Unser B251 hat eine Macke und die muß gefunden werden
Die Pegel-Anzeige hat links 9dB weniger Pegel als rechts und gleiches gilt für die Record-Out Signale an den hinteren TAPE-OUT Cinch Buchsen. Das ist komisch und eigentlich belanglos, denn die beiden Lautspecher sind gleich laut (mit dem Oszilloskop und den Ohren gemessen) und auch sonst ist da nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Nur bei Schallplatten-Aufnahmen vom B251 auf DAT oder auf den PC oder auf ein Kassetten- oder Bandgerät ist es ein hinderliches Manko. So kann es also nicht bleiben.
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Ein wesentlich detallierter Einblick in den B251 Vollverstärker / B252 Vorverstärker
Der B251 ist der Vollverstärker und der B252 das nahezu gleiche Gerät ohne die Endstufen. Daß die Endstufe des B251 ein Hitzeproblem auf der Treiberplatine hat, könnte bereits 1983 bekannt gewesen sein. Ob der B252 also gleichzeitig mit dem B251 vorgestellt wurde, ist mir nicht bekannt. Bis auf die Endstufe und die Rückwand ist fast alles identisch.
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Bedienungsanleitung und Service Manual sind essentiell
Der B251 ist eine tolle für die damalige Zeit um 1982 absolut progressive Entwicklung gewesen. Dort wurde so viel Knowhow eingebaut, daß andere Hersteller oder Konkurrenten nur noch staunen konnten. Willi Studer hatte seinen Ingenieuren vermutlich völlig freie Hand gelassen, ein Gerät mit sogenannten "outstandig" Features zu entwerfen.
Im Internet gibt es mehrere BAs und SMs, je nachdem, wie lange man sucht. Insbesondere das internationale Service-Manual ist extrem aussagefähig und detalliert. Es steht alles drinnen, samt vielen Hintergrundinformationen und mehreren Systemdiagrammen und Schaltplänen und Bestückungsbildern.
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- Die deutsche Bedienungs-Anleitung hat 17 Seiten (und 4,8 MB),
- die deutsch-engl.- und franz. Bed.-Anleitung hat 48 Seiten (und 45,8 MB)
- das deutsch-engl.- und franz. Service-Manual als PDF hat 137 Seiten (38,2 MB)
- das deutsch-engl.- und franz. Service-Manual als TIF hat 86 Seiten (und 7,6 MB)
und dort findet der Techniker alles, das er zum Verstehen und Reparieren braucht.
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Dauerhaft elekronisch einstellbare Eingangspegel
Das war damals wirklich einmalig. Die drei wichtigen Eingänge TUNER, DISC und AUX können bezüglich des TAPE-OUT 1 und 2 Pegels (im Schaltplan heißt es "Record Level Adjust") in weiten Bereichen (-14db bis +10dB) vom Benutzer eingestellt und aneinander angepaßt werden.
Die Lautstärke Pegel der 3 Haupteingänge, die zur Endstufe führen, können ebenfalls - relativ zum Phono-Pegel - , aber deutlich weiter von -48dB bis +25dB eingepegelt werden.
Für diese Pegel-Funktionen gab es - angekoppelt an die beiden Prozessoren - 2 spezielle DAC Bausteine, die die Verstärkung der analogen Operationsverstärker in dB Schritten stufenweise (aber immer nur gemeinsam für beide Stereo-Kanäle) beeinflussen. Die eingstellten Werte werden dauerhaft gespeichert, super.
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Eine rudimentäre Übersicht über den B251/B252
Der Vollverstärker hat maximal 7 Eingänge und 4 Ausgänge.
