Die Öffnung bzw. Demontage gestaltete sich kompliziert.
Der große schwarze Knopf des Lautstärke-Stelles muß aber gar nicht abgenommen werden. Die dahinter liegende Überwurfmutter des Potis läßt sich mit einer Schnabelzange ganz leicht festziehen und mit einem Tropfen Lack wieder sichern. Man muß es nur alles vorher wissen.
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Dennoch, zum Reinschaun muß die Abdeckung (die "Haube") runter und die Frontverkleidung auch. Außerdem ist ein weiterer bislang nicht sichbarer Fehler aufgetaucht. Der linke Kanal geht fast gar nicht - bei allen Quellen und abhängig von der Betätigung des Balance-Stellers.
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Hier beginnt die Reparatur des Balance-Stellers .....
Weil wir die Reparaturfähigkeit über die Rentabilität einer Reparatur stellen - es sind akute Umweltgedanken - beschreibe ich hier, wie es machbar wäre und ob es dann auch funktioniert. Im jetzigen Zustand ist der Verstärker wirklich unbrauchbar.
Das Balance-Poti setzt im linken Kanal ganz oder teilweise aus. Mal geht es ein wenig, also leise und mal geht es volle Pulle, also gleichlaut wie der rechte Kanal.
Das ganze ist durch mehrfaches Drehen und leichtes Drücken und dezentes Hochbiegen der Poti-Achse zu erreichen. Es sind aber Nuancen von Bewegungen, die diesen Effekt bewirken und es ist fast nicht reproduzierbar.
Der Ausbau des Potis ist etwas krude, weil ich die werkseitige Montage der großen Platine so nicht nachvollziehen konnte. Es sind nicht nur viele viele Schrauben - auch mehrere Verbindungen müssen abgesteckt werden.
Die ausgebaute große Haupt-Platine mitsamt der Endstufe ist im ausgebauten Zustand nicht zu betreiben (Kurzschlußgefahr), also wird der Blindflug-Test geplant. Dazu habe ich mir 4 Prüfdrähte auf die Poti-Anschlüsse gelötet, an die ich zwei Ohmmeter anschließen werde und damit beide Kanäle vergleichen kann. Die Art des Fehlers könnte zusätzlich sowohl auf einen Leiterbahnenriß als auch auf eine kalte Lötstelle hinweisen. Nachtrag: Hier bei uns war es ein Kontaktproblem der mit der Leiterbahn vernieteten Lötöse des Schleifers.
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Wer schaut schon in ein Poti rein ? Wir machen das ...
Das Balance-Poti tut es nicht so, wie es soll. Zuerst mal bei den Spezialisten suchen, 100 kOhm (lin) mit Mittenraste und angefaster Achse für den Knopf - nach Stunden nichts gefunden. Dann in die asiatischen Suchmaschinen und auch bei amazon gesucht, 1 Fund evtl. ok, aber keine Mittenraste. Also doch erste Hilfe durch Öffnen der vier (acht) Laschen.
Und jetzt kommts : Bei diesen Potentiometern, die äußerlich wirklich nach LowCost Billigst-Komponenten aus China aussehen, habe ich mich getäuscht. Nach dem Öffnen kommt Erstaunliches zutage.
Die aufgedampfte oder aufgedruckte / gespritzte Kohleschicht- Widerstandsbahn scheint nicht gerissen oder abgeblättert wie bei uralten amerikanischen Potis. Die um 320° einstellbare Bahn wird von 4 !!!! Schleifern gleichzeitig abgefahren. Der Mitten-Schleifer des Abgriffs ist auch doppelt ausgeführt. Das ist also gar nicht billig (obwohl ein Kanal überhaupt nicht funktioniert). Man kann sich da gewaltig irren. Es gibt dazu eine eigene Seite über dieses Doppel-Potentiometer.
Die drei Lötanschlüsse / Lötpins (pro Kanal bzw. pro Seite) sind nicht erkennbar wackelig, sie sind massiv und fest geklemmt bzw. "vernietet". Wie kontaktfreudig diese Pressungen / Vernietungen wirklich sind, wird noch gemessen. Diese Aussetzer müssen ja irgendwoher kommen.
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Ein erstaunlicher Einblick in solch ein Balance-Potentiometer
Das Potentiometer (zuerst mal nur 1 Kanal) hat eine in der Mitte halbierte Schleifbahn - also zwei völlig unterschiedliche Drehbereiche. Ein Bereich (hier die linke Hälfte) bleibt auf der gesamten halben Drehung bei 1 bis 3,0 Ohm und auf der weiteren halben Drehung (rechte Seite) steigt der Widerstand bis auf 90 Kilo-Ohm.
