Im Frühjahr 2012 bekam ich einen Artikel über "Grundig 1977"
April 2012 - von Gert Redlich - Ein Teil des nachfolgenden Artikels ist von Dr. Burkhardt Schwäbe, der auch heute noch (in 2012) in der Hifi-Welt zuhause ist. Herr Dr. Schwäbe hatte demnach in jungen Jahren von etwa Mitte 1977 bis etwa Ende 1980 bei Grundig in Fürth gearbeitet und so hatte er sowohl einen Einblick in das große Unternehmen als auch seinen Anteil an der Entwicklung dieser besonderen Edel-Hifi Geräte-Serie, über die ich hier so ausführlich schreibe.
Unter dem Titel: "HiFi ist für alle da - Eine Industriegeschichte"
schreibt Dr. Schwäbe einiges Wissenswertes, also Insiderinfomationen, über seine damalige Grundig Zeit. Darum zitiere ich hier mehrfach aus diesem Artikel. Nur wenige Mitmenschen (gemeint sind alte ehemalige Werksangehörige und damit Zeitzeugen) haben sich "getraut", etwas mehr von damals zu erzählen. Und wenn sie dann etwas erzählen, "riecht" es fast sofort nach der "Verklärten Wahrheit der Erinnerung", die ich - mühsam - entweder zurechtbiegen muß oder aber nach vielen weiteren Recherchen und Vergleichen kommentieren muß.
Was ist das Besondere an dieser Grundig-Epoche von 1977 bis 1982 ?
In 1982 hatte ich ein besonderes Erlebnis. Duch Zufall ersetzte ich an den Aktivboxen XSM 3000 im Wohnzimmer meiner Eltern den dort installierten kleinen Grundig Vorverstärker MXV100 durch einen teuren Accuphase Vorverstärker - und es taten sich Welten von neuen Klangeindrücken auf, wie gesagt, bei der gleichen Musik wie vorher, teilweise von meiner Revox A77 und teilweise sogar aus dem UKW Tuner.
Das bedeutete schon damals für mich, in den (oder besser formuliert - in manchen) Produkten von Grundig steckt erheblich mehr Potential drinnen und diese ewige blöde Unkerei der selbsternannten Hifi-Apostel, es sei ja "nur ein Grundig", war für mich von nun an nur noch unqualifiziert und doof. -
Inzwischen haben wir die Jahre 2010 bis 2012. Mit etwas Glück habe ich für unser Museumslabor einige dieser 1980er Geräte teilweise sehr preiswert ersteigert oder symbolisch für 1 Euro gekauft - aber allermeist geschenkt bzw. gespendet bekommen.
Gleich bei dem ersten Gerät, das ich öffnen "durfte", einem Grundig Edel- Receiver R3000, ist mir als Elektronik-Ingenieur ein mustergültiges Hardware-Design und auch eine vorbildliche Anordnung der Komponenten (mit ganz wenigen Ausnahmen) aufgefallen - übrigens wie viele Jahre später auch bei dem Pioneer A / V- Receiver VSX 859 RDS aus dem Jahr 2001.
Auch der SV 2000 Vollverstärker von Grundig war dann zwar wieder anders konstruiert, gefiel aber noch besser, fast nahezu perfekt - vom Hardware- Konzept, und dabei von der Mechanik durch und durch edel.
Und so kamen nach und nach noch andere Geräte hinzu.
Sie können es links in der Navigation sehen, der Bestand an diesen Grundig Geräten wächst immer noch. Als besonders neugieriger Zeitgenosse werden von mir die neu einlaufenden Geräte natürlich sofort geöffnet und mit Pressluft ausgeblasen. Es sei denn, sie sind dermaßen verstaubt, daß erstmal Fotos gemacht werden "müssen".
