Erst mal ein paar Hintergrund-Infos zu
"40 Jahre Orpheus/Meridian"
Diese Firma wurde auch von Bob Stuart and Allen Boothroyd gegründet, in Huntingdon in der Nähe von Cambridge nördlich von London. Wie bei Infinity auch, wurden nach 30 oder 40 Jahren Legenden und Mythen geschmiedet, die sich natürlich verkaufsfördernd auswirken sollen (sofern diese Firmen überhaupt noch leben). In der Broschüre zum 40 Jährigen Jubiläum sind einige Anhaltspunkte zusammengestellt, die auch mich und meine Erfahrung betreffen.
Als ich in 1974 den aufstrebenden Hifi-Fan und angehenden Hifi-Händler Rainer Pohl in Mainz kennengelernt hatte, fuhr der noch sein Traumauto, einen eleganten schicken Jaguar XJ-12, einen echten 12-Zylinder. Das war aber die erschwingliche Rechtslenker-Variante aus England. Und der mußte wieder mal zur Inspektion und die war hier bei uns in Deutschland sehr teuer.
In England, sogar im elitären Cambridge kostet die Jaguar Inspektion nur ein Viertel dessen und wir nahmen das zum Anlaß, dort mal gemeinsam hinzufahren, das Auto reparieren zu lassen, in einem 100qm Hotelzimer in einem Schloß (also einem richtigen Castle) in der Nähe von Cambridge zu nächtigen und auch noch zwei englische Hifi-Fans in deren Privathaus in Huntingdon zu besuchen.
Wir waren 1975 bei Mr. Stuart und Mr. Boothroyd zu Gast.
Es waren nur 2 (kurze) Stunden, in denen die beiden "Entwickler" uns in ihrem Wohnzimmer zwei ganz tolle "progressiv dynamische" Hifi-Komponenten vorspielten, dazu auch noch zwei aktive Lautsprecherboxen, die vorne schräg waren. Und das war - für damals - recht ungewöhnlich.
Der große flache Vorverstärker sprengte mit seiner außer- gewöhnlichen Optik alle bisherigen Designvorstellungen vom Festland - es war ja erst 1975. Die drei Bedien-Reihen waren dreh- bzw. schwenkbar und konnten damit zugeklappt (gedreht) und versenkt werden und sie waren fast alle mit Schiebereglern ausgestattet. Auch die noch größere Endstufe sah eher nach einem edlen Desingstück aus als nach einem Hifi-Verstärker, nämlich oben drauf ebenfalls mit einer goldenen Rauchglas-Spiegelglas- Scheibe verkleidet.
Die Vorführung (zusammen mit den Boxen-Prototypen) war beeindruckend und Rainer Pohl bestellte/kaufte 2 Vorverstärker und eine Endstufe, die alle den stolzen Namen "Orpheus" trugen. Auch die braun goldene Farbgestaltung war beeindruckend. Doch leider, wo viel Sonne ist, ist auch viel Schatten.
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Das mit den frühen ORPHEUS Produkten klappte nicht.
Die drei ORPHEUS Prototypen, die wir dann bekommen hatten, zeigten leider im intensiven Hifi-Studio- Betrieb bereits erste Schwächen. Die runden braunen Alu-Knöpfe der vielen Drucktasten hüpften einfach nach oben weg, wenn von Platte auf Band oder Tuner umgeschaltet wurde. Das konnten wir mit Kleber lösen, eine Zeit lang jedenfalls. An dem weißen Innenleben klebte nichts auf Dauer.
Dann stellte sich heraus, der Phonvorverstärker klang zwar super, aber er rauschte (zu viel) und das trotz der propagierten Feldeffekt Transistoren. Und nach einer weiteren geraumen Zeit fingen fast alle Schiebregler an zu krachen und zu krächzen. Das sollte aber nach so kurzer Zeit bei einem 3.500 DM Produkt nicht vorkommen.
Es waren eben noch Prototypen. Als dann die Forderung nach einer garantierten Abnahmemenge (mehrere hunderttausend DM) auf dem Tisch lag, war unsere konservative Risikofreude doch etwas gebremst, denn die "Orpheus" Produkte waren offensichtlich noch nicht ganz fertig. Die Endstufe machte zwar außen wie auch innen drinnen einen sehr guten Eindruck, war aber zu umständlich anzuschließen, sehr ähnlich zu den BRAUN Regie Receivern, deren Anschluß-Buchsen auch weit hinten unten drunter waren. Und der super tolle Vorverstärker rauschte trotz der Feldeffekt-Transisoren. das war nicht akzeptabel. Die beiden Entwickler hüllten sich in Schweigen, und das war auch nicht zu tolerieren. Damit konnten wir also keinen Kunden der oberen Preisklassen beglücken.
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