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Dipl. Phys. Wolfgang Hasselbach ist leider in 2011 verstorben.

Wolfgang Hasselbach rechts mit Herrn Bung im April 2008
Das BRAUN Buffet war - wie immer - sehr lecker
2008 - Wolfgang Hasselbach schwelgt in seinen Erinnerungen

Von Gert Redlich im Sept. 2011 - Wenn ich so zurückdenke, wie oft wir uns unterhalten hatten, es war viel zu wenig. Er hätte noch so viel zu erzählen gehabt.

Herrn Hasselbach hatte ich erst im Jahr 2008 bei der Eröffnung der BRAUN Hifi Design Ausstellung kennengelernt und fast nur durch Zufall erfahren, daß dieser kleine agile Mann einstmals der langjährige Chefentwickler der berühmten Audio- Firma BRAUN AG in Frankfurt, später Kronberg war.

Er war von Anfang an einer der ganz Wenigen, der absolut realistisch und auch sehr kritisch "von damals" erzählen konnte, sehr ähnlich zu Professor Dr. Hausdörfer von der Darmstädter Fernseh GmbH / BTS. Ich wußte natürlich aus meiner eigenen Erfahrung einiges von der BRAUN AG und deren Rasierern und den anderen Produkten, insbesondere Hifi und hatte und habe auch bereits viele verklärte Träumer kennengelernt.

Und so habe ich große Achtung vor den Berichten und Erzählungen, wie und mit welchen Möglichkeiten er damals 1956/57 bei BRAUN angefangen hatte, nämlich mit fast "nichts". Damit meine ich "Nichts" an benötigtem speziellem Fachwissen, um solche Hifi-Geräte zu "bauen".

Das heißt aber nicht, daß die beiden lebenslangen Freunde und Komilitonen Wolfgang Hasselbach und Walter Mayer (beides Diplomphysiker) "nichts" wußten. Alles, das sie wußten, stammte aber aus der Vorkriegs-Zeit von 1938 und davor. In den Nachkriegs-Jahren 1946 bis 1951 während des Studiums an der UNI Frankfurt wurden nur die damals vorhandenen Grundlagen gelehrt, und das waren natürlich die alten bekannten (Vorkriegs-) Physik-Grundlagen. Hifi- oder Audio- Spezialitäten waren da nicht dabei.
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Im Sept. 2011 bekam ich seine Unterlagen und seine Bücher

Hier ein Teil der gesammelten Firmen-Prospekte ohne die vielen Bücher und Magazine
Es waren fünf solcher Transporte und Papier kann sehr schwer sein.

Seiner Frau bin ich sehr sehr dankbar, daß ich einen Teil seines Wissen bekommen habe. Das sind seine VDE- und DIN- Broschüren und Hefte mit seinen Kommentaren, die nicht immer wohlwollend ausfielen. Das sind auch seine Vorträge beim damals neuen DHFI (er war dort laut dem Vorsitzenden Karl Breh sehr hoch angesehen), seine frühen Artikel in der Funktechnik und der Funkschau und das sind seine Unmengen an Prospekten von allen möglichen Herstellern, auf denen auch seine Kommentare drauf stehen. Dazu gehören die IRT Hefte, die RTMs (die Rundfunk Technischen Mitteilungen) seit Anbeginn. Zum Ende 2010 hatte er mir die Funkschau Ausgaben lückenlos von 1946 bis 2000 und dazu mehrere andere Zeitschriften-Jahrgänge übergeben. Er wußte zu dem Zeitpunkt, daß seine Monate gezählt waren.

Und dabei waren natürlich auch die BRAUN Prospekte
und BRAUN Hifi-Erklärungs- Broschüren und Service Manuals und Stücklisten und Preislisten. Er hatte so gut wie alles aufgehoben, viele viele pralle Ordner voll.

Inzwischen habe ich auch die Braun Geschäftsberichte und Bilanzen von Anfang an bis 1984
sowie die Bilanzen der Firma Gillette aus USA gefunden und dazu noch weitere viele hunderte von Zeitungsausschnitten aus 1966 bis 1968, ein unglaublicher Schatz.

Die lückenlosen Braun Bilanzen haben mir die Möglichkeit gegeben, mit den vielen verklärten Wahrheiten der alten BRAUN Leute (also der ex-Mitarbeiter) aufzuräumen und die immer weiter verdrehten und lancierten Mythen und Legenden gerade zu rücken.

Vieles an den gestreuten Gerüchten über die ach so bösen Amerikaner aus Bosten stimmte nämlich überhaupt nicht, eher das Gegenteil war der Fall. Nur paßte das nicht in das Weltbild manches Mitarbeiters oder Betriebsrates und Gewerkschaftlers, als die Amerikaner nach einer Karenzzeit von über 10 bzw. 14 Jahren - wie lange vorher versprochen bzw. ernsthaft angedroht - dann doch ans Aufräumen gingen und die BRAUN AG umstrukturierten.
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Eine eigene bescheidene Biographie . . . .