Und je mehr Geräte im Museums-Fundus sind, desto mehr Fragen tun sich auf. Diese Geräte kommen nie und nimmer aus "einer Hand", also aus einer Entwicklergruppe. Dazu sind die realisierten Konzepte insgesamt doch ein wenig "zu weit auseinander". Das ist eine wohlwollende Umschreibung für so manchen Murks, den ich neben vielen tollen Ideen leider auch darin gefunden habe.
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Doch jetzt zu Dr. Schwäbes Erinnerungen :
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HiFi ist für alle da - Eine Industriegeschichte
Jeden Morgen um 8:15 Uhr wurde die Zukunft neu erfunden. Eine Story aus deutschen Chefetagen. Aus längst vergangener Zeit?
Meine erste intime Begegnung mit einem "deutschen Dackel" (Scherzbegriff für eine typische deutsche Kompaktanlage) war ein mit allen technischen Finessen der Zeit ausgestattetes „Dreiweg-Studio“ mit der Typenbezeichnung Grundig RPC, was für „Radio Platte Cassette“ stand.
So fanden sich in dem Gerät statt der alten Drehregler oder den alten Schaltern ganz moderne Sensortasten, die auf leichte Berührung die entsprechende Funktion auslösten. Und zu dem geballten Einsatz von Elektronik gehörte natürlich auch eine Fernbedienung, mit der Sendersuchlauf und Klangregelung digital elektronisch gesteuert werden konnten, und sogar der direkt angetriebene Dual-Plattenspieler für Start, Stopp und Lift fernbedient wurde.
Diese Anlage, so bescheinigte die HiFi-Stereophonie im April 1978, biete durch vielseitige Fernsteuerung und die automatische Antennenrotor- Einrichtung einen bislang in dieser Perfektion nicht gekannten Bedienungskomfort.
Ich wäre selbst nie auf die Idee gekommen, mir ein solches Gerät zu Hause aufzustellen. Aber da mein erster Arbeitgeber nun einmal einen wesentlichen Teil seines HiFi-Geschäfts auf diese Produktgruppe unter dem Motto „HiFi ist für alle da“ stützte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich mit der Anlage auseinanderzusetzen.
Zugegeben, es war auch das Interesse an der Technik und der angebotenen Qualität, die mich bewegten, meine üblicherweise aus Einzelbausteinen bestehende HiFi-Welt, in der ich seit Ende der sechziger Jahre lebte, mal zu verlassen. Auch interessierte mich, warum dieses Unternehmen, in dem ich nun gelandet war, bisher solch einen enormen Erfolg mit dieser Gerätegruppe hatte.
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Über die Erfolge des Max Grundig
Bekannt war mir ja, dass dort - seit den Zeiten millionenfach hergestellter Tonbandgeräte für jedermann (die Typen "Reporter" und die TK Serien), den überall in den Büros erfolgreich eingeführten Diktiergeräten (vomTyp Stenorette) und dem erfolgreichen Einstieg in die Produktion von Fernsehgeräten schon im Jahre 1952 - die Fernsehgeräte die wichtigste Produktgruppe in der Palette des Grundig Konzerns waren.
Fast 60 Prozent des Umsatzes von knapp 3 Milliarden DM kamen durch den Verkauf von Fernsehgeräten zustande, sodass seinerzeit fast 30 Prozent des deutschen Farbfernsehmarktes mit Geräten dieses einen Herstellers versorgt wurden.
In der internen Umsatz-Rangliste des Unternehmens folgten Rundfunkgeräte - also Tischradios, Küchenradios, Kofferradios, Weltempfänger, Autosuper, Uhrenradios - mit 18 Prozent und Tonbandgeräte mit 16 Prozent. Nur unwesentlich geringer lag der Anteil der HiFi-Produktion, die aus diesen Dreiweg-Anlagen, aus Receivern und Lautsprechern bestand.
