Warum hat "stereoplay" für uns solch eine Bedeutung ?
Zum Jahresende 1983 wurde die Mutter der High-Fidelity im deutschsprachigen Raum - die Hifi-Stereophonie - nach 23 Jahren Selbstständigkeit in "stereoplay" eingegliedert und ex Chefredakteur Karl Breh übernahm für 12 weitere Jahre auch dort die Chefredaktion.
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Bei den Editorials sind zwei dabei . . . .
bei denen sich auch ein Karl Breh weit aus dem Fenster gelehnt haben muß. Es ist das Editorial über die Abhängigkeit von den großen Anzeigen und eines über die Glaubwürdigkeit.
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stereoplay 1991-01
Das EDITORIAL 1/1991 von Karl Breh
"Dienst am Leser"
stereoplays "Kunden" heißen bzw. sind die Leser. Deshalb meint die Überschrift nichts anderes als „Dienst am Kunden". Im Ergebnis einer Analyse, was gemeinhin darunter zu verstehen wäre, würde das Wort „Beratung" einen - wie man heute zu sagen pflegt - „hohen Stellenwert einnehmen".
Wir verkaufen Beratung . . .
Was Leser an ihre Fachmagazine bindet, hat sicher eine Menge mit Beratung zu tun. Jeder Gerätetest bedeutet Beratung derjenigen Leser, die sich gerade für die betreffende Preis- oder Leistungsklasse interessieren. Nicht anders verhält es sich mit den zahlreichen Schallplattenbesprechungen. Der höchst ärgerliche Fehlkauf einer einzigen CD kostet auch nach der geringfügigen Preiserhöhung, die der Verlag den stereoplay-Lesem abverlangt, mehr als drei Ausgaben des Magazins, denen jede Menge CDs zu entnehmen sind, die Freude bereiten, und noch mehr, von denen man lieber die Ohren lassen sollte.
Heutiges Hauptthema "Lautsprecher"
Im vorliegenden Heft ist Beratung besonders groß geschrieben. Und zwar in Verbindung mit dem wichtigen Themenkreis „Lautsprecher". Er ist und bleibt ja immer noch - und das wird sich auch in Zukunft wohl kaum jemals ändern - das vielzitierte schwächste Glied der HiFi-Kette. Nicht nur weil es aus physikalischen Gründen schwieriger ist, elektrische Schwingungen naturgetreu in Schallwellen umzuwandeln als umgekehrt.
Neue, kleine, diskrete, gut klingende Lautsprechersysteme
Zur Lautsprecherproblematik trägt hauptsächlich bei, daß dieser Baustein, je besser er klingen soll, desto sichtbarer (und für viele gewaltig störend) im Hörraum aufgestellt werden muß. Wer in Sachen Lautsprecher beraten will, muß dies berücksichtigen. Deshalb erstreckt sich das Testfeld in diesem Heft von neuen, kleinen, diskreten und doch gut klingenden Lautsprechersystemen bis zu solchen, die man in die Ästhetik der Inneneinrichtung gezielt einbeziehen kann. Dazu viel Aufklärendes zum Thema ganz allgemein.
Dann das Jahresinhaltsverzeichnis
Weniger auffallend, den Langzeitwert des Jahrgangs 1990 jedoch beträchtlich steigernd, ist ein anderer Service in diesem Heft: das in Fachmagazinen leider keineswegs selbstverständliche, weil höchst aufwendige, nach Pop, Jazz, Filmmusik und Klassik untergliederte Jahresinhaltsverzeichnis aller besprochenen CDs und LPs.
Dieses Stichwort verdeutlicht, daß mit diesem Heft, obschon es noch vor Weihnachten erscheint, für stereoplay bereits ein neues Jahr anfängt. Das vergangene war großartig: Politisch brachte es überaus erfreuliche Jahrhundertereignisse; für HiFi, Musik und stereoplay war es auch nicht schlecht.
Die Redaktion wünscht sich jedenfalls weiterhin so viele engagierte Leser - herzlichen Dank allen und ein gutes Neues Jahr.
Karl Breh im Jan 1991
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stereoplay 1991-02
Das EDITORIAL 2/1991 von Karl Breh
"Alles wird teurer - HiFi nicht"
Vor zehn Jahren kostete eine Brezel 25 Pfennig. Heute fordert der Bäcker für seine verschlungenen Produkte glatte 65 Zentimark das Stück. Besser sind sie darum nicht geworden. Eher vielleicht vielfältiger, da in den Automaten, die sie am laufenden Band hervorbringen, Emanationen von gleichzeitig dampfenden Schneckennudeln oder dergleichen Süßem den Brezeln überraschende Geschmacksvarianten einhauchen.
Für einen flotten Opel Kadett mußte der auf Mobilität versessene Yuppievorläufer Anfang der achtziger Jahre etwa 20.000 Mark hinblättern, der Yuppie heute gut deren 30.000. Daß er auch noch schlechter geworden sei, kann man allerdings nicht sagen.
