Ein historischer Rückblick auf die Entwicklungen von
Schall, Optik, Foto, Film und die moderne Technik. Viele Daten sind sehr sauber recherchiert bzw. aneinander gereiht, manche Daten stimmen aber doch nicht und manche Daten/Zeiten sind an der falschen Stelle. Doch insgesamt sind die Kapitel angenehm zu lesen und beeindruckend illustriert.
Der 1. Teil beginnt hier im Hifi-Museum, der 2. Teil beginnt hier im Fernseh-Museum.
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Die Erfindung der Schallplatte
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1888 - Emil Berliner
Der 16. Mai 1888 war ein denkwürdiger Tag für die sachverständigen Mitglieder des Franklin-Instituts in Philadelphia. Ein Herr mit Stirnglatze und randlosem Kneifer führte eine Erfindung vor, die er „Grammophon" nannte. Sein Name war Emil Berliner, und die grundlegende Neuerung seiner Erfindung bestand darin, daß die Trompetentöne aus dem Schalltrichter nicht mehr von einer Walze, wie bei Edison, sondern von einer runden Zinkplatte abgetastet wurden.
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Ein neues System
Nach dem Edisonschen Prinzip wurde die Tonaufzeichnung senkrecht in die Tiefe des Tonträgers (Tiefenschrift), also der Walze, eingeschnitten. Berliner dagegen ließ seine Nadel nicht auf- und abschwingen, sondern in einer waagerechten Rinne mehr oder weniger weit nach rechts und links ausschlagen (Seitenschrift).
Dieser entscheidende Unterschied reichte aus, um Berliners Patentanspruch zu sichern. Aber das war noch nicht alles. Berliner verzichtete auch auf die unpraktische Walzentechnik und verwendete als Tonträger eine runde Platte. Die Schallplatte war geboren, wenn es sich zunächst auch nur um eine sehr primitive Platte mit einer Rußoberfläche handelte, die der Erfinder nach der Fertigstellung der Aufnahme härtete, um sie wieder abspielen zu können.
Berliner wurde zum Vater einer mächtigen Industrie, die in der ganzen Welt jährlich Beträge in Milliardenhöhe umsetzt. Seine Prognose vor dem Gremium des Franklin-Instituts läßt vermuten, daß er eine solche Entwicklung vorausahnte: „Man wird mit Hilfe meines Grammophons ein Menschenleben in zwanzig Minuten auf Platten zusammenfassen können", versicherte er den Sachverständigen. „Fünf Minuten lang Kindergebrabbel, fünf Minuten für das Jauchzen des Knaben, fünf Minuten für die Gedanken des Mannes und den Rest für die schwachen, letzten Äußerungen auf dem Totenbett.
Dieses Tonbild wird eine ständige Erinnerung sein. Man wird auch von meinen Platten so viele Kopien machen können, wie man will, und prominente Sänger, Sprecher und Schauspieler werden durch den Verkauf ihrer ,Phonoautogrammec zu einem Tantieme-Einkommen gelangen können."
Ein Deutsch-Amerikaner aus Hannover
Emil Berliner wurde am 20. Mai 1851 in Hannover geboren. Er arbeitete zunächst als Setzerlehrling. Im Kriegsjahr 1870 verabschiedete er sich von seinem Bruder Josef und wanderte nach Amerika aus, unzufrieden mit der Politik des „Eisernen Kanzlers" Bismarck. Auf die Frage seines Bruders, was er denn in dem gänzlich unbekannten Land anzufangen gedächte, antwortete er: „Vielleicht werde ich Erfinder!"
Zunächst schlug er sich als Zeitungsjunge, Hoteldiener und Flaschenspüler im Labor des „Sacharinkönigs" Fahlberg durch. In seiner Freizeit brütete er über physikalischen und technischen Büchern, um in der notwendigen Theorie für seinen Traumberuf des Erfinders sattelfest zu werden.
1877 gelang ihm schließlich der erste große Wurf. Er entwickelte ein Mikrofon, das die bisherige Fernsprechtechnik revolutionierte. Die Bell Telephone Company erwarb seine Neuerung für die stolze Summe von 75.000 Dollar. Aber die Sache hatte einen Haken. Edison hatte praktisch das gleiche Mikrofon erfunden, meldete es aber erst zwei Wochen später zum Patent an.
