Den Krieg "physikalisch" angefangen haben die Japaner
Tatsächlich überschritt ein japanischer Flottenverband die beschriebene Linie im Pazifik am 6. Dezember 1941, womit sich die Vereinigten Staaten gemäß den »ABCD«-Vereinbarungen bereits vor Pearl Harbor im Krieg mit Japan befanden.
Präsident Roosevelt wußte am Abend des 6. Dez. bereits vom Ausbruch des Krieges
Schließlich mußte der Kongreßausschuß zur Kenntnis nehmen, daß Präsident Roosevelt am Abend des 6. Dezember dank »Magic« die japanische Kriegserklärung in Händen gehalten und selbst erklärt hatte, daß dies Krieg bedeute. In dieser Nacht geschah aber nichts, um die amerikanischen Streitkräfte im Pazifik, insbesondere die Flotte in Pearl Harbor zu warnen. Erst um die Mittagszeit des folgenden Tages schickte Generalstabschef Marshall eine halbherzige Warnung nach Hawaii, die aber durch eine Serie unerklärlicher Fehlleistungen erst sieben Stunden nach Beginn des japanischen Angriffs bei General Short auf Oahu eintraf.
Eine Enthüllung der schäbigen Interessen der "friedliebenden" Vereinigten Staaten von Amerika
All diese Feststellungen waren im höchsten Grade skandalös, da sie das bis dahin herrschende Bild vom friedliebenden Amerika, das von den japanischen Militaristen überfallen wurde, auf das "Gründlichste" beschädigten.
Präsident Roosevelt hat die 2.400 amerikanische Soldaten und Seeleute "geopfert"
Bei nüchterner Betrachtung mußte man zu der Schlußfolgerung kommen, daß die wahren Kriegstreiber nicht in Tokio, sondern in Washington gesessen hatten, und daß Präsident Roosevelt 2.400 amerikanische Soldaten und Seeleute geopfert hatte, um den Kongreß und die Öffentlichkeit über seine Kriegspolitik zu täuschen.
Eine fatale Verwirrung für die meisten Amerikaner
Diese Erkenntnisse standen in krassem Widerspruch zu dem von der amerikanischen Kriegspropaganda geschaffenen Bild, und sie mußten deshalb auf die meisten Amerikaner, vor allem auf die Anhänger von Präsident Roosevelt, außerordentlich verwirrend wirken.
Von nun an war Ableugnen und Vertuschen angesagt
Es war daher kein Wunder, daß die sechs Demokraten im »Joint Committee« sich nach Kräften bemühten, die erschütternde Wahrheit zu vertuschen. In der Praxis bedeutete dies, daß man die republikanischen Mitglieder des Kongreßausschusses, die alle deutlich gegen Präsident Roosevelt eingestellt waren, bei der Untersuchung nach Möglichkeit zu behindern versuchte.
Die typischen Tricks der Ausschüsse, etwas zu verheimlichen
Dies geschah, indem man Beweismaterial unter verschiedenen Vorwänden zurückbehielt oder die Anhörung wichtiger Zeugen ablehnte oder bestimmte Fragestellungen unter Hinweis auf das Procedere ausschloß.
Druck gegen die Widersacher
Außerdem versuchten die Demokraten auf die vier Republikaner im »Joint Committee« Druck auszuüben, um sie dazu zu zwingen, sich der demokratischen Mehrheitsmeinung anzuschließen. Im Falle des Kongreßabgeordneten Gearhart aus Kalifornien hatten sie damit Erfolg, weil dieser um seine anstehende Wiederwahl bangte. Der Kongreßabgeordnete Keefe ließ sich zwar dazu bewegen, den »Majority Report«, den Abschlußbericht der demokratischen Mehrheit, mit zu unterschreiben, er bestand aber auf die Hinzunahme von ihm formulierter Feststellungen (»Additional Views«), die inhaltlich in völligem Gegensatz zum »Majority Report« standen.
Nur zwei Senatoren waren standhaft
Bei den Senatoren Ferguson und Brewster blieben alle Beeinflussungsversuche erfolglos. Sie verfaßten einen eigenen Abschlußbericht, den »Minority Report«, in dem sie erklärten, sich angesichts des Beweismaterials den Schlußfolgerungen der Mehrheit nicht anschließen zu können.
