Der IC-150 und der DC-300 wurden 1970 getestet
Und zwar im fonoforum - der Zeitschrift der Schallplatten- hersteller und Labels, also der MI (der Musikindustrie). Zu der Zeit war es noch schwierig, große Ausgangsleistungen sauber und stabil zu messen. Die dicken goldenen DALE Präzisions-Lastwiderstände (1%), wie wir sie später um 1976 angeschafft hatten, waren noch sehr sehr teuer. Womit der Tester das alles gemessen haben wollte, wird nicht erläutert. Das hatte auch damals niemanden interessiert, man mußte es ja sowieso glauben. Herr Tsobanoglou hatte sich zwar alle Mühe gegeben, doch so einiges stimmte nicht - bei seiner Beschreibung.
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Sehr richtig relativiert er die Bedeutung der Stereo-Übersprechdämpfung und den Klirrfaktor an sich. Und ganz sicher war der DC-300 zu seiner Zeit herausragend. Doch ein Vergleichs-Test an einer BOSE 901 (serie 1) von 1970 mit dem damaligen Equalizer stellt jeden qualifizierten Hörvergleich in den Keller. Das war nämlich nichts.
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Zwei Verstärker-Bausteine von CROWN:
Vorverstärker IC 150 und Endstufe DC 300
Die amerikanische Firma Crown, Hersteller von Meßgeräten (so so, wo stammt denn das her ?) und exklusiven High-Fidelity-Komponenten, war bislang - wie auch einige andere auf sehr hochwertige Geräte spezialisierte Unternehmen aus den USA - in Deutschland nur wenigen Fachleuten dem Namen nach bekannt.
Produkte von Crown waren in der Bundesrepublik nicht erhältlich, bis die Firma "Audio Intl" in Frankfurt Mitte dieses Jahres (1970) den Import und Vertrieb der Geräte übernahm. Aus dem HiFi-Programm von Crown, das insgesamt zwei Steuerverstärker, drei Kraftverstärker und sieben professionelle Tonbandgeräte umfaßt, wählten wir für unseren Testbericht den neuen Vorverstärker IC-150 und die Endstufe DC-300 aus.
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.... für potente HiFi-Fans .....
Vorweg sei unterstrichen, daß dieser Bericht in erster Linie für HiFi-Fans und Leser bestimmt ist, die HiFi-Komponenten in professionellem Einsatz haben. Denn beide Geräte, vor allem aber der DC 300 sind sowohl von der Konzeption als auch vom Preis her entweder für den professionellen Betrieb oder für HiFi-Enthusiasten gedacht, denen das Allerbeste gerade gut genug ist.
Sie bieten jedoch im Schaltungsaufbau und in den Übertragungseigenschaften einige interessante Aspekte, die für den derzeitigen hohen Stand der Technik bezeichnend sind und schon allein deswegen eine kritische Betrachtung empfehlenswert erscheinen lassen.
Der Vorverstärker IC-150
Äußerlich läßt der IC-150 vermuten, daß es sich um eine der gängigen volltransistorisierten Vorstufen handelt. Seine Abmessungen sind relativ groß, um zu dem übrigen Baustein-Programm von Crown optisch zu passen.
Überrascht ist man erst, wenn nach Lösen einiger Schrauben die obere Abdeckung entfernt und das Innere des Gerätes freigelegt ist: Bis auf den kleinen, gut abgekapselten und fern von brummempfindlichen Baugruppen plazierten Netztransformator sind nur noch erstaunlich wenige Bauteile sichtbar.
Neu - nur noch ICs
Der IC-150 ist nämlich vollkommen mit integrierten Schaltkreisen bestückt - meines Wissens als erster Einzel-Vorverstärker des Marktes. Diese Tatsache verspricht zusammen mit der guten Dimensionierung der übrigen Bauteile eine sehr geringe Störanfälligkeit und große Lebensdauer. Nicht zu unterschätzen ist auch die Servicefreundlichkeit des Geräts, die im Falle einer Reparatur viele teure Technikerstunden vermeiden hilft - vorausgesetzt natürlich, daß für eine prompte Ersatzteilbeschaffung gesorgt ist.
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- Anmerkung : Da hat er nicht aufgepasst, das stimmt nämlich gar nicht. Der Phonoentzerrer ist mit 8 diskreten Transistoren bestückt.
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Vom Bedienungskomfort her bietet der Crown außer den üblichen Regelorganen eine Ausschaltmöglichkeit der Klangreglerstufe, zwei Tape-Monitor-Schalter für den gleichzeitigen Betrieb zweier Tonbandgeräte, je ein Rausch- und Rumpelfilter sowie einen Regler, mit dem die Basisbreite und die Kanallage kontinuierlich von Stereo normal über Mono auf Stereo seitenverkehrt variiert werden können.