Ein Patentprozeß wurde zum Patentkrieg
Das Edison-Mikrofon übernahm die Western Union Telegraph Company, Bells hartnäckige Konkurrenz im Telefongeschäft. Ein Patentprozeß war unausweichlich. Vierzehn Jahre lang stritten sich die Bell-Gesellschaft und die Western Union um die Priorität der Erfindung. 1891 schlossen sie schließlich einen Vergleich, bei dem beide Seiten das befriedigende Gefühl hatten, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Vorher jedoch hatte Berliner die europäische Lizenz für sein Mikrofon erhalten. Er kehrte nach Deutschland zurück und gründete zusammen mit seinem Bruder Josef in Hannover die Telefonfabrik Berliner.
Aber mit dem kaufmännischen Elan des Erfinders war es nicht weit her. Als die Fabrik in Hannover (der Vorläufer der Deutschen Grammophon) florierte, zog es Emil Berliner wieder in die USA. Die von Edison aufgezeigte Möglichkeit, Schall aufzuzeichnen und wiederzugeben, faszinierte ihn. Er beschloß, in diese Technik einzusteigen und es womöglich besser zu machen als Edison. 1887 hatte er seine Pläne verwirklicht und sein Grammophon in Washington zum Patent angemeldet.
Die Entwicklung der Schallplatte
Von seiner berußten Platte kam Berliner bald ab; er begann Versuche mit einer Zinkscheibe, die mit einer dünnen Wachsschicht bedeckt war. In dieses Wachs ritzte der an einer Membran befestigte Stift die Spirallinie der Schallschwingungen ein und legte das blanke Metall frei. Nun konnten die Linien mit Säure in das Zink eingeätzt werden. Das Wachs wurde entfernt, und eine fertige Schallplatte aus Metall war abspielbereit.
Aber damit war das Problem der Vervielfältigung noch nicht gelöst. Dazu kam, daß die Zinkplatten Berliners nur eine Minute Spielzeit besaßen. Edisons Walze drehte sich immerhin drei Minuten lang, und deshalb war die Schallplatte zunächst noch keine ernsthafte Konkurrenz für die Walze. Doch Berliner gab nicht so schnell auf. Zunächst experimentierte er mit Hartgummi als Plattengrundstoff, was aber auch nicht den gewünschten Erfolg hatte.
Von der Zinkplatte zur Wachsplatte
Und dann schließlich hatte Berliner die entscheidende Idee. Statt der Zinkplatte verwendete er nun eine massive Wachsplatte. Sie hatte den Vorteil, daß die Nadel die Schallrillen sehr leicht einschneiden konnte. Die „beschriftete" Wachsplatte wurde mit Graphit behandelt und dadurch elektrisch leitend gemacht. Durch diesen Trick war es möglich, einen galvanischen Abzug der Originalplatte aus Kupfer herzustellen, ein Positiv also, das die Spurrillen als Erhöhungen wiedergab. Von diesem „Vater", wie dieses Positiv auch heute noch in der Branche genannt wird, wurden damals direkt die Platten gepreßt.
Durch die Technik der seitlichen Bewegungen der Abtastnadel, der sogenannten Seitenschrift, war schon eine erhebliche Verbesserung der Tonqualität erreicht worden, und die Kupferscheibe bedeutete noch einen weiteren Schritt nach vorn.
Jetzt kam es nur noch darauf an, für die nach dem neuen Verfahren gepreßten Platten ein geeignetes Material zu finden. Berliner nahm 1895 auch diese Hürde und verwendete eine Masse, die zu etwa 70% aus feinem Gesteinsmehl und zu 30% aus Schellack mit Zusätzen bestand.
Das Gesteinsmehl gab der Schallplatte die notwendige Härte, aber auch die oft beklagte Zerbrechlichkeit. Mit diesem Verfahren hatte Berliner die letzte Hürde zur Herstellung großer Plattenauflagen genommen. Fast sechzig Jahre lang beherrschte die mit 78 U/min abgespielte Schellackplatte den Markt.
