Das Satiremagazin für High-Fidelity und Musik
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EDITORIAL
Endlich - ich hoffe es hat diesmal mit dem Foto von mir geklappt - möchte ich mich bei Euch einmal persönlich vorstellen. Nun, ja, eigentlich wollte ich das schon im letzten Heft, aber offenbar lag - Nomen est Omen, ein Fluch auf der Ausgabe Nummer 13. Nein, nicht daß Ihr jetzt von mir denkt, ich sei so abergläubisch. Aber die 13 bringt halt Unglück, selbst wenn man nicht dran glaubt! Unser Layouter hat diesmal hoch und heilig versprochen, kein Foto mehr zu verwechseln, wenn er von seiner vierjährigen Versetzung als Galeerensklave zurückkehrt.
Doch nun zur Titelstory - SENSORROUND - KINO
Hallo Freunde!
Jawoll, hier spricht Euer "Heft" endlich auch 'mal über das Thema, daß Euch alle schon lange brennend interessiert: SURROUND-Heimkino-Systeme. Allerdings tue ich das vielleicht nicht so, wie Ihr denkt. Ich fange nämlich erst gar nicht an, die unzählig vielen, verschiedenen Kino- und Heimkino-Surround-Systeme und -Normen vorzustellen und mich in endlose und vermutlich stinklangweilige Vorträge über die ganze Technik zu verheddern...
Kino- und Fernsehzuschauer wollen Action!
So stand's erst kürzlich wieder in der Zeitung - und die müssen ja Recht haben, oder? Ergo ist damit klar, was das Wichtigste an der ganzen Raumklang-Soundeffekt-Filmeguckerei sein soll: Dramatische Filmhandlung. Oder eben auf neudeutsch besser gesagt: „Volle Äktschn!" Und weil das so ist, will ich Euch, anhand eines fiktiven Films, ein wenig zeigen, worauf's denn ankommt und was ein moderner Action-Film heutzutage für Qualitäten bieten muß.
Bitte anschnallen und das Denken einstellen. Wir starten jetzt:
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HAI-ENTE-WURM-PICTURES PRESENTS:
Universum in Gefahr!
A Hohl-Birn-Production. Buch, Text und Regie: Klaus Staaden
Die Geschichte
Die nachfolgende Geschichte ist frei erfunden. Ähnlichkeiten von Namen der handelnden Personen mit tatsächlich lebenden Personen oder von Ortsnamen wären rein zufällig. Jedoch sind Parallelen der Filmhandlung mit denen tatsächlich existierender Filme rein absichtlich!
Schwärze. Nein, es ist nicht das Universum oder der Sternenhimmel. Es ist auch nicht richtig schwarz, eher so dunkelgrau. Mehr unscharf, im Hintergrund ein dunkelgraues Muster, mit dem der Betrachter bislang noch wenig anfangen kann.
Die Musik aus dem Vorspann, ein Synthesizer- und Computersound, bedrohliche Weltraummusik mit sehr tief stampfenden Baßeffekten, läuft weiter und wird nun langsam leiser. Eine helle, kugelförmige Rundung schiebt sich von unten ins Bild, immer größer, allmählich breitwandfilmfüllend, wie ein gewaltiger Planet, dem man sich nähert.
Und plötzlich geht alles blitzschnell: Eine andere, metallische, chromglänzende Rundung kommt von oben und saust mit kometenhafter Wucht auf die untere Rundung. Es gibt einen gewaltigen Krach (Die Kamera fährt auf Weitwinkel zurück).
Da sitzt jemand am Frühstückstisch, glotzt reichlich heroisch und klopft gerade ein Ei auf. Das Geräusch dazu erinnert eher daran, als fiele eine fünf Tonnen schwere Abrißbirne auf ein Autodach. Das ist eben hyperrealistisch.
Klar, hätte man's mit dem Ei-Klopfgeräusch unterlegen können, aber das hätt's nicht so gebracht. So wird der Kinofan gleich zu Beginn schon wachgerüttelt - die Action läuft auf Hochtouren.
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Ein aufheulender Rufton
Ein aufheulender Rufton bringt den Frühstücker dazu, aus dem Nebenraum ein dunkelgraues, blinkendes Etwas hereinzuholen, welches er sich an die Backe drückt.