Die Rückseite
Am Anschlußfeld der Rückseite des Geräts befinden sich fünf hochpegelige Eingänge und zwei Phono-Eingänge, deren Empfindlichkeit sich durch Pegelregler getrennt für jeden Kanal einstellen läßt. Dadurch können Lautstärkeunterschiede zwischen den Stereo-Kanälen von Tonabnehmersystemen unabhängig vom Hauptbalanceregler ausgeglichen werden, und außerdem ist es je nach Ausgangsspannung des verwendeten Tonabnehmers möglich, die Übersteuerungssicherheit des Eingangs optimal zu wählen.
Je ein Paar Ausgänge gestatten die gleichzeitige Versorgung von zwei Endverstärkern und zwei Tonbandgeräten. Ein Kopfhöreranschluß ist nicht vorhanden. Vermißt habe ich ebenfalls Eingänge für Mikrophone mit dem dazugehörigen Vorverstärker.
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- Anmerkung : Die Muting Funktion könnte es bei den ersten Modellen noch nicht gegeben haben. Bei mir war sie bereits drinnen, funktionierte aber nicht.
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Meßdaten und Erprobung
Will man die Eigenschaften dieses Vorverstärkers charakterisieren, so müßte fast an jeder Stelle das Prädikat „vorbildlich" eingesetzt werden. Fast an jeder Stelle: Die PunKte, die zu dieser Einschränkung führen, sind die Übersprechdämpfung und die Auslegung der Filter, insbesondere für die tiefen Frequenzen.
Tatsächlich sind die Meßwerte für die Kanaltrennung nicht so groß, wie es von einem modernen Verstärker zu erwarten ist. Der Grund hierfür liegt allem Anschein nach in der besonderen, stufenlos regulierbaren Basisbreite. Dieser Schönheitsfehler ist allerdings nur von meßtechnischer Seite her erwähnenswert, denn gehörmäßig sind schon Werte um 28dB völlig ausreichend, um den Eindruck bester Kanaltrennung hervorzurufen.
Die Filter
Was die Filter betrifft, so wäre ein Aufschub des Ansatzpunktes um etwa 2 kHz im Bereich der Höhen vorteilhafter, während der Kurvenverlauf des Rumpelfilters bedeutend steiler sein müßte. Da jedoch kaum anzunehmen ist, daß Benutzer eines IC-150 sich rumpelnde Plattenspieler oder bumsige Lautsprecherboxen anschaffen, ist dieser Punkt von nur zweitrangiger Bedeutung. Ohnehin gehören meines Erachtens die üblichen, in Steilheit und Ansatzpunkt fest eingestellten Filter zu den überflüssigen Bedienungsorganen.
Alles ist "super", also ein "Testsieger"
Eine ausführliche Kommentierung der wichtigen Vorverstärkerdaten ist hier nicht notwendig, da der Crown praktisch jedes ihn durchlaufende Signal unverzerrt und unverfälscht in die Endstufen weitergibt. Besonders hervorgehoben seien die enorme Übersteuerungsfestigkeit der Phono-Eingänge, die Übereinstimmung und der lineare Verlauf aller Frequenzgänge bei Mittelstellung der Regler oder ausgeschalteter Klangregelstufe und nicht zuletzt die hervorragenden Fremdspannungsabstände.
In der Praxis zeigte sich der IC 150 als ebenso vielseitiges wie handliches Gerät. Gut gefallen hat mir, daß beim Betätigen der diversen Schalter (Monitor-Tasten!) keine Geräusche hörbar werden. Dies trifft auch für den Netzschalter zu.
Der Stereo-Basis-Regler
Als sehr nützlich empfand ich weiterhin den kontinuierlichen Stereo-Basis-Regler, mit dem sich extreme Stereo-Aufnahmen „normalisieren" lassen. Insgesamt weisen Meßergebnisse und praktische Erprobung darauf hin, daß mit dem Crown IC-150 ein ausgesprochener Spitzenklasse-Vorverstärker geschaffen wurde, dessen fortschrittliche Konzeption die besten Voraussetzungen für eine über sehr viele Jahre hinaus gleichbleibende Qualität mitbringt.
- Anmerkung : Nach ersten Spielereien habe ich diesen Regler nie mehr benutzt. Wir waren damals froh, wenn man "das mit dem Stereo" deutlich heraushören konnte. Und die Seiten-Umkehr ? Was sollte das bewirken ?
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Der Endverstärker DC-300 (nicht die neuere A Version)
Bei der Entwicklung des DC 300 ging man davon aus, einen hochwertigen, sehr leistungsstarken Niederfrequenz-Verstärker zu bauen, der in erster Linie für große Industrieanlagen - und zwar nicht nur auf dem Gebiet der Elektroakustik - gedacht ist. Diese Konzeption verrät auch das Äußere des Geräts, dessen Aufbau mit der starken, breiten Frontplatte, an der das übrige Chassis befestigt ist, die typische Form von industriellen Gestell-Ausführungen (Rack-mount) aufweist und ihnen auch in den Abmessungen entspricht.
