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Hans Sutaner - Schallplatte und Tonband (aus 1953)
I. TEIL - DIE SCHALLPLATTE

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1. KAPITEL - Diese Schallplatte kennt jedermann

Wer öfter Schallplatten kauft, merkt bald, daß die Hersteller ein völlig verschiedenes Repertoire haben. Es gibt Schallplatten für leichte und schwere Musik.
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Leichte Musik

Bei der leichten Musik unterscheiden wir zwischen
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  1. Schlager- und Tanzplatten (mit oder ohne Gesangspart)
  2. Schallplatten für Tanzmusik (auch hier wird manchmal der Refrain mitgesungen)
  3. Operettenmusik (einzelnen Liedern oder Potpourris, auch Ouvertüren).

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Schwere Musik

Schwere Musik können wir einteilen in

  1. Opernmusik (in ungezählten Varianten wie Potpourris, Ouvertüren, Arien, Duette, Chöre usw.) und
  2. klassische Musik (Sonaten, Walzer, Quartette, Sextette, sogar Symphonien u. a.).


Instrumentation, Orchesterbesetzung oder Art der Kapelle und der Musikinstrumente (Streich- oder Blasmusik) sind außerordentlich vielfältig.

Dazu kommen noch Sprechplatten (Komiker), mundartliche oder ländliche Darbietungen (bayrisch, platt, erzgebirgisch; Ländler, Jodler, Reigen usw.).
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Die Schallplatte - das tönende Buch

Der Leiter einer führenden deutschen Schallplattenfirma hat einmal auf die Frage „Was ist eine Schallplatte überhaupt?" u. a. gesagt: „Die Schallplatte ist keineswegs eine Unterhaltungsware schlechthin, sie steht vielmehr neben dem Buch und der Notenschrift, und sie bietet in einer Hinsicht noch mehr, sie ist das tönende Buch und die tönende Notenschrift."

Daran muß man denken, wenn man der Schallplatte gerecht werden will. Und ebensowenig wie ein Buch- oder Noten-Verleger ein Hersteller von gebundenem Papier ist, kann der Schallplattenhersteller als ein Mann bezeichnet werden, der in einer Art Kuchenbäckerei schwarze Tonträger fabriziert.

Unter dem Motto „Allen etwas - jedem das Seine" hatten es die Schallplattenfirmen nicht leicht, ihr Repertoire entsprechend zu gestalten und auch so anzubieten, daß der Musikfreund in der Lage war, seine Schallplatten nach Neigung und Geschmack auszu wählen.

Die ersten Platten-Kataloge

Hierzu bediente man sich des Katalogs. Schlägt man aber alte Kataloge auf, so hat man den Eindruck, daß sie Wahl und Qual eher erschwerten als erleichterten.

"Die Liebe"

Greift man aus einem solchen alten Katalog das kleine Wörtchen „Liebe" heraus, so sah die Sache etwa so aus:
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  1. Liebe ist Seligkeit (Rigoletto/Verdi)
  2. Lieber einmal zuviel als zu wenig geküßt (Igelhoff)
  3. Liebesbotschaft (Schubert)
  4. Liebesbriefe aus dem Engadin (Melodien aus dem Tonfilm)
  5. Liebesduett (Tristan/Wagner)
  6. Liebesfreud - Liebesleid (Kreisler)
  7. Liebesglück (Slowfox, Hill)
  8. Liebesgruß (Elgar)
  9. Liebeshymnus (Strauß)
  10. Liebesinsel (Marsch, Linke)
  11. Liebesmelodie (Das Herz/Pfitzner)
  12. Liebesschmerz (Walzer, Markgraf)
  13. Liebestrank, Der (Donizetti)
  14. Liebestraum (Elegie, Bochmann)
  15. Liebestraum Nr. 3 (Liszt)
  16. Liebestraum nach dem Balle (Czibulka)
  17. Liebeszauber, (Feuertanz, de Falla)
  18. Liebe, Trommeln und Fanfaren (Marschlied, Kreuder)
  19. Liebe zu den drei Orangen, Die (Prokofieff)
  20. Lieb, Lieb so wundersüß (Geisha/Jones)
  21. Liebster Herr Jesu (Bach)
  22. Lieb Vaterland (Soldatenpotpourri)

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Ein kunterbuntes Durcheinander

Es war zwar wohlgeordnet nach dem Alphabet, aber sonst ging alles kunterbunt durcheinander: Arien, Schlager, Symphonien, Potpourris, Märsche, Tangos, Kirchen- und Unterhaltungsmusik. Leider ließen sich diese „Generalkataloge" nicht entwirren, Wagnerfreunde und Leharanhänger, Jazz- und Bachfanatiker, alle bedienten sich ein und desselben Katalogs.

Heute sind diese Generalkataloge schon längst verschwunden und haben wohlgeordneten Spezialkatalogen Platz gemacht, bzw. die großen Schallplattenfirmen erzeugen besondere Schallplattenmarken und geben für diese Kataloge heraus, so daß der Schallplattenliebhaber schon Platten an Hand der Marke nach seiner Neigung kaufen und auswählen kann.

2. KAPITEL - Unbekannte Schallplatten

Neben dieser jedermann vertrauten Welt der „bekannten Schallplatte" wollen wir den Leser aber auch mit den Schallplatten vertraut machen, die gewissermaßen hinter den Kulissen und weniger um des Verdienstes willen, sondern aus anderen Gründen angefertigt werden.

