Der Lenco L75 - stufenlos - der Durchbruch
Der Lenco L75 kam vor oder um 1968 genau zur richtigen Zeit (oder war es doch bereits 1967 ?) und war in Deutschland für Lenco der Durchbruch im lowcost Hifi-Bereich. Er hatte zwar auch diesen sicherlich primitiven aber robusten Reibradantrieb des Lenco B55, doch der "neue" Tonarm war schon deutlich besser.
Aber wie gesagt, von "Studio-"plattenspieler oder gar "Studio-" technik oder Studioqualität war da immer noch keine Spur (und es war auch - anfänglich - nie die Rede davon). Es war die absolut billigste Hifi-Lösung für "blutarme" Schüler und ebensolche "armen" Studenten, die sich im leichten Glanz der besonders bunten Prospekte ihre wenigen Musikplatten anhörten. Gute klassische Platten waren mit 21.- bis 35.- DM für uns damals schon recht teuer.
Anmerkung: Ich hatte auch schon recht früh solch einen L75 (im Bild rechts auf dem Schreibtisch). Für mehr hatte es am Anfang einfach nicht gereicht. Gewollt hätte ich ja schon, der DUAL 1219 stach da schon ins Auge, doch der L75 war um mindestens einen Hunderter billiger. Damals 1967 im Bieberhaus bekam ich den L75 zum Personalpreis, das für mich war enorm günstig.
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Wenn man genauer hinsah, fiel Einiges auf.
Der Lenco L75 sah (damals) optisch einfach gut aus . . .
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Viele andere Lenco L75 Besitzer hörten mehr mit den Augen als mit den Ohren und ließen sich anfänglich gerne von anderen "Mithörern" bestaunen.
Und auf allen Prospekten und in allen Anzeigen wurde immer wieder mit "Studio-Plattenspieler" geworben, also mußte das ja stimmen. - Es stimmte natürlich nicht, denn das Rumpeln hörte selbst der Laie über einigermaßen vernünftige Boxen sofort raus. Und das war auch nicht weg zu bekommen (außer mit einem sehr starken Rumpelfilter). Die 4 Federbeine, die in den Prospekten immer so hervorgehoben wurden, halfen da nämlich auch nicht. Das Rumpelm kam über dieses Reibrad (rechts im Bild).
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In Tanzschulen und Diskotheken war der L75 einsame Spitze.
Doch hier muß man unbedingt die Ziel- oder Nutzer- gruppen unterscheiden : In Tanzschulen brauchte der Tanzlehrer eine deutlich größere Variation der jeweiligen Musik- bzw. Takt- Geschwindigkeit, als es bei jedem vergleichbaren Thorens TD124 oder DUAL möglich gewesen wäre. Und Tanzlehrer behandelten ihre Platten- spieler (und Platten) - völlig konträr zu den nächtlichen oft angeheiterten Diskjockeys - besonders sorgfältig. Es war ja ihr wichtigstes Arbeitswerkzeug.
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In Diskotheken dagegen war der "Platten-Dreher" ein austauschbares Verschleißteil und das mußte extrem billig (und natürlich robust) sein. So kaufte ich später ab 1974 für mein Akustik-Ingenieubüro von diesen L75 Chassis immer 10 Stück in einer Lieferung ein (übrigens zu - für mich - sehr guten Preisen) und hatte bei meinen Kundendienstbesuchen immer einen funkel- nagelneuen L75 originalverpackt im Auto. Das L75 Chassis hatte nämlich ein Netzkabel und eine Audio-Leitung mit 5-Pol DIN Stecker bereits fertig angelöstet. Ich brauchte also nur das L75 Chassis auszutauschen und die Stecker einzustecken und es lief wieder.
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