Das andere Poti (also der andere Kanal) hat eine genau spiegelbildliche Charakteristik - zuerst von 90 kOhm bis auf fast 1 Ohm und dann bleibt der Widerstand während der restlichen Drehung bei 1 bis 3 Ohm.
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Fazit : In der mechanischen Mittenstellung (sogar mit !! mechanischer Raste) und die Mittenstellung ist etwa 3 bis 5 Grad breit, haben beide Kanäle annähernd 0 Ohm Widerstand. Damit wird das ankommende Eingangssignal wirklich für beide Kanäle pegelgleich und ungeschwächt an die nachfolgenden Verstärkerstufen weiter gegeben.
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Es ist eigentlich ein lineares 200 Kilo-Ohm Potentiometer (gewesen)
Bei genauer Betrachtung (und spezieller Beleuchtung) handelt es sich um ein ganz normales lineares 200 Kilo-Ohm Poti, bei dem auf etwa die Hälfte der Kohleschichtbahn (rechte Seite) eine weitere zielmlich dicke Kohle-Schicht oben drauf aufgetragen wurde, die aber duchgängig (von ganz oben bis ganz rechts unten) nahezu 0 Ohm hat.
Kombiniert mit den 2 + 4 Schleifern eine überaus gesunde und eigentlich langlebige Konstruktion, also in keiner Weise billg, eher hochintelligent gemacht.
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Am Ende - das Potentiometer ist nicht zu reparieren und Ersatz gibts auch nicht (mehr)
Die drei Lötbeinchen jedes Kanals sind wie bei fast allen Potis dieser Bauart mit der Kohleschichtbahn dauerhaft fest vernietet und durch den andauernden (elastischen) Pressdruck der Vernietung wird der Kontakt zu den Enden der Kohleschicht der Leiterbahn und dem Mittenabgriff hergestellt.
Ist einer dieser drei Kontakte im Laufe der Zeit korrodiert oder hat er sich doch gelockert, könnte man mit erneutem Pressen versuchen, dem Kontaktdruck etwas nachzuhelfen. Doch Pertinax als Trägermaterial der aufgebrachten Leiterbahn ist sensibel und bricht leicht. Dann ist dieser Kanal hinüber, ein für alle Male - wie bei uns hier.
Und das zweistündige Suchen auf den speziellen Handelsplattformen hat keinen Erfolg gezeigt, die Stunden waren zwar hilfreich aber umsonst. Alle gefundenen Balance-Potis haben diese geriffelte Steck-Achse.
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Jetzt hilft nur noch die "russische" Methode - ein Dummy
Die sogenannte "russische" Methode ist bei uns alten Elektronikern seit über 50 Jahren die letzte Rettung und zwar unkonventionell. Das defekte Poti wird durch zwei Drahtbrücken ersetzt - jeweils von der Signal-Quelle (dem Eingang) zum Abgriff. Die ehemals noch vorhandenen 90 Kilo-Ohm fallen dabei weg. Die brauchen wir sowieso nicht mehr.
Damit wird das Signal vollsymmetrisch auf beiden Kanälen mit vollem Pegel 1:1 durchgeschleift. Der verbleibende Balance-Knopf ist eben nur noch Optik und Show.
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Da habe ich noch etwas vergessen
Zum dauerhaften Test des Eingangs-Signals, das an das Volumen-Potentiometer geleitet wird, habe ich eine kurze Audio-Leitung mit zwei fliegenden Cinch-Buchsen an die beiden Brücken angelötet und damit meinen Oszi gefüttert. Die Buchsen verbleiben im Gerät.
Dann wird der HK 660 wieder zusammengebaut
Das Lautstärke-Poti und die beiden Klangsteller kratzen nicht. Es lohnt sich daher, diesen leistungsfähigen Verstärker nicht zu entsorgen.
Der Musik-Test hat gezeigt, mit der Leistung von 2 x 75 Watt kann man schon einiges anfangen. Daß der Verstärker kein Wunderwerk ist, wird jetzt verständlich. Gegenteiliges an hochgejubelter Glorie und realitäts-fernen Verkäuferträumen liest man nur auf den bekannten Verkaufsplattformen von den "kreativen" Anbietern.
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Dennoch, eine Reparatur lohnt sich auf jeden Fall.
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Wenn wir einen HK 680 haben gehts weiter
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