Das Bremer Rundfunkmuseum in 2015
Ende September 2015 habe ich die fast 5 Jahre lang wartende Einladung zum Besuch in Bremen endlich wahr gemacht und bin nach Bremen gefahren.
Der Anlaß war eigentlich, daß dort die ganz alten MAZer (kommt von "die Männer an der MAZ = Magnetband Aufzeichnung") von Radio Bremen, also von dem Fernsehbereich von Radio Bremen, die Erinnerung an die alten Zeiten pflegen und wenn ich kommen würde, seien sie alle da.
Und so haben wir einen ganzen Tag verklönt und über alte Zeiten erzählt.
Bei Radio Bremen, dem kleinsten Sender der ARD, wurde etwa 1962 auf Schleichwegen eine erste Ampex MAZ angeschafft. Das wie und das Drumherum und die Ankedoten finden Sie in dem Buch "40 Jahre bei Radio Bremen" von Manfred Hemmerling, der leider wenige Tage vor meinem Besuch verstorben war.
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In der ehemaligen Rezeption residiert nun die Werkstatt.
Die Mannschaft des Museums ist sowohl im Rundfunk, im Fernsehen wie auch im Seefunk zuhause. Und das zeigt sich in der Werkstatt. Außerdem gibts dort für die Gäste etwas zu trinken, natürlichauch für die Mitarbeiter, die sich bei Führungen den Mund "fusselig" geredet hatten.
In der Vitrine stehen schon die raren bzw. seltenen (kleineren) Exponate, die eventuell einem "Schwund" (also einem Sammler) zum Opfer fallen könnten.
In dem Ambiente-Zimmer steht eine Bremer Rarität, die Borgward Truhe. Also eine große ehemals sehr teure Rundfunktruhe mit einem edlen Bandgerät und einem für damalige Zeiten hochwertigen Plattenspieler.
Es gab in Bremen die Autofabrik Borgward, die damals ganz erstaunlihch gute Fahrzeuge baute und vermutlich durch ein Komplott der Konkurrenz oder eine Hinterzimmer-Absprache zu Fall gebracht wurde.
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Die Ausstellung ist überraschend sauber strukturiert
Viele Besucher sind viel zu oft von einer Unmenge von Geräten und Eponaten erschlagen und gehen insgeheim kopfschüttelnd aus dem Museum wieder raus. Ein Beispiel ist das Museum in Bad Lasphe. Der Betreiber erfreut sich an mehreren tausend Radios, die auch den interessierten Betrachter völlig überfordern. Hier ist das naders. Die Mannen aus Bremen haben eine straffe Zeitschiene strukturiert. Mir jedenfalls hat die Reduktion auf das Wesentliche sehr gut gefallen.
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Ihnen fällt bestimmt auf, daß es zwischen 1939 und 1949 eine durch den 2. Weltkrieg bedingte 10jährige Pause gab, in der die Entwicklung deutscher Rundfunk-Technik ausfiel und nach 1945 erst mal auf ganz niedrigem Niveau stagnierte. Erst etwa ab 1950 mit dem Umstieg auf die neue UKW-Technik ging es mit gewaltiger Kraft wieder aufwärts. Ein Teil dieser Entwicklung "wohnt" in einem anderen Regal, in dem die UKW- Vorsatzgeräte der Bremer Firma NOGOTON gezeigt werden.
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. . . . . und so ist für jeden Geschmack etwas - von Anfang an - dabei
Herr Bultmann zeigt mir das Ergebnis der jahrelangen Mühen und kann wie viele andere Museumsführer zu fast jedem Gerät eine lebendige Story vortragen.
Hier kommen die ältesten Exponate aus der Rundfunkgeschichte und vor allem die optisch herausregenden Modelle.
hier sind wir schon im 3. Reich angelangt
Doch mit wirklichem Hifi hat das immer noch nichts zu tun, auch wenn manche Geräte erstaunliche Qualitäten zeigen.
jetzt sind wir schon bei den Konzert- Radios der 1950er Jahre angekommen
Manchem Sammler fällt jetzt schon etwas aus der Hose, wenn er die ehemals super tollen und auch teuren Boliden mit integriertem Plattenspieler oder Tefifon-Laufwerk oder gar einem noch teureren Magnetbandlaufwerk sieht. Und man kann heute noch hören, der Klang war gar nicht übel. Einige von diesen Konzert-Radios klingen fast nach Hifi.