Um wieviel Schuhe teurer sind, die Bundesbahn - obwohl weder vom Wetter unabhängig noch pünktlich (was sie einmal war) -, Mieten für Wohnungen, die nicht mehr zu mieten sind, sei hier im einzelnen nicht untersucht. Auch stereoplay macht da keine Ausnahme. Es kostet zwei Mark fünfzig mehr als vor 10 Jahren.
Über den Kaufrausch im Dezember 1990
Dennoch gibt es keinen wirklichen Grund zu echter Klage: Löhne und Gehälter sind mindestens gleichstark gestiegen. Die Kaufkraft blieb erhalten. Wer's nicht wahrhaben will, erinnere sich an den Kaufrausch der letzten Vorweihnachtszeit.
Und doch gibt es Produkte, die nicht nur nicht teurer, sondern sogar noch besser geworden sind. Sie gehören ziemlich ausnahmslos zu den Erzeugnissen mit elektronischem Innenleben, je mehr davon, desto drastischer der Trend.
So sind alle elektronischen HiFi-Komponenten, ob Verstärker, Tuner, CD-Spieler oder Cassettenrecorder, in den letzten 10 Jahren nicht teurer, sondern ganz im Gegenteil billiger geworden. Bei im Schnitt besserer Qualität. Wer's nicht wahrhaben will, werfe einen Blick auf das Testfeld der 17 Verstärker in diesem Heft.
Deutlich billiger geworden sind . . . .
In Leistungsbereichen, die früher schon renommierfähig waren, kosten heute sehr gut klingende Vollverstärker 500 bis 600 Mark. Nur wer mit Watts verschwenderisch umzugehen beabsichtigt oder von MC- und MM-Eingängen Höchstleistungen verlangt, muß beträchtlich mehr ausgeben. Bei Tunern, CD-Spielern und Cassettenrecordern gibt es noch nicht einmal mehr Einschränkungen ähnlicher Art.
Wir leben im Zeitalter der Kommunikation, ermöglicht durch die Explosion der Elektronik und ihrer Leistungsfähigkeit. Was aus HiFi-Sicht dabei auf der Strecke bleibt, ist schlimmstenfalls Individualität. Dafür wiederum sorgen die Highender. Anständigerweise fragen wir dann aber auch nicht nach dem Preis.
Karl Breh im Feb 1991
stereoplay 1991-03
Das EDITORIAL 3/1991 von Karl Breh
"Später Frühstart"
Am Vorabend der Eröffnung der diesjährigen Wintermesse CES in Las Vegas veranstaltete Philips im Sahara Hotel, in dem andere Firmen Neuheiten zeigten, eine internationale Pressekonferenz. Zweck der Übung und einziges Thema: Digital Compact Cassette (DCC).
In Las Vegas eigentlich nichts Neues
Die zahlreich versammelte Fachpresse erfuhr, was sie schon wußte. 1992 gedenkt Philips den von ihr 1963 erfundenen Cassettenrecorder durch einen ebensolchen, allerdings digital funktionierenden abzulösen. Von der Ablösung nicht betroffen ist die Compactcassette selbst. Ganz im Gegenteil: Die vielen Milliarden bespielter Cassetten lassen sich auf den digitalen Nachfolgerecordern abhören, weil sie mit analogen Tonköpfen samt Dolby B ausgestattet sind.
DCC benutzt 8 Spuren gleichzeitig
Neuaufnahmen erfolgen digital bei stehendem Kopf auf acht Bandspuren verteilt, wobei die neue, für den analogen Recorder ungeeignete Cassette die gleichen Maße aufweist wie die bisherige, nur daß sie zum Schutz gegen Staub und Schmutz durch einen Schieber geschlossen ist (siehe „War's DAT" in stereoplay 2/91).
Dennoch reicht dieses System zur Verarbeitung des bei Musikaufnahmen gewaltigen Datenstroms (2,5 Megabit je Sekunde) nicht aus. Er muß mit Hilfe der Datenreduktion auf 0,77 Megabit ausgedünnt werden. Dies geschieht dadurch, daß extrem flinke Rechenchips darauf dressiert sind zu entscheiden, was im Musiksignal für das Ohr wichtig ist und was man weglassen kann. Zum Beispiel leisere Signale, die durch lautere verdeckt werden.
Beim heutigen Stand der Datenreduktion gelingt dies zwar erstaunlich gut, aber eben nicht so, daß Unterschiede im direkten Vergleich nicht hörbar wären.
Die Prognose von Karl Breh (Irrtum - sie war leider falsch)
Dennoch wird sich DCC im Massenmarkt durchsetzen. Es klingt auf jeden Fall besser als die analoge Cassette, und es befreit sie von den leidigen Problemen der Bandsortenwahl, der Rauschverminderung, des Gleichlaufs, und, so behauptet jedenfalls Philips, auch weitgehend von den Unwägbarkeiten des berüchtigten „Azimuts".
Für ein großes Repertoire bespielter Bänder werden Polygram, Matsushita und andere alsbald sorgen. Kopieren bei 64facher Geschwindigkeit soll möglich sein, Spielzeiten über 60 Minuten sollen durch die Entwicklung dünnerer Bänder erreicht werden. Auch DCC-Taschenrecorder wird es geben.
