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Mit den hier aus den Fingern gesogenen Sprüchen und Kommentaren zum eigentlichen Klangunterschied bei diesen sogenannten Tests konnte ich mich noch nie anfreunden. Wenn die viel zu oft künstlichen und/oder marginalen Unterschiede erst heraustreten, weil den Testern das Blut aus den Ohren rinnt, ist schon etwas faul.
Und als dann ein in der Branche bekannter Akustik-Mediziner diese Tester mal "durchleuchten" wollte (es war um 1986), wurde er regelrecht abgewimmelt.
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Wie sie klingen oder strahlen oder sounden (1) -
man kann diesen Absatz schmerzlindernd überlesen ...
So präpariert versorgte der Referenz-CD-Spieler von Accuphase beide Boxen mit dem ersten Stück der brandneuen American-Grammaphon-CD „Fresh Air V": Als der Chor sein „Lumen" intonierte, zeichnete die CA-20 das Sänger-Ensemble sehr weit in den Raum zwischen den Boxen hinein, schuf also Distanz zur Jury. Dennoch blieben Männer- und Frauenstimmen zu einer Gemeinschaft vereint. Sie zeigten eine leichte Tendenz zum Näseln, die allerdings noch nicht störte.
Die BM8 zog das musikalische Geschehen mehr in den Vordergrund und trennte dafür die einzelnen Stimmengruppen räumlich deutlicher. Auch wirkten die Stimmen tonal ausgeglichener, obwohl die BM in den unteren Mitten ansatzweise eine leichte Zurückhaltung erkennen ließ. Doch dieser Effekt wirkte sich bei Chor nicht negativ aus.
Dies blieb auch bei großen Orchesterwerken so. Das ungemein luftig und sauber aufgenommene Walzer-Potpourri von Johann Strauss (Teldec-CD 8.43337) machte das klar. Die BM8 ziselierte Feinheiten, hier ein Rascheln, dort ein Knarren, klarer als die Canton aus dem Gesamtkomplex heraus, ließ aber das Concertgebouw-Orchester als Ganzes bestehen. Sie verschmolz die Streicher zu einer harmonischen Gruppe und trennte dennoch recht deutlich zwischen ersten und zweiten Violinen.
Die Canton rückte abermals alle Instrumente einige Meter nach hinten und packte die Instrumente außerdem ein wenig dichter, ohne sie freilich klanglich schon ineinanderzuschieben. Gegenüber der recht bieder und optisch fast schon altmodisch - je nach Standpunkt auch klassisch - wirkenden BM8 zeichnete sich die stattlich und elegant präsentierende Canton durch einen Touch mehr an Duftigkeit und Luft in den höchsten Höhen aus.
Streicher („Beethoven Violin Concerto", Denon 33C37-7508) klangen dadurch um einige Nuancen offener, besaßen mehr Schmelz als bei der BM8, die ihrerseits den oberen Grundtonbereich realistischer wiedergab. Dies fiel bei der Beethoven-Scheibe noch kaum ins Gewicht, anders dagegen bei Schuberts Streicher-Quintett („String Quin-tet", Denon 33C37-7601). Diese ungemein hautnah, quasi auf den Leib rückende Aufnahme, angereichert mit einem ganzen Teppich begleitender Geräusche - vom Schnaufen des Violinisten vorne links bis zum deutlichen Umblättern der Noten hinten rechts - war das ideale Test-Programm für die beiden Aktivisten, und sie zeigten Linien-Treue.
Die Canton arbeitete sämtliche Details sehr sauber heraus, ließ allerdings den prik-kelnden Live-Charakter ein wenig vermissen, gab die Violinen zwar sehr plastisch, doch nicht ganz so frei und offen wieder.
In den unteren Höhen könnte sie Stärkung vertragen. Die Backes & Müller zog noch einmal einen feinen Schleier beiseite, ließ die Instrumente regelrecht vor Vitalität strotzen, und das, obwohl es wieder ganz oben minimal an Luft fehlte.
Doch dies fiel nur im direkten Vergleich mit der großen BM40 und der Canton auf. Die klang in Ansätzen magerer, was vor allem auch Beckenschläge („The Dialogue") bestätigten, die zwar silbrig und klar, aber nicht nach verschiedenen Metallen klangen. Die BM8 wirkte außerdem insgesamt homogener, die Canton tendierte in Ansätzen zur Härte.
Zu diesem Eindruck trug auch die hörbar geringere Baßtiefe gegenüber der BM8 bei - die Canton kippte ein wenig in Richtung Höhen. Drehte man allerdings die Baßregler etwas auf, um diesen Effekt zu kompensieren, so kamen kräftige Paukenschläge (Mahlers „Vierte") deutlich schwammiger als bei der kochentrocken, konturiert und ungemein klar agierenden BM8.
Außerdem glänzte die klassische Saarländerin gegenüber der schicken Hessen-Box durch mehr Temperament. Freilich: nicht durch die maximal realisierbare Lautstärke - hierin war die Canton der BM sogar überlegen -, sondern durch die Art und Weise, wie die BM8 aus dem Stand heraus
ein Orchestertutti explodieren, eine angezupfte Gitarrensaite („Rondo a tre") regelrecht zerplatzen ließ.
Die BM8 von Backes & Müller ist sicher kein fehlerfreier Lautsprecher, es fehlt ihr ein wenig an Luftigkeit, und zuweilen fällt auch die angedeutete Schwäche in den unteren Mitten auf, doch ihre Stärken wiegen dies auf: nämlich eine dynamische, homogene, analytische, extrem baßstarke und enorm präzise Wiedergabe.
Die CA-20 ist sicherlich der beste Lautsprecher, den AUDIO je aus diesem Hause testete, allerdings stehen seinen Fehlern vergleichsweise wenige positive Attribute entgegen. Dennoch klingt auch dieser Aktiv-Lautsprecher recht homogen, baßstark, lebendig und spritzig und gegenüber der Mehrzahl konventioneller Lautsprecher ungemein analytisch.
Allerdings: Die Canton ist eben erst ins Regelzeitalter gestartet. Die Entwickler-Crew wird sicherlich keine 13 Jahre brauchen, um den Know-how-Vorsprung einzuholen.
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