Die erste (Schellack-) "Langspielplatte"
Von nun an nahm das Geschäft mit der runden Scheibe einen ungeahnten Aufschwung. Jeder wollte sich von diesem neuen Kuchen ein deftiges Stück abschneiden. Patentstreitigkeiten waren an der Tagesordnung. Jede Firma wachte eifersüchtig über ihre Neuerungen.
Als auf der Leipziger Frühjahrsmesse im Jahr 1904 erstmals eine doppelseitig bespielbare Platte vorgestellt wurde, wollten natürlich sofort auch andere Firmen diese sensationelle Neuerung in ihr Programm aufnehmen. Eine Plattenfirma unternahm diesen Versuch auch, mußte aber aus patentrechtlichen Gründen die Produktion wieder einstellen.
Trotz aller Neuerungen war man dem dringlichsten Problem, nämlich die Spieldauer der Platten zu verlängern, noch nicht nähergekommen. Eine Platte mit 30 Zentimeter Durchmesser hatte eine Aufnahmekapazität von etwa viereinhalb Minuten. Das wirkte sich bei längeren Musikprogrammen sehr lästig aus. Aber welche Möglichkeiten gab es, eine längere Spielzeit zu erreichen? Einmal konnte der Plattendurchmesser vergrößert werden.
Eine Firma in Frankreich und eine in England schlugen diesen Weg ein. Sie stellten 1905 eine 50 Zentimeter- Platte vor. Aber diese monströsen Scheiben waren unhandlich und leicht zerbrechlich. Das Publikum lehnte sie aus verständlichen Gründen ab.
Die beiden anderen Möglichkeiten, zu einer längeren Laufzeit zu gelangen, waren enger nebeneinanderliegende Tonrillen und eine Herabsetzung der Umdrehungsgeschwindigkeit. Und beide Möglichkeiten wurden in Betracht gezogen.
Der Altmeister der Tonaufzeichnung hält mit
Ausgerechnet Thomas Alva Edison, der überzeugte Anhänger der Walzen-Phonographie, entwickelte die erste Langspielplatte. Von seinen Gesellschaftern dazu gedrängt, beschäftigte er sich zunächst widerwillig mit dem Konkurrenzmedium. Aber bald fesselte ihn die neue Arbeit so sehr, daß er schon 1912 die ersten Platten auf den Markt bringen konnte. Die von ihm geschaffene Technik der Tiefenschrift zur Schallaufzeichnung behielt er jedoch bei. Der Erfinder ging schon auf die Achtzig zu, als er seine erste Langspielplatte mit einer Spielzeit von 40 Minuten vorstellen konnte.
„Edison Record 40 Minutes" stand auf dem Plattenetikett, und die vierzig Minuten bezogen sich auf beide Plattenseiten. Eine Seite hatte also zwanzig Minuten Spielzeit, und das war über die Hälfte länger als bei der ersten, später von Peter Goldmark entwickelten Langspielplatte.
Edison hatte den Weg der größeren Rillendichte gewählt. Auf einem Millimeter brachte er sechzehn Rillen unter. Anmerkung : Ist natürlich Unsinn, denn die ganze Platte hat ja nur eine Rille.
Um eine derartige Dichte erreichen zu können, war ein besonders widerstandsfähiges Material Voraussetzung. Und diese Voraussetzung schuf der belgisch-amerikanische Chemiker Leo Hendrik Baekeland (1863-1944) mit seinem härtbaren, vollsynthetischen Kunstharz, das unter dem Namen „Bakelit" weltbekannt wurde.
Dieses Bakelit bildete die harte Oberfläche der Platten von Edison. Besondere Härte war allerdings auch notwendig, denn wegen der feinen und nicht sehr tiefen Rillen mußte der messerähnliche Diamant des Abtasters mit mehr als 300 Gramm aufdrücken, um eine ausreichende Lautstärke zu erzeugen.