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Und wann das Ganze? Philips sagt 1992. Weshalb dann der frühe Paukenschlag? Weil die ganze Chose ein wenig spät kommt angesichts der Preisentwicklung bei DAT. HiFi-Freunde, denen das Reizwort „Datenreduktion" nicht schmeckt, werden sich bis dahin sowieso für die „Rotierenden" entschieden haben.
Karl Breh im März 1991
stereoplay 1991-04
Das EDITORIAL 4/1991 von Karl Breh
"Käuflich ?"
Wer kennt ihn nicht, den zynischen Spruch: „Alle sind bestechlich, die Frage ist nur, ab welcher Summe." Auf die Gefahr hin, als weltfremder Moralist zu gelten, wage ich die Gegenthese: stereoplay ist unbestechlich, egal wie hoch der Kapitaleinsatz.
Wer's glaubt wird .....
Jetzt sehe ich sie schon wissend grinsen, die vom Leben geprägten, durch Erfahrung schlau gewordenen, von Politikern, Mächtigen, Einflußreichen und kleinen Gaunern an der Nase herumgeführten Mitmenschen. „Das behauptet ausgerechnet einer, dessen Zeitschrift Monat für Monat Tests veröffentlicht, die über Wohl und Wehe von Hersteller- und Vertriebsfirmen mitentscheiden, und trotzdem vor Anzeigen strotzt."
- Anmerkung : Ob er damals von Stuttgart nach Wiesbaden Bierstadt gucken konnte ? Die Museenseiten waren damals 1991 noch nicht mal angedacht. Unsere Internet-Aktivitäten haben erst in 1996/97 begonnen.
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Die Frage aller Fragen . . . (über die Wahrheit)
Gerade eben - das ist der Anlaß zu diesem Editorial - stellten zwei Bewerber um Redakteurs- stellen unabhängig voneinander die Frage, ob so nicht die Gefahr besteht, daß Hersteller versuchen, durch üppige Anzeigenaufträge Testergebnisse in die von ihnen gewünschte Richtung zu beeinflussen. Oder ob, andersherum, schlechte Tests einen schmerzhaften Anzeigenentzug nach sich ziehen (würden).
Als Chefredakteur mußte er das so sagen
"Das erste kann in unserem Verlag nicht funktionieren, weil Redaktionen und Anzeigenmanage- ment völlig getrennt arbeiten. Die Redaktion hat mit Anzeigen nichts zu tun. Umgekehrt hat die Anzeigenabteilung einschließlich Verlagsleitung nicht den geringsten Einfluß auf die Redaktion. Das geht so weit, daß die Redaktion überhaupt nicht weiß, welche Firmen in welcher Ausgabe welche Anzeigen plazieren. Und zu ihrem Leidwesen erfährt die Anzeigenabteilung meist nie oder zu spät etwas über den redaktionellen Inhalt der Zeitschrift. Wogegen ja nichts einzuwenden wäre."
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- Anmerkung : Diese redliche Standhaftigkeit hatte der Hifi-Stereophonie zum Ende 1983 die finanzielle Grundlage unterminiert bzw. entzogen. Soetwas läßt sich nur bei Nonprofit- Projekten wie diesen Museenseiten standhaft durchhalten.
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Anzeigenentzug ?? Gibts sowas ?
Anzeigenentzug als Reaktion auf unliebsame Testergebnisse hingegen kommt immer wieder vor. Das mag dem Verlagsleiter zwar gelegentlich Sorgen bereiten. Aber selbst wenn er dies wollte, könnte er auf die Redaktion keinen Druck ausüben, weil ihm der Chefredakteur nicht untersteht.
Die Theorie geht so . . .
Es wäre auch ganz unnötig. Denn sobald der gekränkte Hersteller sein Produkt verbessert hat, und das ist die einzig vernünftige Reaktion auf ein schlechtes Testergebnis, nutzt er die Zeitschrift ganz von alleine wieder als unentbehrlichen Werbeträger.
Die Fehlerkorrektur ist selbstverständlich
Sollte die Redaktion aufgrund eines Fehlers zu einem ungerechten Testergebnis gekommen sein, berichtigt sie in der nächsterreichbaren Ausgabe diesen Fehler, und sei er noch so peinlich. Unfehlbarkeit nimmt stereoplay nicht für sich in Anspruch, um so mehr aber, unter keinen Umständen käuflich zu sein.
Karl Breh im April 1991
stereoplay 1991-05
Das EDITORIAL 5/1991 von Karl Breh
"Welt des Klangs"
Der Titel dieses Editorials soll keinen neuen Namen für stereoplay einführen, wenngleich die Zeitschrift sich zu 100 Prozent mit der Welt des Klangs befaßt. Umgekehrt kann sie aber nicht für sich beanspruchen, die Welt des Klangs zu 100 Prozent zu erfassen.
Vielmehr muß sie sich zur einen Hälfte damit begnügen, ihren Lesern zuverlässig mitzuteilen, mit welchen Geräten welcher Preisklassen sich die Zielsetzung der „High Fidelity" - bestmöglicher Klang bei der Wiedergabe von Musik in den privaten vier Wänden - verwirklichen läßt.