Herrr Borgward war vermögend
und hatte sich eine große edle Truhe (zusammen-) bauen lassen. Wer die Truhe gebaut hatte, weiß ich nicht. Es ist aber alles sehr ähnlich zu den Anfängen des Herrn Kubetschek aus Wolfenbüttel, Chef der Firma Kuba, der auch ganz spezielle individuelle Musik-Truhen aus fertigen Komponenten für vermögende Kunden zusammengebaut hatte, lange bevor seine Firma KUBA zu einer regelrechten bedeutenden Rundfunk- und Fernseh-Fabrik gewachsen war.
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Der Übergang zum hochwertigen Konzert-Radio
Damals waren 2.660.- DM sehr sehr viel Geld. Der Vater des Autors verdiente damals bereits sehr gut (es waren aber auch 6 Tage in der Woche bei mindestens 10 bis 12 Stunden Abwesenheit von Zuhause) und es waren an die 290.- bis 350 .- DM pro Monat. Wir Redlichs, also unser Vater konnte sich aber nur ein Grundig 3055-3D Radio für ca. 500.- DM leisten und das war schon sehr viel Geld.
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Wir machen jetzt einen Schwenk in Richtung Hifi
Auf diesem Bild sehen Sie eines der ersten "Steuergeräte", also ein "Stereo-" Radio sogar mit einem Plattenspieler oben im Deckel, das keine Lautsprecher mehr im eigenen Gehäuse hatte. Es war noch nicht ganz die Abkehr von der typischen Musiktruhe, ehemals Max Grundigs Liebling.
Vor allem, es wurde schon 1961 mit Stereo beworben, obwohl es noch gar keine Stereo-UKW-Sender gab. UKW Stereo war zu der Zeit erst mal vorbereitet und wurde zur Funkausstellung in Berlin 1963 vorgestellt.
Gut, die 33er Langspiel-Platten gab es ab 1958 bereits in Stereo und der (Dual oder Philips-) Plattenspieler hatte einen Stereo-Tonabnehmer.
Die Lautsprecher gab es jetzt separat und die konnten deutlich entfernt - zum Beispiel an der Wohnzimmerwand - aufgestellt werden. Auch konnten die Lautsprecher auf den Klang anstelle auf das Aussehen "optimiert" werden. Die beiden ovalen hohen Grundig Raumklangboxen unterhalb des Steuergerätes Grundig 6199 waren nicht das Nonplusultra, aber immerhin, es war ein Anfang so um 1960 herum.
Rechts daneben ein ähnlich altes SABA Steuergerät, unten drunter dagegen der neueste Schrei von 1965, eine Grundg Hifi Anlage bestehend aus dem jetzt auch volltransistorisierten Tuner RT40 und dem Verstärker SV40 (15 Watt/Kanal) oder SV 80 (40 Watt/Kanal) und daneben die beiden Boxen. Das war deutsches Hightech pur und der voluminöse Klang war für 1965 gar nicht übel.
Vor allem der Preis ließ die gesamte Konkurrenz zittern und bangen. Der Preis war konkurrenzlos günstig.
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Später so um 1971 kamen bei Grundig dann 4-Kanal Quadro- geräte dazu, nicht immer optimal gestylt, doch unglaublich preiswert. Dann wurde das Design an den "Japanlook" angepaßt, aber da war 1979 der Hifi-Boom fast schon vorbei.
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Auch SABA und "K+H" kommen zum Zug
Bei den Hifi-Fans waren damals SABA und Klein+Hummel mit ihren Telewatt Geräten sehr gefragt. Von dem riesigen Monsterreceiver SABA Freiburg (damals nannte man diese Teile nur Stereo Steuergereät) sind inzwischen ganz viele wieder aufgetaucht. Er kostete damals 2000.- DM und das war 1966 ein stolzer Preis.
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Der Klein + Hummel Tuner FM-SX war einer der ganz wenigen Mißgriffe im Tauschgeschäft mit den Amerikanern. Der extrem überteuerte verkappte Dynaco UKW-Tuner FM-SX aus Amerika war eine Röhren-Krücke und erfüllte die propagierten Spezifikationen nicht. Er wurde später entlabeld (alles an Hinweisen auf K+H wurde fein säuberlich entfernt und dann wurden die Dinger verramscht.