Der »Minority Report«
Der »Minority Report« war angesichts der brisanten Materie sehr vorsichtig und juristisch verklausuliert formuliert, und er beschränkte sich auf einwandfrei beweisbare Feststellungen, aber zum ersten Mal wurde hier die amerikanische Führung für die Katastrophe von Pearl Harbor namentlich verantwortlich gemacht: Präsident Roosevelt, Kriegsminister Stimson, Marineminister Knox, Generalstabschef Marshall und Admiralstabschef Stark.
Alleine die Protokolle füllen 19 Bände
»Majority Report« und »Minority Report« wurden am 20. Juli 1946 gemeinsam der Öffentlichkeit vorgestellt und vom United States Government Printing Office in einem Band veröffentlicht. [14] Die Protokolle der Anhörungen des »Joint Committee on the Investigation of the Pearl Harbor Attack« erschienen in gedruckter Form kurz danach in 19 Bänden (39 Teilen). [15]
Die Presse druckte Mainstream, "nur nicht anecken".
Die amerikanische Presse berichtete über die Kongreßuntersuchung überwiegend im Sinne der Demokraten und des verstorbenen Präsidenten. Wenige Monate nach der siegreichen Beendigung eines Krieges, in dem eine riesige Propagandamaschinerie Roosevelt als großen Führer gefeiert hatte, war dies psychologisch durchaus verständlich.
Die Zweifel waren deutlich zu erkennen
Aber der durchschnittliche amerikanische Zeitungsleser konnte den Berichten über die Anhörungen des »Joint Committee« und die Abschlußberichte von »Majority« und »Minority« doch entnehmen, daß die Ereignisse des Jahres 1941 sehr viel anders abgelaufen waren, als sie bis dahin offiziell dargestellt wurden. Scharfsinnigen Beobachtern konnte nicht verborgen bleiben, welche Schlußfolgerungen aus dem Material, das der Kongreßausschuß zutage gefördert hatte, tatsächlich zu ziehen waren - Schlußfolgerungen, die über die vorsichtigen, verklausulierten Formulierungen des »Minority Report« weit hinausgingen.
George Morgenstern ließ sich nicht überreden
George Morgenstern (1906-1988), Redakteur der Chicago Tribüne, der führenden isolationistischen Tageszeitung in den USA, hatte die Anhörungen des »Joint Committee« aufmerksam mitverfolgt und parallel dazu an einem Manuskript gearbeitet, das er Ende August 1946, also nur einen Monat nach Veröffentlichung der Abschlußberichte von »Majority« und »Minority«, fertigstellte.
1947 - "The Story of the Secret War"
Sein Buch Pearl Harbor- "The Story of the Secret War" erschien im Januar 1947 bei der Devin Adair Company, einem kleinen New Yorker Verlag.
Morgenstern hatte an der University of Chicago in Geschichte promoviert, war also ausgebildeter Historiker.
Seit 1941 gehörte er der Redaktion der Chicago Tribüne an und war auf das Gebiet Außenpolitik und Internationale Beziehungen spezialisiert. Im Zweiten Weltkrieg diente Morgenstern als Captain im Marine Corps. Dem Hauptquartier zugeteilt leitete er in der Presseabteilung der Division of Public Information die Arbeit der Frontberichter. [16]
1948 - "President Roosevelt and the Coming of the War"
Ein Jahr später, 1948, folgte das Buch von Charles Austin Beard (1874-1948) "President Roosevelt and the Coming of the War". A Study in Appearances and Realities. Beard war damals einer der angesehensten Historiker Amerikas, seine Bücher erzielten Millionenauflagen.
Entlarvende Schlußfolgerung - die USA hatten Japan provoziert
Aufgrund des Kongreßmaterials kam er zu den gleichen Schlußfolgerungen wie Morgenstern - daß nämlich Roosevelt alles getan hatte, um die Japaner zu einem Angriff auf die Vereinigten Staaten zu provozieren, um quasi »durch die Hintertür« in den Krieg in Europa eintreten zu können.
Eine Zeit lang war es in den USA - wie bei uns übrigens auch - opportun, den Mund zu halten . . .
