Das DUAL Flaggschiff aus 1973/74 - der 701 - ist angekommen
Im Feb. 2022 haben wir einen DUAL 701 geschenkt / gespendet bekommen. Er kam sogar mit dem Flugzeug von einer Insel im Mittelmeer - zurück zu uns nach Deutschland - in seine alte Heimat.
Nachdem dort im Haus anscheinend gar keine Platten mehr vorhanden waren, stand er nur noch zur Zierde und zur Erinnerung an vergangene Jugend-Zeiten irgendwo in Wartestellung.
Es ist einer der ziemlich letzten DUAL 701, die gebaut wurden. Mit der recht hohen Seriennummer 95.647 ist er wirklich ein spätes Kind dieser "Serie 2 Produktion".
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Im Dual Forum haben sich "701 Fans" mal die Mühe gemacht ...
die noch vorhandenen Seriennummern zu sammeln, sehr ähnlich wie ich es vor Jahren mit dem Revox B795 Plattespieler und auch den SONY DAT DTC 55ES Recordern angefangen hatte. Dabei kam heraus, daß es an die 100.000 Chassis der Type 701 gegeben haben muß. Und der 701 war damals wirklich nicht billig.
Der Tonarm gehörte zum Feinsten, das damals auf dem Markt war und trug ein gerüttelt Maß zu dem weltweiten DUAL Image bei.
Übrigens hatte der Tonarm noch so viel Masse (also genügend Masse im Vergleich zu den späteren ULMs), daß zwar das "SHURE V15/III LM" Magnetsystem eingesetzt wurde, doch auch andere Abtastsysteme hervorragend funktionieren würden.
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Unser DUAL 701 als einer der Letzten von annähernd 100.000 Laufwerken hatte bereits das "LM"-System installiert
SHURE beschreibt das LM als ein sogeanntes "Low Mass" System, weil es weniger Masse "habe" als die normalen Systeme.
Ich kann es nicht vergleichen und vor allem, mir leuchtet der Unterschied nicht ein. In meinem Artikel über diese späte ULM Euphorie hatte ich einigermaßen leicht verständlich beschrieben und nachgewiesen, daß bei normalen Schallplatten - also ganz ohne oder fast ohne Welligkeit - der ganze ULM-Zirkus überhaupt keine Wirkung entfaltet. Es war ein versuchter Marketing Gag, der aber zu der damaligen schwierigen Zeit schon verpuffte. Die (versteckten oder verschwiegenen) Einschränkungen bezüglich der relativ teuren Ersatz-"nadeln" (natürlich waren es Diamanten) waren zu groß.
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Der DUAL 701 wurde auch mit dem M20E ausgeliefert.
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Der DUAL 701 wurde im Sept 1973 zur Funkausstellung in Berlin vorgestellt und überwiegend staunend bewundert. Aha, ein Direktantriebler - von DUAL -, die doch so lange auf dem Reibrad rumgeritten (rumgeirrt) waren. Ist der Direktantrieb also doch von Vorteil. Und billig war der ja auch nicht. Doch in der aktuellen Preisliste zu dieser 1973er Funkausstellung war er noch nicht vertreten. Somit wurde die Serien-Produktion vermutlich erst im Frühjahr 1974 angefahren.
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Die von DUAL bekannte Tonarm-Automatik
Ein Wechsler war es nicht (mehr), obwohl ja DUAL mit dem "Changer" in USA den Weltmarkt erobert hatte. Diesem Nimbus hatten die Japaner ganz trickreich den Garaus gemacht. Darum also doch ein Einfachspieler. Jetzt mußte nur noch dieser neue Motor da rein passen. Und der neue Motor war inzwischen viel größer und außerdem mußte er genau in die Mitte unter den Teller.
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Dazu mußten die Motor-Lager jetzt auch noch den schweren Teller tragen, also noch mehr Aufwand als vorher. Bis jetzt galt ja noch DUALs "Verkündigung", daß Masse einen großen Teil der Laufwerks-Probleme eliminieren würde. Auch dieses völlig richtige Argument wurde irgendwann "gekippt" (bzw. kassiert), als man bei DUAL anfing (anfangen mußte), zu sparen.
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Es gab damals drei "DUAL 701" Serien - die 1.0, 1.2 und 2.0 Serie
Im DUAL Forum hatten Fans mal die verfügbaren 701er Serien- nummern publiziert, die sie gefunden hatten und da kommen wirklich an die 98.000 Nummern an den Tag. So, wie es dort aufgelistet ist, sind die Nummern wirklich durchgängig vergeben.
Daß der 1019 mehr als 500.000 mal produziert wurde, ist aus St. Georgen bekannt. Daß aber der edle und teurere 701 auch fast die 100.000 erreicht hatte, war mir neu.
