Erläuterungen zu diesen US-AUDIO Seiten der 1950er Jahre
Die hier stehenden amerikanischen Artikel aus 1959 (aus der US-AUDIO) sind teilweise sehr gewöhnungsbedürftig, weil sie erstens aus einer längst vergangenen Zeit stammen und zweitens, weil dort in den USA ganz "anders" gedacht wurde als bei uns in Old Germany oder in Europa.
Vergleichbar mit unseren deutschen Hifi-Magazinen etwa ab 1962 ist jedoch, daß auch diese Zeitschrift ihre Anzeigen- Kunden und -Leser (be- oder ab- ?) werben mußte. - Weiterhin sind die Dimensionen des amerikanischen Kontinents mit den unseren hier in Europa nicht vergleichbar. - Ein Redaktions-"Trip" von New York nach Los Angeles oder Chicago oder gar in die Wüste nach Las-Vegas zu einer der CES- Audio- "Shows" war - auch mit dem Flugzeug - immer noch eine Weltreise. Und jede Ausstellung oder "Messe" wurde als "Show" deklariert. Und natürlich, in USA musste alles "Show" sein, um beim Publikum einige Aufmerksamkeit zu erzeugen.
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1959 begann die fast heimliche japanische Invasion in die USA
Durch Zufall haben wir die US-Audio Hifi-Zeitschrift ab 1959 in gedruckter Form geschenkt bekommen. Als PDF-Dateien sind diese Ausgaben ab 1947 schon fast alle da, aber leider nicht scanbar und die Bilder und Anzeigen sind gräuselich schlecht und unscharf.
Aus Erfahrung mit den deutschen Hifi-Magazinen nehme ich mir auch hier immer einen ganzen Jahrgang vor und blättere chronologisch von Anfang des Jahres bis zum Ende die Seiten genüsslich (und auch sorgfältig) durch und achte dabei auf "Auffälligkeiten und/oder Besonderheiten", die es so bei uns nicht gab bzw. gibt.
Im Vergleich zu dem Jahrgang 1958 ist hier eine stetige Zunahme der Hifi-Anzeigen und der redaktionellen Berichte zu erkennen. Auch hat die in 1958 neu eingeführte Stereo-Langspielplatte manchen Werbetexter zu geistigen Höchstleistungen "inspiriert".
Und die Amerikaner haben auch eine Sommerpause oder eine werbemäßge Dürre-Zeit. Dieses Magazin wird im Juni und Juli auch immer recht dünn - wie bei uns. Die Anzeigen sind auch fast alle auf der rechten Seite. Die Berichte und Artikel scheinen in die Lücken zwischen den Anzeigen hineingequetscht zu sein. Da erkenne ich eine Menge an Parallelen zum amerikanischen Kommerz- Fernsehen, bei dem die Werbelöcke den gesamten Sendeablauf bestimmen und Nachrichten oder Filme ein notwendiges Füllmaterial, also ein Übel darstellen.
Was bei vielen amerikanischen Magazinen ganz besonders negativ auffällt, jeder redaktionelle Artikel wird als sogenannter "eye-catcher" aufgemacht, hört auf der gleichen Seite dan auf ....... und irgendwo ganz ganz hinten geht es dann völlig zerstückelt und scheinbar ohne Konzept spaltenweise weiter. Da ist das Lesen sehr mühsam.
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Also die Japaner kommen durch den Hintereingang.
Die japanischen Hersteller "loten" 1958/1959 ganz geschickt den größten Elektronik-Markt der Welt aus und beginnen mit ganz einfachen und extrem preiswerten, teilweis auch besonders billigen Produkten. Die Anzeigen sind teilweise dilettantisch gestaltet und vermitteln erst mal ein Bastel-Image aus japanischen Kellern.
Wenige Anzeigen zeigen "bislang" eine echt Perspektive bei den Produkten auf. Aus meiner Sicht kann in 1959 kein Japaner mit den amerikanische Produkten ernsthaft konkurrieren. Das war - auch wie bei uns viel später - sicher der Grund dafür, daß oder warum sich die Amerikaner überhaupt keine Sorgen gemacht hatten. Sie hatten die Gefahr überhaupt nicht erkannt oder auch nur vermutet.
Die Deutschen waren ihnen gefährlich nahe gekommen, die Neumann und ELAC und DUAL Anzeigen aus Old Germany, dem Land, das "wir" doch gerade erst besiegt hatten, die waren offensichtlich gefährlich. Wobei der amerikanische Neumann Importeur fachlich exzellente Anzeigen plazierte. Es gab da zwar noch AKG und Beyer und ab und zu noch andere Deutsche unter ferner liefen.
Aber wie gesagt, die Japaner waren 1959 und auch 1960 in den USA bzw.für die US-Firmen keine ernsthaften wirtschaftlichen "Feinde". Die ersten Bilder (Anzeigen) japanischer Verstärker und Receiver regten damals bestimmt zum Lächeln an.
Auch das ist sehr ähnlich zu den ersten Fußstapfen der Japaner in Europa, wobei die Japaner 5 Jahre später mit erheblich verbesserten Geräten bei uns auftauchten. Auch bei uns haben die Chefs und Manager anfänglich gelächelt und auch dummer weise nicht aufgepaßt.
