Es ist Januar 1982 - In der "elrad" steht ein Artikel.
An dem Philips/Sony CD Projekt wird immer noch gefeilt. Zahlreiche Zeitschriften und Magazine schreiben immer mehr über diese völlig revolutionäre Technik, teilweise sogar konträre Ausführungen.
Hier kommt eine Ableitung von der geplanten Musik- CD zur Daten-CD. Übrigens, der IBM PC war zu der Zeit noch nicht geboren, der kam erst im Mai 1983.
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HiFi-Technik für Computer:
Die Compact-Disc mit großem Bruder
Die Compact-Disc von Philips ist noch nicht auf dem Markt, und schon gibt es neuen Wirbel - diesmal auf dem Computer-Sektor; genauer gesagt auf dem Gebiet der Daten-Speicher. Denn mit der Laser abgetasteten Schallplatte kann man nicht nur hervorragend Musik speichern und wiedergeben, sondern ebensogut hochkarätige Datenspeicher aufbauen.
Unsere Großeltern haben wahrscheinlich noch jedesmal einen frisch angespitzten Bambusspan benutzt, um eine Platte auf ihrem Grammophon abzuspielen. Ein Fortschritt waren dann bereits die kratzenden Stahlnadeln, die nur für ein einmaliges Abspielen einer Plattenseite der alten 78er' zu verwenden waren, dann warf man sie fort.
Die fünfziger Jahre brachten die Kunststoffplatten mit Mikrorillen, die Saphirnadeln und schließlich den Diamanten. Dank der Forschungen von Philips und anderer Unternehmen werden uns die achtziger Jahre die Laserstrahl-Abtastung bescheren, die aus den verschiedensten Gründen alle ihre Vorläufer sehr schnell zu Museumsstücken degradieren wird.
Die heutigen HiFi-Schallplatten leiden sehr durch abgenutzte Saphire oder Diamanten, durch Staub, Kratzer oder andere Beschädigungen der Plattenoberfläche. So mußten die Ingenieure im Kampf gegen Kratzer und Rauschen Systeme erfinden, die es erlaubten, bei der Aufnahme die hohen Töne anzuheben, um sie nachher bei der Wiedergabe wieder absenken zu können. Damit werden Geräusche, die von der Plattenoberfläche stammen, weniger aufdringlich hörbar, da sie ebenfalls im oberen Tonbereich liegen. Trotzdem erfordert der Kampf gegen statische Aufladungen, Staub und anderen Schmutz, der sich an der Abtastnadel anlagert, ständige Aufmerksamkeit und Sorgfalt, um eine einigermaßen saubere Wiedergabe zu erhalten.
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Neue Plattenspieler für den Konsumbereich für 115mm Scheiben
Wirklich neue Technologien wird es beim Plattenspieler in der Zukunft nur bei der digitalen Aufzeichnung auf Kompaktschallplatten (Compact Disc) und bei neuen Systemen zur Abtastung geben. Die neue Laserabtastung kann, zumindest im Konsumbereich, mit den üblichen Verstärkern und Lautsprechern kombiniert werden, so daß unter den HiFi-Komponenten lediglich der Plattenspieler ausgetauscht werden muß.
Die Philips 'Compact Disc' hat bei 115mm Durchmesser eine Spielzeit von 60 Minuten. Auch sie wird sich in einem Plattenspieler drehen. Damit hört aber schon jede Ähnlichkeit mit den herkömmlichen Geräten auf. Da die Speicherung auf der Platte digital erfolgt und die Abtastung rein optisch vorgenommen wird, ist die Klangreproduktion unübertroffen.
Anmerkung: Die Philips Entwicklung hatte ursprünglich 11cm Durchmesser, wurde dann auf 11,5cm erhöht und mit dem Einstieg von Sony endgültig auf 12cm festgelegt.
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Das Prinzip - wie es funktioniert:
Das Abspielprinzip der Platte beruht auf der Ablenkung von Licht, das heißt, daß die gespeicherte Information ohne jeden mechanischen Kontakt abgenommen werden kann. Die Speicherung erfolgt auf einer Spiralspur in mikroskopisch kleinen Vertiefungen, den sogenannten 'Pits'. Im Abtastkopf wird ein optisches System mit einem Aluminium-Gallium-Arsenid Laser benutzt. Das Licht, das von einer metallischen Schicht in der Platte reflektiert wird, enthält die Information in digitalisierter Form, aus der dann die ursprüngliche Aufnahme dekodiert wird.
Die heute gebauten Laser lassen eine Lebensdauer von mindestens 2.000 Stunden erwarten. Die bis jetzt vorgestellten Geräte, von denen Philips hofft, sie Ende 1982 / Anfang 1983 (endlich) auf den Markt bringen zu können, sind nicht größer als ein normaler Kassettenrecorder. Sie können an jede übliche Stereoanlage angeschlossen werden.
