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Der erste Plattenspieler fürs Auge - er machte sogar Musik

Die AUDIO Ausgabe Nr. 1

Von Gert Redlich im März 2017 - Hier kommt ein Artikel aus der ganz neuen (späteren Hochglanz-) Hifi-Zeitschrift AUDIO 01/1978 aus Stuttgart.
Um das ganze Bremborium um diesen Transrotor zu verstehen, schaun wir erst noch mal zurück in die Zeit vor 1963. Ein Plattenspieler war damals ein notwendiges Übel, um abseits vom Radio (UKW oder Mittelwelle) ein Bischen Musik nach eigener Wahl zu hören. Es gab da die sogenannten üblen Plastik-Gurken und es gab den edlen und teuren Thorens TD124. Den unerschwinglichen BRAUN PS1000 gab es erst 1965.
Die Musik stand damals im Vordergrund und die, die einen Thorens hatten, ja die galten etwas. Und dann kam 1963 der abrupte Umschwung mit dem DUAL 1009. Der ging (lief oder spielte) vollautomatisch und den konnte sogar die Oma bedienen, jedenfalls fast. Und er sah richtig technisch gut aus. Wir jungen - damals noch blutarmen Hifi-Fans - waren begeistert.
Danach kamen der DUAL 1019, 1219 und der DUAL 1229, alles ganz toll, doch protzen konnte man - also die Männer jetzt mit "etwas mehr Geld" und "Freunden" - nur mit den großen Laufwerken von BRAUN (z.B. PS1000). Der Garrad 301 und auch der Lenco L75 eigneten sich überhaupt nicht zum Angeben. Und dann änderte sich das Kaufverhalten. Die inzwischen "fast" erwachsenen Käufer - die Damen des Hauses spielten noch immer keine Rolle - wollten mehr zum Zeigen und auch zum Protzen und zum selbst Betrachten und Ansehen. Die Zeit war reif für ein optisches Schmuckstück mit goldenen Töpfen auf transparentem edlem dickem Acrylglas und das war der "Transrotor".

Nochmal : Das ist die allererste Ausgabe einer neuen Zeitschrift, eines Hifi-Magazins mit Namen "AUDIO" - nicht zu verwechseln mit dem weltbekannten amerikanischen US-"AUDIO magazine", das es bereits seit 1947 gab. Und natürlich brauchten die neuen AUDIO Verkäufer auch die potenten Anzeigenkunden, also keine billigen Kleinanzeigen, sondern die "Ganzseitigen" bunten. Ein Hauen und Stechen - nicht immer seriös - ging los.

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Der Titel in der Erstausgabe Nr.1 der neuen Zeitschrift AUDIO :
der Titel "Klarer Fall" - ist etwas weit hergeholt

Der durchsichtige Plattenspieler Transrotor AC gehört zu den nobelsten Produkten britischer Präzisionsarbeit. Sogar das weltberühmte New Yorker „Museum of Modern Art" sicherte sich eines der ersten Exemplare.

  • Amerkung : Das war damals mit den BRAUN Hifi- und Hausgeräten auch passiert, hatte aber nur einen reinen Achtungs-Erfolg bzw. Aufmerksamkeits-Status.


Die Engländer bauen Taxis (heißt der Plural nicht "Taxen" ??), für deren Styling eine Höhlenzeichnung als Vorlage gedient haben könnte; sie fördern Kohle wie im 18. Jahrhundert und schneidern Hosen, die den Träger so aussehen lassen, als sei er kürzlich verarmt.

Es gibt noch eine andere Seite. Die Engländer fabrizieren nämlich auch den aristokratischen Rolls-Royce, der seinesgleichen unter den Autos sucht, sie fertigen die noble Dunhill-Pfeife, deren Finish so leicht nicht zu übertreffen ist, und sie bauen den edlen Transrotor-Plattenspieler, der zu den schönsten der Welt zählt.

John A. Michell aus London ist bereits 42 Jahre

Er entsteht im Norden Londons, dem Mekka der feinmechanischen Betriebe, in dem sich Uhrenhersteller, Instrumentenbauer oder Graveure niedergelassen haben. Dort liegt auch der 25-Mann-Betrieb von John A. Michell, 42, der Präzisionsteile beispielsweise für Rolls-Royce, den Multikonzern EMI oder den Formel-1-Rennwagenbauer Colin Chapman liefert. In Michells Firma entstand auch die maßstabgetreue Miniatur der US-Raumfähre „Spacelab", die für einen Film benötigt wurde.

Die Beine des Transrotor

Dieses Know-how floß in den "edlen Klaren aus dem Norden" ein. Seine Beine, ähnlich wohlproportioniert wie diejenigen von Raquel Welsh, bestehen aus hochwertigem verchromtem Spezialstahl, der auch beim Flugzeugbau verwendet wird; die hinteren ähneln den Blattfedern eines Lastwagens. Mittels zweier Schrauben kann ihr Stellwinkel verändert und der Plattenspieler exakt ausbalanciert werden.