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Anmerkung: Es war allgemein bekannt, daß Max Grundig eine sehr lange Zeit der unangefochtene "Mister 50%" in der deutschen und sogar europäischen Unterhaltungselektronik war. Keiner konnte ihm das Wasser reichen. Er trieb sie alle vor sich her. In den Grundig Revuen aller Epochen fanden die Leser die Fernseher immer ganz am Anfang. Damit machte er sein großes Geschäft. Doch dieses Geschäft brach ab 1977/78 fürchterlich ein.
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"Grundig war der Größte"
Dr. Schwäbe schreibt weiter:
Aber für das Firmenoberhaupt war Umsatz nie interessant, wenn er nicht auch genügend Gewinn brachte. So gab es damals Produktgruppen mit Umsatzrenditen von teilweise über 10 Prozent.
Aber noch mehr Beeindruckendes hatte ich über das Unternehmen erfahren. Es bestand aus 31 Hauptwerken, davon neun im Ausland, aus neun Niederlassungen mit rund 20 Filialen sowie drei Werksvertretungen im Inland. Acht Vertriebsgesellschaften und über 200 selbstständige Exportvertretungen im Ausland nahmen die Absatzinteressen weltweit wahr. Die Beschäftigtenzahl war stetig bis auf 36.000 Mitarbeiter angewachsen. Im Jahr meines Einstiegs (1977) hatte das Unternehmen seit seiner Gründung 60 Millionen Geräte gebaut !
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Mein Einstig bei Grundig (gekürzt)
Wir schrieben das Jahr 1977, als ich in das riesige Unternehmen eintrat und dort meinen ersten Arbeitsplatz fand. Wie häufig im Leben führte der Zufall Regie - und ich bewarb mich bei Grundig.
Mit der Unbekümmertheit des 28-Jährigen, nach dem Motto „Was soll’s, was kostet die Welt“, antwortete ich mit einem festen „Ja“. Die nächste Frage, ob ich in der nächsten Woche anfangen könne, überraschte mich nicht mehr. Ich erfuhr, dass ein Abteilungsleiter für die Gruppe HiFi den Wunsch geäußert hatte, in den Außendienst zu wechseln, was so schnell wie möglich geschehen solle, aber von einem Nachfolger abhängig war.
Die Erfolgsstory anhören - das gehörte dazu .....
Nach meiner Zusage musste ich mich noch beim zuständigen Vorstand für den Vertrieb vorstellen, einem gestandenen Vertriebsmann, der mir die Erfolgsstory des Unternehmens erzählte.
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Ende der Vierziger habe das Unternehmen durch den enormen Erfolg seines ersten Radios an manchen Tagen so viel Geld eingenommen, dass man es abends gar nicht zählen konnte. Dafür wäre keine Zeit gewesen, und die Scheine kamen einfach in eine große Kiste.
Noch heute bestimme der Firmenchef persönlich die Geräte- konzepte und das Design der Geräte. „Es scheint, als weiß er schon am Vormittag, wovon die Hausfrau am Abend träumen wird. Wenn sie nach all den Jahren der Entbehrung ein bisschen Prunk auch an ihren Lautsprechern haben möchte, hat er die Goldleisten schon auf dem Markt.“
Weiter erfuhr ich von ihm, dass das Unternehmen jeden vierten Fernseher und fast jede fünfte HiFi-Anlage in die deutschen Haushalte liefere. Der „Chef“ sage immer: „Was jetzt verkauft wird, interessiert mich nur am Rande.“ Deshalb würden 170 Millionen DM pro Jahr in Entwicklung und Forschung gesteckt und nichts verlasse den Betrieb, das der „Chef“ nicht persönlich geprüft habe. Er lese jede Bedienungsanleitung und schreibe sie, wenn nötig, um. Und wenn es sein müsse, würde der „Chef“ auch laut: „Ich will mich aufregen, weil ich mich damit abrege.“
Erst mal bei den Tonbandgeräten einen Einblick gewinnen
Bereits in den ersten Wochen meines Daseins im großen Konzern trat wieder eine schicksalhafte Wendung ein. Hatte ich bis zu dem Zeitpunkt in jeder für eine Produktgruppe zuständigen Abteilung des Vertriebs hospitiert und das Geschäft mit der Wert- und Mengenplanung zwischen Vertrieb und Fabriken kennengelernt, so wurde mir eröffnet, dass ich in Kürze die Abteilung Tonbandgeräte, zu denen Spulentonbandgeräte, Cassettendecks und Cassettenrekorder gehörten, zu übernehmen hätte.