Die Platte ist nur auf einer Seite bespielt. Auf der Schicht mit der eingepreßten Digitalinformation wird ein metallischer Niederschlag aufgedampft und dieser schließlich noch mit einer Schutzschicht versehen. Die Platte ist leicht und hat trotzdem eine große mechanische Festigkeit. Da die Information nicht auf der Oberfläche, sondern 'in' der Platte gespeichert ist, ist sie unempfindlich gegen Staub, Schmutz, Kratzer und Abnutzung. Wegen des kleinen Durchmessers von nur 115 mm ist auch die Lagerhaltung problemlos.
Die Bedienung des Abspielgerätes ist denkbar einfach. Man wählt nur eine der Funktionen wie Abspielen, Stop, Automatik oder Suchlauf, und schon wird dem Wunsch entsprochen.
Wie geht es weiter mit der Entwicklung ?
Nun sind die Philips-Entwickler aber nicht bei diesem Erfolg stehengeblieben, sondern haben versucht, diese neue Technologie aus dem Konsumenten-Bereich in die professionellen Sphären zu übertragen. Denn in der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) besteht ein großer Bedarf an billigen, unauffälligen und narrensicheren Datenspeicher-Systemen.
Allerdings mußten und müssen von Philips noch einige Probleme bewältigt werden. So galt es, ein billiges Plattenaufnahmegerät für digitale Informationen zu entwickeln, welches die Möglichkeit bot, schon während der Aufnahme wieder abspielbereit zu sein. Zudem sollte die Aufnahme in einem normalen Raum - also am Arbeitsplatz - vorgenommen werden können, der nicht, wie sonst üblich, absolut staubfrei sein mußte.
Man entschied sich für die optische Aufnahme mit Laserlicht und schuf eine Platte, deren Speicherkapazität 25mal größer war als bei der heute üblichen magnetischen Aufzeichnung mit 6250 Bit/inch. Wegen der bereits aufgebrachten Schutzschicht ist keinerlei Nachbehandlung erforderlich. Die Aufzeichnung auf einem Telluriumfilm garantiert eine Lagerungsfähigkeit von mindestens 10 Jahren,
Darüber hinaus können sich bei der Aufnahme keine Fehler einschleichen. Durch das besondere optische System können die bei der Aufnahme aufgezeichneten Daten unmittelbar überprüft werden. Jede Unregelmäßigkeit wird dadurch sofort erkannt. Bei Philips nennt man diese Entwicklung das DRAW (direct read after write) Informationssystem. DRAW speichert auf einer Platte von 300 mm Durchmesser auf 40.000 Umdrehungen pro Seite 1-1010 Bit.
Der Aufbau der optischen Speicherplatte
Die große Speicherplatte unterscheidet sich im Aufbau von der zuvor beschriebenen Compact Disc. Es wurden zunächst die verschiedensten Materialien auf ihre Eignung als Informationsträger und als Schutzschicht gegen äußere Einflüsse untersucht. Es mußten dabei die optischen Eigenschaften, die reproduzierbar konstante Plattendicke, die mechanische Widerstandsfähigkeit und nicht zuletzt die Kosten in Betracht gezogen werden. Die Wahl fiel auf Plexiglas (Polymethacrylsäure-Methylester) als Basismaterial.
Ein Film aus Tellurium bildet den Informationsträger. Wegen seiner exakten Reproduzierbarkeit, seiner Lagerfähigkeit, seinem Auflösungsvermögen und seiner hohen Aufnahmeempfindlichkeit schien dieses Material besonders geeignet. Die Empfindlichkeit des Telluriumfilms gestattet es, mindestens 10 Megabit pro Sekunde mit weniger als 8mW Laserleistung aufzuzeichnen, Verfahren zur künstlich beschleunigten Alterung des Tellurfilms zeigten, daß er eine Lagerfähigkeit von mindestens 10 Jahren bei normaler Raumtemperatur besitzt.
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Eine durchsichtige Deckschicht schützt vor Kratzern, Staub, Fingerabdrücken etc. Dieser Aufbau der Platte wird von Philips als 'Luft-Sandwich' bezeichnet (Bild 1). Dieses Sandwich besteht aus zwei runden Scheiben, von denen jede mit einem Telluriumfilm bedampft ist. Zwei Zwischenringe halten innen und außen die Platten auf Abstand. Der Telluriumfilm wird während des Zusammenbaus in einem absolut sauberen, staubfreien Raum aufgebracht.
Das optische System
Bild 2 zeigt schematisch das optische System. Der Laserstrahl wird zunächst in zwei Teilstrahlen aufgespalten: 90% werden zur Aufnahme verwendet, 10% dienen dem gleichzeitigen Auslesen der Information.