„Hy, hier Jim Button, was gibt's Luke?" ,sagt er zu dem sonderbaren Gerät (noch sonderbarer allerdings der Umstand, daß es der Menschheit, seit Philipp Reis und Graham Bell in über hundert Jahren kaum gelungen ist, die Kommunikation leichter bedienbar zu machen). Ich kürze daher das nachfolgende, langweilige Telefonat ab.
Es geht um einen kleinen Nebenjob. Das Universum ist in Gefahr! Der böse Gegenspieler „Grobnsh Mruczlorck" will alles vernichten. Das könnte er, wenn er in den Besitz eines magischen 'Schlüssels' käme, den besitzt zur Zeit die Botschaft von Federalia. Es ist ganz locker.
Er soll nur den Schlüssel samt dazugehörigem Botschafter - sicher, und noch wenn möglich bevor die bösen Schergen ihn holen kommen - nach Euphoria bringen. Mit seinem offenen, zweisitzigen Sternenflitzer sollte er das schaffen - falls nicht, wär's wohl vorbei mit der Erde, dem Universum und dem ganzen Rest.
Der Sternenflitzer
Jim Button sitzt am Lenkrad seines Sternenflitzers, locker einen Ellbogen auf der Fahrertür, und durchrast in seinem linksgelenkten Sportster die Galaxis. Aus dem Radio tönt Country-Musik. Lässig lenkt er bei der Milchstraßenabfahrt Federalia ein - und beginnt kurz darauf zu fluchen. Auf der kurzen, hubbeligen Landebahn verliert er glatt eine Zierleiste seines Chromflitzers.
Fast genauso schlimm die nächste Überraschung. In der Botschaft herrscht Aufbruchshektik. Die Raumschlachtschiffe von Mruczlorck sind im Anmarsch. Hektisch fragt unser Held, wo denn der Botschafter stecke. Da würgt ein altes Männlein noch „Planet Fellalia" aus, bevor es vor Angst in die Hosen macht und somit für unseren Helden nicht mehr zu gebrauchen ist. Da beschließt er, freundlicherweise die Landebahn für die bösen Schlachtschiffe zu räumen und unauffällig den Zubringer nach Fellalia zu nehmen.
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Und jetzt 5min Werbung
An dieser Stelle kommt der erste, fünfminütige Werbeblock. Inzwischen landet eines der Raumschlachtschiffe, demoliert dabei die Landebahn und sich selbst. Mruczlorcks Schergen in schwarzen Rüstungen, Stahlhelmen und Umhängen fluchen beim Aussteigen.
Der Große Imperator steht indes auf der Brücke seines Flaggschiffs und blickt fies und finster drein, ballt die Faust: „Ich hasse dieses Universum! Alle darin sollen sterben! Ich werde es zerstören, damit ich nie mehr mit Mißgunst und Neid auf die Mitbewohner unseres Universums blicken muß!", so lautet seine logische Parole, sein edles und hilfreiches Motiv, nach dem zu handeln er sich verpflichtet fühlt.
Auf dem Planeten Fellalia geht es richtig toll zu. Fast die ganze Oberfläche ist bewaldet. Der Held landet blind irgendwo auf einer der unzähligen Lichtungen, guckt sich ein wenig um und entdeckt nach langer, viertelminütiger Suche das Raumschiff der Botschaft gleich hinter dem nächsten Baum.
Als unser Held das Schiff betritt, sitzt darin jedoch nur eine junge, hübsche Blondine - wie sie glatt aus dem Mittelwesten der USA stammen könnte. In rot-weiß gestreiftem Baumwollhemd und Bluejeans sitzt sie am Steuerpult, rüttelt an den Armaturen herum, um das Raumschiff wieder flott zu bekommen. Da platzt unser Held herein und fragt, wo der Botschafter Federalias zu finden sei.
Mit einer herrischen Geste antwortet sie: „Ich, Prinzessin Randa Fair, bin Botschafter von Federalia - und Ihr seid Jim Button, der geschickt wurde, mich mit dem Raumtaxi abzuholen."
Da läuft unser Held etwas verlegen rot an: „Ach, em, ja - Jim Button, mein Wagen steht Ihnen zur Verfügung, Miss." Während die Prinzessin ihr Haar und Make-up wieder etwas in Form bringt, sich die roten Stöckelschuhe ein wenig zurechtzieht, sagt sie: „Also dann los - übrigens, nenn' mich Randa.", während sie mit einem großen, goldenen (Karnevals-) Schlüssel aus der Raumschifftür spaziert.
