Die BRAUN Slimline Komponenten vor dem Atelier
1978 schien sich einWandel abzuzeichnen. Es musste etwas passieren. Flach war angesagt. Die alten "Regie"-Receiver von 1977 in all ihren Varianten verkauften sich nicht mehr so berauschend. Vor allem aber war die Produktion in Deutschland zu teuer geworden.
Daß das auch an hausgemachten Problemen der alten BRAUN Mannschaft lag, wurde geflissentlich ignoriert oder sogar vehement abgestritten. Auf den diversen BRAUN Börsen wurde und wird von den Fans und Sammlern immer noch heftig gestritten, was denn nun die Gründe bzw. die Wahrheit sei. Da ich sowohl den ehemaligen Chefbuchhalter wie auch den ehemaligen Entwicklungschef sehr lange befragt hatte, kamen ganz andere "Wahrheiten" raus.
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Zuerst wurde die Kassettengeräte-Entwicklung und die zugehörige Produktion ausgelagert. Da kam irgendwann das C301M als neues Slimline-Produkt heraus, eine Fast-Katastrophe - siehe weiter unten. Das ältere TGC450 war bereits eine Katastrophe.
Zuerst aber schaun wir in den Verstärker A301 und den Tuner T301. Das sind die kleineren Komponenten dieser Serie.
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Der BRAUN Verstärker A301
Das BRAUN Konzept mit dem Baukasten- system gab es schon etwas länger. Und das Grundgerüst dieses Systems war das massive ALU-Guß-Chassis - und das war eigentlich für alle Komponenten vorbereitet.
Hier beim Vollverstärker sieht man bereits, der Tunerteil vorne rechts ist nicht bestückt. Der Vorverstärkerteil hinten rechts ist aber dabei, hätte aber für eine reine Endstufe auch weggelassen werden können.
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Es ist die kleinste Variante
An den nächsten Fotos erkennt man, daß hier die kleinste bzw. schwächste Endstufe bestückt wurde. Der Montageplatz für eine leistungsfähigere Endstufe ist vorgesehen.
Auf beiden Endstufen-Seiten sind auf dem Kühlkörper spezielle Transistoren und/oder Dioden zur Temperatur- Kompensation massiv festgeschraubt.
Auf dem obigen Bild erkennt man außerdem, daß nicht nur der hintere Rippenkühlkörper verwendet wird, das Kühlsystem weitet sich sowohl nach links wie auch nach rechts über das gesamte schwarz lackierte Druckguss- Rippen-Chassis aus.
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Für größere Ladekondensatoren wäre sicher noch Platz gewesen.
Es sind nur 2 Elkos mit 4700 Mikrofarad bei 40 Volt eingesetzt, für ein wenig mehr Spitzen-Power bei sowieso nur 2 x 45 Watt Sinus an 4 Ohm nicht ganz ausreichend, eher knapp bemessen.
Was fällt negativ auf ?
Das Lautstärke- Potentiometer ist ein ganz primitives Teil und das Drehgefühl - die Haptik - ist schmächtig bis besonders billig. Dieser Steller, der am häufigsten bedient wird, sollte richtig butterweich und soft zu drehen sein. Ist er aber nicht, sehr schade.
Der Hartfaser- "Pappedeckel" unten drunter fördert auch das Billig-Image, das jetzt aufgekommen war. Von jetzt an (Mitte 1978) stimmen Preis und Erwartungshaltung nicht mehr überein. Von dem schlimmen Kassettenrekorder dieser Serie reden wir später noch.
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Der Entstörkondensator am Netzkabel
ist eine Tretmine in Lauerstellung. Keiner weiß so recht, wann es knallt. Wenn es aber knallt, kommt der weiße Rauch-Pilz aus den Ritzen und alle flüchten. Der hier scheint noch ok, ist es aber nicht mehr. Er hat die typischen Risse und wird bald abbrennen.
So war es bei dem Tuner passiert, sodaß wir die ganze Atelier-Kombination geschenkt bekamen.
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Gleich im Anschluß ein Blick auf den BRAUN Tuner T301
Hier im separaten Tuner-Chassis ist es umgekehrt, der gesamte Verstärkerteil auf der linken Hälfte ist weggelassen. Auch der Vorverstärkerteil rechts hinten ist nicht bestückt, aber vorgesehen. In der Mitte wurde ein sehr preiswertes Netzteil einkonstruiert. Dieses ALU-Guß-Chassis ist dann eine noch kleinere Variante für noch kleinere Verstärker oder Vorverstärker oder Receiver. Der Kühlkörper ist sehr schmal.
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Und hier hatte es schon geknallt.
Der Eigentümer und Spender konnte mir nicht sagen, als welchem Gerät die große weiße Wolke aufgestiegen war, mitten bei einer Verkaufsvorführung auf einer der letzten BRAUN Börsen. Danach war das Interesse der Zuschauer auf unter Null abgesunken und er hatte alles sichtlich genervt wieder eingepackt. Dieses Problemhaben aber nicht nur BRAUN Geräte, fast alle Revox Geräte haben auch diese Kondensatoren eingebaut.
