Warum so viel Mühe mit dem Grundig SXV 6000 (1980/81)
Der Grundig Vorverstärker SXV 6000 war das bislang audiomäßig hochwertigste und aufwendigste Teil aus der Grundig Hifi-Schmiede - Made in Portugal. FineArts kam erst 1987.
Nach unseren bisherigen Hörtests kann dieser Vorver- stärker bis weit in den esoterischen High-End Bereich locker mithalten. Durch die hohen Versorgungsspan- nungen und die aufwendigen "Class A"- Endstufen können auch kritische Verstärker und Boxen problemlos mit edlen Audio-Signalen versorgt werden. Dennoch, das Alter nagt auch hier.
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Natürlich hat ein 40 Jahre altes Gerät auch Schwächen
Bei allen "akustischen" Edel-Qualitäten - jedenfalls wenn alle Kondensatoren getauscht sind - hat auch der VSX 6000 seine sichtbaren Schwächen. Zumal die Entwickler zwar supter tolle Schaltungskonzepte verwirklichen durften (und konnten) aber die Bauteile und Komponenten aus den ganz normalen Grundig Werks-Magazinen und Bauteile-Lagern verwenden sollten bzw. mußten.
Auch hier gab es wiederum Ausnahmen - wie zum Beispiel die teuren Zugbandschalter von ALPS, die auch später in einigen Fine-Arts Geräten vorgesehen waren, dann aber doch wieder - aus Kostengründen - verworfen wurden.
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Das mit den Tantal Kondensatoren ist ja ein alter Hut ....
Das haben alle Elektronik-Geräte aus diesen Jahren, ob billig oder teuer. In den Handbüchern von Röderstein steht es ganz genau drinnen, welche Vorteile und welche Nachteile diese Tantal Perlen haben und hatten.
Es war nämlich weder eine Frage des Preises noch der Liefermöglichkeiten, es war eine Frage der Baugröße und Bauhöhe in engen Schaltungen und flachen Gehäusen. Die automatische Bestückung der Platinen mit den runden Perlen war nämlich komplizierter als die der zylindrischen Elkos.
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Eine Messung zeigt es sofort
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Alle Arten von Potentiometern altern, insbesondere Trimmer
Das Kriterium ist die Kohleschicht-Bahn. Wenn die defekt ist, kracht es in den Lautsprechern. Die Schleifer auf den hauchdünen Kohleschichten der Schleifbahnen durften nicht zu stamm über die Flächen schaben, sie mußten gleiten, denn dann wäre die Kohleschicht bald runter gewesen - siehe den teuren BOSE 4401 Vorverstärker.
Nachteil ist dabei, kommt zu dem immer vorhandenen Staub auch etwas ganz normale Luftfeuchtgkeit hinzu, sammeln sich Staubklümpchen am Schleifer an und landen irgendwann auf den Kontaktflächen und schon kratzt dieses Potentiometer.
Man kann das unterbinden (oder vermeiden), indem man die Potis staubdicht "kapselt". Doch das kostet mehr Geld. Und in der Massenproduktion wird (wurde) mit "10tel" Pfennigen gerechnet.
Ein Portentiometer aus einem (10 mal so teuren) Accuphase Verstärker kann ich deshalb nicht mit dem eines Grundig SXV 6000 vergleichen, das sind Welten von Unterschieden.
Auch bei den Trimm-Potentiometern, die sowieso schon seltenst bedient (gedreht) werden, ist die Korrosion der Schleifer oder die Sulphatierung der versilberten Kontakte anfälllig.
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Drehschalter und Drucktasten-Schalter
Als die hartversilberten Kontakte neu waren, da waren es sehr gute Bauteile. Ud auch nach 5 Jahren waren sie allesamt noch gut. Sogar nach 10 Jahren waren die allermeisten noch blank. Aber jetzt nach 40 Jahren hat die ganz normale Luft zugeschlagen und die Kontakte sind allesamt schwarz.
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Um jeden Preis - Finger weg von Kontakt-Spray !!
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Die für uns wichtigen Kontakte sind innen drinnen
Lassen Sie sich von keinem Guru (oder "Fachmann") überreden, man puste da etwas Kontakt 60 oder eine andere Mischung ätzender Chemikalien rein und dann gehts wieder wie früher. Diese "reparierten" Geräte mit den jetzt mit Grünspan überzogenen Leiterbahnen können auch wir nicht mehr zurückholen. Die sind dan hin, ein für alle Male.
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Die Drucktasten- Umschaltleisten werden "schwerfälllig"
Diese Drucktasten- Umschaltleisten kamen von ganz wenigen deutschen Herstellern wie Shadow, PREH, RUWIDO und Hirschmann und ????. Die Auslösung der bereits gedrückten Taste innerhalb eines Streifens durch ein erneutes Drücken einer anderen Taste geht oft schwer und es dauert, bis die alte Taste raus kommt und die neue einrastet.
Die allen Tasten gemeinsame Verriegelungs- schiene war vielleicht mal gefettet, jetzt klemmt oder klebt sie. Reinigen ist fast unmöglich. Man kommt da nicht ran, ohne den ganzen Verstärker in die Spülmaschine zu stellen. Doch davon raten wir genauso ab wie vom Kontaktspray. Soetwas machen wir nur bei Ausstellungsstücken, die nie wieder in Betrieb genommen werden.