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Die Platte dreht sich langsamer
Bei Edisons Langspielplatte, die mit 80 Umdrehungen pro Minute rotierte, gab es einen großen Nachteil. "Die Rillen" lagen so dicht nebeneinander, daß sie sich bei häufigem Gebrauch sehr schnell abnützten. Dazu trug die mit hohem Druck aufsitzende Diamantnadel natürlich ihren Teil bei.
Nun blieb aber noch eine dritte Möglichkeit, die Spieldauer zu verlängern, und zwar durch ein Herabsetzen der Umdrehungsgeschwindigkeit. Bei früheren Versuchen dieser Art war man wieder davon abgekommen, weil durch die Trägheit des mechanischen Systems einfach keine passable Tonqualität erreicht werden konnte. Aber trotz aller Hindernisse wurde diese Möglichkeit weiterverfolgt, wenn auch auf einem ganz anderen Einsatzgebiet.
Der Nadel-Ton (zum Film)
Es war eine Langspielplatte mit 33 1/3 Umdrehungen in der Minute, die dem Tonfilm zum Durchbruch verhalf. Am 6. Oktober 1927 fand in New York die Premiere des Tonfilms „The Jazz Singer" statt. In einem zeitgenössischen Bericht hieß es dazu: „Die Prominenz der Weltstadt trampelte, schrie und gebärdete sich wie im Taumel. Eine halbe Stunde dauerte der Orkan."
Der Ton zu diesem Film kam von einer Schallplatte mit einer Spieldauer von elf Minuten. Genauso lange lief normalerweise eine Filmrolle, und so lag es nahe, jeweils eine Platte mit einer Rolle zu koppeln.
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Plattendurchmesser 40 Zentimeter
Der Plattendurchmesser betrug 40 Zentimeter, der Rillenabstand war nur geringfügig enger als der einer 78er Platte. Wie es ausgerechnet zu dieser kuriosen Drehzahl kam, beschreibt der Fernsehpionier Walter Bruch: „Von einem Synchronmotor mit 1.800 Umdrehungen pro Minute am 60Hz-Netz ausgehend, wählte man eine Untersetzung von 54:1, die eine Drehzahl von 33,333, also 33 1/3 Umdrehungen pro Minute ergab. Eine von dem Motor angetriebene Schnecke, die im Verlauf einer Umdrehung ein Zahnrad mit 54 Zähnen um einen Zahn weitertransportierte, realisierte diese Untersetzung störungsfrei. So entstand diese merkwürdig anmutende Drehzahl von 33 1/3 U/min, deren Herkunft sogar bei den Großfirmen der Schallplattenindustrie in Vergessenheit geraten ist."
Am 17. September 1931 wurde die erste für die Öffentlichkeit bestimmte Langspielplatte mit dieser Umdrehungszahl im Savoy Plaza Hotel in New York vorgestellt.
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Der Initiator der modernen LP
Die „Langspielrevolution" begann nicht, wie oft behauptet wird, am 21. Juni 1948, als auf einer Händlertagung in Atlantic City, USA, die erste Langspielplatte auf Vinylbasis vorgestellt wurde. Sie begann schon drei Jahre früher, als der gebürtige Ungar Peter Goldmark (1906-1977), Forscher und Ingenieur, sich über die ständigen Unterbrechungen eines auf Platten aufgenommenen Konzerts ärgerte.
Goldmark hatte an der Technischen Hochschule in Berlin studiert, zusammen mit einem berühmten Landsmann, dem späteren Nobelpreisträger Dennis Gabor. Nach seiner Promotion in Wien ging er zunächst nach England und wanderte schließlich nach Amerika aus. Seit 1936 war er bei der CBS (Columbia Broadcasting System) als Entwicklungsingenieur tätig. In seiner Biografie bezeichnet Goldmark sich als Einzelgänger, der notfalls auch mit dem Kopf durch die Wand ginge.
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Die Sache mit den Mikrorillen (Bild vergrößern mit "Klick"
Goldmarks erste Arbeit bestand darin, in alten Schallplattenarchiven zu stöbern und die unterschiedlichen Längen verschiedener Sinfonien zu vergleichen, denn er war hauptsächlich an klassischer Musik interessiert.
