Warum so viel Mühe mit dem Grundig SXV 6000 (1980/81)
Der Grundig Vorverstärker SXV 6000 war das bislang audiomäßig hochwertigste und aufwendigste Teil aus der Grundig Hifi-Schmiede - Made in Portugal. FineArts kam erst 1987.
Nach unseren bisherigen Hörtests kann dieser Vorver- stärker bis weit in den esoterischen High-End Bereich locker mithalten. Durch die hohen Versorgungsspan- nungen und die aufwendigen "Class A"- Endstufen können auch kritische Verstärker und Boxen problemlos mit edlen Audio-Signalen versorgt werden. Dennoch, das Alter nagt auch hier.
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Wozu braucht man diesen Stufenschalter ? Für die Loudness.
Der alte normale analoge Lautstärkesteller ist ein Doppel-Potentiometer mit einer logarithmischen Kennlinie des Widerstands-Verlaufes. Damit läßt sich die angenehme Hör-Lautstärke der Hifi-Anlage gehörmäßig einstellen / regeln und zwar gehörmäßig nahezu fließend linear.
Weiterhin haben solche Potentiometer der gehobenen und höheren Kategorie zwischen dem Anschlß am Fußpunkt und dem anderen (oberen) Ende der Widerstandsbahn zwei zusätzliche Abgiffe. So nennen wir die über den Drehbereich verteilten zusätzlichen Anschlüsse.
An diese Anschlüsse wir ein mehr oder minder komplexes Netzwerk aus Kondensatoren und Widerständen angeschlossen, mit dem der Frequenzbereich an den beiden Enden des Hörbereiches beeinflußt wird.
Diese Beeinflussung hebt bei den unteren (leisen) Lautstärken die tiefen Töne und die höheren Töne variabel fließend an, sodaß der Hörer einen angenehmen Klangeindruckt erhält.
Ist die eingeschaltete Quelle zu leise, müßte das Lautstärkepoti ziemlich weit aufgedreht werden. Die Loudness-Korrektur funktioniert dann fast nicht mehr. Ist die Quelle hingegen zu laut, werden diese Loudness-Korrekturen viel zu stark wirksam, es würde wummern.
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Mit einem zusätzlichen Pegelsteller - oder wie hier - mit einem präzisen Stufen-Schalter kann der Hörer - je nach eingeschalteter Quelle - eingreifen und den Regelbereich korrigieren.
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Wie man es nicht machen sollte
In manchen "Japanern", auch in Geräten der oberen Preisregionen, wurden ganz einfach dreh- oder schaltbare Widerstandsnetzwerke vor oder hinter den Lautstärkesteller "plaziert" mit all den negativen Eigenschaften, die dort nicht hingehören. Es geht um den Übersteuerungsbereich, den sogannnten Headroom.
Was dort in den wirklich aufwendigen Vorstufen und Treiberstufen an Reserven einkonstruiert worden war, wurde durch solche primitve Abschwächer-Technik wieder kontakariert. Auch wird so der Fremdspannungsabstand nicht verbessert, eher verschlechtert. Anders bei Grundig : In den FineArts Verstärkern wurde dafür eine noch anfwendigere Schaltungs-Technik mit Vierfach-Potis eingesetzt, hier im SXV 6000 war es noch anders.
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Ganz wichtig - ohne Schaltplan geht gar nichts
Nach vielen (gefundenen) Fragmenten der SXV-6000 Service-Anleitung habe ich endlich (durch Zufall) einen sehr breiten Scan des Gesamtschaltplans (6 MB als PDF) gefunden - vielen Dank an den unbekannten Kollegen. Dieser jetzt zusammenhängende Schaltplan hilft ungemein, weil er erstens wirklich zusammenhängend in Farbe gescannt ist und dann die Steckerleisten- und Leitungs-Nummern sauber zu lesen sind. Also der Pin "1 8 4" ist in Wirklichkeit der Pin "1 B 4" von der Steckerleiste "1B". Jetzt macht das Nachverfolgen der Stromlaufpläne Sinn.
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Der Pegel-Dreh-Schalter im SXV 6000 hat massive Rasten
Teilweise noch ins "Unreine" geschrieben
Sucht man einen Fehler, weil ein Kanal ab einer bestimmten Stellung ausbleibt, geht das akribische Suchen los. Dann muß man erst mal aus dem umfangreichen Schaltplan die Logik herauspicken, wie sich das ein Audio-Ingenieur damals erdacht und gemacht hatte.