Licht und Schatten wechseln sich ab
Wie beim Vollverstärker wird die Netzspannung ideal mit einer Kunststoff-Schubstange ganz hinten links geschaltet.
Doch dafür wurde ein ganz billiger Trafo eingebaut. Diese Trafos mit M-Kern haben die Neigung, sowohl auf die Elektronik einzustreuen als auch mechanisch zu brummen.
Bei dem wichtigsten Teil im Tuner
wurde edle Technik verbaut, ein gekapselter Drehkondensator mit einem großen Potentiometer für die UKW Abstimmung.
Nebendran die Trimm-Potis
und hier sieht man sofort, eins von beiden wird auch bald durch Korrosion ausfallen.
Die Spindelpotis der Stationstasten
Das ist sehr komfortabel, hier ganz lange feinfühlige und genaue Spindelpotentiometer und keine primitven Trimmpotis einzusetzen.
Eine weitere Fehlerquelle
Schaun Sie auf die Pfeile : der grüne Pfeil zeigt auf die blanken herausgeführten Kontaktmetalle, der rote Pfeil zeigt auf die korrodierten schwarzen Kontaktmetalle. Diese Lötösen sind (bis unten ins Schaltergehäuse durchgeführt) die wirklichen Kontakte und dann geht es irgendwann nicht mehr.
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Traurig, auch keine "Haptik"
Als ich 1971 meinen SONY STR 6120 auspackte, da kam zum ersten Mal ein richtiges Hifi-Feeling auf. Ich wußte nicht, daß man das 30 Jahre später als "Haptik" bezeichnen würde. Der UKW Abstimmknopf (sowieso aus Voll-Aluminium) ging weich wie Butter - und einmal gedreht - rollte er mit dem ganzen Schwung über die ganze Skalenbreite, einfach super und toll und begeisternd.
Mein späterer SAE Tuner, der mit dem Oszilloskope - den mußte man einfach haben - hatte eine genauso "haptische" Bedienung. So gut wie alle goldenen Marantz Receiver mit der waagrechten Abstimmwalze (das wurde "Gyro Touch Tuning" genannt) gingen ebenfalls butterweich.
Es war ein Genuß. Hier bei dem BRAUN T301 Tuner ist es leider ziemlich billig - wie bei Neckermann und Quelle und den ganzen Ostblock Kreationen. Das war weit unter dem BRAUN Niveau und das war der Anfang vom Ende. Es waren an diesen Atelier Geräten überall popelige Plastik-Knöpfe - für viel zu viel Geld.
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Kommen wir zum Kassettenrekorder C301M
Von außen sieht der Rekorder beinahe oder ähnlich wie ein späteres BRAUN atelier Gerät aus, doch bereits beim Auspacken, Anfassen und Tragen und dann beim Betrachten von der Seite riecht es nach Plastik. Das hätte sich BRAUN nicht leisten dürfen, eine Plastik-Gurke zum Made in Germany Preis zuzusteuern. Die gierigen Hifi-Tester hatten das zuerst bemängelt, daß dort das Anfassgefühl nicht mehr stimmt, auch wenn das Teil noch einigermaßen schwer ist. Doch Gewicht ist nicht alles, das Inennleben machts.
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Und beim Öffnen, wenn Sie es denn geschafft haben . . .
staunen oder erschrecken Sie. Das soll BRAUN sein ? Links und rechts Plastik, vorne auch nur noch Plastik wie beim Tuner.
Drinnen werkelt ein Fernost- CC-Laufwerk, auch wenn es zwei Motoren hat. Die Platine ist aus irgendeinem Japan Recorder entnommen, alleine die Front ist in Kronberg gestaltet und entwickelt.
Jetzt werden Sie neugierig und wir hier bei uns schrauben sofort das teuerste SONY KA6 ES auf und ein billiges von Matsushita und ein noch billigeres von Funai ...... und wir vergleichen ......
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Also die zwei Motoren sind billig
Auch wenn "Servo" drauf steht, es sind billigste Gleichstrom- motoren, man sieht das an den (nur) zwei Anschlußdrähten - also nix Servomotor. Das mag anfänglich aber noch kein Manko sein, es sind halt Bürsten-Motoren, die irgendwann auch verschleißen.
Das Aufschrauben hats in sich
Bevor Sie da nun reinschaun können (oder dürfen), muß das Teil ja erst mal aufgemacht werden. Bei den beiden deutschen Geräten sieht man beim Umdrehen(auf den Deckel legen) sofort, da sind zwei silberblanke große Schlitzschrauben zu entfernen und von vorne noch die beiden gut sichtbaren Inbus- schrauben und dann zieht man den Deckel samt abgewinkelter Frontplatte einfach ab. Vorher natürlich die Plastik-Knopfe abziehen. Und Sie brauchen eine Taschenlampe und einen sehr langen dünnen Kreuzschlitz- Schraubendreher
Man muß es erahnen oder im Internet die ärgerlichen Erfahrungen anderer finden. Denn beim Rekorder sind es 4 kleine schwarze Kreuzschlitzschrauben, die man nach dem Umdrehen in den vier schwarzen dunklen Schächten einfach nicht sieht. Weiterhin gibt es außer den beiden Inbusschrauben vorne - von unten - auch noch eine 5. Kreuzschlitz-Schraube, weil das Plastik-Gerippe eben nicht eigenstabil ist.