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- Der MM Phono Eingang mit mehreren Impedanzen - dazu alternativ
- der MC Phono Eingang (benötigt eine steckbare Zusatzplatine)
- Tuner
- DISC
- AUX
- TAPE IN 1
- TAPE IN 2
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Am anderen Ende gibt es die 4 Ausgänge:
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- Endstufe - der Pegel ist abhängig von der eingestellten Lautstärke - geht zu den Lautsprecheranschlüssen - beide Paare über Relais angeschaltet - (beim B252 nur niederpegelig per Cinch Buchsen)
- Vorverstärker Ausgang niederpegelig - noch vor der ganzen Lautstärke- und Klangregelung abgegriffen (auftrennbar bzw. durchschaltbar per Schalter zur B251 Endstufe)
- TAPE OUT 1 niederpegelig
- TAPE OUT 2 niederpegelig
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Alle Eingänge und auch ein Teil der Ausgänge werden elektronisch mit Feldeffekt Transistoren kontaktfrei geschaltet. - Alle Eingänge und alle Ausgänge haben aktive Entkopplungs- bzw Pufferverstärker - diskrete wie auch integrierte - mit 0dB Verstärkung.
Die ersten Schaltungspläne datieren vom 16. Sept. 1982
Die Schaltungen liegen alle in super verständlicher und leicht lesbarer Ausführung vor, absolut mustergültig. Das diametrale Gegenbeispiel ist der völlig verquere Schaltplan des so haushoch gelobten extrem teuren MARANTZ 4400 Quadro-Receivers, der 4 x 100 Watt Bolide mit der grünen Oszi Röhre.
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Auch bei Revox wurde verbessert und korrigiert, so am 26.7.1983 und am 28.Nov. 1983 und am 15.5.1984.
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Die Fehlersuche gestaltet sich komplex
In der Funktionsbeschreibung im Service-Manual wird von zwei sogenannten Stereo-Sammelschienen gesprochen. Einmal ist das die "Monitor-Sammelschiene" zur Lautstärke- und Klangregelung und damit zur Endstufe und zweitens die "Record Out"- Sammelschiene zu den TAPE Ausgängen.
Das ist schon sehr aufwendig und komplex, weil alles gegeneinander elektronisch veriegelt werden muß. Aber das machen die beiden Microcontroller-Chips. Beide Sammelschienen haben jeweils einen Stereo- Dual-DAC- Baustein (einen programmierbaren Pegelsteller) zum Pegelabgleich.
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Wer oder welcher Zweig verursacht jetzt diese 9dB Pegelunterschied ?
Test 1 : Mit einem Y-Kabel speise ich in TUNER oder DISC oder AUX ein 1 kHz Sinus Signal in jeweils beide Eingangsbuchsen ein und schaue mir die Pegel an den Ausgängen an.
An dem (hochpegligen) Ausgang 1 der Endstufe (Lautsprecher) sind beide Pegel gleich und ganz normal lautstärkeabhängig, an dem (niederpegligen) Ausgang 2 (der Monitor-Ausgang) liegt ein auf beiden Kanälen exakt gleich großes pegelgleiches Signal an. Aber an beiden (ebenfalls niederpegligen) TAPE-OUT Ausgängen sind diese -9dB auf dem linken Kanal zu messen.
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Test 2 : Mit einem Y-Kabel speise ich in TAPE IN 1 ein 1 kHz Sinus Signal in jeweils beide Eingangsbuchsen ein und schaue mir die Pegel an den Ausgängen an. Sowohl am Ausgang 2 (Monitor) wie auch an den beiden TAPE OUT 1 und TAPE OUT 2 Ausgängen sind beide Pegel gleich, also beide exakt 0dB und keine -9dB Abfall im linken Kanal.
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Das Ergebnis : Die Ein- und Ausgangs-ICs aller Eingänge sowie die beiden TAPE OUT 1 und TAPE OUT 2 Pufferverstärker sind damit in Ordnung. Es muß "dazwischen" liegen. Die Pegelanzeige in der Frontplatte ist an den TAPE OUT Ausgang angekoppelt.
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Damit verbleiben als logische Fehlerquelle nur die Pegel-Regelstufen von der zweiten Record Out Sammelschiene zu den TAPE-OUT Verstärkern, also die analogen ICs IC551 und IC 553 sowie das DAC-IC552 - alle im linken Kanal.
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Mein Lösungsansatz :
Das IC 551 ist mit einem Kondensator C555 an das IC 552 angekoppelt. Dort wird der Pegel digital in dB Stufen eingestellt und über das IC 553 an die beiden TAPE OUT Leitungen ausgegeben, und zwar wieder über einen Kondensator C557.