Zur anderen Hälfte soll der Leser von sachverständiger Seite erfahren, was von den angebotenen Tonträgern künstlerisch, klanglich und vom Repertoire her zu halten ist. Berichte über Menschen, die sich als Künstler der Musik verschrieben haben, ergänzen den Themenkreis.
Um es kurz zu sagen: Stereoplays Klangwelt ist eher die Hörerseitige, bereits produziert vorliegende, verfügbare. Und das ist eben nur ein Teil. Zum Ganzen gehört geradezu als Voraussetzung alles, was mit Musik auf ihrem Weg vom Künstler zum Hörer geschieht. Von ihrem Klangwerden im Konzertsaal oder Studio über ihre Metamorphosen vom mechanischen Schall in diverse Formen elektromagnetischer Schwingungen bis zu ihrer Rückverwandlung ins Hörbare.
Die Geschichte dieser Welt
Die Geschichte dieser Welt handelt von Menschen und ihrem Wirken als Erfinder, Techniker, Tonmeister, Toningenieure, Künstler und Manager. Sie handelt vom innigen Wechselspiel so ungleicher Partner wie Industrie und Kunst, Technik und Musik, das aus elementaren Anfängen heraus zur heutigen milliardenschweren Musikindustrie geführt hat.
Wer könnte diese spannende Geschichte besser schreiben als einer, der sie ein Berufsleben lang in führenden Positionen mitgeprägt hat: Peter K. Burkowitz.
Von diesem Heft an wird er monatlich auf den Blauen Seiten den Weg der Musik vom Künstler zum Hörer schildern, der nicht selten weniger einer geraden Straße als vielmehr einem verschlungenen Pfad durch den Dschungel gegensätzlicher Interessen gleicht.
Die unterhaltsame Lektüre wird dem Leser manches offenbaren, was er bislang hinter dem Tonträger nur diffus erahnen konnte. Seine Einsicht in die Welt des Klangs wird umfassender, sein Problembewußtsein geschärfter sein.
Karl Breh im Mai 1991
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stereoplay 1991-06
Das EDITORIAL 6/1991 von Karl Breh
"High Spend"
High End fängt nach heute weit verbreiteter Auffassung dort an, wo massengefertigtes HiFi aufhört. In den idealistisch-unschuldigen Anfängen der High Fidelity war daher alles High End, denn Massenfertigung gab es schon in Ermangelung entsprechender Absatzmärkte nicht.
Hingegen handelten die spezialisierten Hersteller und ihre musikbegeisterten Entwickler nach der Devise: High Fidelity ist Mittel zum Zweck. Der Zweck ist die nach dem Stand der Technik (State of the Art) bestmögliche Wiedergabe aufgezeichneter oder gesendeter Musik in der Privatsphäre des Menschen.
Lautsprecherentwickler und ihre Ideale
Lautsprecherentwickler waren Dauerabonnenten von Konzerten. Sie prüften die Verlautbarungen ihrer Zöglinge fortwährend am Original. Sie wußten daher nicht nur genau, wie eine Oboe klingt und wie anders dagegen eine Oboe d'amore, sie konnten diese eng verwandten Instrumente sogar optisch voneinander unterscheiden. Sie waren nicht nur musikbegeistert, sie verstanden auch etwas davon.
Bei manchen ging die Suche nach der klanglichen Wahrheit so weit, daß sie keine Möglichkeit ausließen, selbst Musik aufzunehmen, um sich mit allem vertraut zu machen, was auf dem Weg vom Künstler zum Hörer mit den Klängen passiert.
Auf jeden Fall zielte bei vorgegebener Preisklasse die Auswahl der Materialien, Techniken, Konstruktionsprinzipien und vor allem die Endabstimmung der Lautsprecher darauf hin, nicht irgendeinen Sound zu erzeugen, sondern im Rahmen der Kalkulation die größtmögliche Annäherung an das Original zu erreichen.
Aber auch tragische Erscheinungen
Bei den Bekenntnistätern unter den heutigen High-Endern - den eigentlichen Nachfahren der HiFi-Pioniere der ersten Stunde - überwiegt noch radikaleres Denken: kompromißloser Einsatz aller physikalischen, materiellen und konstruktiven Möglichkeiten zur Erzielung klanglicher Wahrheit im Hörvergleich mit dem Original, aber ohne Rücksicht auf die Kosten.
Leider gibt es in dieser Szene aber auch rätselhaft tragische Erscheinungen. Sie betreiben fast hemmungslosen Aufwand, bieten dank höchstwertiger Verarbeitung eitle Freude fürs Auge, nur die Klänge haben rein gar nichts mit den akustischen Vorlagen zu tun: High Spend statt High End, die schiere Perversion des HiFi-Gedankens. (High End Spezial, Seiten 15 bis 41.)
