ort möglich, Entwicklung und Produktion lassen sich bei so hochwertigen Produkten einfach nicht trennen. Aus meiner Sicht sind deutsche Hersteller nicht nur international wettbewerbsfähig, sondern auf dem deutschen Markt sogar wesentlich preiswerter als einige japanische oder amerikanische Anbieter bei vergleichbarer Leistung. Bei amerikanischen Produkten hilft uns, daß diese in Deutschland fast doppelt so teuer sind wie in den USA, und bei japanischen Produkten kommt uns der hohe Yen-Kurs entgegen, der die Geräte extrem verteuert hat.
STEREO: Ihre amerikanischen Konkurrenten setzen bereits voll auf THX und Raumklang, während Sie noch zögern. Laufen Sie nicht Gefahr, eine wichtige Entwicklung zu verschlafen?
Meletzky: Mit Surround verlassen wir den Weg der Tugend, der einfach zwei Kanäle für zwei punktförmige Schallquellen vorsieht. Dolby Surround ist zunächst für den Massenmarkt ausgelegt. Damit überwiegt das Spektakuläre, das Natürliche geht verloren und damit auch die Ernsthaftigkeit des Hörens. Nach meiner Überzeugung wird es eine Zweiteilung geben: Home-Theatre als abgeschlossener „Star Wars-Bereich", in dem die Post abgeht. Und High-End als der Bereich des Wohnens und Zusammenlebens, bei dem von Mozart bis Heavy Metal der Musikgenuß im Vordergrund steht. Home Theatre ist auf Effekte für Auge und Ohr abgestimmt - und das verführt zur absoluten Passivität, die eher verspannt als entspannt.
Burmester: High End, Dolby Surround und THX sind für mich drei verschiedene Welten, die nicht zwingend zusammengehören. Auf der einen Seite gilt es, so puristisch wie möglich naturgetreuen Klang zu reproduzieren, während auf der anderen Seite ein Erlebnis „bigger than Life" gefragt ist, weil die Welt, so wie sie ist, für viele nicht mehr spektakulär genug ist. Natürlich klingt Fernsehen mit einer guten High End-Anlage besser als ohne.
STEREO: Sind Sie damit zufrieden, wie der Handel High End verkauft und kommuniziert?
Meletzky: Der Handel "muß" in erster Linie auf die Wünsche des Kunden eingehen, muß ihn beraten und ihm das verkaufen, was ihn langfristig zufrieden stellt.
- Anmerkung (4) : Der Handel "muß" erstmal gar nichts. Er muß einen Ertrag erwirtschaften, um die Miete und die Gehälter und die Werbung abzudecken und dann auch noch etwas übrig zu behalten, um Geräte auf Lager zu legen. Ein ehemals sehr bekannter Verkaufsleiter (eines sehr großen amerikanischen Lautsprecherherstellers) sagte es einmal so deutlich : Der Verkäufer ist die größte Bremse unserer Produkte auf dem Weg zum Kunden.
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STEREO: Leistet der Fachhändler das?
Burmester: Viele Händler haben noch nicht erkannt, daß die Käufer andere geworden sind. Wir sind schließlich bei Cartier-Preisen angelangt, entsprechend muß der Kunde auch behandelt werden. Früher waren die Kunden ausschließlich Technikfreaks, aber diese Freaks von gestern spielen heute mit dem Computer. Jetzt haben wir endlich die Käuferschicht, die wir immer wollten - nur das Ambiente beim Handel entspricht noch nicht immer den Produkten.
Meletzky: Der Fachhandel darf den Trend vom Billig-HiFi-Produkt zur High End-Anlage nicht verschlafen.
Burmester: Wir brauchen High-End-Läden, die Lustgewinn versprechen. Man soll High-End mit Freude kaufen, schließlich belohnt man sich dafür, daß man hart gearbeitet und gespart hat.
STEREO: Noch ist High-End ausschließlich eine Männer-Domäne, spielen Frauen als Käuferinnen in Ihren Marketingüberlegungen überhaupt eine Rolle?
Burmester: Auch das ist im Wandel. Heute kommen auch Frauen interessiert mit auf Messen.
Meletzky: Eine Tendenz ist sicherlich zu erkennen, aber längst noch nicht so, wie es wünschenswert wäre. Das liegt auch an den Zeitschriften: Ich kann da wenig entdecken, was auch Frauen interessieren könnte. Wir müssen die Frauen begeistern und ihnen die Ängste nehmen, daß sie technisch mit High End überfordert wären.
- Anmerkung (5) : Das widerspricht der Erfahrung von 40 Jahren Hifi. Frauen hatten und haben ganz andere Interessen und werden von der Werbung, also den Werbfotografen und Textern fast immer nur "vorgeführt". Das Interesse der weiblichen Zielgruppe an diesen - vor allem viel zu teuren - Männerspielzeugen ist absolut gering. Das hatte man an dem Erfolg der klitzkleinen BOSE Würfel gesehen. Die (Ehe-) Frauen wollten diese hochglanzpolierten protzigen Teile von Burmester überhaupt nicht wahrnehmen bzw. im Wohnzimmer haben und immer möglichst gut verstecken.
STEREO: Ist das nicht vor allem eine Frage des Images?
Burmester: Für eine Uhr werden 25.000 Mark inzwischen problemlos akzeptiert, im High End dagegen nicht. Unsere Branche repräsentiert in der Verarbeitungsqualität den Stand der Technik, schafft es aber nicht, diesen Anspruch zu vermitteln. Wir offerieren ein Medium, das mit jeder neuen CD Emotionen weckt, trotzdem gelingt es uns nicht, dieses Kulturgut zu verkaufen.
