Eine Laudatio in Heft 5 der HIFI VISION von 1989
Um es nocheinmal zu wiederholen, solche Laudatien beleuchten die Sonnenseite des Lebens, auch des geschäftlichen Erfolges. Hinter den Kulissen sieht es viel zu oft ganz anders aus.
Bezüglich der 8 Anmerkungen hatte mich Peter Tschimmel im November 2016 abgemahnt.
In dem 11seitigen Abmahnschreiben wurden so gut wie alle meine Kommentare und Anmerkungen aufgelistet, ohne sich vorher kundig zu machen und deren Wahrheitsgehalt auf Antragsteller-Seite gewissenhaft zu überprüfen. Alleine durch eine einfache Suchmaschinen-Anfrage nach dem Begriff "Durchstarten" hätte der (die) Rechtsberater(in) den Mandanten bremsen können.
.
Ein Selbstbau-Spezialist startet durch
von Andreas Rechner im Mai 1989 - Vom Bausatz-Anbieter zum erfolgreichen Fertigboxen-Produzenten - die Erfolgs-Story des Peter Tschimmel.
- Anmerkung (1) : Die Titelzeile verrät verdeckt einiges aus dem Bereich hinter den Kulissen. Wenn ein Flugzeug durchstarten muß, hat es entweder eine Beinahe- Bruchlandung hingelegt bzw. vermieden oder die Landung ist insgesamt total schief gelaufen und abgebrochen worden. Es hat also nicht geklappt.
Sein Arbeitsplatz erinnert an den Demo-Raum eines Büromöbel-Herstellers: Auf Tischen und Regalen herrscht penible Ordnung, Papierstapel sucht der Betrachter im Büro von Peter Tschimmel, dem Shooting Star unter den deutschen Lautsprecher - Spezialisten, vergebens.
Der Treiber der Berliner Firma Lautsprecher-Teufel bringt eben vermeintlich Unvereinbares zueinander. Mit selbstironischem Lächeln erklärt er sich beispielsweise zum „Pedanten", um im nächsten Satz „die Innovationskraft der Subkultur" und damit die Teufel-Gründerjahre zu beschwören.
Es begann 1973
Die Teufel-Gründerjahre begannen 1973, als Tschimmel noch an der Technischen Universität in Berlin Jura studierte. Seine lang gehegte Leidenschaft für Musik und HiFi wurde damals so heftig, daß ihn nichts mehr im akademischen Ghetto hielt: Der heute (wir schreiben Mai 1989) 38jährige hatte sich schon geraume Zeit darüber geärgert, was ahnungslose Verkäufer in Radio- und Phonohäusern den Kunden so andrehten. Deshalb ging er selber unter die HiFi-Händler. „Bis tief in die Nacht", so erinnert er sich, „haben wir unsere Kunden beraten. Das war ein Gefühl wie zu Goldgräberzeiten, aber verdient haben wir nichts." Mehrere Jahre arbeitete Tschimmel dann als (fest angestellter) Hifi-Händler im Bundesgebiet.
- Anmerkung (2) : Nachdem in Berlin alles durch Konkurs zu Ende war, ging er nach Mainz. Das waren es die zwei Jahre in Mainz beim Klangstudio Rainer Pohl in der Christophstrasse 11. Um 1978 trat auch in Mainz eine große existenzbedrohende Flaute im Hifi-Markt ein und Klangstudio Pohl musste wieder kleiner werden, und um überleben zu können, zog Rainer Pohl in sein eigenes Gebäude nach Bodenheim bei Mainz um.
.
Nach Berlin zurückgekehrt, analysierte er den Markt und bot 1979 erstmalig Bausatz-Boxen mit dem Markennamen Teufel an. Den damaligen Schritt in die Selbstbau-Szene hält er auch heute noch für konsequent: „Was damals als Boxen angeboten wurde, war überwiegend lieblos zusammengeschustert".
- Anmerklung (3) : Der Hifi-Markt für die Oberklasse - selbst für die gehobene Mittelklasse - war zu der Zeit um 1978-1980 kaputt. Der Umsatz von 1,5 Millionen alleine in Berlin ist - auch aus heutiger Sicht des Marktes - unglaubwürdig.
.
Tschimmels teuflische Teil-Ensembles waren wohl besser. Denn zweieinhalb Jahre nach Gründung seiner Kit-Company erzielte er bereits 1,5 Millionen Mark Jahresumsatz - nur mit Bausätzen und nur auf dem Berliner Markt. Die Manufaktur aus der Subkultur hatte sich gemausert.
.
Die Expansion ins damalige Bundesgebiet
Durch diesen Erfolg angespornt, wollte Tschimmel nun auch westdeutsche HiFi-Fans mit seinen Bausätzen beglücken. Doch er stieß mit seinem Vorhaben zunächst auf Schwierigkeiten. Denn nicht alle Händler, die im Bundesgebiet Selbstbauboxen verkauften, wurden als gut genug für den Teufel-Vertrieb befunden.
- Anmerkung (4): So kann man es auch ausdrücken. Die Realität bzw. die Wahrheit war aber, daß der Markt für Boxen-Bausätze sowieso schon klein war und die Hifi-Händler und Hifi-Studios hatten bereits ihre Lautsprecher- Lieferanten. So war eben gar kein Bedarf für noch einen weiteren Hersteller mehr vorhanden.
