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Ein Artikel aus den Telefunken Hauszeitschriften 1950/55

Diese Telefunken Hauszeitschriften waren natürlich ein Werbeorgan der Firma Telefunken. Vieles würde schön geredet und aufgehübscht, insbesondere die Zeit der 12 Jahre des NS-Regimes im 3. Reich. Manche Laudatien blenden diese Zeit einfach aus oder formulieren recht durchsichtig drum herum. Es war eben erst 1950 - 5 Jahre nach dem Ende des 2.Weltkrieges.

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K. W. Wagner zum 70. Geburtstag

Am 22. Februar 1953 vollendet Prof. Dr. phil. Dr. Ing. e. h. Karl Willy Wagner, Präsident a. D. des Telegraphentechnischen Reichsamtes und Direktor a. D. des Heinrich-Hertz-Institutes für Schwingungsforschung, sein 70. Lebensjahr.

Der Telefunken-Gesellschaft, zu deren Mitarbeiter K. W. Wagner heute zählt, ist es eine Freude, ihm zu diesem feierlichen Tage ihre herzlichsten Glückwünsche aussprechen zu können.

Aus Friedrichsdorf im Taunus stammend wurde K. W. Wagner schon im Alter von 19 Jahren Lehrer am Technikum Frankenhausen, zwei Jahre später Ingenieur in der Hochspannungs-Abteilung der Siemens-Schuckert-Werke und promovierte 1909 in Göttingen bei H. Th. Simon zum Dr. phil.

Nachdem er einige Jahre am Telegraphen-Versuchsamt in Berlin gearbeitet, dann zur Phys.-Techn. Reichsanstalt als Leiter der Starkstrom-Abteilung hinübergewechselt, im ersten Weltkrieg auch etwa zwei Jahre zu Telefunken kriegsdienstverpflichtet war, kehrte er zu ersterem, nun Telegraphentechnisches Reichsamt genannt, zurück, wurde 1921 dort Vizepräsident und 1923 dessen Präsident.

1925 folgte er der Berufung zum ord. Prof. für Schwingungslehre an die Technische Hochschule Charlottenburg, an der er die Errichtung des Heinrich-Hertz-Institutes für Schwingungsforschung veranlaßte und durchführte.
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1936 - Kollision mit den Nazis

Im Jahre 1936 gelang es einer Gruppe von politischen Gegnern aus dem Heinrich-Hertz-Institut, die Absetzung von K. W. Wagner zu erwirken, so daß dieser sich einige Jahre ins Privatleben zurückzog und eine beratende Tätigkeit ausübte. Jedoch berief ihn die Marineleitung (notgedrungen) 1943 zum wissenschaftlichen Leiter ihrer Forschungsabteilung.
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Nach dem April 1945 .....

Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges beauftragte die US-Militärregierung K. W. Wagner mit dem Wiederaufbau der Post- und Fernmelde-Organisation in der US-Zone Westdeutschlands. So kehrte er nochmals zur Deutschen Post zurück.

Letztere Tätigkeit brachte ihn auch in unmittelbare Nähe seines Heimatortes, in welchem er buchstäblich wieder in sein Vaterhaus einzog. Bald verlangten seine wissenschaftlichen Neigungen neue Betätigung, und er gründete eine Zeitschrift des Fernmeldewesens, Archiv der elektrischen Übertragung (AEÜ), deren Herausgeber er noch heute ist.

Auch faßte er an der Universität Mainz Fuß und zählte zu den Begründern der dortigen Akademie der Wissenschaften, zu deren Präsident er 1949 gewählt wurde.
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Entdeckung der elektrischen Wanderwellen

Aus K.W.Wagners zahlreichen wissenschaftlichen und technischen Leistungen wollen wir hier die uns nächstliegenden herausgreifen. Vor allem ist da die Theorie der Kettenleiter und Frequenzfilter anzuführen, mit der er im Mai 1915 erstmalig an die Öffentlichkeit trat.

Durch kriegsbedingte Verbote wurde der Druck der Fortsetzung damals verhindert, so daß manche Autoren die Priorität G. A. Campbell, der einige Monate später gleichartige Siebketten zum Patent anmeldete, zuschrieben. Aber objektiv steht die Priorität K. W. Wagners durch das Einreichungsdatum seines Manuskriptes hierüber (Januar 1915) fest.