Die Aufgabe gefiel mir sehr, ich kam mit den nahezu gleichaltrigen Mitarbeitern gut klar, obwohl ich mit meinem fehlenden Dialekt und meinem Vollbart mächtig auffiel. Mein besonderes Interesse fanden die beiden großen Spulen-Bandmaschinen, die das Unternehmen herstellte, und über die ich auch zuvor nur Gutes gehört hatte. Als sich im Entwicklungslabor herumsprach, dass ich mich für Tonbandgeräte und Tonaufnahmetechnik interessierte, wurde ich auch zu internen Entwicklungsbesprechungen des Labors eingeladen.
Hifi kommt dazu - mit 3 Abteilungen
Es war Hochsommer 1977 geworden. Ob ich bereit wäre, sofort die nunmehr vakante Abteilung HiFi zu übernehmen?
Nun begann ich mit großem Eifer, mich in das Gebiet einzuarbeiten, nahm Kontakt mit den drei (3) zuständigen Entwicklungslabors auf und bot meine Mitarbeit bei der Gestaltung neuer Produkte an.
Durch die Nähe zum Markt und das innerbetriebliche Reporting bekam ich mit, dass die bisher erfolgreichen Produkte "an Bedeutung verloren".
Auch die von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gemeldeten Zahlen zeigten, dass "der bundesdeutsche Haushalt" in zunehmendem Maße andere Vorstellungen von einer HiFi-Anlage entwickelte und Einzelkomponenten, wie sie seit Anfang der siebziger Jahre von den Japanern vorgestellt und geliefert worden waren, höhere Marktanteile erlangten.
Anmerkung: Das war eine sehr gelinde vorsichtige Umschreibung, daß den Verkaufs-Managern der Schweiß im Gesicht stand (andere sagten es deutlicher : wenn Demjenigen das Wasser im Hintern koche), wenn in den Fachpublikationen wie Funkschau oder Funk-Technik die Hifi-Exportzahlen der Japaner nach Europa und vor allem nach Deutschland West aufgeführt wurden. Eigentlich war es bereits eine mittlere Katastrophe, daß in fast keinem bundes- deutschen Hifi-Studio noch deutsche Geräte standen - außer bei Lautsprechern.
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Dr. Schwäbe schreibt weiter :
Zwar konnten die Receiver des Hauses Grundig ihren Marktanteil festigen, aber es fehlten ein Front-Loader-Cassettendeck und separate Tuner- und Verstärker- Bausteine. Ich machte in hausinternen Mitteilungen die Vertriebsleitung darauf aufmerksam.
Irgendwann im Herbst (1977) hörte ich, dass der Vertriebsvorstand aus eigenem Antrieb anlässlich einer Japanreise bei Sanyo ein Cassettendeck zugekauft hatte.
Daraufhin soll es eine heftige Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Firmenchef gegeben haben mit folgendem Dialog – Vertriebschef: „Wir brauchen dringend jüngere Mitarbeiter, die das HiFi-Geschäft in seiner Entwicklung besser verstehen als wir.“
Daraufhin der „Chef“ mit Donnerstimme: „Wozu? Sie haben’s doch da diesen Barbarossa.“ Womit ich gemeint war.
Tags darauf saß ich, mit großen Augen und leicht beklommen, was jetzt wohl kommen würde, dem „Chef“ gegenüber. Der teilte mir kurz und knapp mit: „Sie bauen’s a Produktmanagement auf.“
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Ganz neue Aufgaben
Die ersten Schritte in meinem neuen Job betrafen die Analyse des Marktes und des Wettbewerbs.