Der enorme Vorzug dieser Blattfedern liegt darin, daß er den Transrotor unempfindlich gegen Erschütterungen und akustische Rückkopplung macht - sie stellt sich dann ein, wenn Lautsprecher direkt auf den Plattenspieler strahlen und ihre Schallwellen das Chassis oder den Tonarm treffen. Der Tonabnehmer wiederum gibt diese unerwünschten Schwingungen an den Verstärker, dieser an die Lautsprecher weiter; das Resultat ist ein Aufschaukelungs-Prozeß, der den Baß und die Mitten eindickt wie eine zu lang gekochte Suppe.

Wer den Plattenteller des Transrotor vorsichtshalber entfernt, kann die sinnreiche Konstruktion testen, indem er das Gerät aus einem Meter Höhe auf die Füße fallen läßt: Es federt den Sturz ungerührt ab.

Das Chassis des Transrotor

Das Chassis besteht aus daumendickem Acrylglas, das in einem Stück gegossen und an der Rückseite in sanftem Schwung nach oben gezogen ist. Ähnlichen Aufwand betrieb Michell auch beim Plattenteller. Er fügte zwei Lagen aus Aluminium im Sandwich-Verfahren aufeinander und setzte sechs 18karätig vergoldete Gewichte an den Rand, die eine Kunststoffabdeckung tragen. Diese Goldtöpfe sorgen einerseits für ein großes Massenträgheitsmoment, das sich in exzellenten Werten für die Gleichlaufschwankungen äußert, andererseits ermöglichen sie, daß der Plattenteller leicht bleibt und damit keine größeren Reibungskräfte in der Teller-Lagerung erzeugt.

Diesen Teller setzte Michell, der Präzision auch im Privatleben liebt - in der Woche arbeitet er in seiner Firma, am Samstag pflegt er den großen Garten seines Hauses, und sonntags tüftelt er an neuen  Entwicklungen  -  auf eine polierte Achse in ein ölgebadetes Einpunktlager; es besteht aus einer gehärteten Stahlkugel, die in einem äußerst verschleißfesten Kunststoffbett aus dem Werkstoff PTFE ruht.

Der Aufwand garantiert außer langer Lebensdauer auch vorzügliche Werte für die Rumpelfreiheit, die der AUDIO-Computer mit 56dB ermittelte. Sie resultieren auch aus dem Riemenantrieb, der pulsierende Effekte vom Plattenteller fernhält; selbst der elektronisch geregelte Gleichstrommotor ist in einer elastischen Kapsel gelagert.

Die Hymne beginnt (und natürlich exklusiv zuerst)

Das Resultat des beträchtlichen Aufwands, bei dem Michell immer das Ziel verfolgte, eine harmonische Form mit ausgefeilter Technik zu verbinden, zeigte sich im Test, den AUDIO als erste Zeitschrift (Anmerkung : wie bei stereoplay natürlich auch exklusiv!!) veranstaltete: Der Transrotor klingt nicht.

Jetzt folgen die Marketing-Sprüche

Ein besseres Ergebnis ist nicht denkbar. Denn damit erfüllt er das Ideal dieser Gerätegattung, die keine andere Aufgabe hat, als Schallplatten mit verschiedenen, präzise eingehaltenen Umdrehungszahlen rotieren zu lassen, ohne die Abtastung der in den Rillen enthaltenen Klanginformationen zu gefährden, durch Rumpeln den Baß zu stören oder mit Gleichlaufschwankungen den Anschlag eines Klaviers zum Gejaule werden zu lassen, das besser einem Schlittenhund ansteht, wenn er seine Hundedame umwirbt.

  • Anmerkung : Das alles ist natürlich ganz großer Quatsch, denn die vornehmlichste Aufgabe des Transrotor war, das Abspielen einer Schallplatte zu einem optischen und "haptischen" (Achtung : neudeutsch) Genuß werden zu lassen. Alles andere konnten die bis dahin in den Hifi-Studios verfügbaren Plattenspieler so gut wie alle.

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Ein Gerät, das gar nicht klingt, ist gut.

So sind denn auch alle sophistischen Behauptungen von „gut" oder „besser" klingenden Plattenspielern schlichtweg falsch, mindestens im Gebrauch der Sprache. Denn nur ein Gerät, das gar nicht klingt, ist gut.

  • Anmerkung : Diese Auslegung der (Klang-) Eigenschaften bzw. deren Beschreibung ist sehr eigen. So kann man das heutzutage nicht mehr benennen bzw. als unumstößliche Aussage stehen lassen. Es ist nicht richtig. Vor allem, da in späteren Tests der Klang der Abtastsysteme intensiv über viele viele Seiten gegeneinander verglichen wurde.


