Das "Audio phile" High-End-Magazin
Im Januar 1999 kam noch ein neues Hifi-Magazin heraus, das angeblich eine ganz wichtige Marktlücke schließen sollte - den High End Markt.
Doch so neu war das Joint Venture von AUDIO und stereoplay gar nicht, denn die beiden Zeitschriften gehörten sowieso zum gleichen Verlag und die Macher kannte man bereits. Es sollte vielleicht ein anderer Verlag davon abgehalten werden, auch noch ein weiteres Magazin aufzulegen. - Und damit den Markt noch weiter zu splitten.
Auf jeden Fall fing es gleich mal mit völlig irrelevanten Superlativen an - mit dem weltbesten Lautsprecher für (nur) 400.000 DM (West). Damit assoziierte man natürlich auch - hoher Preis = super Qualität.
Es fehlten auch nicht "die besten Wandler" und "die besten Laufwerke" und das alles für 19.80 DM (West). Ich schreibe das mit dem "West" dahinter, weil die neuen Deutschen aus dem Ossiland für derartige Spässe oder Idiotien natürlich weder 19,80 DM für das Magazin noch für die darin beschriebenen Geräte auch nur einen West-Pfennig übrig hatten.
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Wie lang es das Magazin wirklich gab, ist im Moment nicht bekannt.
In den 380 Kilo Hifi-Magazinen aus Berlin waren nur die ersten 3 Ausgaben dabei.
Auf großen A4 Seiten wunderschön in Hochglanz gedruckt und teilweise lackiert werden alle hochauflösenden Fotos mit großen zugkräftigen Überschriften formatfüllend präsentiert. Das füllt die Seiten und vertuscht den Gehalt des Artikels und den geringen Text dazu.
Erstaunlicherweise gibt es keinen Artikel oder irgendeine Beschreibung ohne eine passende Anzeige dazu. Und bereits in der zweiten Ausgabe gratulieren zwei Anzeigenkunden zu der tollen Aufmachung, das sei Weltklasse. Was sollten sie auch anderes sagen, um die Insertionskosten zu rechtfertigen.
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Fast kein Artikel hat irgendeinen ernsthaften Aussagewert.
Alleine die Sprüche der Überschriften machen Loriot ernsthafte Konkurrenz, die sind nämlich deutlich "kreativer".
Sie können sich ganz bestimmt vorstellen, wie wichtig und interessant das großformatige Foto eines kleinen bürstenlosen Gleichstrommotors eines 10.000 DM Plattenspielers ist, um die wahre Klangqualität des genialen Spielers oder der Super-High-End- Anlage zu erkennen und zu bewerten.
Auch die ganzseitigen Detail-Fotos der Gummisicke eines 22cm Teiftöners sind eminent wichtig für die optische Darstellung der akustischen Baßwiedergabe eines schlanken Lautsprechers.
Noch wichtiger ist jedoch die Dicke der Alu-Frontplatte und der beeindruckende Durchmesser des ALPS Potentiometers für die ultimative Klangqualität.
Sie erkennen die Glossen - Da fällt einem nichts mehr ein.
Auch die dreidimensionalen Graphen geben dem Leser das Gefühl, er habe jetzt verstanden, warum das Teil 35.000 DM kostet.
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