Außerdem beschaffte ich mir umfangreiche Literatur über "Product Management", nahm Kontakt mit Branchenkollegen auf und informierte mich darüber, was sie als Product Manager für Aufgaben wahrnahmen und welchen Einfluss sie im Unternehmen hatten. Um auch konkret Beispiele für „Look and Feel“ von aktuellen HiFi-Geräten präsentieren zu können, nutzte ich mein fast unbegrenztes Budget zum Einkauf von typischen Wettbewerbsprodukten.
Mit dem Vertrieb und der Werbeabteilung kam es zu intensiven Gesprächen darüber, ob für eine neue Produktpalette das bis dato erfolgreich verwendete Motto „HiFi ist für alle da“ nach wie vor unserem Anspruch genügen würde.
Angesichts hunderttausender Dreiwege-Anlagen, die das Unternehmen bisher verkauft hatte, mochte ja die „Demokratisierung“ von HiFi der richtige Weg in den Markt gewesen sein, aber war er es auch, wenn man mit etwas Besonderem und gehobener Technologie auftrumpfen wollte?
Wirklich, es gab 3 Entwicklungslabors bei Hifi
Der Kontakt zu den drei Labors entwickelte sich großartig. Verunsichert durch die Veränderungen des Marktes, ließen sich die Entwickler auf die Anregungen ein, die ich für die Produktgestaltung beisteuerte. Es gelang sogar, bis dato für undenkbar Gehaltenes zu verfolgen:
Das Konzept der Aktivboxen konnte forciert werden und es entstanden zwei Linien von Einzelkomponenten, die sich in ihrer Größe unterschieden, qualitativ jedoch alle auf hohem Niveau waren.
Die neuen Aktivitäten blieben natürlich dem Rest des Hauses nicht verborgen. Manches wurde sicher auch nicht verstanden, und so brachte mir meine Arbeit den Beinamen „HiFi-Spinner“ ein, was offensichtlich aber nicht verächtlich gemeint war, nach ersten Erfolgen mit dem neuen Programm sogar fast schon zu einer Ehrenbezeichnung wurde.
Alles, das geplant wurde, musste in Entwicklungsbesprechungen auch dem „Chef“ vorgestellt werden. Vielleicht ein wenig gemäß der Devise „Neue Besen kehren gut“ erfreute sich HiFi der besonderen Gunst des „Chefs“, und so bekam ich jedes Konzept freigegeben.
Monumental war in - ein Top-Produkt wurde geboren
Nahezu jeden Morgen um 8:15 Uhr fanden diese Entwicklungs- besprechungen statt, in der sowohl neue Produkte vorgestellt und genehmigt als auch der Erfolg der laufenden Geräte diskutiert wurde.
Die Entwicklungsbesprechungen liefen stets nach demselben Ritual ab. Im Anschluss an das, was am runden Tisch vor Mitarbeitern der Formgestaltung, Direktoren und Vorständen vorgetragen und festgelegt wurde, wanderte die Versammlung in die Ausstellungsräume der jeweiligen Produktgruppe, in denen die laufenden und die zukünftigen Produkte als Muster standen.
Es war die neue Generation von Aktivboxen freizugeben, die ich mit dem Lautsprecher-Labor ausgeheckt hatte. Der Serie aus vier Lautsprechern hatte ich den Namen „Monolith“ gegeben. Ihr Spitzenprodukt war der Monolith 190, der seinen Namen seiner Größe verdankte. Ein so gigantisches "Flagship" war auch im Labor selbst mit großer Skepsis hinsichtlich der Freigabe diskutiert worden.
Da ich es aber übernehmen wollte, die Bedeutung eines solchen Produktes für den Anspruch des Marktführers in der Entwicklungs- besprechung zu erklären, zogen Formgestaltung und Labor mit, und wir konnten ein erstes Muster bauen und vorstellen.