Damit habe ich meine beiden Prüfpunkte, nämlich am ersten OP-AMP IC551 direkt nach der Sammelschiene und dann direkt vor dem TAPE OUT OP-AMP IC554.
Ist der Pegel an C555 noch ok, und ist er am C557 nicht mehr ok, bleiben nur noch wenige Bauteile übrig.
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Schaltplan und Bestückungsplan auf A3 drucken
Mit diesen beiden grossen A3 Seiten ist es doch ein Leichtes, die beiden Messpunkte anzubringen.
Die Kondensatoren C555 und C557 sind leicht zu finden, in der Nähe der jeweiligen ICs.
Bei der extrem geringen Belastung durch die "x 10" Messtastspitzen eines hochwertigen HP-Oszilloskopes werden auch keine Pegelverfälschungen auftreten.
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Die Schaltung analysieren und nachmessen
Wie weiter oben bereits beschrieben (oder hier im Service-Manual), gibt es auf der Eingangs-Platine zwei sogenannte Sammel- oder auch Summenschienen. Dieser Begriff kommt aus der Studiotechnik von den großen Kreuzschienenverteilern.
Die eine Sammelschiene - laut Manual die (Monitor-Sammelschiene = blaue Pfeile) - schaltet den gewünschten Eingang auf die Klang- und Lautstärkeregelung und von dort geht es direkt zur Endstufe. Diese Schiene funktioniert auf beiden Kanälen einwandfrei.
Die zweite Sammelschiene - laut Manual die (Record Output-Sammelschiene = grüne Pfeile) schaltet den gewünschten Eingang auf beide Buchsen der Tonbandausgänge. Auch hier ist ein Pegelausgeleich per Digitalsteller eingebaut. Und dort passiert anscheinend etwas Fehlerhaftes.
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Damals schon eine geniale Konzeption der Audio-Elektronik
Die 6 Eingänge der Monitor-Sammel-Schiene werden alle mit Feldefekt- Schalt-Transistoren auf diese beiden Sammel- schienen aufgeschaltet. Und zwar trickreich genial :
In jedem einzelnen Eingangsweg befindet sich im Signalweg vor dieser Sammelschiene ein Stereo-Operationsverstärker mit 0dB Verstärkung, einfach nur zum (Rückwärts-) Entkoppeln der Signalquellen.
Dann folgt ein solcher FET-Schalter, der den Ausgang des OP-Amps, wenn er nicht als aktiv ausgewählt ist, runter auf 0 Volt zieht - also richtig kurz schließt. Damit kann von diesem Eingang kein noch so starkes vorhandenes Signal in die Sammelschiene einstreuen.
Gleich danach kommt der zweite FET, der diesen Eingang, würde er jetzt aktiviert, auf diese Sammelschiene aufschaltet und den Kurzschluß des ersten FET-Schalters aufhebt. Alle anderen Eingänge wären aber nach wie vor kurz geschlossen. So erreicht man eine Übersprechdämpfung der 6 Eingänge gegeneinander von 100dB.
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Die Logik der Fehler-Suche
Mit oder ohne unserem angelegten 0dB oder auch -10dB (1kHz) Sinussignal ist der rechte Kanal sauber und der linke Kanal hat auf dieser zweiten Sammelschiene (und auch nur dort) ein deutliches bzw. erhebliches 2 MHz Signal mit fast 2 Volt Amplitude und einem Gleichspannungs-Offset von ca 15Volt.
Das ist auch unabhängig vom eingespeisten Eingang - also sowohl mit als auch ohne 1kHz Testsignal (oder irre ich mich da ?).
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Auf dieser "Tape-OUT" Sammelschiene ist nämlich mit dem Oszilloscope im linken Kanal (das Signal oben) ein mit hoher Frequenz schwingendes Signal zu sehen, (unten auf dem gleichen Foto der gesunde rechte Kanal) und das, egal welchen Eingang ich zuschalte. Damit sind die Schalt-FETs aller Eingänge unbeteiligt.
