"Audio-Wissen von 1974" - Die Themen dieser Artikel sind:
Was war mit der analogen Audio-Studio-Technik machbar und was sollte bzw. mußte ein Toningenieur wissen und gelernt haben. Daß viele dieser Themen (wir schreiben zur Zeit 2016) bereits 35 Jahre alt sind und durch die schleichende Digitalisierung völlig überholt sind, bedeutet nicht, daß sich die physikalischen Grundlagen wesentlich geändert haben.
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Über den Autor Johannes Webers (†) - (1925-2015)
Ein Nachruf auf Johannes Webers - von Norbert Bolewski
Der Ingenieur Johannes Webers, eine der stärksten Persönlichkeiten der deutschen Filmtechnik, hat seine Augen am 14. Mai 2015, vier Monate vor seinem 90. Geburtstag, für immer geschlossen. Sein ganzes Leben, sogar noch bis kurz vor seinem Tod, stand die Ton-, Film und später auch die audiovisuelle Technik im Vordergrund seines Interesses und seines reichen Schaffens.
Am 21. September 1925 in Chemnitz geboren, studierte er nach Abitur und geleisteter Wehrpflicht Elektrotechnik. Nach einer kurzen Zwischentätigkeit bei der Firma Blaupunkt kam er bereits 1948 als Tontechniker und Prüffeld-Leiter zur Bavaria Filmgesellschaft München. Eine seiner ersten Aufgaben war es, die Lichttonqualität des Ton-Films zu verbessern. 1950 wurde er Leiter des Prüffeldes und des Messdienstes für die Tonfilm-Apparaturen. In diese Zeit fiel die Einführung des Magnetfilms in die deutschen Ateliers, an der er wesentlich beteiligt war. Ab 1952 arbeitete er an der Einführung der vierkanaligen stereophonischen Aufnahmetechnik für den (CinemaScope-) Film. In dem von ihm konzipierten großen Musikstudio der Bavaria in der Schornstraße fanden Juni 1957 die ersten vierkanalig-stereophonischen Musikaufnahmen statt.
1959 zog das Fernsehen in die Studios der Bavaria ein. Johannes Webers wurde Leiter der Abteilung Film- und Tontechnik. Neue Aufgaben mussten bewältigt werden: Der gesamte Tonkomplex wurde baulich umgestaltet, die Technik modernisiert und den Forderungen des Fernsehens angepasst. Alle diese Aufgaben bewältigte Johannes Webers mit einem geradezu unerschöpflichen Arbeitseifer und unglaublicher Belastbarkeit.
1974 wurde er technischer Leiter des Kopierwerks und 1978 Geschäftsführer der Bavaria GmbH. Neue Aufgaben standen an: Modernisierung der technischen Einrichtungen, Einführung der Super-8-Filmbearbeitung, Einrichtung einer Videoabteilung, und dies alles bei laufendem Betrieb. 1981 wurde er technischer Leiter der Bavaria. In diese Phase seines Wirkens fällt der Bau des Videozentrums mit modernster Technik.
1991 trat J. Webers in den Ruhestand, der allerdings nichts mit Ruhe zu tun hatte. Seinen schon damals zahlreichen Veröffentlichungen, allein damals über 30 Beiträge seit 1967 in der FKT (Film und Kino Technik), schlossen sich zahlreiche weitere an und sein reichhaltiges Repertoire an Fachbüchern wurde erweitert und stets auf den neuesten Stand gehalten. Noch bis kurz vor seinem Tod arbeitete er an einer Neuauflage seines „Handbuchs der Film- und Videotechnik". Alle seine Bücher trugen seine Handschrift und waren geprägt durch seine kurzen, präzisen und schnell auf das Wesentliche kommenden Darstellungen, die insbesondere auch das Interesse vieler Berufsanfänger und Studierende fanden. Auch als Ruheständler hielt er noch Vorlesungen an der HFF München.
J. Webers erhielt viele Auszeichnungen. So zum Beispiel für seine geleistete Normungsarbeit die DIN-Ehrennadel 1983. In die FKTG (Fernseh- und Kinotechnische Gesellschaft - damals noch die DKG) trat er bereits 1952 ein, und zählt somit zu den ältesten Mitgliedern dieser Gesellschaft. Von 1977 bis 1982 war er im Vorstand unserer Gesellschaft, die 1986 sein Lebenswerk mit einer ihrer höchsten Auszeichnungen, der Verleihung der Oskar-Messter-Medaille, würdigte. Er war außerdem "Fellow der Society of Motion Picture and Television Engineers" (SMPTE), Ehrenmitglied der FKTG, Life Member der "Audio Engineering Society" (AES) und Gründungsmitglied des Verbandes Deutscher Tonmeister (VDT).
Ein erfülltes Leben ist zu Ende gegangen. Wir alle haben einen guten Stern verloren, und wenn man sich an ihn erinnert, stehen nicht nur seine fachlichen Kenntnisse im Vordergrund, sondern auch sein freundliches und hilfsbereites Wesen gepaart mit seiner einzigartigen bayerischen Lebensfreude. Er wird uns fehlen.
(mit freundlicher Genehmigung) Norbert Bolewski (Mai 2015)
Einleitung
Zunächst zur Unterhaltung, sehr bald aber zur Information und Belehrung eines großen Teiles der Menschheit, entstanden rasch nacheinander
- Die Schallplatte,
- Der Tonfilm,
- Der Rundfunk und
- Das Fernsehen.