Hier bei mir steht jetzt einer mit Serien-Nr. 95.647. Ab etwa SN. 42.xxx wurde mit der Serie 1.2 die Tonarm-Verkabelung auf die kapazitäts-konforme CD-4 Bandbreite (Bandbreite bis fast 50 Kilohertz) verbessert und ab etwa SN. 62.xxx wurde die Serie 2 produziert.
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Auch bei uns ist der Pimpel nicht mehr da.
Darum wurde der Tonarm nicht mehr sauber aufgesetzt. Das wird jetzt zuerst repariert.
Den 701 mit dem Stelltrafo starten
Der 701 hat einen elektronischen Antrieb und damit auch alternde Kondensatoren. Deshalb sollte nach so langer Pause die Netzspannung fließend hoch gefahren werden. Damit vermeidet man auch erstmal die Erfahrung mit dem sogenannten Knallfrosch, dem 250 Volt Entstörkondensator.
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Im reinen Probebetrieb funktioniert der 701 auch ohne diesen Kondensator. Der soll nur höchste Stör-Frequenzen und Schaltknackse von eigenen und fremden Geräten eliminieren, ist aber mit unserer 230 Volt Spannng überfordert.
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Reibung ist immer schädlich. Doch zuviel Fett ist zuviel.
Was bei den Tonband- und Videogeräten ganz schlimme Folgen haben kann, ist hier Usus gewesen. Je mehr Silikon-Fett, desto besser rutschten die Fühlarme und Greifer auf den Scheiben, Rollen und Walzen. Bei den Wechsel- und Automatik- Konstrukten durften "die fleißgen Hände" am Fließband voll zuschlagen.
(Haben Sie gemerkt, wie geschickt ich das populistische Gendern umgangen habe ?)
Wenn das Fett ins Gehäuse tropft
Zuviel kann oft zuviel des Guten sein. Hier ist jede Menge Fett von dem Automatik-Getriebe und dem Gestänge in die Plastik-Schale der Konsole getropft. Es war einfach zuviel von zuviel. So üppig sollte es also nicht gefettet werden. Bei Grundig sind damals auf diese Weise 120.000 Videorecorder zu fabrikneuem Müll gefettet worden. Diese VCR-Recorder waren wirklich irreparabel, weil die Mechanik ohne diese Fett-Menge geklemmt hätte und mit dem vielen Fett die Video-Köpfe verschmierten und verklebten.
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Problematisch sind die Potentiometer
Was bei den Edelvorverstärkern - zum Beispiel von Grundig - zu gewaltigen Knacksern und zum Krachen führt, verstört hier die Geschwindigkeits- Feinregelung. Die Motor-Elektronik fängt beim Feinjustieren beider Drehzahlen an, zu ruckeln. Die Potis sind "End of Life". Mal sehen, was wir dort ersetzen.
Dazu gibt es eine eigene Seite.
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Dez. 2022 - Ohne Pimpel geht es nicht ...
Die automatische Bewegung des Tornarms ist schon perfekt ausgeklügelt und mit Millionen von DUAL Spielern bewährt. Doch es gibt diesen Pimpel, der eine Schlüsselfunktion hat.
Ist der verschlissen der weggebröselt, belibt der Arm wo er ist. Doch man kann den Pimpel nachkaufen und sogar selbst einbauen, es ist nicht besonders schwer. Mit zwei linken Händen sollte man aber die Finger davon lassen.
Hier ein paar Bilder, wie es aussieht.
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Der Kondensator ist ebenfalls ersetzt
Grundsätzlich sollte er wieder eingelötet werden. Aber auf jeden Fall eine 275 Volt oder 300 Volt Type, die alle nur um die 20 Cent kosten.
Werte von 0,047uF bis 0,22uF (mit 275 Volt !!) sind in Ordnung. Auch die grösseren Typen passen unter die Metall-Abdeckung des Netztrafos. Wichtig ist nur die bessere (höhere) Grenzspannung.
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Ein Trimmpoti für 33 1/3 U/min ist eingelötet
Da es bei uns mit den 45er Singles langsam zum Ende zu geht, ist diese Geschwindigkeit unproblematisch. Da tut es auch ein leidlich genauer 50 Ohm Festwiderstand. Bei 33 1/3 U/min ist es besser, etwas dran stellen zu können. Doch die 100 Ohm Typen - bei den Potis sowieso - und auch bei den Trimmpotis sind rar geworden.
Im Notfall tut es auch ein teures gekapseltes Spindelpotentiometer, mit dem man nach Stroboskop-Scheibe die Geschwindigkeit etwas über 33-Normal einstellen kann.
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Dez. 2022 - alles repariert, er dreht wieder
Auf zwei weiteren Seiten habe ich die allseits bekannten Macken, die nach 40 Jahren auftreten (können), etwas genauer beschrieben.
Jedenfalls lohnt es sich, den 701 wieder zum Leben zu erwecken. Es ist und bleibt ein Spitzengerät unter den Plattenspielern.
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