Ein Artikel aus den Telefunken Hauszeitschriften 1950/55
Diese Telefunken Hauszeitschriften waren natürlich ein Werbeorgan der Firma Telefunken. Vieles würde schön geredet und aufgehübscht, insbesondere die Zeit der 12 Jahre des NS-Regimes im 3. Reich. Manche Laudatien blenden diese Zeit einfach aus oder formulieren recht durchsichtig drum herum. Es war eben erst 1950 - 5 Jahre nach dem Ende des 2.Weltkrieges.
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Prof. Dr. W. Schottky zum 65. Geburtstag
In den Jahren unmittelbar nach Beendigung der Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges (April 1945) war die Mehrzahl der Zeitschriften unseres Fachgebietes eingestellt.
Bekannte Wissenschaftler und Techniker, deren Jubiläen oder hervorstechende Geburtstage in diese Jahre fielen, blieben daher unerwähnt und ungefeiert. Hierzu gehörte auch Prof. Dr. W. Schottky mit seinem 60. Geburtstag im Jahre 1946.
Wir möchten daher in Übereinstimmung mit anderen Zeitschriften zu seinem 65. Geburtstage das Versäumte nachholen und ihm unsere herzlichsten Glückwünsche übermitteln.
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Schottky war ein Schweizer
W. Schottky, 1886 in Zürich geboren, ist einer der Söhne des bekannten Mathematikers Prof. Dr. Friedrich Schottky, des späteren Ordinarius an der Universität Berlin, somit offenbar von Haus aus für eine Liebe zur Mathematik vorausbestimmt.
Er wählte Physik als Hauptfach und war einer der wenigen, die es wagten, bei Max Planck zu promovieren, und zwar mit der Dissertation: ,,Zur relativtheoretischen Energetik und Dynamik" (1912).
Seiner theoretischen Ausbildung schloß W. Schottky alsbald eine experimentelle an, indem er 1912/13 bei M. Wien in Jena und ab Ende 1913 bei J. Wehnelt in Berlin seine Theorie über die Feldemission und Bildkraft (Schottky-Effekt) nachprüfte.
Auf Anregung von R. Holm trat er 1914 in die Laboratorien der Fa. Siemens & Halske ein, in der er die Emission der Glühkathoden und die Theorie und Praxis der Verstärkerröhren zu seinem Hauptarbeitsgebiet machte, in welchem er auch höchst bedeutende wissenschaftliche und technische Erfolge erzielte.
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Telefunken = AEG und Siemens & Halske
Telefunken war damals eine gemeinsame Tochtergesellschaft sowohl der AEG wie von Siemens & Halske, und die beginnende Verstärkerröhrentechnik mit ihren damals noch sehr zahlreichen Rätseln brachte es mit sich, daß die Entwickler von Telefunken mit denen ihrer Muttergesellschaften wissenschaftlichen und technischen Kontakt und Austausch pflegten.
Dr. W. Schottky stand zu jener Zeit unbestreitbar an der Spitze der Verstärkertheoretiker und war zudem ein Mann von so umgänglichem und kollegialem Verhalten, daß wir dem Zusammenarbeiten und den Diskussionen mit ihm viel von unserer grundsätzlichen Kenntnis über Röhren, Verstärker und Sender zu verdanken haben.
Die damalige freundschaftliche und erfolgreiche Zusammenarbeit veranlaßt uns heute, W. Schottky vorliegende Zeilen zu widmen, wenn auch die geschäftlichen und organisatorischen Wege unserer beiden Firmen sich inzwischen getrennt haben.
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Schottky hatte das Prinzip verstanden
W. Schottky muß als der erste bezeichnet werden, welcher das in einer Hinsicht komplizierte, in anderer Hinsicht jedoch recht einfache Verhalten der gittergesteuerten Hochvakuumröhre durchschaut und rechnerisch behandelbar gemacht hat.
Eine druckschriftliche Niederlegung der quantitativen Vorgänge in Verstärkerröhren und ihrer Konstanten (später Steilheit und Durchgriff genannt), des sich daraus ergebenden inneren Widerstandes und danach zu bemessenden äußeren Widerstandes finden wir in der deutschen Patentschrift Nr. 304 236 vom 17. Juni 1916.
Es gab zur damaligen Zeit noch keine theoretische Veröffentlichung über Verstärkerröhren, außer den bekannten Aufsatz von J. Langmuir in der Gen. El. Rev. 1915, welcher das lineare Durchgriffsgesetz einer gittergesteuerten Elektronenröhre enthielt. Aber da er Verstärkerfragen nicht behandelte, führte er nicht zu einer wirklichen Kenntnis der Gesamtvorgänge.