Die revisionistischen amerikanischen Historiker der Zwischenkriegszeit, die sich im Rahmen des »America First Movement« gegen jede Verwicklung in Kriegsabenteuer ausgesprochen hatten, waren nach Pearl Harbor verstummt, da sie von den Ereignissen offenbar widerlegt waren.
Die Ergebnisse der Kongreßuntersuchung des Angriffs auf Pearl Harbor und die Bücher von Morgenstern und Beard veranlaßten sie jedoch, sich intensiv mit Roosevelts Außenpolitik und Amerikas Eintritt in den Zweiten Weltkrieg zu befassen.
Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen bestätigten nicht nur ihre oppositionelle Haltung in der Zeit vor 1941, sie übertrafen ihre schlimmsten Befürchtungen. Morgenstern und Beard lösten mit ihren Arbeiten eine ganze Welle revisionistischer Bücher aus, die nun in rascher Folge erschienen.
Über den Krieg mit Japan:
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- 1948 kam Helen Mears' "A Mirror for Americans: Japan" heraus,
- 1950 erschien William Henry Chamberlins "America's Second Crusade" [17],
- 1951 Frederic R. Sanborns "Design for War",
- 1954 veröffentlichte Richard N. Current "Secretary Stimson",
- 1954 im gleichen Jahr erschien Admiral Robert A. Theobalds "The Final Secret of Pearl Harbor", Rene A. Wormsers "Myth of the Good and Bad Nations" und Francis Neilsons "Churchill Legend".
- 1955 brachte Admiral Husband E. Kimmel "Admiral Kimmels Story" heraus,
- 1956 erschien Bryton Barrons "Inside the State Department",
- 1959 George N. Crockers Roosevelfs "Road to Russia" kam 1959 auf den Markt und
- 1961 Anne Armstrongs "Unconditionell Surrender, William L".
- 1963 Neumanns "America Encounters Japan" erschien und
- 1965 wurde James J. Martins zweibändiges Werk "American Liberalism" and "World Politics 1931-1941" veröffentlicht.
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Über den Krieg mit Deutschland:
Zum Ausbruch des 2. Weltkrieges in Europa im Jahre 1939 erschienen 1961 David L. Hoggans "Der erzwungene Krieg" und Alan John Percevale Taylors "The Origins of the Second World War". [19]
Sowohl der Amerikaner Hoggan wie der Engländer Taylor lehnten die These von der Alleinschuld des Deutschen Reiches am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs entschieden ab.
Was den Schlußfolgerungen Taylors ein solch besonderes Gewicht verleiht, ist die Tatsache, daß er Professor für Geschichte im englischen Oxford, prominenter Anhänger der Labour Party und eher deutschfeindlich eingestellt war.
1952 - Professor Charles Callan Tansills Buch
Zwei weitere amerikanische Bücher verdienen es, ausführlicher besprochen zu werden. Charles Callan Tansill, einer der renommiertesten Historiker der USA, brache 1952 unter dem Titel "Back Door to War" [20] eine umfassende Studie über die Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges aus amerikanischer Sicht heraus.
Tansill war Professor für Geschichte der amerikanischen Diplomatie an der Georgetown University und zehn Jahre lang Berater für Diplomatiegeschichte beim Senate Committee on Foreign Relations.
Aufgrund seines Ansehens durfte er in die vertraulichen Dokumente des State Department Einsicht nehmen, was nach Erscheinen seines Buches keinem revisionistischen Historiker mehr gestattet wurde.
Charles Callan Tansill beginnt mit dem Versailler Vertrag
Im Gegensatz zu den meisten offiziellen und halboffiziellen Darstellungen zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges beginnt Tansill mit dem Versailler Vertrag, der seiner Ansicht nach einen neuen Weltkonflikt unvermeidlich machte.
Harte Worte über die Geschichte des 1. Weltkriegs
Charles Callan Tansill schreibt:
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- »Hätte Amerika nicht 1917 in den europäischen Krieg eingegriffen, so hätte der Erste Weltkrieg mit einem Patt geendet, und ein neues Gleichgewicht der Kräfte in Europa wäre daraus hervorgegangen. Die amerikanische Intervention erschütterte das alte europäische Gleichgewicht völlig und senkte in den dunklen Boden von Versailles die Saat zum unvermeidlichen künftigen Konflikt.