Als nächste Einheit kommt die Pegeleinstellung für die beiden Tonbandausgänge des Verstärkers. Und dort liegt der Hund begraben. Der dortige allererste OP-Amp, auch einer mit nur 0dB Verstärkung, scheint zu spinnen und speist dieses 2 MHz Signal offensichtlich "rückwärts" in die linke Sammelschiene ein.
Warum das mit den 2 MHz nicht bereits vorher aufgefallen war, ist einfach. Der nach dem DAC Pegelsteller folgende Ausgangs- OP-Amp hat ein Tiefpaßfilter in der Gegenkopplung und die 2 MHz sind nun mal soviel höher als die spezifizierten 20.000 bis 50.000Hz. Die 2 MHz werden also zum Ausgang hin wieder weggefiltert, - und dennoch beeinflussen sie die Gesamtverstärkung des oder der OP-Amps durch Übersteuerung.
Das sieht man ohne ein hochwertiges Oszilloskop (150 MHz sind sehr gut) und ohne das Wissen, wonach man eigentlich suchen muß, gar nicht oder nicht ganz leicht. Denn hinten kommt ja unser sauberes unverzerrtes 1 kHz Testsignal raus, nur eben 9db weniger als im rechten Kanal.
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und kostet einige Zeit. Der Verstärker muß fast vollständig auseinander genommen werden. Da wir das Netzteil sowieso modifizieren müssen, ist es kein Beinbruch.
Jetzt wird der B251 also erst mal zerlegt, alles samt Netzteil, und auf weitere Defekte untersucht.
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Die Eingangs-Platine ist freigelegt und ausgebaut.
Da die Platine im Verstärker waagrecht liegt, ist sie arg verstaubt. Aber Achtung, nicht mit dem Pinsel daran gehen, die FETs nehmen statische Aufladung von Mensch und Pinselhaaren sehr übel. Und von den FETs gibt es zu viele.
Also zum Reingen ist unbedingt Pressluft angesagt. - Die Platine ist ein Dual-Layer, also jeweils eine "Schicht" (oder Ebene) Leiterbahnen auf beiden Seiten mit Durchkontaktierung. Die Koppelkondensatoren, die die einzelnen Verstärker-Stufen verketten, sind fast alle einfachste (normale) 100µF bei 10 Volt Typen, also überhaupt nichts Besonderes. Auch habe ich nur einen einzigen Tantal Kondensator entdeckt, der gefährlich werden könnte.
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Weiter .. Lokalisieren von TP = Testpunkten auf dem Platinenfoto
Da man sinnvollerweise nur im eingebauten funktionierenden Zustand messen kann, benötige ich auf der von unten zugänglichen Leiterbahnenseite mindestens 6 Messpunkte. Ich werde daher ca. 1cm lange blanke Drahtenden an die vorher ausgesuchten Punkte anlöten. Dann kann ich mit den Tastspitzen der Scope-Eingänge immer links und rechts vergleichen sowie vor dem OP-Amp und hinter dem OP-Amp messen.
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Drei Testpunkte im Schaltplan markieren
Nach der Anlyse des möglichen Fehlers benötigen wir 3 TP's (Testpunkte), an die wir im eingebauten mit Spannung versorgten Zustand nicht ran kommen.
Wir wollen 3 Signale vergleichen, den intakten Audio-Pegel Ausgang von der Sammelschiene zum Eingang des IC 551, den Ausgang von IC 551 zm digitalen Pegelsteller IC 552 und den Ausgang des nachfolgenden IC 553a zum Impedanzwandler- Verstärker IC 554. Dort kommt ja der saubere Sinus - aber mit -9db - an.
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Drei Testpunkte auf der Zeichnung markieren
Auf der Bestückungszeichnung des B251 sind jetzt die 3 Plus-Pole der 3 Koppelkondensatoren mit je einem roten Pfeil markiert.
Jetzt fehlt noch das Bestückungsfoto von der Leiterbahnenseite, das ist die zugängliche Unterseite des B251 Verstärkers.