Nachdem er unzählige Aufnahmen untersucht hatte, stellte er fest, daß etwa 90% aller Sinfonien auf einer Schallplatte mit 45 Minuten Laufzeit untergebracht werden konnten. Damit war also die Gesamtspielzeit vorgegeben, und durch eine einfache Rechnung ließ sich die "Anzahl der dazu notwendigen Rillen" (besser die Rillendichte) ausrechnen.
Schon Edison hatte bei seiner Langspielplatte vor dem Problem gestanden, das richtige Material für die stark verkleinerte Schallplattenschrift zu finden. Bei Goldmark tauchten ähnliche Schwierigkeiten auf.
Allerdings wirkte sich vorteilhaft aus, daß der Auflagedruck des Tonabnehmers durch die Elektrifizierung nur noch ein Hundertstel dessen betrug, das Edisons Platte aushalten mußte. Goldmark entschied sich für einen härtbaren Kunststoff aus der Familie der Polyvinylchloride.
Die Platten aus Polyvinylchlorid
Dieses Plattenmaterial hatte eine wesentlich feinere Oberflächenstruktur als die grobkörnige Schellackplatte. Deshalb konnte der Abstand zwischen den einzelnen Rillen von 0,3 auf 0,1 Millimeter verkleinert werden. Ebenso wurde die Rillenbreite von 0,13 auf 0,07 Millimeter herabgesetzt. Es gelang schließlich, eine Platte mit einer Spieldauer von 22 Minuten und 20 Sekunden pro Seite herzustellen.
Dabei blieb es nicht. Die Technik wurde immer mehr verfeinert, und schließlich konnte das Team so feine Mikrorillen herstellen, daß eine Spieldauer von 30 Minuten auf einer Seite erreicht wurde. Die Aufnahmequalität allerdings ließ lange Zeit zu wünschen übrig. Bei einem Test wurde mehrfach das Knallen eines Pistolenschusses aufgenommen. Auf der Platte hörte es sich hinterher an, als würde eine Kartoffel auf den Boden fallen.
Eine Überprüfung der elektronischen Geräte blieb erfolglos, bis Goldmark eines Tages dahinterkam, daß das Aufnahmemikrofon für die miserable Qualität verantwortlich war. In Deutschland war ein neuartiger Mikrofontyp hergestellt worden. (Georg Neumanns Kondensatormikrofon). Goldmark besorgte sich ein solches Mikrofon, und damit war das Problem der tongetreuen Aufnahmen gelöst.
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Ein Musical brachte den Durchbruch
Als die CBS diese neuartige Schallplatte auf den Markt brachte, erlebte das Team um Goldmark zunächst eine Enttäuschung. Viele sahen in der LP nur eine geringfügige Verbesserung der alten 78er Platte, und der Rundfunk, sonst wichtigster Werbeträger, hüllte sich in absolutes Stillschweigen.
Die RCA hatte sich geweigert, bei dem LP-Projekt der CBS mitzuziehen, und eine Platte mit 16 Zentimeter Durchmesser und 45 Umdrehungen pro Minute entwickelt, das sogenannte „Madame X"-Projekt. Dieses Projekt sollte zusammen mit einem billigen Abspielgerät die Langspielplatte übertrumpfen.
Ein regelrechter Kleinkrieg zwischen den beiden großen Firmen brach aus. Schließlich bot die RCA ihren Plattenspieler sogar gratis an,
damit möglichst nur 45er Platten abgespielt wurden. Die CBS führte den Gegenschlag mit einem Plattenspieler, bei dem die gewünschte Geschwindigkeit beliebig eingestellt werden konnte, je nachdem, welche Plattenart man auflegte.
Aber trotz aller Bemühungen dämmerte Goldmarks LP vor sich hin. Der große Durchbruch kam erst, als die CBS das beliebte Broadway-Musical „South Pacific" von Rodgers und Hammerstein auf einer einzigen Platte mit Goldmarkschen Mikrorillen aufnehmen ließ. Ein ganzes Musical ohne ständigen Plattenwechsel, das war neu, und die Kunden stürmten die Musikgeschäfte.