Karl Breh im Juni 1991
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stereoplay 1991-07
Das EDITORIAL 7/1991 von Karl Breh
"Mediales Babylon"
UKW, DAB, DSR, D2 Mac, HDTV, DAT, DCC, CD, MD, DYNAS, ASPEC, MUSI-CAM, PASC, NI-CAM usw., die von Jehova über sein Volk als Strafe für anmaßenden Turmbau verhängte Sprachverwirrung kann viel größer kaum gewesen sein. Dabei kreisen diese Kürzel sozusagen nur um eine einzige Thematik: die Übertragung von Bild- und Toninformationen drahtlos und mittels Tonträger.
Radio in HiFi-Qualität bietet sich an über UKW drahtlos, über UKW Kabel, über Satelliten digital (Digitaler Satelliten Rundfunk = DSR), und das individuell per Schüssel oder kollektiv via Kopfstation über Kabel. In Zukunft soll es das Digital Audio Broadcasting = DAB geben, worunter nichts anderes zu verstehen ist als terrestrisch digitaler Rundfunk, ausgestrahlt in Form hochfrequenter Wellenpakete.
Diesen kann dann auch der Autofahrer empfangen, und zwar ohne die sattsam bekannten Störungen des bisherigen mobilen UKW-Empfangs. Leider geht das Ganze aber nur, wenn die ins Digitale zu übersetzende Datenmenge um alles Entbehrliche, nicht oder kaum Hörbare entlastet wird: Datenreduktion heißt das Stichwort. Einige der hierzu tauglichen 3 Codierungen liefern die vier letzten Positionen in der eingangsseitigen Kürzelsammlung.
Das kastrierte Digitalradioverfahren
Was dieses leicht kastrierte Digitalradioverfahren aber bewahrt, ist die föderative Komponente des Rundfunks: Die sakrosankten Länderhoheiten bleiben samt allen Studios, technischen Einrichtungen, Redakteuren bis zu den Intendanten erhalten.
Nur der Füllsender braucht es noch erheblich mehr. An dieser Stelle mischen sich, vornehm ausgedrückt, politische Interessen in die technische Diskussion, was nicht automatisch heißt, daß dem steuerzahlenden Volk für sein Geld das Optimale vorgesetzt wird.
Wunder Datenreduktion: Es erlaubt nicht nur DAB, sondern DCC (Digitale Compact Cassette). Sie wird billiger als DAT sein und bleibt abspielseitig mit dem bisherigen Cassettenrecorder kompatibel. Dafür gibt sie sich aber ein bißchen datenreduziert. Zur weltweiten Durchsetzung dieses Tonträgersystems haben sich Philips und Matsushita zusammengetan.
Das kann DAT-Erfinder Sony nicht ruhen lassen. Wenn schon Datenreduktion, dann auf Mini Disc (MD) von 64mm Durchmesser und 74 Minuten Spieldauer, für Aufnahme und Wiedergabe. Die dazugehörigen Recorder dürften auch nicht größer als DCC-Walkmänner sein.
Eines ist sicher. Die Verwirrung mag zwar groß sein, aber langweilig wird die elektronisch-mediale Zukunft garantiert nicht sein, stereoplay hätte da nur einen Wunsch: Rettet den reinen Digitus vor all diesen bitfressenden Reduziermonstren.
DCC, DAB, ja sogar MD müssen wohl sein, aber nicht um den Preis der digitalen Vollwertkost CD, DAT und DSR. Was das Babylonische dieser neuen Medien angeht, so dürfte unser „Empfang Spezial" ein wenig mehr Klarheit schaffen (Seiten 17 bis 50).
Karl Breh im Juli 1991
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stereoplay 1991-08
Das EDITORIAL 8/1991 von Karl Breh
"HiFi-Tage Ost"
Zwischen 1971 und 1983, mit Start in Karlsruhe und Abgesang in Offenburg, führte das Deutsche High-Fidelity Institut 39 „HiFi-Tage" durch, die von insgesamt 335.000 Menschen besucht wurden. In den Glanzzeiten der Veranstaltungsserie beteiligten sich über 40 DHFI- Mitgliedsfirmen an diesen Wochenend-Wanderausstellungen.
Ihre Zielsetzung war, das Wissen um und die Begeisterung für High Fidelity in Regionen und Städte zu tragen, die nicht durch einschlägige Messen wie „HiFi Düsseldorf", „Funkausstellung" oder einen starken, HiFi-orientierten Fachhandel über ausreichende Informationsmöglichkeiten verfügten.
Erfolgreich war immer "live contra Aufnahmen"
Deshalb waren die Geräteausstellungen begleitet von Schallplattenkonzerten aus Klassik, Jazz und Pop über repräsentative HiFi-Anlagen, von firmenneutraler Beratung durch einen Stab freier Mitarbeiter und von den denkwürdigen Vergleichen Streichquartett live contra Aufnahmen, die jeweils an Ort und Stelle mit diesem produziert wurden.
Am zweitletzten Juni-Wochenende veranstaltete das DHFI eher zufallig in Halle, der Partnerstadt von Karlsruhe, die ersten HiFi-Tage Ost. Zwar fand auf der Mitgliederversammlung 1990 der Vorschlag, die Idee der HiFi-Tage zur Erschließung des damals noch DDR genannten Ostens aufleben zu lassen, breite Zustimmung. Als es damit aber wirklich ernst wurde, waren nur 16 Firmen zum Wagnis bereit.