Da jede dieser vier Einrichtungen - zum Teil neben dem Bild - die Vermittlung von Schallereignissen zur Aufgabe hat, bildete das Vorhandensein geeigneter elektroakustischer Geräte und Anlagen die entscheidende Voraussetzung für die Existenz dieser Kultur- und Informationsträger. Die moderne Tonstudiotechnik ermöglicht eine perfekte Illusion, die die Unterscheidung zwischen Originaldarbietung und gespeichertem Schallereignis sehr schwer macht.
Voraussetzung der Schallübertragung
Die wichtigste Voraussetzung der Schallübertragung vom Ort der Originaldarbietung zu einem entfernt liegenden zweiten Ort bildete zunächst die Schaffung elektroakustischer Wandler, die die Umformung der Luftschallenergie in elektrische Energie, am Empfangsort wieder umgekehrt, gestatten.
Das für die Tonstudiotechnik so bedeutungsvolle elektrodynamische Umwandlungsprinzip wurde bereits von Werner von Siemens für einen Schallwandler benutzt und in einer der Preußischen Akademie der Wissenschaften am 21.1.1878 vorgelegten Arbeit ausführlich beschrieben. Das besonders für den Schallempfang geeignete elektrostatische Umwandlungsprinzip wurde dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Schallumwandlung benutzt.
Über die Schallempfänger (die Mikrofone)
Die von den Schallempfängern abgegebenen Leistungen sind so gering, daß sie zur Aussteuerung eines Lautsprechers oder zur Übertragung des aufgenommenen Schallereignisses über größere Entfernungen nicht ausreichen. Hier bedurfte es erst der Schaffung verstärkender Einrichtungen, um die notwendige Weiterleitung und Verteilung der Tonfrequenzenergie und eine brauchbare Schallabstrahlung für einen größeren Zuhörerkreis zu ermöglichen.
Diese verstärkende Einrichtung wurde durch die Erfindung der Elektronenröhre gegeben, deren Verwendungsmöglichkeit zur hinreichend verzerrungsfreien Verstärkung von Wechselströmen mit Hilfe einer Gittervorspannung zuerst von Lieben im Jahre 1910 erkannt wurde. In Verbindung mit der Elektronenröhre als Schwingungserzeuger und Gleichrichter waren damit Voraussetzungen für eine praktisch brauchbare Rundfunkübertragung gegeben. Die wirkliche Geburtsstunde des Rundfunks fiel dann in das Jahr 1923.
Über die Schallspeicher (Platte, Film, Magnetband)
Die letzte, vor allem für den Tonfilm wichtige Voraussetzung bildete die Schaffung von Schallspeichereinrichtungen, die zu den kinematographisch festgehaltenen Bildern auch den Ton zu speichern gestatten.
Als erstes Schallspeicherverfahren ist das Nadeltonverfahren zu nennen, dessen wichtigste Entwicklungsstufe mit der Erfindung des Phonographen durch Edison im Jahre 1877 begann. Mit diesem Gerät war es erstmals möglich, akustische Schallereignisse nicht nur aufzuzeichnen, sondern auch wiederzugeben. Dieses Verfahren bedurfte jedoch ebenfalls elektrischer Verstärkungsmittel, um eine brauchbare Aufzeichnung und Wiedergabe zu erhalten.
Mangelnde Synchronität beim Tonfilm
Noch bis zum Jahre 1940 war es der Rundfunk, der mit Hilfe des Nadeltonverfahrens einen großen Teil seines Sendeprogramms speicherte. Dagegen konnte sich das Verfahren beim Tonfilm nicht durchsetzen, da die Beherrschung der Synchronität zwischen Bild und Ton schwierig war.
Beim Tonfilm führte die Entwicklung deshalb dahin, den Ton, genau wie das Bild, auf einem gemeinsamen Filmstreifen fotografisch zu speichern. Die erste praktische Verwirklichung des Gedankens einer Lichttonaufzeichnung und -Wiedergabe gelang Ernst Ruhmer im Jahre 1901. In eine praktisch brauchbare Form wurde das Verfahren jedoch erst von Hans Vogt, Jo Engl und Joseph Massolle - einer Erfindergemeinschaft mit dem Namen: „Triergon" - überführt, die ihre damit hergestellten Filme erstmals 1922 öffentlich vorführten. Genau wie heute wurden damals bereits Bild und Ton zwar auf getrennten Filmstreifen aufgenommen, aber danach auf einen gemeinsamen, für die Vorführung bestimmten Filmstreifen kopiert.
Das Magnettonverfahren
Das letzte, heute wichtigste Schallspeicherverfahren stellt das Magnettonverfahren dar, das 1898 von Poulsen erfunden wurde. Nach der Erfindung der Verstärkerröhre wurde das Verfahren zu einer solchen Höhe weiterentwickelt, daß die mit hochwertigen Studiogeräten gespeicherten Tonaufnahmen einen geringeren Qualitätsverlust als bei allen anderen Speichereinrichtungen erleiden. Die Möglichkeit der Löschung und Wiederverwendung des Tonträgers, die sofortige Wiederabspielbarkeit und nicht zuletzt die Cuttfähigkeit der Magnettonbänder führte dazu, daß sich dieses Verfahren im Studiobetrieb vollständig durchgesetzt hat.
Wenn in den vorangegangenen Ausführungen das Fernsehen keine besondere Erwähnung fand, so deshalb, weil hier im Gegensatz zum Tonfilm und Rundfunk nicht die Übertragung des Tones, sondern die Übertragung des Bildes das primäre Problem darstellte, bei dessen Lösung die elektroakustischen Übertragungseinrichtungen bereits von Rundfunk und Tonfilm her in nahezu vollkommener Form existierten.