"Audio-Wissen von 1974" - Die Themen dieser Artikel sind:
Was war mit der analogen Audio-Studio-Technik machbar und was sollte bzw. mußte ein Toningenieur wissen und gelernt haben. Daß viele dieser Themen (wir schreiben zur Zeit 2016) bereits 35 Jahre alt sind und durch die schleichende Digitalisierung völlig überholt sind, bedeutet nicht, daß sich die physikalischen Grundlagen wesentlich geändert haben.
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D. V. Tonregieanlagen
Aus den einzelnen Studiogeräten, wie wir sie bisher kennengelernt haben, werden in den meisten Fällen größere Studioschaltungen aufgebaut. Die aufzunehmenden Schallereignisse werden darin nicht nur verstärkt, sondern auch mit anderen zusammengemischt. Darüberhinaus wird mit diesen technischen Hilfsmitteln das endgültige Klangbild gestaltet, d. h. es wird in künstlerischem Sinne Tonregie geführt.
Die Schaltungen dieser Anlagen sind sehr unterschiedlich, da sie immer dem spezifischen Verwendungszweck angepaßt sein müssen. Bild 154a zeigt als Beispiel die Übersicht und den Pegellverlauf einer 20-Kanal-Anlage.
Der Pegel gelangt vom Mikrofon über einen Eingangswahlschalter (a) zum Mikrofonverstärker (b). Hier wird er bereits auf den genormten Studiopegel von +6dB (1,55 V) verstärkt. Über einen Umschalter (c) kann im Bedarfsfalle ein Entzerrer (d) in den Kanal eingeschaltet werden. Die Regelung des Pegels geschieht daraufhin mit dem Kanalregler (f). Da die beiden Stereokanäle L und R bei Einzelschallquellen so belegt werden müssen, daß sich eine Intensitätsverteilung an den Lautsprechern ergibt, die dem gewünschten Schallquellenort entspricht, wird der Ausgang des Kanalreglers (f) auf ein Panoramapotentiometer (Pan-Pot) (i) gelegt. Die beiden Ausgänge des Pan-Pot sind mit den Eingängen der Sammelschienenverstärker (k) verbunden.
Die Abstimmung des Gesamtpegels geschieht über die Regler (1) vor dem Eingang des Mischpultendverstärkers (m). In den Ausgangsweg kann dann bei Bedarf noch ein Begrenzer (n) eingeschaltet werden. Der Ausgangspegel wird über den Aussteuerungsmeßverstärker (o) am Lichtzeigerinstrument (p) angezeigt. An den Ausgang der Anlage können die Schallspeichergeräte direkt angeschlossen werden.
Neben dem beschriebenen Hauptkanal gibt es in unserem Beispiel noch weitere Nebenkanäle. Zur Speisung eines Solistenkanals - meist für den Kopfhörer eines Gesangs- oder Instrumentalsolisten im Studio bestimmt - kann der jeweilige Kanalpegel, z. B. von einer anderen Schallquelle, über einen Abzweigschalter (e), den Sammelschienenverstärker (t), den Regler (u) und den Ausgangsverstärker (v) dem Solistenausgang der Anlage zugeführt werden.
Zur Ansteuerung einer Nachhalleinrichtung wird der jeweilige Kanalpegel über einen Wahlschalter (g) vor oder hinter Regler abgezweigt. Die Intensität des zur Verhallung kommenden Signals kann mit dem Regler (h) geregelt werden. Verstärkung und Regelung erfolgen über Sammelschienenverstärker (q), Regler (r) und Ausgangsverstärker (s). Der Pegelverlauf der gesamten Anlage ist aus dem Pegeldiagramm in Bild 154a zu ersehen.
Der Qualitätsmaßstab im Studio von 1974
Bei allen Tonregieanlagen müssen die elektroakustischen Übertragungsparameter - im besonderen Frequenzgang, Geräuschspannungsabstand, nichtlineare Verzerrungen - eingehalten werden, wenn keine Minderung der Qualität der zu speichernden Schallereignisse eintreten soll.
Im interessierenden Übertragungsbereich hat man deshalb folgende Festlegungen getroffen [290]:
Frequenzgang: 60Hz - 10kHz ±0,5dB
bei 40 Hz +0,5dB / -2dB
bei 15kHz +0,5dB / -2dB
Klirrfaktor; bei 120Hz - 5kHz = < 1% (kges)
bei 40Hz - 15kHz = < 2%
Geräuschpegel:
Das Geräuschverhalten der Mikrofonkanäle zusammen mit den nachgeschal-teten Gruppen- und Hauptkanälen kann anschaulich in einer Betriebskennlinie (Bild 154b) dargestellt werden. Diese Grenzkennlinie gibt dabei die maximal zulässigen Geräuschpegel bei unterschiedlicher Verstärkungseinstellung eines Kanals an. Die Messung erfolgt nach DIN 45 405 (siehe Abschnitt G. IL 4).