Aiwa, all-akustik, AKG, Audio Electronic, Canton, Denon, Dual, Easy Control, Harman, Heco, Panasonic, Pioneer, Sansui, Sennheiser, Studer Revox und Yamaha übernahmen das Risiko der Wegbereiter. Erfreulicherweise mit Erfolg.
1100 Besucher
1100 Fachhändler und potentielle Endgebraucher besuchten die ebenso übersichtliche wie adrette Ausstellung. Die Aussteller konnten zahlreiche und intensive Gespräche führen und zeigten sich ausnahmslos befriedigt. Alle wollen weitermachen.
Wenn es, wahrscheinlich im Frühjahr 1992, zur Fortführung der Aktion kommt, wird das DHFI aufgrund der in Halle gemachten Erfahrungen einiges verbessern. So müssen die firmenneutrale Beratung, die Schallplattenkonzerte und das Live-Konzert mit dem direkten Vergleich wieder aufgegriffen werden.
Kaum ein etablierter Fachhändler in den neuen Bundesländern kann HiFi unter Studiobedingungen vorführen, und keiner der in Halle Angesprochenen hat jemals HiFi in Studioqualität gehört. Das Wissen über High Fidelity ist diffus, die Vorstellungen über die Qualitätsbreite von LowFi bis High End und die entsprechenden Preismargen sind vage, insbesondere bei Fachhändlern der älteren Generation.
Daß einige junge HiFi-Fans und stereoplay-Leser schon in der ehemaligen DDR einen ebenso schwunghaften wie damals subversiven und gefährlichen Handel mit Geräten bis in die Accuphase-Klasse betrieben, bestätigt einerseits nur die Regel und andererseits die Notwendigkeit der HiFi-Tage Ost.
Karl Breh im Aug 1991
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stereoplay 1991-09
Das EDITORIAL 9/1991 von Karl Breh
"Berlin - Welthauptstadt der Unterhaltungselektronik"
Wenn sich am 30. August 1991 die Hallen unterm Funkturm für rekordverdächtige Besucherströme öffnen, wird Berlin, die neue Bundeshauptstadt, zehn Tage lang auch Zentrum und Weltkapitale der Unterhaltungselektronik sein.
Nicht nur, weil diese Funkausstellung, gemessen an der Zahl der Aussteller und der belegten Fläche, alle bisherigen Expi der Branche überflügeln wird, nicht nur weil sie, von neuen Bundesländern umgeben, eine gewaltige Anzahl ebenso neugieriger wie staunender Erstbesucher anziehen dürfte, und nicht nur weil die einschlägige Industrie der ganzen Welt große Hoffnungen auf den wichtigsten Markt in Europa setzt.
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Die temporäre Welthauptstadt
Berlin gerät in erster Linie deshalb zur temporären Welthauptstadt der Unterhaltungselektronik, weil im brodelnden Hexenkessel widerstreitender Globalinteressen entscheidende Weichenstellungen mit noch unübersehbaren wirtschaftlichen Folgen anstehen.
Die DCC von Philips
Philips und Matsushita setzen auf die datenreduzierte DCC, zeigen den digitalen Cassettenrecorder aber nun schon mindestens zum dritten Mal nur der internationalen Presse. Dem Publikum wird er immer noch vorenthalten. Sony und Sanyo/Fisher scheinen zugunsten der bespiel- und löschbaren CD einen Gegenpakt geschlossen zu haben. Fisher wird den nur 1500 Mark teuren CD-Recorder (siehe Seite 60) mit großem Brimborium auf der IFA vorführen. Sony wird die auf Datenreduktion angewiesene, ebenfalls bespiel- und löschbare Mini Disc zumindest auf der Pressekonferenz präsentieren; und die ist traditionell proppenvoll.
Marantz, die highendige Philipstochter
Daß Marantz, die highendige Philipstochter, ebenfalls einen Vollwert- CD-Recorder zeigt, der zwar nicht löschen kann, dafür aber CDs so bespielt, daß sie auch herkömmliche Player akzeptieren; daß Sony in verstärktem Umfang in DAT-Recorder für professionelle und semi-professionelle Anwendungen investiert; daß Philips im Bunde mit Kodak weltweit die ("zufällig" mit dem Marantzschen CD-Recorder kompatible) Foto-CD durchsetzen und binnen Jahresfrist Player anbieten will, die Bild-CDs ebenso abspielen wie ihre Audio-Verwandten - und das zu einem Anfangspreis unter 1000 Mark; daß Kodak die Foto-CD als Bindeglied zwischen der Elektronikbedrohten chemischen Fotografie und den schier unbegrenzten Möglichkeiten elektronischer Bildverarbeitung erstmals in großem Stil zeigt, in der Hoffnung, der Fotochemie wenigstens noch die nähere Zukunft zu sichern; das alles beweist nur, welcher Wust von Perspektiven und welche Dynamik allein in diesem Teil der Branche steckt.