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Ein kurzer Abstecher in eine andere Branche ....
In den Jahren 2010 bis 2012 hatte ich intensiven telefonischen Kontakt mit Dipl.-Ing. Helmut Krüger, einem pensionierten Deutschen Leitz Manager in Florida, der mir Einiges von "drüben" erzählt hatte. Er wurde um oder vor 1970 als leitender Mitarbeiter von Leitz Germany nach USA geschickt, um dort die Leitz/Leica Service Organisation aufzubauen.
Er erzählte mir, daß er sich an dem Weg der Japaner orientiert hatte, denn er hatte es in Deutschland hautnah mitbekommen, wie sachte und klug die Japaner einen Markt nach dem Anderen (erst Foto, dann Hifi) bearbeitet hatten und wie geschickt sie ihr Image aufgebaut hatten. Das machte zwar jedes japanische Unternehmen für sich alleine, die Japaner waren auch untereinander ernsthafte Wettbewerber, aber wenn es um das Heimatland Japan und dessen Image ging, zogen sie alle an einem Strang.
Leitz USA hatte es dann Dank dieser Krügerschen Strategie zum Marktführer in ganz Nordamerika gebracht und die Japaner im Bereich der professionellen Mikroskopie - eine Domäne der Firma Leitz (und auch von Zeiss) - sehr sehr lange Zeit nicht hochkommen lassen. Die amerikanische Optikindustrie war (außer im militärischen Bereich) nie stark und gegen Zeiss und dann auch noch Leitz war da kein Kraut gewachsen.
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Die AUDIO Coverseiten von 1959 sind gerade noch so ok.
Auf den Frontseiten vieler dieser AUDIO-Magazine sind absolut belanglose oder gar schlimme Fotos von teilweise protzigen oder (konträr dazu) extrem dämlich oder inkompetent aufgestellten Stereoanlagen zu sehen, die die Kompetenz des/der Besitzer(s) wie auch des Fotografen und die des bestimmenden Chefredakteurs arg in Frage stellen.
In den 12 Ausgaben der 4 Jahre von 1959 bis 1962 gibt es seitenlange Artikel, wie man Stereolautsprecher gestaltet und auch in schwierigen Räumen aufstellt und worauf man bei der Plazierung achten solle. Und dann diese Cover-Fotos. Die Diskrepanz ist erschreckend.
Natürlich ist es für uns Deutsche "erhellend", daß "jeder" Amerikaner ein (mindestens) 120 Quadratmeter großes Wohnzimmer im Kiefern-Wald direkt vor dem riesigen Wohnzimmer-Fenster hat, und daß das Fenster dazu auch etwa 6m hoch ist.
Auch hat "fast" jeder Amerikaner im Wohnzimmer einen nicht ganz billigen Flügel original von Bechstein oder Steinway stehen (das glaubten wir wirklich). Dafür sieht es bei den Büchern sehr mager aus. Dort ist die ab und zu sichtbare Menge wiederum konträr zu den extrem dicken Polstern der großen Sofas.
Wir sind zwar hier erst in 1959, aber dieses Image der Amerikaner (besser gesagt - der amerikanischen Oberschicht) wurde auf den BOSE 901 Anzeigen bei uns in Deutschland von 1972 nach wie vor gepflegt.
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1960 kündigte sich der Umschwung zu Transistoren an.
In 1959 waren noch alle amerikanischen Elektronik-Hersteller mit dem Umstieg auf Stereo beschäftigt. Auf manchen Anzeigen getrauten sich die Firmen, dem zukünftigen Kunden Fotos ihrer "Bastellösungen" mit einem hilfsweise hinten auf die alten Mono-Kisten aufgepfropftem zweiten Kanal zu präsentieren. Daß Stereo etwas mit Links und Rechts zu tun hatte, wurde der Intelligenz des Kunden überlassen. Jahre lang wurde nur von Kanal 1 und Kanal 2 gesprochen und so wurden die Geräte auch beschriftet.
Bei der Bewerbung von getrennten Hifi-Komponenten waren uns die Amerikaner nur ganz wenige Jahre voraus, denn Max Grundig hatte bereits 1961 seine Bausteinserie erfolgreich beworben.
Die etablierten Röhrenhersteller bewerben einzelne Röhren so intensiv, daß der Kunde doch bitte sein Gerät nach den verwendeten Röhren aussuchen solle. Ob der Kunde sein neues Auto auch nach den verwendeten Reifen aussuchen würde ? Also das ist alles sehr "amerikanisch". Jedenfalls bewerben die Röhrenhersteller die neuen Funktionen und die super tolle Leistung der dicken Röhren, ohne enrsthaft glaubwürdige Daten zu präsenteiren.
Bei den Verstärkern wird fast immer die gesamte - selbst definierte - Musikleistung angegeben. Es gab zwar irgendwann eine Empfehlung des IHFM, des amerikanischen High-Fidelity Institutes, es doch "bitteschön" nicht gar so pseudobetrügerisch zu übertreiben. Aber daran hatten sich die Wenigsten gehalten.
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