Die oben genannte Patentschrift ist infolge des Kriegszustandes (1.Weltkrieg) zwar erst 1919 veröffentlicht worden, aber auf Grund der urkundlichen Einreichung im Juli 1916 kann W. Schottky — wenigstens moralisch — die Priorität der Verstärkertheorie für sich beanspruchen, wenn auch die Abhandlung ,,Theoretische Erörterung des Audions" von M. Latour in ,,The Electrician" bereits im Dezember 1916 erschien.
Die ausführliche Theorie von Röhre und Verstärkung brachte W. Schottky in einer Veröffentlichung im Archiv für Elektrotechnik (1919), welche sowohl die grundsätzlichen Vorgänge wie zahlreiche Feinheiten der Hochvakuumröhren, auch mit mehreren Gittern, behandelt und als Standardwerk gelten muß.
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Die Erfindung des Schirmgitters (1917)
Auf dem Gebiete der Hochvakuumröhren hat W. Schottky ferner eine der wichtigsten Erfindungen für deren spätere Fortentwicklung gemacht, nämlich die des Schirmgitters (1917), welches heutzutage jede Schwachstromröhre enthält. Auch zahlreiche fremdgesteuerte Senderöhren haben heute Schirmgitter.
Schottkys Namen ist vielleicht noch bekannter geworden durch die Theorie des Rauschens (Schroteffektes) der Glühemission, die er bereits im Jahre 1918 veröffentlicht und unter Mitarbeit von CA. Hartmann experimentell bestätigt hat.
Seine ersten Arbeiten hierüber behandelten das Rauschen des gesättigten Elektronenstromes. Die sehr viel kompliziertere Theorie des Rauschens eines raumladungsbegrenzten Stromes löste er ebenfalls einige Jahre später unter Mitarbeit von E. Spenke.
Auch die Frage des Rauschens jeglichen Leiters, jedes Ohmschen Widerstandes, dessen vollendete theoretische Behandlung später H. Nyquisi brachte, hatte Schottky damals in seine Betrachtung einbezogen, aber nicht quantitativ durchgeführt.
W. Schottky ist mehrere Jahre Extraordinarius, dann persönlicher Ordinarius der theoretischen Physik an der Universität Rostock gewesen, aber 1927 wieder zur Firma S. & H. zurückgekehrt. Die Zahl seiner Veröffentlichungen, von denen sich ein Großteil mit Elektronenemission, Glühkathoden, Bildkraft, Schwankungen, Rauschen, Verstärkern, Dampfentladungen, Fotoeffekt befaßt, liegt über einhundert.
Daneben hat W. Schottky auf mehreren physikalischen Gebieten abgerundete Gesamtdarstellungen gegeben. Es sind dies: der Band ,,Physik der Glühelektroden" im Handbuch der Experimentalphysik (gemeinsam mit H. Rothe und H. Simon 1928) und ,,Thermodynamik" (gemeinsam mit H. Uhlig und C. Wagner, Vlg. Julius Springer 1929). Zur Zeit arbeitet Schottky an einem Werk über Halbleiter.
Dieses heute durch die Kontaktdetektoren, Sperrschichtgleichrichter (Kupferoxydul, Selen, Germanium) und schließlich die Halbleiterverstärker (Transistoren) so außerordentlich wichtige Gebiet hat W. Schottky schon in früheren Veröffentlichungen zwischen 1930 und 1940 behandelt, und er hat durch seine Theorie der Störstellenleitfähigkeit Licht in eine recht komplizierte Materie gebracht. Sicherlich können wir seinem Buch hierüber mit größtem Interesse entgegensehen.
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Heute (1951 !!) ist er bei Siemens
W. Schottky arbeitet heute in Pretzfeld, einem kleinen Ort in Oberfranken, wohin im Zweiten Weltkrieg verschiedene Arbeitsgruppen des Siemens-Konzerns verlagert worden sind.
Die Telefunken-Gesellschaft freut sich, Herrn Prof. W. Schottky, dessen Name so weitgehend und rühmlich mit der Entwicklung der Glühkathodenröhren verknüpft ist, ihre Glückwünsche darbringen zu können und erhofft für ihn noch eine langjährige fruchtbare Tätigkeit zum Wohle unserer Technik und zum Ruhme Deutschlands.
Prof. Dr. H. Rukop. - TELEFUNKEN-ZEITUNG • 24. Jg., Heft 93 . Dezember 1951 191
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