Heute kam von RR das Technische Manual zu den LV 720
10.3.2011 - Eigentlich nennen wir soetwas Service-Unterlagen, bei Braun hieß es Technische Information Elektroakustik - Lautsprecher Verstärker LV 720
Und dort steht alles drinnen, das man braucht, um diese Boxen wieder auf Vordermann zu bringen und auch die heutige Erwartungshaltung bezüglich der damaligen Über-Qualität zu reduzieren.
Beim Braun Quadro Abend in Kronberg war mir aufgefallen, daß die Bässe aller 4 Boxen bei hohen Lautstärken blubberten oder schlabberten, vermutlich durch Überschwingen. Sieht man auf den Schaltplan des Bassverstärkers, so verstärken sich die Vermutungen, daß der Dämpfungsfakter gering sein muß. Die beiden parallel geschalteten Basschassis (3,4 Ohm) sind mit einem 4.700 uF Kondensator in Reihe angekoppelt. Das ist eine notwendige technische Eigenart der damaligen frühen Transistorverstärker. Somit kann ein einmal angeregtes Basschassis ziemlich ungebremst aus- oder überschwingen.
Der Netztrafo liefert sekundär 2 Spannungen
Der 220 Volt Netztrafo liefert (nach der Gleichrichtung) die Spannung von nominell 37V für den MT- und HT- Verstärker sowie die Spannung von 63V für den TT-(Bass-) Verstärker. Bei 230 Volt sind diese Spannungen entsprechend höher. Beide Wicklungen haben noch keine Mittenanzapfung !!!, sondern 0 Volt und 63 Volt und beide Spannungen werden mit je etwa 4.700 uF geglättet. Die Frequenzweiche wird aus den 63V des Bassnetzteils mit versorgt.
Der Netzschalter kann das Relais überbrücken, sodaß die Verstärker dauernd an sind. Das Netzrelais könnte alternativ von einem Braun Tuner-Vorverstärker CES 1010 angesteuert werden. Eine automatische Anschaltung wie bei den Heco oder Canton Aktivlautsprechern gibt es hier nicht.
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Die Chassis an allen 3 Kanälen werden über Kondensatoren angekoppelt.
Diese Technik des Abblockens der Gleichspannung der Endverstärker war 1969 eigentlich nicht mehr zeitgemäß und führt zu einigen qualitativen Problemen. Die besseren Verstärker hatten fast alle direkt gekoppelte Lautsprecherausgänge. (Dort erzeugte man nicht 63 Volt, sondern +32 Volt und -32 Volt.) Die Koppelkondensatoren der Braun LV 720 sind mit 2 x 1000uF und 4,700uF zwar großzügig bemessen, doch direkt gekoppelte Endstufen haben einen deutlich höheren (besseren) Dämpfungsfaktor, der insbesondere beim Bass Nachschwingungen des oder der Chassis unterdrückt.
Die Beschreibung im Manual ist ordentlich.
In der Einstellbeschreibung steht detailiert, wie diese Box mit den 3 Verstärkern abgeglichen werden sollte, daß zumindest die Grunddaten erreicht werden.
Die Frequenzweiche hat einen Eingangspegelregler (auf der Außenseite der Kühlrippen) und dazu je einen für HT und TT Bereich. Weitere Trimm-Potis auf der Platine der Weiche gibt es aber nicht. Eigentlich ist das auch schon recht dünn, weil damit der Regelbereich der äußeren Potis schon benutzt wird, um Pegel-Schwankungen der Weiche oder der Endstufen auszugleichen und nicht, um temporäre Anpassungen an den Raum vorzunehmen. Es fehlt ein inneres Potentiometer pro Endstufe. Doch das kann man nachrüsten.
Alle drei NF- Treiberverstärker haben ein Trimmpoti zur Ruhestromeinstellung nach Vorgabe. Die Trimmpotis für die 0 Volt Ausgangsspannung gibt es bei dieser Schaltung nicht. Die drei Endstufen werden dabei mit 4 Ohm belastet. Die Schaltung ist dem Stand der Technik entsprechend recht simpel. Eine Temperaturkompensation bei den Endstufen habe ich auch nicht gefunden.
Die Chassis der Braun L710 und der LV720 sind vermutlich nicht austauschbar
Die mechanisch absolut gleich großen Chassis haben unterschiedliche Produktnummern und unterschiedliche Impedanzen.
Das ist übrigens bei den Basschassis der Heco P4302 und P7302 ebenso. Die sind auch mechanisch baugleich und dennoch wegen der unterschiedlichen Impedanz nicht austauschbar.