Ein Artikel aus den Telefunken Hauszeitschriften 1950/55
Diese Telefunken Hauszeitschriften waren natürlich ein Werbeorgan der Firma Telefunken. Vieles würde schön geredet und aufgehübscht, insbesondere die Zeit der 12 Jahre des NS-Regimes im 3. Reich. Manche Laudatien blenden diese Zeit einfach aus oder formulieren recht durchsichtig drum herum. Es war eben erst 1950 - 5 Jahre nach dem Ende des 2.Weltkrieges.
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J. Zenneck zum 80. Geburtstag
Am 15. April 1951 begeht Geheimrat Professor Dr. rer. nat. Jonathan Zenneck seinen 80. Geburtstag. Er ist wohl der einzige noch lebende Deutsche, welcher sich rühmen darf, bereits im vorigen Jahrhundert an der Entwicklung der drahtlosen Telegraphie aktiv und an wichtiger Stelle teilgenommen zu haben.
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Im Jahre 1895 ......
Im Jahre 1895 ging J. Zenneck, ein geborener Württemberger, Sohn eines evangelischen Geistlichen, junger Dr. rer. nat., als Assistent an das Physikalische Institut der Universität Straßburg.
Dessen Direktor, Professor Dr. Ferdinand Braun, begann 1898 Versuche über drahtlose Telegraphie, deren Durchführung in Cuxhaven, auf den Feuerschiffen der Elbemündung, dem Dampfer Silvana und der Insel Helgoland er dem jungen Zenneck übergab.
Die bekannten Erfolge seiner Versuchsreihen führten zur Gründung der Braun-Siemens-Gesellschaft und einige Jahre später zum Zusammenschluß mit der Slaby-Arco-AEG-Gruppe und zur gemeinsamen Gründung der Firma Telefunken (1903). Somit können wir Zenneck mindestens geistig zu den Vätern unserer Firma rechnen, wenn er auch das Angebot, nach der Gründung von Telefunken aktiv in die Firma einzutreten, ablehnte und seiner Universitätslaufbahn treu blieb.
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Ruf als ordentlicher Professor
Bald erhielt er den Ruf zum a. o. Professor an der T. H. Danzig, an der er seinen späteren Freund, Max Wien, den Erfinder der Löschfunken, als Inst.-Dir. antraf, und 1906 zum o. Professor der Physik an der T. H. Braunschweig.
Nach einem kurzen Abstecher in die Industrie (Badische Anilin und Sodafabrik, 1909—1911) kehrte Zenneck als o. Professor der Physik und Nachfolger von Max Wien an der T. H. Danzig in die akademische Laufbahn zurück. Als 1913 der Ruf an die T. H. München folgte, bevorzugte Zenneck seine süddeutsche Heimat und erhielt damit einen Lehrstuhl von großer Bedeutung, den er rund 25 Jahre innegehabt hat.
Im Jahre 1915 - ein Patentstreit in USA
Noch einmal kam J. Zenneck in engste Berührung mit unserer Firma, indem er im Jahre 1915, aus seiner Stellung als Hauptmann im Seebataillon an der Westfront, mit Ferd. Braun zusammen geheimnisvoll nach USA. befördert wurde, um als Sachverständiger in einem Patentprozeß aufzutreten, welchen eine Konkurrenzgesellschaft (Anmerkung : das war Marconi) mit dem Zwecke der Schließung der Telefunken-Großstation Sayville (auf Long-Island) gegen uns angestrengt hatte.
Ferd. Braun, welcher damals schon 65 Jahre alt war, erkrankte bald schwer (gestorben 1918), aber J. Zenneck gelang es, durch sachkundiges und energisches Auftreten in den Patentprozessen die Station Sayville so lange in unserem Betrieb zu halten, bis USA in den Weltkrieg eintrat, was u. a. auch seine mehrjährige Internierung im Fort Oglethorpe in Georgia zur Folge hatte.
1919 - zurück in Deutschland
1919 kehrte Zenneck wohlbehalten nach Deutschland zurück und bestieg wieder seinen Lehrstuhl in München. Nach dem Tode Oskar von Millers wurde ihm ehrenamtlich dessen Tätigkeit eines Direktors des Deutschen Museums übertragen, die er heute noch ausübt.
Vor wenigen Monaten wurde Zenneck ferner Vorsitzender des Bundes der deutschen Physikalischen Gesellschaften, und wir müssen seine Tatkraft und Frische in beiden Ämtern, wie auch seine Gesundheit und Naturnähe bewundern.
Der Erfinder Zenneck
Zenneck ist Erfinder einer Anzahl wichtiger Einzelheiten auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie, z. B. des Wellenmessers (1899), des Richtsendens mit Hilfe von Reflektordrähten (1900), der Frequenzvervielfachung durch Organe nichtlinearer Charakteristik (1899).
Jedoch hat er, ebenso wie Max Wien, keine Patente angemeldet. Das Lehrbuch „Elektrische Schwingungen und drahtlose Telegraphie" (1905 Verlag Ferd. Enke, Stuttgart) war von grundlegendem Werte, und ein zweites, mehr der Praxis gewidmetes Buch von ihm „Lehrbuch der drahtlosen Telegraphie" (Verlag Ferd. Enke, Stuttgart) hat zwischen 1909 und 1924 fünf Auflagen erlebt.
Besonders hervorzuheben ist ferner eine theoretische Veröffentlichung Zennecks (1907 Ann. d. Phys.) über die Ausbreitung der elektrischen Wellen an der Erdoberfläche.
Etwa 1930 gründete J. Zenneck in Kochel am Herzogsstand die erste deutsche Ionosphärenstation, in der er hauptsächlich mit G. Goubau zusammen bis 1945 bemerkenswerte Resultate in Forschung und Beobachtung erzielte und in der er zahlreiche Schüler mit heute bekannten Namen heranbildete, die ihn verehren und oft aufsuchen.
Die Firma Telefunken übermittelt hierdurch J. Zenneck, dem Pionier der drahtlosen Telegraphie, ihre herzlichsten Glückwünsche zum 80. Geburtstage und spricht gleichzeitig die Hoffnung aus, dies zu seinem 90. und zu seinem 100. Geburtstag wiederum tun zu können.
H. Rukop - TELEFUNKEN-ZEITUNG . 24 Jg., Heft 90 • März 1951
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