Freilich gibt es Plattenspieler, die dank vielfältiger Resonanzen, die vom Gehäuse, der Aufhängung oder dem Lager stammen können, das freie und luftige Klangbild zerstören.
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Zuerst nur mit dem SME Tonarm

Der Transrotor AC - das Kürzel steht für Acrylglas - ist für die Montage von 9-Zoll-Tonarmen eingerichtet und in der Standard-Ausführung mit dem SME-Arm bestückt.

Sein einziger Nachteil: Einige tief nach hinten gebaute Tonarme fremder Fabrikation passen wegen der hochgezogenen Rückseite nicht in die Montage-Aussparung.

Der ausschließlich in Handarbeit gefertigte Transrotor ist sowohl musikalisch als auch im Design ein Nobelprodukt. Wen wundert es, daß das berühmte New Yorker „Museum of Modern Art" eines der ersten Exemplare zu seinen Ausstellungsstücken zählt?

  • Anmerkung : Hatten wir diesen Hinweis nicht schon mal ganz vorne ? Man hätte den Transrotor besser gleich in den Kofferaum eines Rolls-Royce gestellt, um mit dessen Reputation zu werben.


Gerald O. Dick - (War das Dr. phys. Gerald O. Dicks erster Artikel in 1978 ?)
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Jetzt noch ein Nachtrag im grauen Kasten

Entgegen der Titelzeile des Gerald O. Dick ist diese Idee überhaupt nicht neu, die hatte Karl Breh schon 10 Jahre früher, doch da war der Gerald O. Dick sicher noch in den Vorlesungen an der UNI. Jedenfalls wird hier dem Leser wieder etwas Exklusives vorgegaukelt, daß so nicht stimmte.

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Der Doppeldecker - eine Idee von AUDIO

Gegen die Nadel eines Tonabnehmers wirkt Niki Lauda wie ein Tretroller-Fahrer, ein Starfighter-Pilot immer noch wie ein Goggomobil. Denn wenn sie durch die Rille fegt und blitzschnell rechts und links die Toninformationen aufsammeln muß, entwickelt sie Beschleunigungswerte von bis zu 2500"g", also der 2.500fachen Erdbeschleunigung (g). Ein Raumfahrer muß allenfalls 10 "g" ertragen.

  • Anmerkung : Hier wird - ganz beiläufig - eine der prinzipiellen Schwächen der mechanischen Abtastung beschrieben, die später von den Analog-Verfechtern rundweg abgestritten oder geflissentlich ignoriert wird. Es treten gewaltige Kräfte zwischen dem Abtatstdiamanten und den Rillenflanken auf, insbesondere bei der späteren Direktschnitt-Platte.


Kein Wunder, daß sich die Rillenflanken kurzfristig auf mehrere hundert Grad erhitzen und angesichts solcher Temperaturen verformen - gottlob erst, wenn die Diamantnadel vorüber ist.

Das bisherige Prinzip :

Tests, bei denen verschiedene Tonarme und Tonabnehmer auf einem Plattenspieler montiert sind, funktionieren daher nach einem simplen Prinzip:

Der Arm mit dem Abnehmer, der als erster die Rille benützt, hat die besten Chancen zu gewinnen, weil er seinen Konkurrenten nur noch die heißen, verformten Spuren hinterläßt.

Das "neue" Prinzip von AUDIO

Die Redaktion von AUDIO erdachte deshalb für ihre Vergleichstests eine neue Konstruktion, die solche Nachteile nicht aufweist. Nach dieser Idee und vielen Vorversuchen baute John A. Michell das erste Exemplar und schickte es nach Stuttgart.

Das Gerät basiert auf zwei Plattentellern des Transrotor, die auf einem gemeinsamen Chassis montiert und von einem Motor über zwei handgeschliffene Riemen angetrieben werden. So drehen sich beide Teller gleich schnell. Hinter dem Doppeldecker stehen zwei schwere, verchromte Ständer, in die zwei Tonarme installiert werden.

Noch mehr Vorteile

Zusätzlicher Vorteil: Eine mögliche Übertragung von Schwingungen des Chassis auf den Tonarm ist dank der totalen Entkoppelung ausgeschlossen.

Für die Vergleichstests - beispielsweise verschiedener Tonarme mit gleichen Systemen oder gleicher Tonarme mit verschiedenen Systemen - werden jeweils zwei gleiche Schallplatten aus derselben Preßserie benutzt. Um sicherzugehen, wird meist noch ein drittes Platten-Exemplar herangezogen.
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Und jetzt loben wir uns mal selbst :

Auch die Abtaster und die Arme werden ständig ausgetauscht und erneut justiert. Für den AKG-Test beispielsweise wurden fünf Tonarme und acht weitere Tonabnehmer montiert und entsprechend häufig umgewechselt; 14 Platten dienten dem Hörvergleich, sechs Juroren hörten tagelang und gaben schließlich ihr Urteil ab. Dagegen nimmt sich der veröffentlichte Test bescheiden aus: Er umfaßt nur eine Druckseite.
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