Hervorzuheben ist ferner seine Entdeckung der elektrischen Wanderwellen beim Schalten als Ursache von Überspannungen (1908), seine Theorie der thermisch-elektrischen Instabilität (Wärmedurchschlag) sowie die Einführung der Trägerfrequenz-Mehrfach-Telefonie bei der Deutschen Reichspost nach gemeinsamer Entwicklung mit Telefunken (1920).

Sein Interesse auch auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie, zu ersehen aus mehreren Veröffentlichungen über Antennen, Oberschwingungen von Sendern, Maschinen, Ausbreitung in der Ionosphäre, Erzeugung von UKW-Frequenzen, vereinigte sich mit dem auf elektro-akustischem Gebiete, das er durch Arbeiten über Telefoniefrequenzen, künstliche Vokale, Dynamik, Lautstärke, Geräuschdämpfung, Ausbreitung in festen Körpern bereichert hatte, zu einem Sammelwerk über die physikalischen Grundlagen des damals aufblühenden Rundfunks (1927).

Neigungen mehr zur Theorie und der mathematischen Darstellung

Wenn K.W.Wagner mit seiner Tätigkeit auch gelegentlich ganz auf der Seite der Praxis stand, wie etwa mit Ölkondensatoren, Isolierstoffen, Ozeankabeln, Präzisionsbrücken, Widerständen und Meßverfahren, so gehören seine Neigungen doch vorzugsweise der Theorie und der mathematischen Darstellung.

Dies zeigten schon frühzeitig einige bemerkenswerte Arbeiten von ihm, so eine allgemeine Lösung der Telegraphengleichung, dann sein exakter Beweis des Heavisideschen Theorems ferner das Integral zur Rückführung der Laplace-Transformation zwecks Bestimmung einer Zeitfunktion aus dem Frequenzspektrum, auch sein erstes bahnbrechendes Buch: Elektromagnetische Ausgleichsvorgänge in Freileitungen und Kabeln (1908), vor allem aber sein späteres Werk über die Operatorenrechnung (1940), mit dem er diese schwierige, von Ö. Heaviside selbst reichlich im Dunkeln gelassene Materie für viele Interessenten zugänglich gemacht und sich so beträchtliches Verdienst um das mathematische Rüstzeug des Elektrotechnikers erworben hat.

  • Anmerkung : Das obige ist "ein" (1) Satz !!


Zwei Bücher auf unserem speziellen Gebiete sollen noch hervorgehoben sein: Einführung in die Lehre von den Schwingungen und Wellen (1943 und 1947) sowie schließlich das heute im Druck befindliche: Elektromagnetische Wellen.

K. W. Wagner hat sich durch seine wissenschaftlichen Leistungen insbesondere in der internationalen Nachrichtentechnik einen großen Namen erworben und ist durch die Verleihung der Cedergren-Medaille (Stockholm .1919), der Goldenen He/nr/ch-Herfz-Medaille (1929), der S/aby-Plakette (1930), der Gauß-Weber-Denkmünze der Universität Göttingen (1933), des Ehrendoktors der T. H. Darmstadt (1921), des Ehrenbürgertitels der T. H. Karlsruhe (1925) und durch Mitgliedschaft folgender Akademien und wissenschaftlichen Gesellschaften geehrt worden:

  • der Preußischen Akademie der Wissenschaften (ordentl. Mitglied 1925),
  • der Am. Academy of Arts and Sciences Boston (Ehrenmitglied 1931),
  • der Kgl. Akademie der Ingenieur-Wissenschaften in Stockholm (Korrespond. Mitglied 1935),
  • der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (Ord. Mitglied, Präsident 1949) und
  • der Accademia Nazionale dei Lincei in Rom (auswärt. Mitglied 1951).


So sehen wir das Lebensschiff K. W. Wagners in voller Fahrt mit günstigem Winde segeln, aber auch von manchem Sturm umhergeworfen und verschlagen werden, und wir dürfen die Hoffnung aussprechen, daß es nunmehr in einen ruhigen, sicheren Hafen einläuft.
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Glückwunsch

Die Telefunken-Gesellschaft wünscht K. W. Wagner noch viele Jahre schöpferischer Tätigkeit zum Wohle der Wissenschaft und Technik und zur Ehre Deutschlands.

H. Rukop - TELEFUNKEN-ZEITUNG • Jg. 26, Heft 98 (Januar 1953)
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