Hasselbach an BASF 1950
Braun Betriebsspiegel 1964
Braun Betriebsspiegel 1969

In seiner Biographie schreibt er bescheiden nur von "Entwick- lungsleiter bei Braun". Wolfgang Hasselbach mochte diesen Rummel um seine Person nicht. Wie ich erst in 2014 von Karl Breh erfahren habe, war er trotz seiner absoluten Kompetenz auf den diversen DHFI- Tagungen sehr zurückhaltend.

Seine technischen Vorträge waren absolut hochgradig fundiert und wertneutral vorgetragen und er war als erlesener Fachmann - weit ab von jedem Voodoo - in der gesamten Branche sehr geschätzt.

In der Braun Hauszeitschrift wurde dagegen recht stolz auf den neuen technischen Direktor mit Prokura verwiesen. Und wenn jemand in solch einem großen Unternehmen Prokura erhält, ist das eine ganz besondere Wertschätzung und eine enorme Vertrauensstellung.

Herr Hasselbach hatte unter schwierigsten Bedingungen ab 1946 zusammen mit seinem lebenslangen Freund Dipl. Phys. Walter Mayer (er war der "Labor Mayer" bei Grundig) in Frankfurt Physik studiert und sich insbesondere um die Magnetbandaufzeichnung intensive Gedanken gemacht. (Seine Diplomarbeit werde ich auch noch einscannen.)

Heute macht sich fast niemand mehr Gedanken über diese düstere und magere Zeit nach dem Ende des 2. Weltkriegs, in der jeder einzelne Widerstand, jeder Kondensator und erst recht jede Röhre, - ja fast jede Schraube und die Muttern und die Unterlegscheiben dazu - eine lange gehütete Kostbarkeit waren.

Alle diese Aussagen decken sich mit denen von Professor Dr. Hausdörfer aus dem professionellen Fernsehbereich, der Biographie von Max Grundig, den Aufzeichnungen des Arthur Braun und dem SABA Buch von Herrmann Brunner-Schwer und zusätzlich mit vielen anderen älteren Zeitzeugen - auch mit meinem Vater Gerhard Redlich - , die später so gut wie alle (auch) zu Sammlern wurden.

Die Aufarbeitung von Kriegserlebnissen wurde für viele viele Millionen Reichsdeutsche Jugendliche und Soldaten ein Albtraum und von ZDF Regisseur und Produzent Günter Barosch habe ich eine Menge Informationen darüber geerbt.
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Eine (etwas) überarbeitete Biographie von Wolfgang Hasselbach

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  • 19.5.1924 geboren in Falkenstein/Taunus
  • 193o bis 1934 Grundschule
  • 1934 bis 1942 Oberschule mit Abitur-Abschluß an der Liebig-Oberschule in Frankfurt/Main
  • 1942 bis 1945 mit 18 Jahren zum Wehrdienst eingezogen (Panzertruppe in Südosteuropa) - hier folgt eine Zeitzeugenbefragung aus 2009
  • 1946 bis 195o Studium der Physik, Abschluß: Diplom-Physiker an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M
  • 1951 bis 1957 Entwicklungsingenieur und Entwicklungsgruppenleiter bei Wolfgang Assmann GmbH Bad Homburg vdH ; Entwicklung von verschiedenen Magnettongeräten; Handlungsvollmacht.
  • 1.1o.1957 Eintritt bei MAX BRAUN in Frankfurt/Main als Entwicklungsgruppenleiter; Entwicklung von Plattenspielern.
  • 1.9.196o Entwicklungsleiter Elektroakustik; Erweiterung des Aufgabengebietes um Hifi-Verstärker und HiFi-Lautsprecher, insgesamt verantwortlich für die Entwicklungsgruppen Plattenspieler, Verstärker, Lautsprecher und später Magnettongeräte
  • 1.1o.1964 Entwicklungsleiter des Artikelbereiches Elektronik; verantwortlich für alle Gerätegruppen der Unterhaltungselektronik. Zeitweise Erweiterung des Aufgabenbereiches um Elektronenblitzgeräte und elektronische Temperaturmeßgeräte. Handlungvollmacht