Da es sich ausschließlich um einen Endverstärker handelt (ah, wie interessant zu wissen), besitzt der DC 300 bis auf zwei Eingangspegelregler keine anderen Regelorgane. Diese Pegelregler wünschte ich mir allerdings schwergängiger oder nur mit einem Schraubenzieher zugänglich, damit versehentliche Verstellungen nicht möglich sind.
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Die Rückseite
Je ein Paar zweipolige Klinkenbuchsen bilden die Eingänge und den Stereo-Kopfhörerausgang. Die Lautsprecherkabel werden mit Schraubklemmen befestigt. Durch zwei Schalter (einer für jeden Kanal) läßt sich ferner das Ansprechniveau der elektronischen Sicherung in zwei Stufen einstellen: eine für den normalen Betrieb und eine für Meßzwecke.
Noch ein Irrtum
Das einzige gemeinsame Bauteil für beide Stereo-Kanäle im Crown ist der groß dimensionierte Netztransformator. Sonst kann man von zwei für sich arbeitenden Mono-Endstufen sprechen. Die Folge dieses Aufbaus ist eine ungewöhnlich große Übersprechdämpfunq.
- Anmerkung : Das stimmte auch wieder nicht. Neben demTrafo waren der Gleichrichter und die beiden Elkos für beide Verstärkerseiten gemeinsam. Wie man später sogar auch bei Grundig herausgefunden und nachgewiesen hatte, beeinflussen sich die beiden Kanäle mit einem gemeinsamen Netzteil bei hohen Ausgangsleistungen sehr wohl.
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Der Klirrfaktor
Ähnlich ausgezeichnet sind aber auch alle anderen am Gerät ermittelten Meßwerte. Der Frequenzgang ist im gesamten Hörbereich bei jeder Ausgangsleistung bis 150 Watt (an 8 Ohm) völlig glatt, der Klirrfaktor bleibt in diesem Bereich unter 0,1% und erreicht sowohl in den Tiefen als auch in den Höhen erst bei 165 Watt die 1%-Grenze.
Der Fremdspannung
Für die Fremdspannung wurde ein hervorragender Wert gemessen. Wie zu erwarten, waren die Rechteckoszillogramme nahezu ein Abbild des eingespeisten Impulses. Die kaum erkennbare Dachschräge beim 40-Hz-Foto zeugt von einem sehr gut dimensionierten, „steifen" Netzteil.
Die Ausgangsleistung des DC-300 (nicht die A Version)
Von der Ausgangsleistung her bietet der DC 300 mit 2 x 179,5 Watt bei 8 Ohm und 2 x 280 Watt bei 4 Ohm unter den augenblicklich in Deutschland angebotenen Verstärkern die meisten Leistungsreserven. Auch in großen Sälen dürfte der Crown große Lautstärken ohne Dynamikbegrenzung ermöglichen.
Schließlich verfügt das Gerät über eine zuverlässige elektronische Sicherung der Endtransistoren, die bei Kurzschlüssen oder Überlastungen jeder Art diese Bauteile vor Zerstörung schützt. Darüber hinaus sind noch Gleichstrom- und Netzschmelzsicherungen vorhanden.
Noch "schnell" ein Hörtest
Obwohl bei diesen Meßergebnissen eine gehör- mäßige Erprobung nicht notwendig wäre, führte ich einen Vergleich mit zwei anderen Endstufen der Spitzenklasse durch. Als Abhöreinheiten dienten verschiedene Boxen, hauptsächlich jedoch die Bose 901, die sich für Verstärkervergleiche sehr gut eignen, da sie keine Frequenzweichen enthalten und außerdem hoch belastbar sind.
Es zeigte sich dabei abermals, daß keine nennenswerten Unterschiede auftauchen, wobei ich der Richtigkeit halber erwähnen muß, daß die Tiefen (Klavier, Kontrabaß!) beim Crown um eine winzige Kleinigkeit durchgezeichneter waren, was natürlich nur im AB-Vergleich und bei starker Konzentration auffiel.
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- Anmerkung : Das ist natürlich ganz extremes Larifarii oder Blablahblah. Die BOSE 901 Serie 1 war 1970 bezüglich der hörbaren Hifi-Qualität mit damaligen Spitzenboxen nicht zu vergleichen. Alleine der fantastische BOSE Sound war damals so extrem beeindruckend, daß manches Hifi-Kriterium einfach nicht beachtet wurde oder werden wollte. Die großen Cabasse Bregantine waren qualitativ wirklich herausragend und als Referenz besser geeignet. Aber das waren Aktivboxen, und für einen Endstufenvergleich darum nicht passend.
Die technischen Daten waren alleine für "Gläubige" ein Kaufargument. Und das wurde so oft mißbraucht, weil es einfach nicht stimmte - auch hier wieder.
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Die Zusammenfassung
Zusammenfassend möchte ich den Crown DC 300 als einen überdurchschnittlich solide gebauten Endverstärker der absoluten Spitzenklasse charakterisieren, der vorwiegend für gewerbliche Nutzung geeignet ist, aber auch für Perfektion suchende HiFi-Enthusiasten.
Stratos Tsobanoglou im Herbst 1970
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