Und schließlich sah Tschimmel Anfang 1985 kaum eine Absatz-Chance mehr für Bausätze. Doch dann startete HIFI VISION und beschäftigte sich von der ersten Ausgabe an regelmäßig mit den Kits, die von anderen Zeitschriften oft als Schmuddel-Produkte bezeichnet worden waren.
Von dieser Aufklärungsarbeit profitierte auch Tschimmel, dessen Boxen in HIFI VISION-Tests und später auch in anderen HiFi-Zeitschriften gute Ergebnisse erzielten.
- Anmerklung (5) : Ein wenig Eigenlob ist auch dabei, denn die Firma TEUFEL Berlin war ein guter dauerhafter Anzeigenkunde und den konnte HIFI-VISION gut gebrauchen.
.
Als die Margen bzw. die Gewinne sanken . . .
Allerdings: Die große Karriere barg auch Risiken, und Tschimmel hatte einen guten Ruf zu verlieren. Da er - stets die Nase im Wind - nach eigenem Bekunden „als erster im großen Rahmen Fertiggehäuse für seine Chassis-Kombinationen anbot", geriet Tschimmel in Zugzwang: „Unsere Gehäuse wurden immer aufwendiger, die Gewinnmargen immer kleiner." Im Klartext: Das Geschäft mit den Bausätzen rentierte sich immer weniger.
Diese Warnzeichen konnte der Boxen-Entwickler nicht ignorieren. Und da er überdies an seinem Händlernetz noch immer keinen rechten Gefallen fand, beschloß er, in die elitäre Gesellschaft der Fertigboxen-Produzenten einzubrechen.
Ein Neustart in Berlin 1987
Im Herbst 1987 begann so der zweite Teil der Teufel-Karriere. Knapp ein Jahr später, im August 1988, konnte Tschimmel, der mittlerweile nur noch Fertigboxen baut, feiern: Sein Subwoofer-Satelliten-System M 200/M 6000 wurde Passivboxen-Referenz bei HIFI VISION.
Und pünktlich zum zehnjährigen Geschäftsjubiläum wählten die HIFI VISION- Leser das Modul-System zum Gerät des Jahres - Tschimmel bekam den Goldenen Notenschlüssel (siehe Heft 4/1989).
- Anmerkung (6) : Die Leserzahlen der nun 4 Jahre alten HIFI-VISION (wir sind im Jahr 1989) sowie die Zahlen der Umfragebeteiligung sind nicht bekannt. So spielte auch diese Auszeichnung im Hifi Fachhandel überhaupt keine Rolle.
Nachtrag : Das ist inzwischen (Sommer 2017) fundiert recherchiert und hält allen Verneinungen stand.
.
Solch positive Resonanz läßt die Perfektionisten („unsere dunkelbraunen Versionen kleben wir mit dunkelbraunem Leim") nicht ruhen. Deshalb muß sich die 15köpfige Belegschaft auf einiges gefaßt machen: „Allzulange können wir auf unseren 1.000 Quadratmetern nicht mehr bleiben", befürchtet Tschimmel, obwohl er zugibt, daß die Atmosphäre in der erst 1987 bezogenen Fabrik aus der Gründerzeit angenehm familiär ist.
Aber dem rastlosen Boxen-Entwickler schwebt Größeres vor: „Demnächst werden wir unsere eigenen Chassis mit neuen Werkstoffen herstellen." Da darf man gespannt sein, was bald bei den 220 Teufel-Vertragshändlern in den Studios steht.
Andreas Rechner im Mai 1989
Nachtrag in 2015 (im Dezember 2016 korrigiert)
Peter Tschimmel ist heute (in 2015) nicht mehr bei Lautsprecher-Teufel und die Firma Teufel macht überwiegend Direktvertrieb, hat also keine Händler mehr.
(hier der in der Abmahnung bemängelte Passus 7)
Die Zahl von 220 war damals sicher auch nur ein medial wirksames Wunschdenken. (Auch dieser Passus wurde in der Abmahnung angekreidet.)
Weiterhin fehlt jede Erwähnung von Klaus Heinz, mit dem er vor dieser Zeit zusammen gearbeitet hatte. Klaus Heinz gründete später die Firma ARCUS Berlin, die aber später in große Turbulenzen kam und dann Konkurs anmelden mußte. Aber das wird eine andere Story.
.
Der bemängelte 8. Passus stand hier und wurde bereits entfernt.
.
Aug. 2017 - Kommentar zu dieser Abmahnung :
Mein Fach-Anwalt für Wettbewerbsrecht und Firmenrecht Andreas Pappert aus Wiesbaden hat die vorsorgliche Unterlassungsverpflichtungserklärung alleine auf den bemängelten Satz im letzten Passus des ursprünglichen Nachtrags - im "Nachtrag 2015" - reduziert und folgendes ergänzt:
Die (obige Unterlassungsverpflichtungs-) Erklärung erfolgt unter der auflösenden Bedingung, dass sich der seitens des Antragsstellers reklamierte Unterlassungsanspruch als rechtlich haltlos erweisen oder dieser aufgrund veränderter Umstände i. S. v. § 927 ZPO entfällt.
Nach unserer Auffassung hätte der Antragsteller auch juristisch (auf dem Klageweg) wenig Chancen, bei drei unabhängigen Zeugen (bezüglich der entfernten Aussage) diese Abmahnung insgesamt oder in Fragmenten erfolgreich durchzufechten. Alleine um meinen Zeitaufwand zu vermeiden, haben wir von einer für beide Seiten kostspieligen Konfrontation abgesehen.
Wiesbaden im August 2017 .
.