Der (oder die) Lenco Plattenspieler der 1970er Jahre
Lenco war eigentlich ein Nachzügler, der auf der neuen Hifi- Welle mitgeschwommen war. Denn wem der Thorens TD124 zu teuer war und wer dazu die marktbeherrschenden DUALs mit ihrer Automatik nicht mochte oder gar verteufelte, der kaufte einen Lenco.
Doch "der" Lenco, also der berühmte L75, war nicht das ultimative Abspielgerät. Und mit einem "Studio-Plattenspieler" hatte der L75 nun wirklich nichts gemeinsam, eher im Gegenteil. Eigentlich war er ein Sonderfall.
Für die verbohrten Hifi-Puristen war es die erschwingliche Lowcost Lösung, bei der man selbst sein Tonabnehmersystem aussuchen und einbauen konnte. Der L75 hatte zwar einen Lift für den Tonarm, aber sonst war alles handbedient.
Und der Lenco L75 (und B55 und L78) hatte eine ernsthafte (Hifi-) Schwäche, das relativ primitve, dafür aber sehr robuste Reibradsystem. Denn, als die DUALs damals neu waren, rumpelten sie fast nicht, das kam erst nach vielen Dekaden, als die Gummiräder verhärtet oder abgebröselt waren.
Der Lenco L75 rumpelte von Anfang an. Das eigentlich geniale stufenlose Antriebsystem wie auch das ganze Chassis war dazu einfach zu primitiv. Auch der Tonarm war recht primitiv. Die Werbung gaukelte uns aber vor, diese Schneidenlager aus gehärtetem Stahl seien das Nonplusultra. Und natürlich (selbstverständlich) - wir hatten das auch geglaubt, damals jedenfalls.
Es gab auch "welche" vor und nach dem L75
Als der L75 in die Jahre kam, wurden weitere Modelle nachgeschoben (die heute fast Keiner mehr kennt). Doch die Zeit lief den Entwicklern bei Lenco davon und DUAL holte gewaltig auf. Gegen den DUAL 1019 (rechts im Bild), später der 1219 und 1229 war dann überhaupt kein Kraut mehr gewachsen, weder vom Preis noch von der Qualität. Oben herum räumten Braun und Thorens alles ab, das irgendwie nach Stückzahlen roch. Der Braun PS-500 soll 48.000 Male gebaut worden sein. Die DUAL Stückzahlen ab dem 1009 (1963/64) gingen in die (mehreren) Hundertausende.
Die absolut ultimative Marktlücke : das damalige "Entertainment" in der DISCO und in den Tanzschulen.
In den damaligen Diskotheken und Tanzschulen konnte der L75 und der L78 (beide waren nahezu baugleich) "punkten" (ein ausgesprochen blöder Spruch). Mit dem problemlosen robusten Primitiv-Chassis und der stufenlosen Geschwindgkeit hatten diese beiden Lencos den anderen Plattenspielern einiges voraus, aber nur für diese !! spezielle "Anwendung" und nur für diese (kleine) Lücke.
In den selbst entwickelten "Studio Ton" Disco-Mischpulten des Autors gr von 1974 (Bilder rechts) war das Wichtigste das besonders steilflankige Rumpelfilter ab 50 Hz abwärts (mit mindestens 12 db/Oktave). Dafür hatten wir extra je einen eigenen Operationsverstärker pro Kanal mit externer Beschaltung eingebaut, um sowohl beim Plattenspieler das Aufsetzen der Nadel (meist von einem Discjockey mit besoffenem Kopf), das Rumpeln und das Ploppen beim Schreien, Kreischen und Brüllen ins Mikrofon zu unterdrücken.
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Und als der Markt einbrach, wurde auch aus Lenco ein mittelmäßiger Hifi-Bauchladen.
Wie bei Dual (aber erst nach dem Konkurs) und PE und vielen anderen Spezialisten kamen dann zugekaufte mittelmäßige Tuner und Verstärker und Boxen hinzu, die einfach irgendwo eingekauft wurden. Doch alle diese Produkte waren sogenannter Mainstream auf unterem Niveau. Man kennt sie kaum noch. Und gerettet hatten sie den Laden auch nicht.
Etwa ab 1978 bis 1980 war eine Flaute oder der Einbruch im gesamten Hifi-Markt abzusehen, der dann 1982 voll eintraf. Nicht nur bei den Herstellern brach Katzenjammer aus, auch viele der Hifi-Studios starben lautlos.
Über die diversen Eigentümerwechsel der Firma Lenco zur RANK Organisation und dann wieder weg gibt es bestimmt andere Webseiten, die darüber mehr zu wissen glauben.
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