Aufnahmen für Wissenschaft und Forschung

Hier sind zunächst die Aufnahmen zu vermerken, die den Zwecken der Wissenschaft und Forschung dienen. So werden für die Femmeldetechniker Platten hergestellt, auf denen das elektrische bzw. elektroakustische Verhalten von Fernsprechleitungen verschiedener Art und Eigenschaft (Freileitungen und Kabelleitungen) festgehalten ist. Mit diesen Platten vermögen wir einem größeren Kreis zu demonstrieren, wie die Verständlichkeit der Sprache mit zunehmender Leitungslänge abnimmt. Den Einfluß der Dämpfung (s. S. 33), mangelhafte Übertragungsgüte, Echo-Wirkungen und anderes mehr bringen diese Platten zu Gehör.

Aufnahmen für elektroakustische Versuche

Ferner gibt es Schallplatten für elektroakustische Versuche, mit denen Vorgänge auf langen Fernsprechleitungen mit einfachen Mitteln vorgeführt werden können, z. B. Einschwingvorgänge und Echoerscheinungen in Fernsprechkabeln, Laufzeiten bei Fernsprech- Weitverbindungen usw.

Frequenzen von 50 bis 10000 Hz

Einem größeren Kreis von Technikern sind die Heultonplatten und die Frequenzplatten bekannt, aus denen die in der Elektroakustik (s. S. 33) gebräuchlichen Frequenzen von 50 bis 10000 Hz festgehalten sind. Sie ersetzen einen teuren Tongenerator und ermöglichen viele Messungen an Tonabnehmern, Niederfrequenzverstärkern und Lautsprechern.

Anmerkung : Es ist 1953 und der Frequenzgang bis 10.000 Hz ist jetzt bereits die allerhöchste Qualitätsgüte. Und 50Hz (also weniger als 80 Hz) konnte 1953 so gut wie niemand abtasten und verstärken und wiedergeben.

Die Schallplatte und ihr Anteil an der Forschung

Die Schallplattenhersteller und auch der Rundfunk hätten nie eine so hoch entwickelte Aufnahmetechnik erreicht, wenn nicht durch Forschungsplatten, die im schalltoten Raum und im Nachhallraum aufgenommen wurden, die akustischen Raumverhältnisse genau erkundet worden wären.

Mit technischen Prüfplatten haben viele Kabelwerke, Radioempfänger- und Verstärkerfabriken sowie Entwicklungslaboratorien, kurz alle Stellen, die irgendwie mit Akustik oder Elektroakustik zu tun haben, wichtige Untersuchungen vorgenommen. Daß heute an Stelle dieser Platten vielfach das Tonbandgerät benutzt wird, ist eine Zeiterscheinung der fortschreitenden Entwicklung. Die Schallplatte hat ihren Anteil an diesen Forschungen jedenfalls geleistet.

Musikhistorische Bedeutung

Große Bedeutung kommt auch den musikhistorischen Archiven zu, die manche großen Schallplattenfirmen pflegen. Forschern, Seminaren, Musikschulen und ernsthaften Interessenten wird in stilechter Wiedergabe, d. h. in Originalbesetzung und auf Originalinstrumenten, alte Musik in unvergänglicher Form geboten.

Hier verdient auch die (Anmerkung : nur in Ostdeutschland bekannt) Plattenreihe „Spiel mit" erwähnt zu werden, die Musikstücke für mehrere Instrumente (z. B. ein Trio) aufweist. Bei der Aufnahme ließ man ein Instrument ausfallen, das nun der Besitzer der Platte eigenhändig spielen kann. Die Schallplatte ersetzt ihm die fehlenden Partner bzw. ermöglicht ihm ein Einüben ohne Partner. Dabei bietet ihm die Schallplatte eine vollendete Begleitung; denn die Schallplatten-„Begleiter" sind selbstverständlich erste Musiker.

Diese über die ganze Erde verbreitete Schallplattenserie entstand, weil ihrem Urheber, einem berühmten Meistergeigenbauer, viele kostbare Geigen zurückgegeben wurden, deren Besitzer keine Spielpartner fanden.

Später nannte man es "Karaoke"

Unter dem Namen „Die Rhythmus Palette" ist neuerdings eine Schallplattenserie herausgebracht worden. Sie enthält Aufnahmen lediglich des Schlagzeugparts aller modernen Gesellschaftstänze, der als rhythmische Untermalung für andere Instrumente, z. B. Klavier, Akkordeon, Streich- oder Blasinstrumente gedacht ist.

Die Werbeschallplatten

Unzählbar ist die Zahl der Werbeschallplatten, die im Laufe der Zeit herausgebracht wurden und noch ständig hergestellt werden. Da für eine Werbung nur wenige Minuten zur Verfügung stehen, erfordern Text und musikalische Bearbeitung hohes Können. Wie manche Werbeschallplatte haben wir im Kino in Verbindung mit einem Stehbild gehört, die der Darbietung eines besten Kabaretts gleichkam.

Oft werden auch Werbeschallplatten den Eigentümlichkeiten des Erzeugnisses gerecht, für das sie werben sollen. So erinnern wir uns einer Schallplatte, mit der für einen bekannten Konzertflügel geworben wurde. Sie legte davon Zeugnis ab, welches Vertrauen der Hersteller dieses Instruments zu der Güte der Schallplatte hatte.

Technisch außerordentlich interessant war auch eine Schallplatte, die wiedergab, wie ein Benzinmotor „klopft", wenn Normalbenzin verwendet wird, und wie er bei größter Steigung sauber und ruhig durchzieht, wenn statt dessen ein Benzin-Benzol-Gemisch getankt worden ist.

Wir verlassen die Historie und widmen uns der Technik.

Wie funktioniert die Schallplatte - das aufgeschriebene Wissen von 1953 über die damalige Herstellung der Platten und die maximal mögliche Qualität und die Einschränkungen.

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