Als die beiden aussteigen, sind sie von einer ganzen Horde kleiner Pelztiere umzingelt. Auch im Raumtaxi tummeln sie sich. Aber die kleinen, niedlich dreinblickenden Plüschwesen sind ganz harmlos.
Als Jim in den Wagen hineinruft: „Alle Fahrgäste ohne Bargeld bitte aussteigen!", hüpfen die putzigen Gesellen heraus und antworten in so einer Art Englisch mit chinesischem Akzent: „Entschuldigen bitte, tut uns wilklich leid." Beim Abflug winken die Pelztierchen noch dem Raumtaxi hinterher und 'untelhalten sich lustig weitel'.
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Weiter geht es im Sternenflitzer
Alles könnte so einfach sein. Jim Button lenkt locker seinen Sternenflitzer, dem allerdings jetzt eine Zierleiste fehlt, in seinem rechten Arm Randa, die sich an ihn schmiegt, gefolgt von einem halben Dutzend gewaltiger, waffenstarrender Raumschlachtschiffe.
Jim drückt das Gaspedal voll durch, daß die Sterne nur so an ihnen vorbeischießen. Eines der Schlachtschiffe hängt weiterhin etwas dicht hinten auf und setzt, so meint man, gerade zum Überholen an. Ein riesiger Planet kommt auf sie zu - Jim flucht - die Bremse streikt.
Ein viertelstündiger Werbeblock folgt
Hier folgt ein viertelstündiger Werbeblock. Er reißt das Steuer hart herum. Quietschend (im luftleeren Raum !) schlittert der Flitzer knapp vorbei. Es quietscht noch lauter und - Smash! - das verfolgende Schlachtschiff donnert voll in den Planeten rein, daß die Kinostühle zittern. Aber jetzt guckt Jim besorgt auf die Tankuhr: „Mist, wir haben zu wenig Energie, wir müssen an der nächsten Raststätte tanken."
An der Abfahrt steht auf dem Schild: „Raststätte Zockia / 5 Lichtjahre". „Ich tanke nicht gern an Weltraumraststätten, da tummeln sich immer so üble Typen" , brummelt Jim, als sie landen. Während der Sternendrive seines Raumflitzers geladen wird, flüstert Jim verlegen zu Randa: „Ich hab' nicht mehr viel Bares einstecken, möchte uns aber trotzdem einen kleinen Fast-Food Snack besorgen." „Ach, kein Problem. Nimm einfach meine Scheckkarte" ,sagt Randa, während sie ihm ein kleines Plastikkärtchen aus dem Wagen reicht.
Als Jim in den SB-Shop stolziert, kann man durch eine halbgeöffnete Tür nebenan die Typen am Tresen in der Bar erkennen. Es sind Reptiloide: Gestalten von etwa einsachtzig Größe, mit grünlichen Schuppen wie Krokodile, Köpfe wie Eidechsen, mit lustigen, bunten Hüten und bedruckten T-Shirts. Die Typen rauchen Zigarren, trinken Whisky und spielen Karten.
Er bezahlt die Tankrechnung und braucht ziemlich lange an der Imbistheke. Er starrt die Snacks eine ganze Weile wie hypnotisiert an - und wählt dann die beiden, die sich in der ganzen Zeit am wenigsten verfärbt haben.
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Schreie im Hintergrund
Im Hintergrund hört er irgendwelche Schreie - und als er, hektisch mit einer braunen „Mac STARS"-Tüte, aus dem Shop stürzt, ist sein Flitzer leer. „Randa, wo bist Du?", ruft Jim. Ihre Schreie kommen aus einer Hütte neben der Bar.
Die Reptiloiden haben den Brauch, hochrangige Besucher besonders zu ehren, indem sie ihnen eine vergoldete Reptilienhaut schenken und auf den Körper anpassen. Randa ist eine der wenigen Glücklichen, die in diesen Genuß kommen dürfen. Bevor natürlich die neue, schöne, goldene Echsenhaut den Körper ziert, muß freilich erst die alte, häßliche, weiche, blaßgelblich-rosa Haut entfernt werden.
