Ein dicker 1979er Hifi-Katalog mit beeindruckenden Fotos
Im ersten Flautenjahr des beginnenden Abschwungs hat sich Pioneer Deutschland weit aus dem Fenster gelehnt und einen vordergründig beeindruckenden und optisch sehr schön gestalteten Hifi-Katalog auf die Beine gestellt. Da wurden die Wettbewerber - auch die Landsleute aus Japan - sicher neidisch. An der anbrechenden Umsatzflaute hat es jedoch nichts geändert.
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Auch Pioneer war in Japan gewaltig gewachsen und auf einmal waren die Export-Lager in den Werken wie auch in den Export-Häfen und auch in Europa voll. Die produzierten Geräte wollten einfach nicht mehr - wie in den letzten Jahren gewohnt - "abfließen".
Aber nicht nur Pioneer hatte die Idee, mit einer neuen Geräteoffensive die alten Stückzahlen zurück zu holen. Das machten zur gleichen Zeit natürlich alle (verbliebenen) Japaner - die ja alle die gleichen Probleme bekamen - und vor allem, auf einmal tummelten sich in diesem schrumpfenden Markt eine Menge Spezialisten (mit Monokulturen), die vorher bestimmte Gerätegruppen nie gebaut hatten.
Jedenfalls die ganzseitigen Bilder sind beeindruckend schön
Auf 66 Seiten werden die neuen und auch die alten Modelle mit Großfotos appetitanregend dargestellt. Das muß man zumindest dem (oder den) Fotografen lassen, es sind sehr schöne aufgestellte klare Fotos. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die zugehörigen Werbetexte kontraproduktiv blöde sind. So viel Blablabla kommt vermutlich aus der amerikanischen Übersetzung ins Deutsche. Die Amerikaner (und vermutlich auch die Deutschen) woll(t)en das so lesen.
Die nicht erklärten Fremdwörter und Fach-Begriffe .....
Der Werbetexter tat sich sicherlich sehr schwer, das alles zu formulieren. Doch wie bei den heutigen Computern (wir haben gerade 2020), bei denen sich alles nur noch um "Gaming" dreht, war es 1979 nur noch die silberne Optik und der männliche Spieltrieb und die Watt-Zahlen. Die ganz speziellen Begriffe wie Hall-Motor oder Transientenverhalten hatte so gut wie keiner verstanden. Sollte der Kunde das wirklich verstehen oder sollte er nur staunen ?
Class A Verstärker sind nun mal Umweltbelastung "pur" .....
Selbstverständlich hatte auch Pioneer jetzt einen ganz besonders edlen Class A Verstärker mit 2 x 30 Watt Sinus, der aber an die 200 Watt Dauer-Leistung im Leerlauf benötigte - also verbraten hatte - und vermutllich auch eine Stunde vorgeheizt werden mußte. Mit 2 x 30 Watt konnte man nur sehr kleine Zimmer mit hocheffizienten Boxen (z.B. Klipsch) beschallen. Die CD war zwar noch nicht da, aber bereits angekündigt und die dynamischen "Direct Cut-" (Direktschnitt-) Platten gab es schon.
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Der PIONEER HIFI-STEREO Prospekt 1979/80 vom Aug. 1979
Klang ist eine mechanische Strahlungsenergie mit drei Dimensionen: Tonhöhe, Stärke und Dauer. Zu jedem Zeitpunkt hat diese Energie eine spezielle Frequenz (Tonhöhe) und eine spezielle Lautstärke (Stärke). Einen Augenblick später haben sich all diese Größen verändert und in ein neues Energiemuster eingefügt.
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PIONEER und die perfekte Wiedergabe
Die 3 KLANGDIMENSIONEN
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DIE AUFGABE DER HIGH-FIDELITY
All diese Veränderungen werden vom Ohr so ähnlich aufgenommen, wie das Auge eine Landschaft wahrnimmt: Berge und Täler, Abgründe und steile Anstiege. Es ist die Aufgabe der High-Fidelity, diese dauernd wechselnden Größen von der mechanischen Form in eine elektromagnetische oder umgekehrt zu transformieren - ohne jedoch das Original zu verfälschen, d. h. ohne etwas hinzuzufügen oder auszulassen.
Bestimmte Leistungsmerkmale, wie Frequenzgänge, Störabstände oder Verzerrungswerte, können im Labor mit Generatoren, Oszilloskopen und anderen Meßinstrumenten überprüft werden. Die Daten, die hier ermittelt werden, bestimmen heute das Bild der High-Fidelity.
Aber all diese Angaben basieren hauptsächlich auf statischen Messungen, die keine echte Beziehung zur Musik haben. Musik ist dynamisch und kann nur mit dynamischen Maßstäben gemessen werden. Außerdem wird viel zu »dünn« gemessen. Oder - um in der Computersprache zu sprechen - »mit zuwenig Datendichte«.
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Jede Musikdarbietung enthält ein Vielfaches an Informationen. Um die Klangwiedergabe und damit auch die High-Fidelity wirklich zu verbessern, haben die Pioneer-Ingenieure über die statischen Parameter hinaus eine neue, freiere Denkungsweise gegenüber der Technik entwickelt.
Diese zieht auch folgende Möglichkeiten in Betracht: Auf einen Paukenschlag folgt unmittelbar ein zweiter, oder eine Pikkoloflöte spielt »allein« zwischen mehreren lauten Passagen. Langwierige Untersuchungen, Vergleiche zwischen Original und Reproduktion ergaben die drei technischen Parameter, die in direktem Zusammenhang mit den drei Dimensionen stehen: Frequenzgang, Dynamik und Zeit. Jetzt war man in der Lage, mit einer noch nicht dagewesenen Genauigkeit die dynamischen Qualitäten mehr als zu verdoppeln und so das gewisse Etwas der Musik wiederzugeben.
DAS UNSICHTBARE SICHTBAR MACHEN
Das Bild auf der Seite weiter oben macht sichtbar, was sonst nur zu hören ist: die Energie Verteilung des Klanges. Es zeigt, wie abhängig jede der Dimensionen von der anderen ist, und macht klar, daß es wenig sinnvoll ist, jeweils nur eine Dimension zu verändern. Wenn ein vollbesetztes Orchester spielt, beginnt das dreidimensionale Diagramm auszusehen wie eine wilde Gebirgslandschaft, mit Gipfeln und Schluchten, entsprechend den Modulationen des Klanges über der Zeit.
Auch vergleichbar mit einem Würfel mit elastischen Seiten, fähig, schnell zu reagieren, z. B. plötzlich zu expandieren, um ein orchestrales Crescendo darzustellen. Dieses Bild stand Pate bei der Wahl der Bauteile und Schaltungen in den neuen Geräten.
Die Pioneer-Ingenieure haben damit eine wahre dreidimensionale Darstellung des Klanges mit all seinen Eigenarten erreicht. Was Sie mit Pioneer hören können, ist die dynamische Verarbeitung der Ursprungsform der musikalischen Energie.
- Anmerkung : Das muß man dem damaligen Werbtexter lassen, der kreative Einfallsreichtum ist einmalig.
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