Georg Neumann, ein Pionier auf dem Weg zu Edel-Hifi.
von Gert Redlich in 2010 - Viele von Ihnen haben den Namen Georg Neumann aus Berlin noch nie gehört, es sei denn, sie haben mal irgendwo im Studio oder beim Rundfunk oder beim Fernsehen gearbeitet.
Dort kommen nämlich die weltweit absoluten Spitzenmikrofone für die Rundfunk- und Schallplattenstudios und auch die großen Konzerthäuser her. Auch hatte Georg Neumann so um 1938 seine weltberühmten Schallplatten- Schneidemaschinen zur Perfektion gezüchtet.
Was den Analog-Gurus so graust, sie wissen nicht, was auf den Platten wirklich drauf ist. Sie wissen auch nicht, wie es drauf gekommen ist, evtl. sogar mit welcher Maschine diese eine odere jene eine Platte geschnitten wurde.
Bei den Großen der Branche, also z.B. bei der Polygram und der Deutschen Grammophon Gesellschaft (die DGG war einst eine Tochter der AEG - später von Siemens und dann von Philips) wurde mit den Telefunken M10 und später M15 Magnetbandmaschinen aufgenommen und auf Neumann Platten- Schneidemaschinen wurden die Matrizen "geritzt". Die 33er Platten der DGG (und auch die von Polydor) klangen auch anerkannt super, jedenfalls fast alle.
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Weltbekannt bereits vor dem 2. Weltkrieg - die Neumann Flasche.
Der 1898 geborene Georg Neumann war meines Wissens nach der erste, der um 1928 ein Kondensatormikrofon in edler Klangqualität serienmäßig herstellte. Ab etwa 1936 war in Deutschland die "Neumann-Flasche" auf fast allen Großveranstaltungen und auch bei Rundfunk und Schallplatte zu sehen.
In der eigentlichen "Flasche" steckte eine selektierte Röhre, die die kleinsten Audio-Strömchen der Kondensatorkapsel für lange Studioleitungen auf Sudio-Normpegel verstärkte. Die eigentliche Kapsel saß oben drauf und war leicht austauschbar.
Die Idee war herausragend, die erreichte elektroakustische Qualität ebenfalls und diese Technik hat sich bis heute bewährt. Ab Anfang der 1970er Jahre wurde auch hier die Röhre mit modernsten Feldeffekt- Transistoren ersetzt, jedoch das Konzept war das gleiche. Der Vertrieb der Neumann Mikorofone wurde über viele Jahrzehnte weltweit und auch in Deutschland, von Telefunken übernommen.
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Bereits 1943 regierte auch bei Neumann Berlin das Chaos.
Berlin wurde immer häufiger bombardiert und irgendwann waren auch die Neumannschen Werkstätten ausgebrannt. Eigentlich war es fast ein Totalschaden. Auch von den Mitarbeitern hatten viele ihre Wohnungen verloren und waren froh, daß die Firma Neumann weit nach draußen verlagert wurde.
Gefell - damals ein ganz einsames Kaff an der heutigen tschechischen Grenze - schien ein Paradies, ein sicherer Ort am Ende der Welt, zu sein. Jedenfalls hatte man dort die abgeworfenen "Aluschnipsel" der anfliegenden Bombergeschwader noch nie gesehen, sagt die Legende. Doch bereits kurz nach Kriegsende kam das Grauen zurück. Die Amerikaner tauschten plötzlich das bereits besetzte Thüringen gegen Westberlin und dann kamen "die Russen".
Ein wieder völlig neues und völlig anderes Kapitel begann .........
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1946 - Georg Neumann geht zurück nach Berlin
Obwohl Berlin - nahezu dem Erdboden gleich - platt gebombt war, war es für den Chef Georg Neumann und die wenigen seiner Mannen die weniger schlimme Alternative zu den Auswüchsen der russischen Besatzung der damaligen SBZ, - auch Ostzone genannt.
Für uns Nachkriegs Wessies ist es heute nur schwer verständlich, daß der größere Teil der Mitarbeiter nach 1946 dort in Gefell verblieben war und sich mit dem "sozialistischen" System anfreunden wollte - oder mußte. Von 1946 bis etwa Ende 1960 (fast bis zu Ulbrichts Mauer) war der Weg nach Westen noch leidlich möglich.
Jedenfalls wurde 1946 von dem damals 48jährigen Georg Neummann in Berlin West die Georg Neumann GmbH als sogenannte "Zweitgründung" gegründet. Damit stand zumindest der westliche Markt offen.
Eine Zeit lang lief die Kooperation beider Neumann Firmen leidlich vernünftig. Der nach dem Chef wichtigste Mitarbeiter Erich Kühnast verblieb nämlich in Gefell und nahm - so gut es eben ging - die Interessen seines Inhabers wahr.
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Als die Ostzonen- Verwaltung den Betrieb - jetzt als VEB - teilverstaatlicht, ist die Trennung vorprogrammiert.
Es zeichnete sich ab, daß in der Ostzone "Tabularasa" mit allen Privatfirmen mit ausländischem Einfluß gemacht würde. Nach der 50% Teilverstaatlichung und dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurde 1972 auch noch die Benutzung des Namens Neumann als Logo verboten. Und damit war die Neuman GmbH in Berlin die einzig verbliebene Erbin des renommierten Neumann Namens.
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Nach Georg Neumanns Tod in 1976 wird die Firma von den Erben 1991 an Sennheiser verkauft.
Die Kinder von Georg Neumann wuchsen in Paris auf und lebten auch dort. Selbst die Enkel hatten keinen Bezug mehr zu der Mikrofon Firma in Deutschland und so wurde ein Käufer gesucht.
Glücklicherweise wurde im Gegensatz zu Willi Studer kein verdeckter geldgieriger schweizer "Investor" ausgewählt, sondern die deutsche Firma Sennheiser, ein sehr renommiertes und bekanntes Unternehmen mit fast gleicher Ausrichtung - und damals noch unter der Leitung von Vater und Sohn -, beides Professoren und anerkannte Spezialisten auf ihrem Gebiet.
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Aus den Rundfunkanstalten und aus den Fernsehsendern hört man, daß die Neumann Kondensatormikrofone qualitativ über denen von Sennheiser gestanden hatten. Es war eine gute Entscheidung für Sennheiser, Neumann zu kaufen und damit die Produktpalette nach ganz ganz oben hin abrunden zu können. Sennheiser hatte dann auch noch die Reste von Klein + Hummel Kemnat übernommen und war jetzt im Studio-Bereich breit aufgestelt.
Nicht ganz "vernünftig" und nachvollziehbar war und ist (nach der Wende) die unschöne Auseinandersetzung mit dem Neumann-Ableger in Gefell. Die Eigentümer von Georg Neuman (jetzt Sennheiser) hatte gerichtlich durchgesetzt, daß die Gefell-Neumänner sich nicht Neumannn/Gefell nennen durften.
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