Gestellose Studiotechnik - aus Telefunken Zeitung 1953
Aus TELEFUNKEN-ZEITUNG • Jg. 26, Heft 98 (Januar 1953) - Unter der Bezeichnung Studio-Anlagen versteht man die tonfrequenten Einrichtungen eines Funkhauses. Ein „Studio" besteht in der Regel aus dem Studioraum, dem Ansageraum und dem Regieraum. In diesem befinden sich die für den Betrieb eines Studio-Komplexes erforderlichen Verstärker, Regel-, Schalt- und Überwachungseinrichtungen.
Bis vor wenigen Jahren wurden in Deutschland diese Verstärker und die während einer Sendung nicht ständig zu bedienenden Schalt- und Prüfeinrichtungen in Gestellen eingebaut, wie es in den Verstärkerämtern des Fernsprechweitverkehrs und in der allgemeinen elektroakustischen Technik üblich ist.
Zwischen den in Kaskade geschalteten Verstärkern einer Sendestraße (der Weg vom Mikrophon bis zur Leitung zum Sender) befinden sich Regel- und Schalteinrichtungen, die vom Regietisch aus bedient werden müssen.
Dies hat zur Folge, daß zahlreiche Tonfrequenz führende Verbindungsleitungen zwischen den Verstärkergestellen und dem Regietisch hin und her geführt werden müssen, was aus Gründen der Betriebssicherheit und Übersichtlichkeit keinesfalls für diese Bauweise spricht.
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Die Anregungen kamen vom NWDR
Ausgehend von Anregungen des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR), sind neue Studioverstärker (V71, V 72) geschaffen worden *1), die so gedrängt aufgebaut werden, daß sie in den Regietischen untergebracht werden können.
Unter Benutzung dieser Verstärker ist ein gestelloser Aufbau von Studio-Anlagen möglich, zu dem die deutschen Sender bei dem Neuaufbau von Studios übergehen.
*1) H. Heyer: Neue Regieeinrichtungen für Funkhäuser. Teil II: Konstruktive Vorschläge für neue Regieeinrichtungen: Techn. Hausmitt. d. Nordwestdeutschen Rundfunks Jg. 3 H. 10/11 (1951) S. 165.
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Vorreiter ist Radio Luxemburg
Die ersten gestellosen Studio-Anlagen, die in Deutschland gebaut wurden und für das Ausland bestimmt waren, wurden vor kurzem durch Telefunken an Radio Luxemburg geliefert.
Sämtliche Regietische sind in Ganz-Metall-Ausführung hergestellt (Bild 1) und enthalten in den beiden Unterteilen die Schaltfelder, Tonmesser, Abhörverstärker, Relaisschienen für die Fernsteuerung der Sendestraßen und Signale usw.
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Als Vor-, Haupt- und Trennverstärker wurde der nach einer Entwicklung des NWDR entstandene Kassettenverstärker V 72 benutzt, von dem 10 Stück oben in der Regietischplatte eingebaut sind (Bild 2).
Der Verstärker ist zweistufig (2 x EF 804), hat eine Verstärkung von 34 db und besitzt einen eigenen Netzteil. Er ist über eine Steckvorrichtung angeschaltet und kann ohne Werkzeug leicht und schnell ausgewechselt werden.
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Doppelabspieltisch für Schallplatten
Bild 3 zeigt einen der für Radio Luxemburg gelieferten Doppelabspieltische für Schallplatten. Die darin verwendeten Abspielmaschinen R 80 sind Studio-Plattenspieler für drei Geschwindigkeiten mit 40 cm Plattendurchmesser, optischer Rillenanzeige und ferngesteuerter Aufsetzvorrichtung für die dynamischen Tondosen.
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Der Doppelmagnetophontisch
Als Magnettongeräte wurden für Luxemburg AEG-Magnetophone T 9 (Bandgeschwindigkeit 78 cm/s) benutzt.
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Der im Bild 4 gezeigte Doppelmagnetophontisch besitzt im Mittelteil eine Regieeinrichtung für 3 Magnetophone. Im Tischunterteil sind die Aufsprech- und Wiedergabe-Entzerrer eingebaut. Zusammen mit einem Abhörschrank stellen diese Geräte die komplette gestellose Einrichtung eines Regieraumes dar.
Von den Regieräumen der einzelnen Studios führen die Übertragungsleitungen nach dem Hauptverteilerraum des Funkhauses. Hier werden sie auf die zu den Sendern führenden Fernleitungen geschaltet. In diesem Raum enden auch alle ankommenden und abgehenden sonstigen Übertragungsleitungen.
Für die Rangierung und Zusammenschaltung dieser Leitungen sind umfangreiche Kreuzschienenverteiler erforderlich, so daß man in diesem Raum für den Aufbau der Geräte bei der bisherigen Gestelltechnik verbleibt.
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