- Die Vereinigten Staaten hatten ein tiefes Interesse daran, die politische Struktur von 1919 zu erhalten. Sie zu errichten, waren ja Tausende von Amerikanern und ein ungeheures amerikanisches Vermögen geopfert worden.
- Nicht ohne schwere Besorgnis konnte Amerika zusehen, wie sie niedergerissen wurde. Als Diktatoren die Grundlagen dieses Gebäudes zu schwächen begannen, äußerte die Regierung Roosevelt hierüber ihre zunehmende Mißbilligung.
- Das Pfuschwerk von 1919 mußte um jeden Preis erhalten bleiben, und im Jahre 1941 zog Amerika wiederum in den Krieg, um ein politisches Gebäude zu retten, dessen Hauptstützen in der "Sumpf-Luft der Enttäuschung" bereits verfault waren. [21]
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Tansills Werk über die internationale Diplomatie zwischen Versailles und Pearl Harbor kann bis zum heutigen Tage als revisionistisches Standardwerk zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges gelten.
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1953 Harry Eimer Barnes Sammelband
1953 veröffentlichte Harry Eimer Barnes einen Sammelband mit dem ominösen Titel: "Perpetual War for Perpetual Peace". A Critical Examination of the Foreign Policy of Franklin Delano Roosevelt and its Aftermath. [22]
Eine vernichtende Kritik an der amerikanischen Außenpolitik
Dieser Band mit Beiträgen von William Henry Chamberlin, Percy L. Greaves, George A. Lundberg, George Morgenstern, William L. Neumann, Frederic R. Sanborn und Charles Callan Tansill stellt eine vernichtende Kritik an der amerikanischen Außenpolitik unter den Präsidenten Roosevelt und Truman dar.
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Die meisten Beiträge dieses Sammelbandes behandeln die Diplomatiegeschiche der Zwischenkriegszeit (Anmerkung: 1919 bis 1938), die Politik Roosevelts und den Kriegseintritt Amerikas. Dagegen befaßt sich Barnes mit grundsätzlichen Problemen der Geschichtsschreibung der damaligen Zeit.
In "Revisionism and the Historical Blackout" [23] beschreibt er, wie sich der amerikanische Traum seit den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg durch die interventionistische Politik in einen Alptraum verwandelt hat, der von Furcht, Reglementierung, Zerstörung, Unsicherheit und Inflation beherrscht wird.
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Umdenken nach dem 1. Weltkrieg dauerte nicht lange
Nach dem 1. Weltkrieg hatte der Revisionismus wesentlich dazu beigetragen, daß die Präsidenten Harding, Coolidge und Hoover zu einer Außenpolitik zurückkehrten, die sich auf den amerikanischen Doppelkontinent konzentrierte und ihr Ziel in der übrigen Welt in der Erhaltung des Friedens sah.
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Nach Ende des 2. Weltkrieges aber traf der Revisionismus auf weitaus härteren Widerstand als in den Jahren nach 1918.
Der Grund war darin zu suchen, daß die amerikanische Politik in den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges weitaus stärker verwickelt war als in die Vorgeschichte des großen Krieges von 1914, und daß mächtige Interessengruppen die Mythen der Kriegspropaganda aufrechterhalten suchten, von denen sie ihre politische Legitimation ableiteten.
Der Kalte Krieg nach dem Ende des 2. Weltkrieges
Zwei Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges begann der Kalte Krieg. Und Propaganda, Massenhysterie und Rüstungskonjunktur, so Barnes, wurden damit endgültig zu festen Bestandteilen der amerikanischen Innenpolitk:
Zahllose Historiker und Sozialwissenschaftler verdankten Roosevelts interventionistischer Außenpolitik, dem Eintritt Amerikas in den 2. Weltkrieg und dem darauf folgenden Kalten Krieg ihre persönliche Karriere in der Regierungsverwaltung, in den Geheimdiensten und an den Universitäten. Sie hatten daher größtes Interesse daran, daß diese Politik fortgesetzt wurde.