Auch der Volverstärker VS71 (angeblich 2 x 35 Watt Sinus) wurde hoch gelobt, doch so gut war er gar nicht. Das technische Prüfinstitut in Braunschweig hatte sich nicht mit Ruhm bekleckert. Die propagierten Daten wurden im Stereobetrieb bei weitem nicht erreicht.
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Das hier war eine edle Kombinatination und für uns Hifi-Newcomer mit 17 Jahren unerschwinglich. Das hier war zwar nur der kleinere FM120 mit dem kleinen TS90 Verstärker, doch die Preislage war ausserhalb unseres Denkbereiches.
Erstaunliche Mengen an BRAUN Geräten
Jetzt liegt ja Bremen für uns Hessen fast am Ende der Welt, dennoch haben sich auch hier ganz viele BRAUN Geräte zusammengefunden. Es sind fast alle Generationen des damals innovativen BRAUN-Designs ausgestellt. Wieviele noch im Lager warten, wurde nicht verraten.
Und eine L90 mit offenem Frontgitter
BRAUN Boxen mit abgenommenem Frontgitter sieht man selten und schon gar nicht die ehemals teuren großen Boliden wie die L90. In der L90 war noch der legendäre Bändchenhochtöner verbaut, der später durch die neuen BRAUN Kalotten ersetzt wurde. Die Bilder der BRAUN L90 stehen bei den BRAUN Boxen.
Mit frühen Steuergeräten gut bestückt
Neben den frühen Grundigs und den BRAUN und den SABA Steuergeräten sind noch ein paar Besonderheiten zu sehen.
So zum Beispiel ein ganz früher Telefunken OPUS Stereo-"Receiver" . . .
. . . und ein Philips Mono Steuergerät BD773 aus 1957/58 mit einer riesen 10 !! Watt Hifi-Box unten drunter sowie einem Rundstrahler oben drauf.
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Es gibt noch mehr zu sehen ...
In einem besonderen Regie-Raum sind die historischen ausgemusterten Utensilien aus den ehemaligen Ton-Sendestudios von Radio Bremen aufgebaut. Auch hierüber kann Herr Bultman vieles erzählen.
und es gibt immer noch etwas ....
Im Bremer Hafen werden natürlich auch eine Menge Schiffe ausgemustert und dort werden die uralten beinahe historischen Schiffs-Funkanlagen meist auch mit verschrottet, selbst wenn sie bis zum letzten Tag voll in Betrieb waren. Und das ist natürlich ein "gefundenes Fressen" für die Funker-Abteilung im Rundfunkmuseum Bremen.
Erstaunlich ist, wieviele deutsche Funk- und Sendegeräte zum Beispiel von Lorenz und Hagenuk damals im Einsatz waren.
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Die Vielfalt der Rundfunktechnischen-Exponate war begeisterungsfähig, selbst für NICHT-Sammler ....
Es lohnt sich, wenn sie in Norddeutschland oder an der Nordsee Urlaub machen, dort eine Vormittag oder Nachmittag rein zuschaun. Und nicht nur für Hifi-Fans oder Oldtimer-Radio-Fans. Es gibt viel anzuschaun, sehr sauber strukturiert und gut erklärt, auch von dem Betreuern dort persönlich vorgetragen.
Parkplätze sind vor der Tür, sogar für Reise-Busse geeignet und es liegt sehr dicht am Bremer Hauptbahnhof, eigentlich ideal zu Fuß zu erreichen. Dazu gibt es mehrere größere preiswerte Hotels ganz dicht dran und die Bremer Innenstadt samt Rathaus und Bürgerkeller bei Nacht ist ein romatisches Erlebnis.
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Das Rundfunkmuseum Bremen ist bei uns in 3 Teile gesplittet
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- Fernsehen im Rundfunkmuseum Bremen (1)
- Rundfunk und Hifi im Rundfunkmuseum Bremen (2)
- Tonbandgeräte im Rundfunkmuseum Bremen (3)
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Wegen der Öffnungszeiten schauen Sie bitte auf deren Hompage nach :
www.bremer-rundfunkmuseum.de
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