Dazu haben sie ihre Besucherin an allen Vieren auf einen Tisch gebunden. Zunächst wird die störende Kleidung entfernt, während ein Messer das Baumwollhemd langsam von oben nach unten öffnet (Kamera fährt ganz nah daneben mit: vom Busen, der halb herausschaut bis hinunter zum Nabel), zerrt und zetert sie hilflos herum (vermutlich hat sie Bedenken ob der Sterilität des Operationsbestecks)...
Und nur ein kleines Bißchen Werbung ...
An dieser Stelle erfahren Sie, welchen Gartendünger sie zu nehmen haben, damit ihr Hund und die restliche Familie strahlt - wunderbar, ein weiterer Werbeblock ...
Dann platzt Jim herein und benimmt sich, nach zockischen Maßstäben betrachtet, total unmöglich. Er haut den ganzen Echsenburschen ein paar auf die Fresse, bindet Randa los, die somit um ihre schöne, goldene Schuppenhaut kommt und zerrt sie mit zu seinem Flitzer.
Da ist ein flotter Spruch fällig: „Aber Randa, Du weißt doch, daß Du nicht mit Reptiloiden spielen sollst, jetzt guck Dir mal Dein Hemd an. Na, da wird Deine Mutti aber schimpfen!", so lacht Jim und auch Randa muß mitlachen. Doch das Lachen vergeht beiden gleich.
„Die Mistkarre springt nicht an, der Sternenmotor ist abgesoffen!", flucht Jim, während zwei Raumschiffe unseres Erzbösewichts angreifen. Jim packt seine Kanone aus dem Handschuhfach (sieht etwa so aus wie eine 38er Smith & Wesson) und rollt sich, während die ersten Strahlenhagel der beiden Schlachtschiffe einschlagen, hinter ein leeres Ölfaß in Deckung.
Es folgt wieder ein Werbeblock.
Jetzt geht die Action voll rund - und man kann 'ne Menge dabei lernen. Während die Raumschlachtschiffe so für gewöhnlich auch mal ein paar kleinere Planeten oder Monde mit ihren Laserwaffen aus dem Weg schießen, so schlagen ihre Salven nun unerbittlich vor, neben und auf dem leeren Ölfaß ein, hinter dem unser Held nun sicher in Deckung liegt.
Aus seiner 'Smith & Wesson' feuert er ununterbrochen ohne nachzuladen. Die Energie seiner Waffe scheint auszureichen, um einen mittleren Todesstern von etwa 1.000 km Durchmesser zu bekämpfen. Ganze Horden der, nun am Boden angreifenden, Schwarzbehelmten werden niedergestreckt.
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Der Sternenflitzer flitz wieder
Randa hat den Trick mit dem Anlasser rausbekommen, so zwischendurch einem Helmträger, der doch glatt zudringlich werden wollte, eine Ohrfeige verabreicht.
Nun brausen beide in ihrem Schlitten los, dicht gefolgt von zwei Raumschlachtschiffen. Es folgen waghalsige Manöver, es wird hin- und hergeschossen.
Jim sagt: „Jetzt halt Dich gut fest, Baby!", als sein Raumschlitten immer engere Haken schlägt. Auf dem verfolgenden Raumschiff rutschen ein paar, der darauf stehenden, Helmkämpfer seitlich über die Kante und stürzen schreiend nach 'unten'.
Kurz darauf wird das Schlachtschiff schwer getroffen, so daß es ebenfalls nach 'unten' in den leeren Weltraum stürzt. Dabei wird zu allem Übel das folgende, zweite Raumschlachtschiff in einen Auffahrunfall verwickelt. Mit verbogener Stoßstange zieht es sich zurück.. „Aber ich komme wieder, verlass' Dich drauf Jim Button!", zürnt der sympathische Grobnsh Mruczlorck auf der Brücke: „Wir sehen uns wieder im Teil II der Geschichte!"
Indessen ertönt wieder die Titelmusik des Films. Jim und Randa sitzen, Arm in Arm, im Sternenflitzer und küssen einander. Das Wichtigste wäre geschafft. Bleibt nur noch, als kleiner Nebenjob am Rande, die Rettung des Universums. Happy End
„Na, hat das nicht eingeschlagen? Ich hoffe ich hab' Euch damit von der Notwendigkeit eines eigenen Heimkinos voll überzeugt!"
Euer Heft