Der „Chef“ trat ein, steuerte zielsicher auf den Monster-Lautsprecher zu, hielt einen Moment inne, um sich dann zu der versammelten Entwicklungsbesprechungs- mannschaft umzudrehen und mit einem spöttischen, aber anerkennenden Zug um seinen Mundwinkel zu bemerken: „Jetzt spinnt er völlig.“
Nachdem die Freigabe erteilt war, musste der Monolith 190 im Ausstellungsraum bleiben und wurde fortan zum stolzen Präsentationsobjekt des „Chefs“. Erstaunliches war passiert.
Anmerkung :
Die aktive Grundig Monolith 190 ist wirklich "nur" ein optisches Wunderwerk, insbesonders für Max Grundig, denn klanglich ist sie leider nur oberes Mittelmaß. Jetzt stimmte zwar "Hifi ist für Alle da" überhaupt nicht mehr. Dennoch, das Konzept war richtig, Grundig hatte endlich ein Flaggschiff, das sicherlich die Masse der Grundig Käufer begeisterte, auch wenn die Käufer die 65 Kilo nie in Ihr Wohnzimmer gewuchtet hätten. Und Grundig hatte jetzt eine ganze Serie von Highend Produkten. Auch der SXV 6000, XV 5000 und A 5000 waren richtige Top Produkte, die sich überall, auch international sehen lassen konnten. Leider war es anscheinend "ganz oben" nicht "durchsetzbar", daß die Netztrafos mit mehreren internationalen Spannungen umgehen konnten oder durften.
Dr. Schwäbe schreibt weiter:
Wegen der Vielzahl von Geräten, die nach meiner strategischen Planung notwendig war, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen, kam es natürlich zu Engpässen in den Labors.
Die sogenannte Meister-Serie, Bausteine im üblichen Format von 43 Zentimetern Breite, wurde im zuständigen Labor entwickelt, sollte aber begleitet werden von einer weiteren Serie sehr kompakter Bausteine, die sich an die klassischen englischen Konzepte von Quad anlehnen sollten.
Das für die Entwicklung von Tunern und Verstärkern zuständige Labor hob jedoch angesichts der bereits erteilten Auftragsfülle die Hände und erklärte sich gerade mal zur Entwicklung des Tuners bereit.
Da jedoch das für die Lautsprecher zuständige Labor noch Kapazität hatte, entschieden wir uns, die sogenannte Mini-Serie dort entwickeln zu lassen. Schließlich hatte das Lautsprecher-Labor mit der Vorstellung von exzellenten Aktivboxen bereits bewiesen, auch das Metier der Verstärkerelektronik zu beherrschen.
Natürlich entstand durch diese Aufgabenteilung ein Wettbewerb unter den Labors, der allerdings offensichtlich in einem Maße beflügelte, dass die Vor- und Endstufe der Mini-Serie sehr hohe Anerkennung bei der Fachpresse und den Käufern fanden.
Der Irrtum des alten Max
Ein paar Monate darauf wurde der „Chef“ krank. Er musste eine Knieoperation über sich ergehen lassen. All das fiel in die Zeit, in der die Realität am Markt sich zunehmend zu Ungunsten des Unternehmens entwickelte.
Die Konkurrenz aus Japan überschwemmte gewissermaßen den deutschen Markt (Anmerkung: eigentlich den gesamten Weltmarkt) mit Billigprodukten. Auch der neue Hoffnungsschimmer, die Massenproduktion von VCR und Video 2000 Videorecordern, führte nicht zum Erfolg.
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Das stimmte nur bedingt, denn SONY zum Beispiel hatte bereits über Jahre ganz exzellente Receiver wie den SONY STR 6120 und den STR 6200 im Spitzen-Hifi Bereich anzubieten und inzwischen sehr erfolgreich vermarktet. Sony arbeitete intensiv an seinem weltweiten Slogan "A Sony is a Sony". In dieser Hinsicht hatte Max Grundig entweder schlechte Berater oder war bereits beratungsresistent geworden und hatte den Markt immer öfter falsch eingeschätzt.