Hier kommt das 1. Foto
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Der Pegel-Dreh-Schalter oben und unten - nebeneinander
Hier das Protokoll von der Sucherei, wie dieser Schalter funktioniert
Das Audio Signal (Links) kommt von der Steckerleiste 1B von Pin 1 B 2 (-12db bis -8db) und geht vom Drehschalter zum R532 und R538 und dann L-Poti (R546) und die 2. Leitung vom Pin 1 B 3 geht von R528 auf Pin 1 B 7.
8-Pol Stift-/Steckerleiste "1B" (Reglerplatte neben Pegelschalter) geht zu
8-Pol Stift-/Steckerleiste "1A" auf Chassisplatte (zum 6dB Amp) mit PIN 1 bis 8
Signal Left an R201/C109 Pin 2 und Pin 3 und
Signal Right an R202/C211 Pin 6 und Pin 7
Pin 1 B 4 und 1B5 = Leitung (30) und (31) geht auf Masse
Pin 1 B 7 (27) und 1B3 (26) gehen an die +8dB Widerstände R527 und R528
Pin 1 B 2 (28) und 1B6 (29) gehen an -12db -Signal ankommend - R505 und R506
Pin 1 B 8 (17) ist +53 Volt an Pin 8
Pin 1 B 1 (21) ist +22 Schaltspannung CAL und Monitor an Pin 1
Der Pegelstufenschalter ist recht aufwendig konzipiert. In zwei Einstellbereichen werden mit genauen Widerständen genau berechnete Spannungsteiler- Kombinationen gegen Masse geschaltet (auf Masse gezogen). Da knackt nichts und es gibt auch keine unkontrollierbaren Schaltpausen.
Der Pegelstufenschalter hat zwei Funktions-Bereiche, mit denen er (von -12dB bis -8dB) in den Einstellbereich des Lautstärkestellers R546/R547 eingreift und (von Stufe -4dB bis +8dB) in die Gegenkopplung des nachfolgenden 6dB Verstärkers eingreift.
Alleine in der Einstellung (-6dB) ist der Stufenschalter komplett inaktiv. - ROTE PFEILE - Das Audio-Signal wird weder verstärkt noch abgeschwächt.
Hier kommt das 2. Schaltbild
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Aufpassen - Fehler - der Pfeil bei (F) ist falsch
Das "Funktionschaltbild" oder auch das System- diagramm im Service-Manual ist an der Stelle des Pegel-Stufenschalters falsch - oder nur "ungenau".
Das Ausgangssignal des 6dB Aufholverstärkers (T31 und T32) wird über C109/C111 und R201/R202 ausgekoppelt und über die Pins 1 B 3 und 1 B 6 auf das nachfolgende (passive) Lautstärke Potentiometer geschickt. Dabei wird mit den drei (-12dB bis -8dB) Stufen und den dortigen Widerständen dieses ankommende Signal passiv gegen Masse herunter "geteilt".
Bei den anderen sieben Schaltstufen (-4dB bis +8dB) wird über die Widerstandskette R527 und R528 (und folgende) die Gegenkopplung des 6dB Aufholverstärkers und damit (rückwärts) die Verstärkung des 6dB Aufholverstärkers gesteuert bzw. festgelegt.
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Die sehr gut dokumentierten Signalspannungs-Messungen
Folgende Referenz-Audio-Signale sind mit einem RMS Voltmeter meßbar :
Am Eingang von T26/T27 sollen 500mV des Pegeltons gleichermaßen zu messen sein
am Eingang von T28/T29 sollen ebenfalls 500mV Pegelton zu messen sein,
am oberen Ende des Lautstärke-Potis R546/R547 sollen 850mV zu messen sein
am Ausgang zum Class-A Verstärker am Stecker 5B/5A sollen 480mV zu messen sein.
An den Widerständen R238 und R239 (je 10 Ohm und 1 Watt hinter dem Koppel-Kondensator) soll die unverzerrte Audio-Maximalspannung zu messen sein.
Sind beide Ausgänge mit den Fronttasten abgeschaltet, sind beide Ausgänge auf Masse geklemt.
Der Ausgang NF1 ist im Betrieb mit einem nahezu 1:2 Spannungsteiler und einem nicht ganz auf Null einstellbaren Poti am Class-A-Verstärker angekoppelt. Der Ausgang NF2 wird mit einem festen Spannungsteiler 1300 zu 330 deutlich abgeschwächt und ist nicht regelbar.
Laut Beschriftung sollen an NF1 maximal 10 Volt RMS rauskommen, an NF2 sollen es maximal 1 Volt RMS sein.
Das testen wir mit dem Scope.
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