Der Pioneer C-90 Preamplifier
Mai 2017 - Ein Pioneer C-90 Vorverstärker (es gibt diverse Varianten etwa ab 1986 bis 1993) stand auf dem Labortisch und wollte nicht mehr so richtig.
Das eröffnete einen Einblick in die Technik dieses Vorverstärkers. Der C-90 war einmal der sogenannte "Reference Vorverstärker" von Pioneer. Doch das ist lediglich die "Eigenaussage" der Werbetexter - genau wie bei der amerikanischen Lautsprecher-Firma Infinity, bei der es ganze Boxenserien mit dem Namen "Referenz Standard" 1 bis 9 (RS 4.5 usw.) gab. Auch bei Grundig war alles immer gleich ein Studio bzw. ein Studio-Verstärker, was immer das bedeuten sollte. Die Kunden sprangen aber drauf wie wild - (und fühlten sich gut).
Dieser C-90 stammte etwa aus 1986 und war zu der Zeit das Spitzengerät von Pioneer in Verbindung mit der M-90 Endstufe, das in den eigenen Prospekten in den Himmel gelobt wurde. Es gibt dabei einige interessante Eigenschaften, die damals als weltbewegend hervorgehoben wurden.
Der C-90 hat einen (vermutlich 8Bit) Mikroprozessor als zentrale Steuereinheit. Dieser Prozessor wird über eine sogenannte Tasten-Matrix digital "angesteuert". An diesem Chip hängen über die Datenleitung diverse Peripheriebausteine dran, die entweder die analogen Audio-Eingänge über elektronische Stereo-Schalt-ICs an den Haupt-Eingang anschalten oder über Treibertransistoren die 2 poligen Umschaltrelais ansteuern.
Doch zuerst mal einen Blick auf die PIONEER Werbesprüche
Diese Sprüche stammen aus dem deutschen PIONEER Prospekt von 1992, als es den "EXCLUSIVE C7 Vorverstärker und die EXCLUSIVE M6 Endstufe" bereits gab. Eine Beschreibung des "Reference Control Amplifier" soll es in "STEREO" sowie "stereoplay" 08/1986 und dann noch eine in "Stereo 01/1989" für die "a" Variante gegeben haben.
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Auf der Prospektseite steht es so :
"C-90a - Referenz-Vorverstärker"
Optimiert auf europäische Musikalität - Unsere Spezialisten überarbeiteten den hochkarätigen Vorverstärker C-90 (BK) Es entstand das Modell C-90a, ein neuer, speziell auf europäische Ohren feinabgestimmter Referenz-Verstärker, dessen überragende Klangtreue auch notorisch kritische Hörer überzeugt.
Die beiden Stereo Kanäle sind als Mono-Züge mit eigenen Netzteilen ausgeführt und räumlich sauber im Chassis getrennt Für gegenseitige Interferenzen läßt diese Bauweise keinen Platz - die Intermodulationsverzerrungen bleiben verschwindend gering. Selbst die Anzeigen, Relais, Mikrocomputer und elektronischen Schalter verfügen über eigene Abgriffe an den Transformatorwicklungen, um eine Beeinflussung der Klangqualität von vornherein auszuschließen.
Sauberer Klang und hohe Integrität
Da dem Vorverstärker ausgesprochen niedrige Signalpegel (Milli-und Mikrovolt-Bereich) anvertraut sind, spielt die Abschirmung vor Trittschall und Störschwingungen hier eine besonders wichtige Rolle. Es gehl darum, dem sogenannten Mikrofonie-Effekt vorzubeugen, der einzelne Bauteile im Takt der von außen einwirkenden Vibrationen oder Schallwellen mitschwingen läßt. Obwohl dabei nur geringe Amplituden auftreten, "kann" dieses Mitschwingen angesichts des enormen Dynamikbereichs bei Wiedergabe digitaler Programmquellen die Klangqualität berühren.
Pioneer ließ sich daher auf keine Kompromisse ein. Vibrationsschluckende Dämpferfüße mit Polymer-Wabenzellen, auf Gummi gelagerte Leiterplatten, erschütterungsbedämpfende Kupferschrauben und ein Lautstärkereglerknopf aus massivem Aluminium verleihen dem C-90a vorbildliche Mikrofoniefestigkeit.
Je kürzer der Weg, desto sauberer kann das Signal übermittelt werden. Pioneer bemühte sich daher, die Signalwege durch Verwendung von Relais, elektronischen Schaltern und anderen elektronischen Hilfsmitteln möglichst kurz zu halten. Lohn dieser Feinarbeit ist eine drastische Abnahme der Signalverluste und Interferenzen (Rauscheinstreuung, Verzerrungen, Ubersprechen usw.)
Audiophile Qualitäten
Die Vorverstärkung für die sehr niederpegeligen MC-Tonabnehmer übernimmt Pioneers exklusiver ,,Hybrid-Booster", der einen hochwertigen Transformator und einen Phono-Entzerrer optimal kombiniert.
Der Trafo besitzt einen Permalloy-Kern mit hoher "Anfangspermeabilität" und "Linearität". Seine aus relativ starkem Draht bestehende Wicklung weist nur die Hälfte der sonst üblichen Windungen auf. Dies verringert den Gleichstromwiderstand und die Streukapazität des Drahtes, was vor allem der Höhenwiedergabe zugute kommt.
Der Ausgleich für den niedrigen Verstärkungsfaktor dieses Transformators erfolgt über den rauscharmen Phono-Entzerrer. Dieser Hybrid-Booster sichert hohe Linearitäl von den Baßfrequenzen bis weit über das hörbare Spektrum hinaus.