Zwar bot das Unternehmen (Grundig mit Philips) Ende der siebziger Jahre mit „Video 2000“ das technisch bessere Video-System an, trotzdem setzte sich (auch) aufgrund der miserablen Fertigungsqualität bei Grundig und der von der VHS Gruppe erkauften Software-Unterstützung durch vorbespielte Kassetten (überwiegend Pornofilme, die der "Max" nicht haben wollte) das japanische VHS durch.
Das Unternehmen geriet in Schwierigkeiten, hatte zum Jahresende 650.000 Farbfernsehgeräte auf Halde und musste Fabriken schließen. Und ganz nebenbei entließ und verschliss der „Chef“ auch noch reihenweise Topmanager, die er einstellte, um sich zu entlasten, dann aber nicht zum Zuge kommen ließ.
Er ignorierte die Konkurrenz mit den Worten: „Die Überlegenheit der japanischen Konkurrenz ist reine Legende. Mir sind die Japaner egal.“ Und er entwickelte den Plan, dass die europäische Unterhaltungselektronik kooperieren müsse, um auf ähnlich hohe Stückzahlen wie die Japaner zu kommen. - Das alles sollte unter seiner Ägide stattfinden. Doch sein Europakonzept scheiterte.
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In den in der Museums-Redaktion lagernden Fachzeitschriften der 1970 Jahre ist es sehr anschaulich zu erkennen, daß ab 1978 in Deutschland der Pleitegeier umging. Zu viele der ehemals erfolgreichen "Topmanager" hatten gepennt oder die Ideenvielfalt der emsigen kleinen Japaner - und auch einen für uns damals unsichtbaren Leidensdruck der Japaner - völlig unterschätzt. Viele deutsche Firmen wurden still und heimlich übernommen oder verschwanden mit oder ohne großem Knall.
Dr. Schwäbe schreibt um Schluß wertneutral und sehr zurückhaltend :
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Als Max Grundig "ging" ......
Ich hatte Ende 1980 das Haus GRUNDIG verlassen, hielt aber Kontakt zu Kollegen und Mitarbeitern. 1984 übergab der „Chef“ sein Unternehmen und überließ die Mehrheitsbeteiligung und unternehmerische Führung dem holländischen Weltkonzern Philips.
In der Zeit stand: „Der Pionierunternehmer … scheidet nicht weise und abgeklärt aus der Branche aus, die ihm so viel verdankt. Er überlässt einem Größeren das Regiment im Hause … weil er in den vergangenen Jahren nicht in der Lage war, sein eigenes Haus ordentlich zu bestellen.“
Wie mir Kollegen mitteilten, wollte der „Chef“ jedoch immer noch nicht richtig loslassen und bestand darauf, sein Zimmer in der Chefetage zu behalten. Als aber der neue, der holländische Philips-Manager und ehemalige Fußballspieler Hermanus Koning die Geschäfte übernahm, sagte er ihm den folgenden Satz: „Dies ist das Chefzimmer und der Chef bin nun ich.“
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Anmerkung und Fazit zu Max Grundigs Abgang :
In den uns zugängliche Dokumenten wird das aber gänzlich anders dargestellt. Es soll einen sehr heftigen Wortwechsel gegeben haben, der mit dem verbalen und physischen Rausschmiss des Max Grundig geendet hatte. Er hatte nämlich das Unternehmen (eine Aktiengesellschaft) in (s)eine Stiftung eingebracht und die hatte die Anteile letztendlich an Philips verkauft, mit allem drum und dran. Die Banken wollten dem kränkelnden Max keine Kredite mehr geben, seine "Macht" von früher schwand zusehends, er war mit seinem Konzern kurz vor der faktischen Pleite. Im Klartext, er mußte an Philips verkaufen. Es war mit Sicherheit nicht freiwillig.
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