Das Füllschriftverfahren
Die Aufnahmekapazität wird weiter vergrößert: das Füllschriftverfahren. Im Deutschland der Nachkriegszeit setzten sich die neuen Platten typen sehr langsam durch. Noch im Jahr 1954 wird durch eine Statistik belegt, daß über 77% der Plattenproduktion aus den alten 78er Schellackplatten bestanden. Nur 6,2 % machte die Produktion an Platten mit 33 Umdrehungen aus, der Rest lief mit 45 Umdrehungen.
Aber die neuen Kunststoffplatten aus Polyvinylchlorid ließen sich schließlich nicht mehr aufhalten, und bald wurde die Herstellung der Schellackplatten eingestellt. Die neuen Platten hatten entscheidende Vorteile. Einmal waren sie unzerbrechlich, zum anderen war durch die feine Materialstruktur und die Beimengung von Ruß die Reibung der Tonabnehmernadel stark reduziert worden. Aber bei der Spieldauer war das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Durch eine besondere Technik, das „Füllschriftverfahren", konnte die Kapazität noch einmal gesteigert werden. Als Vater dieses Verfahrens wird im allgemeinen der Physiker, Erfinder, Journalist und Romanschriftsteller Eduard Rhein (geboren 1900) genannt. Aber als er 1942 sein Verfahren zum Patent anmeldete, mußte er feststellen, daß sein Prinzip schon seit dem 19. April 1928 in London als Patent der Columbia Graphophone Company anerkannt war.
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Während die Firma in London aber ihr Projekt offenbar nicht weiter verfolgte, stürzte sich Eduard Rhein konsequent in die Entwicklung seines Verfahrens, für das er sich den Namen "Füllschrift" schützen ließ. Es ging darum, mit der Platzverschwendung auf den 45er Platten aufzuräumen.
Bisher hatte man die Rillen der Tonspur ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Raumbedarf gleichmäßig nebeneinandergelegt (also mit gleichem Abstand nebeneinander). Der Ausschlag der Nadel war aber ungleichmäßig: Je größer die Lautstärke, desto größer die "Amplitude" (die Auslenkung).
Damit sich die Ausschläge auf der Platte nicht gegenseitig ins Gehege kamen, mußte man zwischen zwei nebeneinanderliegenden Tonrillen einen bestimmten Abstand einhalten. War der Ausschlag gering, so war der dazwischenliegende Steg breiter als notwendig.
Beim Füllschriftverfahren von Rhein schmiegt sich jede neue Rille eng an die vorhergehende an. Das funktionierte im Prinzip folgendermaßen: Gleichzeitig mit dem Schneiden der Platte tastet ein Tonabnehmer Lage und Lautstärke der vorhergehenden Rille ab und gibt die elektrischen Werte an ein Regelorgan weiter. Ein Rechner bestimmt danach die richtige Lage des Schneidkopfes auf tausendstel Millimeter genau. Der Rillenabstand wird so eingeregelt, daß zwischen den Rillen nur noch der unbedingt notwendige Steg stehenbleibt. In der Praxis konnte ein solches mit Trägheit behaftetes System natürlich nicht funktionieren.
Die Apparatur der Firma Telefunken
Rhein ging deshalb schon von Anfang an den Weg über die inzwischen zu hoher Vollendung weiterentwickelte elektromagnetische Zwischenaufzeichnung. Dadurch konnte der Schneideapparatur über einen zeitlich vorversetzten Aufnahmekopf zunächst schon die zu erwartende Lautstärke signalisiert werden und sie wiederum den an der zu schneidenden Stelle benötigten größeren oder kleineren Rillenabstand sichern. Die so definierte Lage der Rille wurde magnetisch auf einer mitlaufenden schallplattengroßen Magnetfolie registriert.
Es dauerte bis 1953, bis man die Serienproduktion der „Füllschrift Musikplatten, geschnitten nach dem Rheinischen Verfahren" aufnehmen konnte.
Die betriebsfertige Apparatur wurde von der Firma Telefunken gegen eine Stücklizenz übernommen.