Pioneer verwendet nur Qualitätsbauteile - bei den Leiterplatten wie für die Verdrahtung, bei den Kondensatoren wie den Halbleitern. Das Chassis und die Schrauben beispielsweise sind speziell verkupfert, um dem Einfließen magnetischer Verzerrungen vorzubeugen. (soso - Kupfer ist hier also magnetisch ????)
Das Gerät bietet umfassende Anschlußmöglichkeiten Es besitzt Eingänge für CD, PHONO, TUNER, AUX 1/2/3 und Ein/Ausgänge für TAPE-1/2 sowie einen zusätzlichen Adapteranschluß (Equalizer, Hallverstärker usw.)
Praxisgerechte Auslegung ist selbstverständlich, Baß- und Höhenregler (Steller) mit Umgehung bei Mittelstellung, Infraschallfilter, Höhenfilter. Muting und Überspielen in beiden Richtungen. - Eine solide Alu-Fronttafel mit glanzlackähnlichem Schimmer verleiht dem Gerät auch optisch eine hochklassige Wirkung.
Wie oben gesagt, das waren die Verkäufersprüche.
Nach den Verkäufersprüchen ein Blick auf unsere "Entdeckungen" in 2017 und die damaligen "Tester" und deren Artikel von 1986 und 1989, die sich nicht alle mit Ruhm bekleckert hatten.
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Was man sehen kann :
Wenn man unseren C-90(BK) aufschraubt, hat er eine recht dünne Stahlblechhaube, also nicht die beiden angepriesenen dicken ALU-PLatten (die ich auf Fotos aber bereits gesehen hatte).
Der Grund unserer Untersuchung war, daß sich der Vorverstärker nicht mehr die Einstellungen vor oder beim Ausschalten erinnert. Das ist mühsam, jedesmal alles von Neuem einzutippen.
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Im Schaltplan zu ersehen und zu verstehen
Von der C-90(BK) Version gab es bereits 5 Ausführungen. Unser C-90 müsste die HEZ Variante mit Rasierer-Stecker Buchsen für West Germany gewesen sein.
Das interessanteste Bauteil ist das IC Nr. IC301 (PDE012), vermutlich ein 8Bit ASIC, eine programmierbare 8Bit-CPU. Weiterhin gibt es einen 8fach elektronischen C-MOS Schalter und sowie einen 4fach C-MOS Umschalter.
Mit einer Art Kreuzschienen-Matrix werden die Front-Tasten abgefragt und das Drücken einer Taste von der CPU erkannt. Damit wird der Eingang bzw. diese Funktion aktiviert und das Relais oder der elektronische Schalter gesetzt sowie die entsprechende LED angesteuert. Das hört sich heute trivial und primitiv an, war damals aber bereits High-tech.
Der Mikro-Computer "u-com" (IC 301) speichert vermutlich in einem internen EEPROM den letzten Zustand der gewählten Funktionen. Ist dieses EEPROM aber bereits "end of life", weil die Anzahl der Speichervorgänge (warum auch immer) überschritten ist, hat sich der Chip beim Ausschalten nichts gemerkt.
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Die Ein- und Ausgänge laut Schaltplan
Der C-90 hat 6 Haupt-Eingänge (Phono mit MM und MC kombiniert, CD, Tuner, Aux1, Aux2, Aux3) sowie 3 Hilfseingänge (Audio-Adater, Tape1, Tape2).
Ein Teil der Eingänge (Tuner und Aux 1,2,3,) wird im (8fach-Schalt-) IC411 umgeschaltet, andere Eingänge mit jeder Menge von miteinander verknüpften Relais-Kontakten. Man muß diese "Logic" nicht verstehen, außer, daß diese (Omron Standard-) Relais vermutlich versilberte - inzwischen korrodierte - Kontakte hatten/haben, die nach 20 Jahren nicht mehr korrekt schließen.
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Lautstärke-, Balance- und Klang"regler" sind normale Potis
Sowohl die Loudness wie auch die Klangsteller-Überbrückung werden mit Relais ein- und ausgeschaltet. Das war also nichts Besonderes. Auch die Art der relativ simplen Lautstärkereinstellung kann z.B. mit einem Grundig FineArts 903 oder anderen High-End Verstärkern mit dessen Doppel-Potis nicht mithalten.
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Die Moving Coil Umschaltung per Stepup-Übertrager
Aus mehreren Tests der vielen MC Vor-Vorverstärker im Vergleich zu den passiven Lösungen geht der passive Übertrager nicht als Sieger, eher als Verlierer hervor. Insbesondere Ortofon war dafür bekannt, daß sie sehr preiswerte passive Impedanzwandler zu ihren MC-Systemen angeboten hatten, die aber alle den aktiven Vor-Vorverstärker unterlegen sind.
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Sind wirklich 3 Tansformatoren notwendig ?
Die Trennung der Stromversorgung der Digital-Chips von der analogen Seite ist noch nachvollziehbar, weil digitale Chips ihren Stromverbrauch wirklich abrupt ändern. Auch benötigen ein- bzw. umschaltende Relais kurzzeitig höhere Ströme. Jedoch im Vorverstärker eines analogen Systems ändern sich die Ströme absolut unwesentlich. Da sind 3 Trafos eher Marketing- Argumente als physikalisch nachweisbare klangverbessernde Notwendigkeiten. Und wäre der einzige Haupttrafo großzügig dimensioniert, würde auch ein einziger Trafo für alles zusammen ausreichen.
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