- Anmerkung (6) : Zumindest der erste Teil der Aussage ist völlig korrekt. Die goldene Cartier-Uhr ist ein Prestige-Objekt, das ich am Arm mitnehmen kann und vor jeder Besprechung oder Konferenz publikumswirksam am hochgeschobenen Ärmel jedem anderen "unter die Nase reiben" kann. Den Burmester Vorerstärker könnte man zwar auch im Aktenkoffer mit sich rumschleppen, doch der Prestige-Erfolg wäre nur sehr mäßig.
Meletzky: Ich stelle immer wieder fest, daß in der Wohnung offensichtlich auf alles geachtet wird - nur für High-End fehlt das Bewußtsein. Da werden Lautsprecher hinter Heizkörpern versteckt, Leerrohre für Kabel werden nicht eingeplant. Es fängt im Grunde bei den Innenarchitekten an, die unser Thema schlichtweg vergessen. Bei HiFi ist die Zeit des Gelsenkirchner Barocks noch nicht überwunden, immer noch werden Musikanlagen in Truhen und Schränken versteckt. Man begreift erst langsam, daß eine High-End-Anlage ein Schmuckstück für jeden Wohnraum darstellt.
- Anmerkung (7) : Es ist nicht das Bewußtsein, es ist der Geschmack der ab und zu doch wichtigen und offensichtlich notwendigen Weiblichkeit in einer Familie oder Zweierbeziehung. Sie möchte diesen ganzen Kram samt der Lautsprecher verstecken hinter Verkleidungen oder Vorhängen, die ihr gefallen.
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STEREO: Was ist typisch für High End aus Deutschland?
Meletzky: Deutsches High-End ist unerreicht in seiner Kombination aus Design, hervorragender Verarbeitungsqualität und einer Klangphilosophie, die es deutlich von amerikanischen oder japanischen Produkten abhebt.
- Anmerkung (8) : Das ist nun wirklich reinstes Wunschdenken des Herrn von mbl. Kennt der die Firma Kensonic mit den Accuphase Produkten nicht ? - sehr sonderbar - "mbl"-Geräte kamen zum Beispiel bei mir nie in die engere Wahl.
Burmester: Musikalität und Klang allein reichen nicht aus, wir werden schließlich vor allem nach Tests gekauft.
- Anmerkung (9) : Das ist absolut richtig. Darum bemängele ich ja auch überall diese Gier nach Testsiegern aller Art in allen nur möglich Publikationen und sei es der Katalog der Katzenzüchter.
Wir haben aber in der Verarbeitung eine Vorreiterfunktion übernommen. Wenn ich vergleiche, wie amerikanisches HighEnd noch vor zehn Jahren ausgesehen hat - das mußte damals nur klingen, durfte aber beliebig aussehen. Daß sich das geändert hat, ist sicher wesentliches Verdienst der deutschen Anbieter. Nebenbei bemerkt: Für mich ist europäisches HiFi wesentlich kreativer als amerikanisches.
STEREO: Kommen wir abschließend nochmals auf die Zukunft zurück. Wohin geht die Entwicklung?
Burmester: Der Purismus ist überholt, Bedienungskomfort und leichte Handhabung gewinnen an Bedeutung. Und High End muß sich in den Wohnraum integrieren lassen. Über Klang müssen wir nicht reden, der ist Voraussetzung.
Meletzky: Mit neuen Technologien werden wir immer wieder für Überraschungen gut sein. Gleichzeitig bin ich auch überzeugt, daß der Plattenspieler eine Renaissance erleben wird, weil er einfach mehr Spaß macht und Flair vermittelt.
- Anmerkung (10) : Hier liegt wiederum Herr Meletzky mit seiner Ansicht goldrichtig. Das mit der Vinyl-Renaissance hat mit der vergleichbaren Qualität der CD nicht das Geringste zu tun. Es geht um Freude, Spaß und Gefühl beim Spielen der alten Männer. Die ganz modernen Super- Edel-Dateien, die zum Beispiel von LINN propagiert werden, zusammen mit einem edlen und sehr teuren LINN D/A Wandler, die konnten und können diesem Spieltrieb nichts anhaben.
High End wird insgesamt noch vielseitiger und den Menschen noch mehr die Möglichkeit geben, sich zu differenzieren und individuell auszuleben. Wir werden "kultureller" an das Thema herangehen, High End muß zum guten Ton gehören.
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- Anmerkung (11) : Herr Meletzky : Kann man "kulturell" wirklich steigern - so wie senkrecht oder optimal ? Nein, man kann es nicht. (Setzen, fünf, rief dann unser Deutschlehrer und aus wars.) Und "High End muß zum guten Ton gehören." Das ist soetwas von Unsinn, das haut gut rein. Der ganze (übertrieben :) Hifi-Kram ist zum Leben vollkommen unnötig und betrifft ausschließlich Gaudi und Lebensfeude der gehobenen Art. Aber zum guten Ton gehört zuerst mal gutes Deutsch ! (auch im Interview!)
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Burmester: Immer wichtiger wird, daß wir nicht nur Technik verkaufen, sondern Kultur. (Unsinn!)
Meletzky: Daß wir auch die Gefühle ansprechen und Wünsche wecken. (Das ist korrekt !)
Vielen Dank
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