Unliebsame Wahrheiten wurden auch in den USA systematisch blockiert.
Zwar war nach der Untersuchung des Angriffs auf Pearl Harbor durch den Kongreß in den Vereinigten Staaten eine große Zahl von revisionistischen Büchern erschienen, die dem breiten Publikum aber weitgehend unbekannt geblieben waren und die öffentliche Meinung kaum beeinflußt hatten. Die Gegner der Revisionisten wandten mehrere Methoden an, um diesen den Zugang zur Öffentlichkeit nach Möglichkeit zu verwehren:
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- 1. Die revisionistischen Historiker erhielten keinen Zugang zu den staatlichen Archiven.
- 2. Verleger, die bereit waren, revisionistische Bücher zu drucken, wurden durch die Drohung mit Boykott und geschäftlichem Ruin eingeschüchtert. Die großen und einflußreichen amerikanischen Buchklubs weigerten sich, revisionistische Bücher in ihr Programm aufzunehmen.
- 3. Revisionistische Bücher und Artikel wurden in der Presse meist totgeschwiegen und nicht rezensiert; wurden sie doch rezensiert, wurden sie verleumdet und ihr Inhalt völlig entstellt.
- 4. Revisionistische Autoren wurden verleumdet oder sie wurden sonstwie eingeschüchtert.
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Großes Schweigen nach 1945
Während in der Zwischenkriegszeit (Anmerkung: bis 1939) die führenden (amerikanischen) Verlagshäuser und Zeitschriften geradezu begierig waren, revisionistische Bücher und Artikel herauszubringen, fanden sich nach 1945 nur wenige kleine Verlage, die bereit waren, derartiges Material zu veröffentlichen.
In erster Linie waren dies Devin Adair in New York und Henry Regnery in Chicago. Zwar konnte Charles Austin Beard sein Buch "President Roosevelt and the Coming of the War" in der renommierten Yale University Press herausbringen, dies aber nur, weil er ein außerordentliches Prestige und einen persönlichen Freund in diesem Verlag hatte.
Wie man die Geschichte "verdunkelt"
Barnes bezeichnete die antirevisionistischen Historiker als »Court Historians« (Hofhistoriker) und »Blackout Boys« (d. h. als Leute, die die Geschichte verdunkeln).
Ihre Motive waren nicht schwer zu durchschauen:
Viele private und unabhängige Historiker trugen die offiziellen Mythen freiwillig mit, entweder aus Opportunismus gegenüber der vorherrschenden politischen Richtung, oder weil sie irgendein persönliches Interesse daran hatten. Dann gab es eine beträchtliche Zahl von Historikern mit einem quasi halboffiziellen Status; die staatlichen Behörden gewährten ihnen freien Zugang zu den Archiven, erwarteten aber dafür von ihnen, daß sie in ihren Büchern das offizielle Geschichtsbild verteidigten.
Gekaufte Historiker = gekaufte Menschen
Und schließlich gab es eine ständig wachsende Zahl von offiziellen Historikern, die für die Regierung oder die Streitkräfte arbeiteten und die dafür bezahlt wurden, Geschichte gemäß den Wünschen ihrer Auftraggeber zu schreiben.
Die Abhängigkeit vom Staat in der einen oder anderen Form macht die Mehrheit der Historiker zu Protagonisten staatlicher Propaganda, und die Instrumentalisierung von Geschichte führt zu einem stark manipulierten, wenn nicht gefälschten Geschichtsbild. Dadurch, so Barnes, wird nicht nur in der jüngsten Weltgeschichte jeder Anschein der Genauigkeit zerstört, es wird auch die Darstellung weiter zurückliegender Epochen in gravierender Weise verfälscht.
Ganz besonders merkwürdige Assoziationen
Mit Vorliebe werden fragwürdige Analogien zu einer fiktiven jüngsten Geschichte und zur Gegenwart gezogen und falsche Zusammenhänge hergestellt. So führt in der deutschen Geschichte angeblich ein direkter Weg von Martin Luther zu Adolf Hitler, und Iwan der Schreckliche und Dschingis-Khan werden nur noch unter dem Blickwinkel betrachtet, daß sie Vorläufer von Josef Stalin und Mao Zedong waren. Diese Analogien waren zumindest im Amerika der fünfziger Jahre sehr beliebt.