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  • 1.1.1969 Direktor für Entwicklung Elektronik in folgenden Aufgaben- und Verantwortungsbereichen:
    Leitung der Entwicklung der Geräte von der Konzeptfindung bis zur Fertigungsreife auch bei OEM-Beschaffung und organisatorische und personelle Verantwortung im Rahmen allgemeiner Zielsetzung.
    Passive und aktive technische Schutzrechtsbearbeitung. Vertretung des Artikelbereiches Elektronik in Normengremien und technischen Verbänden.
  • 24.2.1969 Gesamtprokura
    Konzentration (im Artikelbereich Elektronik) auf HiFi-Geräte
  • 1979 Nach Umzug nach Kronberg und Eingliederung in die Gesamtentwicklung der Braun AG Leitung der Entwicklungen HiFi-Geräte und Uhren
  • 31.3.1982 Ende der Mitarbeit bei Braun Hifi (inzwischen a/d/s/) als Folge von Umorganisationsmaßnahmen bei der Braun AG.
    BRAUN bzw. der Eigentümer Gillette hat die Hifi Sparte im Jahr 1981 (aus zwingenden Gründen) an a/d/s/ "ausgegliedert". (Die Entwicklung von Hifi-Geräten - im eigenen Haus - wurde kurz darauf von "a/d/s/" eingestellt.)
  • Technische Übersetzungen für den VDE und VDI sowie die andere internationale Normungsgremien wie die AES - Übersetzungen fast sämtlicher technischer und Marketing- Unterlagen der amerikanischen Lautsprecher-Firma BOSE.

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Nachtrag :

Ich sollte es damals so nicht publizieren, weil es ihn beschämte. In der Zeit nach dem "unfreiwilligen" Verlassen der Nachfolgefirma von "BRAUN Hfi" (im März 1982), der Firma ADS von Dr. Godehard Günther (mit einer nicht unerheblichen Abfindung), begann ein endloser Suchlauf nach einer adäquaten Beschäftigung in der Hif-oder Audio-Branche.

Das drückte auch bei dem selbstbewußten erfolgsgewohnten und überall in der Branche bekannten und geachteten Wolfgang Hasselbach auf die Psyche und er wurde traurig. Eigentlich war er überall "überqualifiziert". Doch die wirtschaftliche Lage war 1980 eine andere geworden. Alle mußten abschminken, vor allem die Japaner, die ihn so gern abgeworben hätten. Auch deren Niederlassungen wurden mehr und mehr ausgedünnt und teilweise komplett geschlossen.

Mit seinen vielen freundschaftlichen und kollegialen Verbindungen wurde er über sein Fachwissen zu den verbliebenen Firmen und Institutionen herumgereicht und so übersetzte er die englischen Prospekte (von BOSE), die DIN Blätter und viele AES Handbücher ins Deutsche oder zurück ins Englische.

Die glücklose Firma ADS, die das "BRAUN"- Logo noch eine begrenzte Zeit verwenden durfte (4 Jahre), wurde beim Übergang zu dem unbekannten "BEL"-Logo kalt erwischt und mußte aufgeben. Der amerikanische Eigentümer der Firma BRAUN Gillette entschied, daß der Name "BRAUN" nicht durch einen Konkurs beschmutzt werden durfte, denn das mit den Rasierern florierte weltweit mit über 80% Marktanteil.
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So kam die Idee mit der "Last Edition" von 1991 auf und "BRAUN Hifi" wurde mit viel Pomp zu Grabe getragen.
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Auch das tat ihm im Inneren weh, denn es war je sein Kind, das da beerdigt wurde. Er hatte mir aber zugestanden, daß auch er 1980 den kippenden Hifi-Markt falsch eingeschätzt hatte.
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An den Tagen, an denen er mir Rede und Antwort stand, blühte er regelrecht auf und wurde wieder quicklebendig. Die ganzen alten Zeiten kamen wieder zurück.

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Nachtrag 2 / Ergänzungen

Herrn Hasselbach hatte ich ja fast durch Zufall kennengelernt und erst spät von anderen, die ihn schon viel länger kannten als ich (Jörg Wuttke und Karl Breh beides auch Diplom-Ingenieure) erfahren, daß meine Einschätzung seiner Person goldrichtig war.

Er war nämlich hochintelligent und dennoch bescheiden, vielleicht zu bescheiden, aber durchsetzungsstark, wenn es in seinem Kompetenzbereich lag. Man wird in einer amerikanisch geleiteten Firma nicht Prokurist, wenn man keine entsprechenden Fähigkeiten besitzt und kein langjähriges Vertrauen genießt.

Herr Hasselbach konnte mir noch sehr viel aus den Hinterstübchen der BRAUN- Hifi- Sparte und der Entwicklung erzählen, bevor er an einer unheilbaren Krankeit, einer ganz seltenen Variante von MS, wirklich ganz friedlich eingeschlafen war. So hatte es ihm sein Kindergartenfreund, der war inzwischenn Professor an der Uniklink in Frankfurt, vorausgesagt und so war es auch eingetroffen.
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Und er hatte noch so viel zu erzählen .........
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