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Der Schreibstrahl wird in einem Lichtmodulator mit dem Informationssignal codiert. Der Lesestrahl passiert zwei Spiegel und ein Strahlteilungsprisma derart, daß sich Schreib- und Lesestrahl im Objektiv wieder vereinigen. Das Objektiv fokussiert beide Strahlen auf der Informationsträgerschicht im Innern der Platte. Die auf den Film fokussierte Leistung beträgt dabei 12mW.
Da der Lesestrahl ein wenig gegenüber der optischen Achse verschoben ist, trifft er die Aufnahmespur wenige Mikrometer hinter dem Aufnahmestrahl. Das bedeutet, daß die aufgezeichneten Pits unmittelbar nach der Aufnahme wieder ausgelesen werden können.
Die Fehlererkennung und Korrektur
Eine sofortige Fehlererkennung ist damit ermöglicht. Wenn ein Unterschied zwischen dem Aufnahme- und Wiedergabesignal festgestellt wird, kann sofort eine Fehlerkorrektur erfolgen. Durch eine nicht ganz ebene Platte können vertikale Abweichungen der Informationsschicht bis zu einem Millimeter auftreten.
Jede Defokussierung wird sofort optisch registriert und durch ein Servosystem ausgeregelt. Während der Wiedergabe folgt ein Korrekturspiegel radial der aufgezeichneten Spur. Der Lesestrahl muß auf 0,1 • 10 hoch -6 m genau der Spur nachgeführt werden. Durch die Summierung der Exzentrizitätsfehler bei Aufnahme und Wiedergabe kann die Spurversetzung bis zu 50-10-6 m betragen. Die Abweichungen müssen durch den Radialspiegel ebenfalls auf 0,1 jum ausgeregelt werden. Optische Sensoren erfassen jede Abweichung von der Spur und erzeugen eine Regelspannung, die über ein Servo am Radialspiegel den Fehler ausgleicht.
Der Vergleich mit der magnetischen Aufzeichnung
Ein Vergleich zwischen den zur Zeit besten kommerziellen magnetischen Speicherverfahren und der optischen Platte ist interessant (Tabelle I). Bei der optischen Aufzeichnung sind die Kosten pro gespeichertem Informationsbit beträchtlich niedriger, die Lagerfähigkeit ist größer, die Zugriffszeit ist geringer, und zudem sind die Aufzeichnungs- und Lesegeräte preiswerter.
Der Hauptvorteil der magnetischen Aufzeichnung liegt in der Löschbarkeit der Information und der Wiederverwendbarkeit des Aufnahmematerials. Das laseroptische System ist dazu nicht geeignet, denn seine Aufzeichnungen bleiben permanent gespeichert.
Kurz zusammengefaßt sind die Hauptvorteile der optischen Platte die niedrigen Kosten, die wirtschaftliche Speicherkapazität und die verbesserten Archivierungseigenschaften.
Die räumliche Informationsdichte der optischen Platte ist ebenfalls höher - sie ist etwa hundertmal größer als bei magnetischer Aufzeichnung mit 6250 Bit/inch.
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Der Stand von 1981 !!
Die magnetische Aufzeichnung hat ihre maximale Packungsdichte bei etwas weniger als 108Bit/quadrat-inch (Bild 3).
Die optische Aufzeichnung auf Metallfilm hat diese Informationsdichte bereits erreicht, und Werte von 109 Bit/inch2 wird die Entwicklung in naher Zukunft bringen.
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Jetzt die Bildplatte :
Bei der Bildplatte werden etwa sechs Bit der Information in jedem Pit der Platte abgebildet. Das Aufnahmeformat, das für die Digitalplatte gewählt wurde, ist hier noch konservativ und ordnet jedem Pit nur ein Informationsbit zu.
Die augenblickliche Forschung und Entwicklung zielt auf eine Speicherkapazität von ca. 1011 Bit. Man bemüht sich, die Pits noch kleiner zu machen, den Spurabstand weiter zu verringern, eine noch effektivere Datencodierung zu finden und die Anzahl der codierten Bit pro aufgezeichnetem Pit zu erhöhen.
Dadurch, daß die Kompaktschallplatte - das Baby der Konsumindustrie - Einzug in die EDV gefunden hat und sich daher einige Forschungs- und Entwicklungsabteilungen um Verbesserungen bemühen, werden in absehbarer Zeit wohl die Ergebnisse dieser Arbeit in den Konsumbereich zurückfließen.
Die Einführung des laseroptischen Systems wird uns daher morgen eine bessere und betriebssichere Alternative zum herkömmlichen Plattenspieler bieten, die auch den anspruchsvollsten Musik liebhaber zufriedenstellen wird.
Allan Concannon - geschrieben im Herbst 1981