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Es spult nicht und es läuft nicht
Das Laufwerk muckt mit mehreren Kassetten. Umspulen mag es gar nicht und bei Start dreht sich nichts. Bei den Berichten der C301 Reparateure liest man, daß es da am Zählwerk einen Reed-Schalter gibt, der irgendwie aktiviert werden müsse. Reed-Schalter, das sind zwei in ein Glasröhrchen eingeschmolzene Kontakte mit "eisernen" Federstahl-Kontaktarmen - mit der Garantie für ein ewiges Leben. Ein Magnet zieht die beiden Kontakt-Arme zusammen und dann "tut sich etwas". Warum und was ist nebensächlich, erst wenn sich das Zählwerk dreht, läuft das Laufwerk an und bleibt auch an. Die Gummis - also die Treib-Riemen - sind auch nicht mehr die besten, doch die sind noch straff bis auf das Band um die Schwungscheibe, das lahmt bereits. Also mit dem Finger etwas nachgeholfen und auf einmal gehts, nur weiß ich nicht, warum es auf einmal geht.
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Doch es spult immer noch nicht
Das Laufwerk will weder rechts- noch linksherum umspulen. Aha, da rutscht etwas durch. Von oben sieht man dann, daß beim Umspulen - mit dem Finger auf der Taste - der Motor in der Mitte zu drehen anfängt, recht schnell sogar, aber es bewegt sich nichts. Obwohl das kleine schwarze Gummirad auf der Achse sich schnell dreht, wird die helle weiße größere Rolle unten drunter nicht "mitgenommen", dieses schwarze Röllchen ist entweder zu glatt oder ausgehärtet oder verschmutzt.
Doch dem kann man nachhelfen, mit einer Schleifpapier-Feile. Also Kassette einlegen und mit dem Finger die Taste drücken und festhalten und mit dem Holzstäbchen mit dem Schleifpapier das schwarze Röllchen aufrauen.
Es dauert keine Minute und das schwarze Röllchen ist wieder griffg und jetzt grau und jetzt stimmt auch die Friktion zu der größeren weißen Rolle unten drunter - es spult wieder.
Rechts im Bild der Abrieb, der sich auf der schwarzen Rolle angesammelt hatte.
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Es gibt Cinch und DIN Buchsen
Und auf dieser Platine sind die Ausgangs-(Auskoppel-) Verstärker direkt an der Rückseite an den Buchsen. Das ist zwar technisch optimal und so auch nicht verkehrt - aber es ist wieder ein Platinchen mehr und schon stimmt die Kalkulation nicht mehr.
Es muß ja alles von Hand verlötet werden und dann zählen in der Produktion die Montage-Minuten.
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Unten gucken Schrauben raus
Das ist bei einem edlen BRAUN Gerät ein absolutes Unding. Unten schaun die zu langen Gewinde von überlangen Schrauben raus. Das dürfte nicht sein. Man verkratzt sich ganz leicht die unten drunter aufgestellten Deckel der Geräte oder die Funierplatten der teuren Regale.
Wenn der Deckel ab ist, ist das Gerippe ein Wackelkandidat
Soetwas hatte ich bisher noch nie gesehen. Vielleicht hatte ich mich mit dieser Qualitätsstufe noch nicht so richtig beschäftigt.
Im rechten Bild gibt es ein langes an beiden Enden ganz wenig abgewinkeltes Stück Blech, das das (vordere) Laufwerk mit einer Schraube nur nach innen zu dieser Traverse zieht.
Dann gibt es links am Laufwerk ein Stück Blech, das nur den Abstand einhalten soll bzw. die Seitenwand wegdrücken soll.
Und dann gibt es noch ein ganz kleines Stück Blech, das auch nur einen bestimmten Abstand zu der Kopfhörerbuchse erzwingen soll. Das ist natürlich konstruktiver Murks, der nicht hätte vorkommen dürfen.
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Und wenn dannn noch der Trafo so aussieht . . .
vergleicht man das mit dem 99.- DM (nicht Euro !!!) Funai-Rekorder und dem gleichen Trafo und ist grenzenlos enttäuscht, was da den BRAUN Edelkunden für viel Geld angeboten und auch verkauft wurde.
Fazit : So macht man ein Image und eine Marke kaputt. Werfen Sie mal einen Blick auf diese UHER Hifi-Boxen, die am Ende Ähnliches bewirkt hatten.
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