- Achtung : Das war ein (1) Satz !!
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Branchenmusik auf Weltniveau
Hält er sich auch noch vor Augen, was alles im Radio-, TV- und Videobereich brutzelt, von PALplus über l6:9Format, D2 MAC bis HDTV, von der halbprofessionellen Videokamera bis zum winzigsten Camcorder, vom Satellitenempfang bis zum (datenreduzierten) digitalen terrestrischen Rundfunk, wird auch dem letzten Skeptiker klar, daß in Berlin heuer die Branchenmusik recht kurzweilig auf Weltniveau aufspielt.
Karl Breh im Sept 1991
stereoplay 1991-10
Das EDITORIAL 10/1991 von Karl Breh
"Timing"
Ach du dickes Ei! Jetzt hören sogar die aufgeklärt-nüchternen stereoplay-Technikredakteure Klangveränderungen, die vom CD-Laufwerk ausgehen, oder, noch schlimmer, von den akustisch mechanischen Eigenschaften des Podestes, auf dem der Kart Breh Player thront. Auf Beton klingt's anders als auf Holz im Regal. Überholt ist die Devise, daß Digitales entweder lOOprozentig oder gar nicht klingt, daß der Laser entweder die Milliarden Ja-Nein-Bits mit oder ohne Fehlerkorrektur korrekt ausliest - dann tönt es richtig - oder sich versieht - dann rattert das digitale System und schweigt schließlich ganz.
Die berüchtigte Lattenzaunkurve
Schwarz oder Weiß also, aber keine Grautöne. Daß es für den CD-Klang nicht egal ist, ob der D/A-Wandler, der den Computer-Code wieder in Musik zurückübersetzt, mit 14, 18, 20 oder gar nur mit 1 Bit, dafür aber mit 256fachem Oversampling arbeitet, hat sich inzwischen herumgesprochen. Es geht einfach darum, wie exakt die berüchtigte Lattenzaunkurve sich an das analoge Kontinuum anschmiegt. Das aber hängt nicht unerheblich vom Timing der Aufbereitung der digitalen Datenströme ab. Stimmt dieses Timing nicht, versagt - mehr oder weniger - die korrekte zeitliche Erstellung der Amplitudenwerte.
Sinnd die stereoplay Redakteure vielleicht doch krank ?
Alle befremdlichen, fast wie Voodoo anmutenden Hörergebnisse im vorliegenden Digitalen High-End Spezial (Seiten 26 bis 48) lassen sich physikalisch auf Timing-Probleme beim Auslesen der Daten und ihrer nachfolgenden Verarbeitung im D/A-Wandler zurückführen. Dies nur zur Beruhigung all jener Leser, die beginnen könnten zu befürchten, stereoplays Redakteure hätten womöglich auf der High-End-Messe zuviel PSI-Viren eingefangen.
Neu - ein viermal jährlich erscheinendes Klassik-Supplement
Im vorliegenden Heft spielt richtiges Timing aber auch noch in ganz anderer Hinsicht eine wichtige Rolle: Auf den Seiten 204/205 schlage ich den Klassik-Fans unter unseren Lesern ein zunächst nur im Abonnement erhältliches, viermal jährlich erscheinendes Supplement vor, in dem stereoplays um weitere glanzvolle Namen ergänztes Rezensenten-Team einen vollständigeren kritischen Überblick über das diskographische Geschehen vermitteln wird, als es in stereoplay derzeit möglich ist.
Das Projekt läßt sich aber nur realisieren, wenn bis zum 15. November 1991 eine ausreichende Anzahl Interessenten für das Supplement subskribiert hat.
Karl Breh im Okt 1991
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stereoplay 1991-11
Das EDITORIAL 11/1991 von Karl Breh
"Wenn zwei das gleiche tun..."
. . . . ist es nicht "dasgleiche", das wußten schon die Römer. Allzu oft erhält die Redaktion Leserzuschriften, die Klage führen über widersprüchliche Testergebnisse gleicher Geräte in verschiedenen Zeitschriften, als daß ich den tiefen, immer noch aktuellen Wahrheitsgehalt Karl der alten Einsicht zu bezweifeln wagte.
Die Glaubwürdigkeit
Tatsächlich sind solche Kontradiktionen für alle ein Ärgernis, für die Leser, für die betroffenen Hersteller und nicht zuletzt für die Redaktion. Denn sie beschädigen ihr wertvollstes Gut: die Glaubwürdigkeit.
Nun weiß ich nicht, wie andere das gleiche tun. Aber ich weiß, daß stereoplay für die Einstufung jedweden Gerätes jedweder Gattung der Beurteilung des Klangs in Hörtests durch mehrere Redakteure oberste Priorität einräumt.
Und dieses gilt, obwohl bei stereoplay wahrlich nicht weniger, sondern eher mehr und tiefgründiger gemessen wird als anderswo. Nicht etwa als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für unterbeschäftigte Technikfreaks, sondern mit dem zähen Bemühen um zwei Ziele: maximale Objektivität und Gewinnung darstellbarer Korrelationen zwischen Hörurteilen und Meßwerten. Dies zur Kontrolle der Hörtestergebnisse und - wo es Hand und Fuß hat - zur Veranschaulichung für den Leser.