Nach 1945 gab es sogar wieder Versuche, Deutschland die Hauptschuld am Ersten Weltkrieg anzulasten - obwohl diese These schon in den zwanziger Jahren gründlich zerpflückt worden war.
Beinahe wie bei George Orwell - 1984
Diese Art mit Geschichte umzugehen führe, so Barnes, letztlich zu einem System, wie es George Orwell in seinem berühmten utopischen Roman "Neunzehnhundertvierundachtzig" (1984) aus dem Jahr 1949 beschrieben hat. Dort wird im »Ministerium für Wahrheit« die Geschichte ständig so umgeschrieben und zurechtgebogen, daß die regierende Einheitspartei immer Recht hat.
- Mehr noch: Die Idee der Geschichte an sich ist gesetzwidrig und tabu, weil man das Wissen über die Vergangenheit braucht, um die Fehler und Nöte der Gegenwart vergleichen und beurteilen zu können.
Die systematische Verzerrung und Fälschung von Geschichte, das Totschweigen und Verleumden von wahrheitsgetreuen Geschichtsbüchern, oder wie Barnes es nennt, »the Policy of the Historical Blackout«, funktionieren allerdings auch ohne ein Orwellsches »Ministerium für Wahrheit«.
Höchst bedenklich erschien den amerikanischen Revisionisten in den fünfziger Jahren die Tendenz, die ungelösten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme der USA durch eine wirtschaftliche Scheinblüte zu überdecken, die durch permanenten Krieg, Rüstungskonjunktur und eine gigantische Staatsverschuldung erzeugt wurde.
Die Flucht in den Krieg ?
Die Anschauungen der amerikanischen Revisionisten waren durch die Politik ihrer Zeit geprägt:
- Die Große Depression von 1929 und die tiefe Krise des kapitalistischen Systems, Präsident Roosevelts vergeblicher Versuch, die amerikanische Gesellschaft zu reformieren, die Flucht in den Krieg, um die innenpolitischen Probleme durch eine Rüstungskonjunktur zu lösen, die Furcht vor einer neuen Depression nach 1945 und der Kalte Krieg, der eine schier unbegrenzte Fortsetzung der Rüstungskonjunktur erlaubte.
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Durfte man die Konfrontation und das nukleare Wettrüsten auch noch künstlich anheizen
Die amerikanischen Revisionisten erkannten durchaus die Notwendigkeit, die sowjetischen Expansionsbestrebungen in Europa und Asien einzudämmen. Es war ihrer Ansicht nach aber für Amerika sehr gefährlich, die Konfrontation und das nukleare Wettrüsten auch noch künstlich anzuheizen und innenpolitisch in einen totalitären Liberalismus mit Gesinnungskontrolle und Hexenjagden zu verfallen.
Am allergefährlichsten wäre es aber, sich im Zeitalter atomarer Massenvernichtungsmittel politischer Methoden (also Geheimverträge und Lügen) zu bedienen, wie sie zu Pearl Harbor geführt hatten. Das Ergebnis könnte eine unvorstellbare Katastrophe sein, die möglicherweise das Ende der Menschheit mit sich bringen würde.
1952 - Die erste Wasserstoffbombe hatte 10,4 Megatonnen Sprengkraft
Derartige Befürchtungen lagen nahe, seitdem die USA am 1. November 1952 auf dem Eniwetok-Atoll im Pazifik ihre erste Wasserstoffbombe getestet hatten. »Mike« (so die Bezeichnung für die Versuchsbombe) entwickelte eine Sprengkraft von 10,4 Megatonnen, was dem Tausendfachen der Atombombe von Hiroshima entsprach. Der Feuerball von mehr als drei Meilen Durchmesser hätte eine Großstadt wie New York von der Erdoberfläche gefegt. [24]
Aber selbst wenn der Kalte Krieg nicht zu einer nuklearen Katastrophe führen sollte, so die Revisionisten, dann werde das Wettrüsten zu einer astronomischen Staatsverschuldung und irgendwann zu einem ökonomischen Desaster führen.
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