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Verzinkte Stahlblechgehäuse
Die verzinkten Ober- und Unterschalen sind in normalen Wohnräumen ganz sicher langlebig. Aber im Keller ist fast immer eine erhöhte Feuchtigkeit vorhanden und die nagt an diesen Teilen, mal mehr, mal weniger. Die allermeisten Grundig Geräte waren sauber verzinkt. Dennoch haben wir schon einige dicke Roststellen an solchen Stanzteilen gefunden.
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Die wunderschönen blanken ALU-Knöpfe sind lackiert
Und dieser Klar-Lack ist (nicht nur bei Grundig) empfindlich gegen den ätzenden Haut-Schweiß vieler Mitmenschen. Diese "Bediener" merken es anfängich gar nicht, doch ich habe in Autowerkstätten angerostete V2A Schraubenschlüssel (das ist Nirosta-Stahl, der kann nicht rosten) gefunden.
Dann ist bei unseren Grundigs die Haptik weg, wenn solche abgelättertern Klar-Lackreste die Optik stören. Das trifft vor allem die großen Drehsteller und deren Alu-Knöpfe.
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Die DIN-Buchsen hinten wie auch vorne
Bei Grundig wurden ab der Stereo-Zeit 1964 nur noch 5-Pol oder sogar 6-Pol DIN Buchsen verbaut. Die haben pro Kontakt eine dauerelastische kleine "Zange", die den eingesteckten Stift umkrallt. Nicht nur die versilberte Kralle in der Buchse, auch die Stifte in ganz vielen Steckern korrodieren oder sulphatieren. Dann wird es mit dem Kontakt auf einmal wackelig. Mehrmaliges Ein- und Aus-Stecken hilft "fast so gut" wie Kontaktspray, namlich ein paar Tage oder Wochen und die Probleme kommen wieder.
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Alle Arten von internen Kontakten
Auf der SABA Seite hatte ich es deutlich kritisiert, das Modul-Baustein- Denken. Jeder zusätzliche Kontakt ist eine potentielle Fehlerquelle, sei er sogar vergoldet, wie in den extrem teuren EDV-Geräten.
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Bei den hier beschriebenen Grundigs werden die einzelnen Platinen mit Flachbandkabeln kombiniert. Die Stecker an diesen Kabeln sind nicht die feinsten, die es gab. Sie stammen aus der Fernsehtechnik von Grundig und bekommen nach 40 Jahren auch so ihre Probleme. Für mehrfaches Stecken sind sie auch nicht mehr so leicht im Nehmen, zumal es keine Litzen sind, sonder starre Drähte. Wenn die innen drinnen brechen, merkt man es erstmal nicht.
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Die Mini-Kappen der Drucktasten auf der Front
Da die verfügbare Höhe des sehr flachen Chassis sehr begrenzt ist, wurden spezielle Drucktasten auf 2 speziellen Platinen konstruiert. Das sind die Tast-Platte 5-fach (links die Eingangswalltasten) und die Tast-Platte 7-fach (rechts mit Flat, Defeat und Calibration-Ton)
Die Halterungen / Führungen aus Kunststoff wurden von hinten in die ausgestanzten Lochungen des ALU-Profiles eingeklebt. Doch nach 40 Jahren ist der Kleber absolut ausgehärtet und bei der Demontage des Alu-Profils fallen diese Halterungen mitsamt der verchromten Tastenkappen einfach heraus.
Die aufgeklemmten weißen Kunststoffringe halten die Halterungen nicht mehr. Leider "schießen" die kleinen Druckfederchen (1mm Durchmesser und 8mm Länge) in alle Himmelsrichtungen und sind fast nicht mehr auffindbar. Jetzt geht die Sucherei los. Eine Feder fehlt leider immer noch.
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Und es gibt auch miserable oder unfähige "Reparateure"
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In unserem zweiten VSX 6000 waren im Netzteil-Bereich nur noch 3 x 100 uF / 100 Volt Kondensatoren eingelötet. Wer war das ??? Vorgegeben waren für den 22 Volt Kreis 1000uF/35 Volt und für die 70 Volt Versorgung 2 x 220 uF/100V. War da jemand so blind, die Werte auf den alten Kondensatoren nicht lesen zu können oder war er der Meinung, da tun es auch - völlig ausreichend - jeweils 100uF. In anderen Geräten, die bei uns zur Reparatur einlanden, sind noch krassere Fehldenker am Werk gewesen.
Der VSX 6000 hat natürlich den Vorteil, nutzt man nur den 1 Volt RMS Ausgang zu der Endstufe oder den Aktiv-Boxen, fällt das "fast" nicht auf, daß auf der 55 Volt Versorgung oben ein heftiger Ripple drauf ist. In diesen hohen Spannungs-Bereich kommt man dann normalerweise nicht. "Experten" können das angeblich doch hören.
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Die Reparatur mit neuen Elkos und größeren Kapazitäten
Beim Netzteil eines Verstärkers kann Kapazität beim Sieb-Eklo nicht schaden. Es kostet einfach nur mehr Geld, jedenfalls in dr Produktion bei 10.000 Stück. Inzwischen sind die Elkos bei gleicher Spezifikation erheblich verkleinert worden.
So können wir jetzt 2200 uF und 2 x 220 uF einlöten. Das hätte vor 40 Jahren in das flache Gehäuse einfach nicht rein gepaßt.
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Auch hier kommt noch mehr .........
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