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Die Compact Disc
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Platte ohne Rillen: Compact Disc
Seit dieser Zeit haben die Techniker immer wieder versucht, die Aufnahmetechnik und Wiedergabequalität der Schallplatte zu verbessern. Es blieb nicht aus, daß sich auf der Suche nach neuen Wegen auch die Computertechniker zu Wort meldeten. Sie zerlegten die Schallschwingungen in einen Zahlencode, der sich digital speichern ließ.
Die Speicherung erfolgte (Anmerkung : anfänglich) auf einer 11,5 Zentimeter großen Platte, die eine beachtliche Spieldauer von mehr als 60 Minuten aufweisen kann. Ein Laserstrahl (besser : ein Laser-Licht - es ist ein Strahlenbündel) tastet die Platte ab. Trifft er auf eine glatte Stelle, wird er reflektiert und fällt auf eine Fotodiode. Die Diode gibt den Spannungsimpuls an einen Kleincomputer weiter. Trifft der Strahl auf eine Vertiefung in der Platte, wird er gestreut, und der Spannungsimpuls bleibt aus.
Aus jeweils 16 solchen Ja-Nein-Impulsen errechnet der Computer eine Tonschwingung. Pro Sekunde führt er 44.000 Berechnungen aus. Die Abtastung erfolgt dabei von innen nach außen.
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Die Vorteile (leider ohne die Nachteile)
Die Vorteile dieses Systems liegen auf der Hand. Das Klangvolumen steigt (wieso ???), Plattenkratzer oder Bandrauschen gehören der Vergangenheit an (wieso ???). Die Platte bleibt frei von Abnützungserscheinungen und kann beliebig oft gespielt werden.
- Anmerkung : Doch keiner sagte uns etwas von der begrenzten Lebensdauer der Laser-Diode !!!)
Die Techniker behaupten, daß der konservierte Ton bei diesem System vom Originalton nicht mehr zu unterscheiden sei. Die nur zehn Gramm schwere neue Platte, bestehend aus aluminiumbeschichtetem, transparentem PVC mit einer hauchdünnen Schutzschicht aus Kunststoff, ist eine Gemeinschaftsentwicklung des japanischen Sony- und des niederländischen Philips-Konzerns.
Ingenieure beider Firmen arbeiteten fast zehn Jahre lang an der „Compact Disc", wie das neue Kind der Tontechnik schließlich genannt wurde. Drei Milliarden Mark wurden investiert, bis das Laserverfahren anwendungsreif war.
Holland, am 8. März 1979
Am 8. März 1979 führte Philips in Eindhoven den ersten CD-Player vor. Damals war die Abspieltechnik noch transistoriert - ein unter dem Tisch angebrachtes Gehäuse von der Größe einer Kartoffelkiste nahm die komplizierte Apparatur auf. Bald kamen jedoch die ersten kompakten Abspielgeräte, nicht viel größer als ein Lexikonband, auf den Markt - freilich noch zu Preisen um 2.000 Mark.
Erst seit der Produktion wesentlich preisgünstigerer Player begann sich der Compact Disc durchzusetzen; zunächst bei Musikfans mit hohen Ansprüchen an die Wiedergabequalität. Heute sind die CD-Player bereits in die Mittelkonsolen der Autos vorgedrungen.
Elektronikindustrie und Musikbranche einigten sich 1989 auf ein begrenztes Schutzsystem gegen "Raubkopien" (Anmerkung : Auch hier die Übernahme dieses dämlichen und grundfalschen Begriffs der Musikindustrie) von CD.
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Das SCMS Bit
„Einmalige Digitalaufnahme von CD auf DAT" - so hieß das Kopierschutz-Konzept, das vor Absatzeinbußen im CD-Geschäft bewahren sollte. Ohne diesen Schutz wäre es nämlich möglich gewesen, mit dem Digital Audio Tape (DAT-Rekorder) schier endlos oft Kopien zu erstellen, die dem Original auf der CD zu 100 Prozent gleichen. Bei einem immer wieder hintereinandergeschalteten Kopiervorgang klang mit dieser Technologie selbst die 100. Kopie noch genauso perfekt wie das Original.
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