Technik-Artikel 2 - teilweise aus einem Büchlein von 1988
Die beiden Autoren Michael Janitz und Claus Römer sind oder waren Ingenieure beim Südwestfunk Baden Baden (damals noch SWF, inzwischen SWR) und haben mehrere Aspekte der 1988 modernen Rundfunk- und Studiotechnik beschrieben. Die Didaktik ist vorbildlich und der Schreibstil ist mustergültig, darum hier ein paar Auszüge. Dies ist einer von mehreren Artikeln. Der nächste Artikel steht hier. Die Übersicht über alle diese Artikel steht hier.
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Die Geschichte des Grammophons
Die Schallplatte, unbestritten die populärste Musik-Konserve, feierte 1987 ihren hundertsten Geburtstag.
1887 führte der deutschstämmige Amerikaner Emil Berliner (1851-1929) sein "Grammophon" vor, bei dem scheibenförmige, leicht zu vervielfältigende Tonträger vorgesehen waren. Zehn Jahre zuvor war es Thomas Alva Edison (1847-1931) erstmals gelungen, Musik- und Sprachlaute mit seinem Walzenphonographen festzuhalten, und 1888, ein Jahr nach der Geburt der Schallplatte, erschien in der renommierten amerikanischen Zeitschrift "The Electri-cal World" ein Artikel, in dem Oberlin Smith (1840-1926) die Grundzüge der Magnettontechnik erläuterte.
In diesen elf Jahren brach für die Menschheit ein neues Zeitalter an, denn die brillanten Flunkereien des Lügenbarons von Münchhausen, der behauptete, in seinem Posthorn Klänge einfrieren zu können, waren nunmehr Wirklichkeit geworden. Es begann die Geschichte der Schallaufnahmetechnik.
Mühsame Anfänge
Anfangs war man sich der Tragweite dieser Erfindungen kaum bewußt. Selbst in Fachkreisen erlangten Phonograph und Grammophon nicht die ihnen gebührende Achtung. So blieb es zunächst bei sachlichen und nüchternen Mitteilungen in der Tages- und Fachpresse.
Das Schaustellergewerbe war es schließlich, das sich der genialen Erfindung der Schallaufzeichnung annahm und für eine gewisse, wenn auch zweifelhafte Publicity sorgte. Für einen Groschen konnte sich jedermann mittelmäßige Tenöre oder Pianisten anhören, die sich durch Platten- und Walzenaufnahmen ein Zubrot verdienten. In Biergärten und auf Rummelplätzen standen die unförmigen Abspielmaschinen mit ihren Trichtern und kopfhörerartigen Schallschläuchen, die nach Münzeinwurf gräßlich zu quäken anfingen.
Bescheidene Trichter-Qualität
Fred Gaisberg (1873-1951) war es, der die Schallplatte zu einem seriösen und künstlerisch anspruchsvollen Unternehmenszweig ausbaute. Man könnte ihn als den ersten Produzenten und Tonmeister bezeichnen. Zu Beginn unseres Jahrhunderts bereiste er mit seinen umfangreichen Aufnahmeapparaturen die ganze Welt und holte Künstler aller Sparten vor sein Aufnahmehorn.
Für die Aufzeichnung ganzer Sinfonieorchester war der kleine Aufnahmetrichter aber nicht geeignet, und so beschränkte sich das Repertoire, das man auf Platten kaufen konnte, hauptsächlich auf Opernarien, Konzertpiecen für das Pianoforte und auf schmissige Militärmusik.
In den Studios im amerikanischen Camden baute man noch vor dem Ersten Weltkrieg einen riesigen Trichter, der erstmals Aufnahmen mit großen Orchesterbesetzungen ermöglichte. Dort spielte Leopold Stokowski (1882-1977) mit dem Boston Orchestra sinfonische Werke in Kurzform ein.
In Deutschland baute man mehr auf Werktreue und Gründlichkeit, und so verdanken wir es den Plattenproduzenten der Kaiserzeit, daß zum ersten Mal in der Geschichte der Schallaufzeichnung mit Beethovens Fünfter eine ganze Sinfonie mit einem der besten Orchester und einem namhaften Dirigenten festgehalten werden konnte: Schon damals, man schrieb das Jahr 1913, verpflichtete die Deutsche Grammophon Gesellschaft die Berliner Philharmoniker, die unter ihrem Chefdirigenten Arthur Nikiseh (1855-1922) spielten. Die vier Platten, aus denen das Album bestand, kosteten 48 Reichsmark.
Das elektrische Aufnahmeverfahren
Amerika ist das Ursprungsland der Schallplatte, und dort wurde auch ihre weitere Vervollkommnung betrieben. Trotz großer Aufnahmetrichter war es nicht möglich, alle Instrumente eines Klangkörpers in der richtigen Balance einzufangen. Vor allem die Kontrabässe blieben auf der Strecke, so daß man sie meist gar nicht spielen ließ.
Das änderte sich, als 1925 die Western Electric das elektrische Aufnahmeverfahren kreierte, bei dem Mikrofone, Verstärker und ein elektromagnetischer Plattenschreiber das Aufnahmehorn ersetzten.
Es war frappierend, wie sich mit einem Schlag der Klang der kratzenden Schellackplatte veränderte. Alles bisher Dagewesene konnte man vergessen, auch die Aufnahmen Carusos, der die neue Technik nicht mehr erlebt hatte.
Die Vinyl Langspielplatte
Auf diesem Stand blieb die Schallplatte - von kleineren Verbesserungen abgesehen - etwa 25 Jahre stehen. Der Umbruch, der völlig neue Abspielgeräte erforderte, kam um 1950 mit der Einführung der Langspielplatte, der zehn Jahre später die stereofone Wiedergabemöglichkeit folgte. Beide Neuerungen kamen aus den USA.
Abermals 25 Jahre später, in unseren Tagen nämlich (Anmerkung: es ist 1988) , scheint die klassische Schallplatte am Ende ihrer Entwicklung angelangt zu sein. Trotz gutgemeinter Überlebenshilfen wie die DMM-Technik oder das CX-Verfahren, ist der Wechsel zur Compact Disc, einem völlig neuen und schlechthin idealen Musikträger, nicht mehr aufzuhalten.
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