Die kritische Distanz zum eigenen Tun
Voraussetzungen für Sinn und Erfolg beider Wege zur Urteilsfindung - Messen ebenso wie Hören - sind Fachkompetenz und Sorgfalt in Methode und Durchführung sowie kritische Distanz zum eigenen Tun.
Ein Beispiel:
Selbst der so durchentwickelten Gattung "Verstärker" ist mit noch so raffinierten Messungen allein nicht beizukommen. Der Hörtest fördert Unterschiede zutage, die sich in Diagrammen nur teilweise widerspiegeln. Aber Hörtests nach dem Motto "Heute hören wir Verstärker A und morgen Verstärker B" können zu nichts führen.
Beachten der Grundregeln der Psychoakustik
Erforderlich sind aufwendige Hörtests, blind, im A/B-Vergleich mittels verlustfreier Umschaltapparatur bei auf das Zehnteldezibel abgeglichenen Pegeln. Alles andere verstößt gegen Grundregeln der Psychoakustik.
Auch die von High-Endern so gern vorgebrachte Forderung nach "Dauerhören" unter der Biodevise "mit dem Gerät leben" führt nur zur Anpassung des Testers an das zu testende Gerät.
Zugegeben, man kann sich das Leben leichter machen. Weniger Testtiefe bedeutet weniger Differenzierung. Und die bekannte Melodie "Allen wohl und niemand weh" fördert bei manchem Hersteller freundliche Gefühle und die Bereitschaft, seine Zöglinge exklusiv dem kleineren Risiko auszusetzen.
Karl Breh im Nov 1991
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stereoplay 1991-12
Das EDITORIAL 12/1991 von Karl Breh
"Design an Türmen"
Vorbemerkung : Nicht jedes Editorial ist gehaltvoll oder wichtig - wie dieses hier.
Nicht Kunst an hochragenden Bauten meint die Überschrift. Ganz im Gegenteil. Angesprochen sind die immer schon beliebten, vertikal geschichteten HiFi-Komplettanlagen. Sie waren schon von jeher modischen Trends - sprich dem Einfallsreichtum der Karl Breh Designer - stärker unterworfen als normale HiFi-Komponenten.
Dieses Jahr ist Mini en vogue.
Die JVC UX 1 als winzigste im Testfeld könnte sich nicht zu Unrecht auch Mi-kro nennen, obwohl sie mit Verstärker, CD-Spieler, Tuner und einem Autoreverse-Cassettendeck aufwartet. Alles fernbedienbar, und das zum verblüffenden Preis von 1.000 Mark, Böxchen inklusive.
Überhaupt die Preise: Keine der vorgestellten acht Minis kostet mehr als 4500 Mark, nicht einmal das zum Kultobjekt taugende Beosystem 2300. Dennoch sind sie alle vollgestopft mit Elektronik, bieten eine gewaltige Anzahl Ausstattungsgags vom Timer für zwei Weckzeiten über selbsteinmes-sende Cassettendecks, CD-Bandüberspielautomatiken, AV-Anschlüsse bis zum raumsimulierenden Digitalprozessor (DSP) oder dem in Japan so beliebten Karaoke. Fernbedienen lassen sie sich sowieso alle.
Ein wenig Schabernack
Da und dort allerdings treibt das Elektronikdesign seinen eigenen Schabernack. Wenn zum Beispiel bei Überspielung mit doppelter Geschwindigkeit der CD-Spieler ein mechanisches Oversampling macht, was zur Folge hat, daß auf dem so produzierten Band der obere Frequenzbereich bei 10 Kilohertz endet, wenn ein Tapedeck sich selbst einmißt, aber das Bandzählwerk fehlt, wenn die Anzahl der Knöpfchen und Schalterchen so groß wird, daß die Übersichtlichkeit verlorengeht, oder wenn im Gegenteil Bandzählwerk und CD-Display sich hinter Klappen verstecken, sind die Grenzen noch sinnvoller Features deutlich überschritten.
Was hat das alles noch mit HiFi zu tun?
Klanglich lassen sich die besseren Vertreter der Mini-Stilrichtung in die Obere Mittelklasse einstufen; abgehört zwangsläufig mit ihren eigenen Boxen, an die manche Minis durch verzerrungsmindernde elektronische Schaltkreise zusätzlich gebunden sind.
Dahinter dürfte bei den Japanern sogar System stecken. Bislang war es immer möglich, oft sogar ratsam, die japanische Elektronik mit Lautsprechern aus europäischen Landen klanglich aufzuwerten. Durch die neuesten Schaltungstricks wird das verhindert. Andererseits holen sie eine bisher nicht für möglich gehaltene Baßfülle aus den winzigen Kisten.
Wie auch immer: Noch nie klangen Minis so gut. Sie sind ihren Preis wert, sehen bildhübsch aus und lassen eine Menge mit sich spielen. Für viele genau das richtige Weihnachtsgeschenk.
Karl Breh im Dez 1991