Warum so viel Mühe mit dem Grundig SXV 6000 (1980/81)
Der Grundig Vorverstärker SXV 6000 war das bislang audiomäßig hochwertigste und aufwendigste Teil aus der Grundig Hifi-Schmiede - Made in Portugal. FineArts kam erst 1987.
Nach unseren bisherigen Hörtests kann dieser Vorver- stärker bis weit in den esoterischen High-End Bereich locker mithalten. Durch die hohen Versorgungsspan- nungen und die aufwendigen "Class A"- Endstufen können auch kritische Verstärker und Boxen problemlos mit edlen Audio-Signalen versorgt werden. Dennoch, das Alter nagt auch hier.
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Aug 2012 - wir haben unseren 1. SXV 6000 bekommen
Da die meisten dieser Vorverstärker zwischen 1980 und 1981 gebaut wurden, ist er bestimmt 30 Jahre alt. Das Äußere ist leidlich in Ordnung.
Doch bei genauerem Hinsehen ist zum Beispiel an dem großen Lautstärkeregler ganz rechts der Klarlack auf dem Aluknopf sehr stark abgeblättert, aber nicht abgekratzt.
Es kommt immer häufiger vor, daß manche Mitmenschen im Laufe ihres Arbeitslebens einen so kräftigen und aggressiven Handschweiß bekommen haben, daß sogar verchromte Schraubendreher und andere Chromvanadium Werkzeuge zu rosten anfangen.
Hier ist der Lack ringsherum an den äußeren Stellen aufgelöst bzw. abgeblättert, an denen der Bediener den Regel-Knopf angefaßt hatte.
Besichtigung und Bestandsaufnahme
Es wäre ein Wunder, wenn ihn der Vorbesitzer noch gereinigt hätte. So haben wir ein sehr stark verstaubtes Innenleben vor uns.
Die 4 verchromten Kreuzschlitzschrauben links und rechts der Abdeckung sind bereits so "angeknabbert" und ausgeleiert - da muß "jemand" schon öfter mal "reingesehen" haben.
Im Ganzen ist der Vorverstärker noch im Urzustand, jedoch - er geht nicht.
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Da es am Staub liegen könnte, wird der SXV erst mal gründlich gesäubert, also mit einem Langhaarpinsel ausgepinselt und mit Pressluft ausgeblasen. Die Naßreinigung ersparen wir ihm (vorerst).
Die Sicherungshalter bröckeln weg.
Soetwas sieht man selten, bei Grundig vielleicht öfter. Die Sicherungen sind noch intakt, und oberflächlich sieht eigentlich alles gut aus.
Kommt man mit der Tastspitze des Oszilloskopes ganz leicht an die Sicherung bzw. an eine der beiden Halterungskrallen, um die Spannung zu überprüfen, klappt eine Seite der Kralle des Halters einfach weg, nach unten. Der Kontakt war aber schon vorher unterbrochen.
Das bedeutet doch, daß das Material bereits damals beim Biegen und/oder Stanzen überbeansprucht wurde.
Nach einigen Versuchen brachen bei beiden Sicherungen alle 4 Halter auseinander und mußten ausgetauscht werden. Die nach wie vor elastischen Halter aus über 10 Jahre alten ausgemusterten PC-Netzteilen tun das super.
Die Haupt-Platine ist nahe dem Netzteil auf einer größeren Fläche bereits stark "gebräunt".
Schon beim ersten Einblick von oben in das geöffnete Gerät fällt auf, da wurde und wird etwas sehr heiß. Die bei Grundig gefertigten hellbraunen Platinen waren anfänglich sicher mal fast gelblich.
Auf der Platine stehen zwei längliche schwarze Stahlblech-Kühlbleche einfachster Ausführung mit je zwei montierten Leistungstransistoren der Gehäusetype TO-220. Dort wird also sehr viel / zuviel Wärme erzeugt.
Es ist ein sogenannter Class-A Verstärker, eigentlich ein qualitativer Leckerbissen der obersten Qualitätsklasse bei Verstärkern, der die langen Leitungen zu aktiven Boxen exzellent versorgen soll. Obwohl die Platine 3 oder 4 Löcher hat, scheint die Luft nicht wirklich zu zirkulieren. Das sieht man auch, wenn man den Deckel wieder drauf hält.
Genau über der Hitzequelle ist der Deckel nicht durch- löchert, und unten drunter ist das Bodenblech dort auch nicht gelocht. Schade, denn das ist ein ernster Konstruktionsfehler.
Die Leistungstransistoren der Class-A Endstufe wackeln ...
Es ist schon sehr merkwürdig, daß die beiden schwarzen Kühlbleche erstaunlich beweglich sind in diesem Vorverstärker. Doch dann sieht man, daß sich die Beinchen der Transistoren leicht bewegen.
Die Lötstellen haben ganz ganz feine Risse und das an jeweils allen 3 Beinchen und auch an allen 4 Transistoren.
Das ist nun wirklich nicht normal. Soetwas hört man von dem super guten aber auch sehr teuren Revox B251 Verstärker, der die Treiberstufen als Class-A ausgelegt bekommen hatte und auch dort reicht die normale Konvektion der Luft zum Kühlen überhaupt nicht aus.
Versuch der Inbetriebnahme
Alle historischen Geräte, die zu uns kommen, werden mit dem Regeltrenntrafo ganz langsam von 0 Volt über 110 Volt auf 230 Volt "hoch gefahren".
Sehr oft vertragen sie nämlich den ersten Einschaltstoß nach 10 Jahren Betriebsruhe nicht mehr.
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Also - zumindest jetzt geht er leidlich
Mit den neuen Sicherungshaltern und ohne Deckel und ohne Bodenplatte geht er. Alle Potis kratzen, doch das war zu erwarten, wenn man die teilweise offenen Potentiometer so sieht. Warum hier nicht durchgängig voll gekapselte Potis verbaut wurden, das wiederum ist ein Produktionsfehler.
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