Ende 1967 präsentierte sich Braun von seiner schönsten und erfolgreichen Seite - auf 10 Seiten.
Manche alten Braun Mitarbeiter sagen, es sei die schönste Zeit bei Braun gewesen, denn Braun Hifi war erfolgreich, nach draußen klang es jedenfalls so.
Wenn Sie das Bild rechts betrachten, sehen Sie einen der katastrophal unerfolgreichen Fernseher und daneben die edlen Super-Hifi-Anlagen, jedenfalls damals war Braun Hifi absolut super.
Doch das Geld, also der Gewinn für die Firma und für Neuentwicklungen wurde mit dem Kleinkarm ganz vorne in der ersten Reihe erwirtschaftet. Und für den Amerika-Einstieg reichte es nicht.
Der Texter des Prospektes schreibt:
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Das Gesicht einer Firma
Das Gesicht einer Firma ist nicht nur die Summe der Gesichter ihrer Mitarbeiter - bei Braun sind es jetzt fast 6000.
Es erhält seine wesentlichsten Züge von den Menschen, die Entscheidungen treffen und die Verantwortung dafür tragen.
Als die beiden Brüder Braun das Werk 1951 beim Tod ihres Vaters übernahmen, war Braun ein Mittelbetrieb wie jeder andere dieser Art. Braun stellte Radios her, hinter deren polierter Fassade man den technischen Charakter kaum ahnen konnte.
Es war Talmi, verlogenes Zeug, das durch aufgeklebte Goldleisten und polierte Furniere mehr Wert vortäuschen wollte, als dahinter war. Erwin und Artur fanden das scheußlich. Und da sie von Natur sensibel und konsequent zugleich sind, beschlossen sie, das schleunigst zu ändern.
Überzeugungsarbeit war gefragt
Es gab damals kaum jemand, der an den Erfolg dieses Vorhabens glaubte. Weder unter den alten Braun-Händlern, noch im eigenen Mitarbeiterstab. Trotzdem ließen sich Erwin und Artur Braun nicht entmutigen. Sie machten Marktuntersuchungen und fanden heraus, daß es außer ihnen noch mehr Leute geben mußte, die Radios in pseudo-antiken Truhen schrecklich fanden.
Freunde, wie Dr. Fritz Eichler, der Leiter der Braun Produkt- und Werbegestaltung wurde, Hans Gugelot und Otl Aicher, von der Hochschule für Gestaltung in Ulm, waren begeistert.
Zusammen mit den Inhabern erarbeiteten diese Männer vor allem die Methoden, nach denen auch heute noch Braun-Geräte gestaltet werden. Sie räumten allen Plunder ab und stellten fest:
Braun Geräte sind ihrem Wesen nach Werkzeuge. Sie rühren Teig, rasieren Barthaare ab, geben Schallplatten wieder und projizieren Diapositive.
Das so gut wie möglich zu tun, ist ihre primäre Aufgabe. Es genügt aber nicht, daß sie ihre Aufgabe techniscn einwandfrei erfüllen. Sie müssen auch gut «funktionieren». Hier ist absichtlich dieser Ausdruck gewählt, weil er vom Wort «Funktion» abgeleitet ist.
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Über die Funktion
Dieses Wort bezeichnet, wenn man so will, eines der Gesetze, die die Braun-Arbeit bestimmen. Wie es Dr. Fritz Eichler formuliert hat, ist die Funktion Ausgangspunkt und Ziel der Gestaltung. Deshalb wird nicht nur das Gerät selbst geprüft, sondern auch jeder Knopf, jede Schraube, jeder Schalter, ob er seine Funktion so gut wie irgend möglich erfüllt.
Die meisten Braun-Geräte stehen in enger Beziehung zum Menschen. Manche, wie der Rasierer, sind sogar «hautnah». Es ist deshalb selbstverständlich, daß Braun sich ganz besonders um die Details kümmert, die direkt mit dem Menschen in Berührung kommen.
Das klingt einfach und selbstverständlich. Aber wie viele Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie viele Schalter, Handgriffe, Werkzeuge, Sitzmöbel und sogar Wohnungen nehmen keinerlei Rücksicht auf die Menschen, die sie benutzen sollen.
Unsere Geräte sollen stille Helfer und Diener
Braun sieht die eigenen Produkte immer im Gebrauch, im täglichen Umgang, nicht im Schaufenster und — normalerweise — auch nicht im Museum. Erwin Braun hat einmal gesagt: «Unsere Geräte sollen stille Helfer und Diener sein. Unauffällig und zurückhaltend, aber immer da, wenn sie gebraucht werden».
Die starke Betonung der Funktion ist nicht das einzige, was Braun-Geräte kennzeichnet. Hinzu kommt ein Prinzip, das für Braun charakteristisch ist: das der Ordnung.
Wer diese Produkte genauer betrachtet, wird feststellen, daß jedes einzelne von ihnen «aufgeräumt» ist, um ein anderes Wort für ordnen zu gebrauchen.
Keine überflüssige Zier - alles hat seinen Platz. Jedes Detail, und sei es nur der Kopf einer Schraube, ist anderem zugeordnet. Teile des Gerätes ordnen sich zum Ganzen.
Darüber hinaus fügen sich die meisten Einzelgeräte in ganze Gerätesysteme oder Programme, die genau aufeinander abgestimmt sind. Das Ordnungsprinzip führt aber auch dazu, daß Überflüssiges sich selbst entlarvt.
Ein Seitenhieb auf die Amerikaner ?
St. Exupery hat einmal gesagt: «Vollkommenheit ist dann erreicht, wenn man nichts mehr weglassen kann». Braun versucht, alles Unwesentliche wegzulassen.
Es geht um technische Geräte, die in allererster Linie einen Zweck zu erfüllen haben. Deshalb tritt die ästhetische Seite zunächst in den Hintergrund. Trotzdem muß auch etwas über diese Seite gesagt werden.
Es genügt eben nicht, daß ein Gerät gut funktioniert. Es muß auch gut aussehen. Es muß in den Proportionen stimmen, im Material, in der Farbe. Und es muß in die Wohnung passen. Es darf sich nicht als technologischer Alptraum in den Vordergrund drängen, den Besitzer dominieren wie das große Eichenbüffett die Patrizierwohnung. Es muß sich so gut wie möglich in die Umgebung einfügen.
Deshalb bevorzugt Braun neutrale Farben, einfache Proportionen, Ruhe und Ausgewogenheit. Deshalb passen die Radiogeräte zu guten alten Möbeln ebenso wie zu guten neuen. Mit schlechten lassen sie sich allerdings nicht kombinieren.
Diese bewußte Neutralität hat man Braun oft zum Vorwurf gemacht. Sie sei zu langweilig und einfallslos. Aber es sollen eben keine Geräte fürs Schaufenster - wenn möglich mit sex appeal - sein, sondern Geräte, die man auch dann nicht leid wird, wenn man sie täglich sieht, täglich benutzt, täglich anfaßt.
Funktionell und doch "schön"
Trotz ihrer Zurückhaltung sollen sie aber - mit ein bißchem bescheidenem Stolz - Charakter haben. Natürlich macht es Freude, wenn es gelingt - und das gelingt beileibe nicht immer - darüber hinaus etwas «Schönes» zu produzieren.
Diese Art, Geräte zu gestalten, klingt eigentlich selbstverständlich. Bei Braun sagt man dazu gern «vernünftig». Und in der Tat spielt die Vernunft dabei eine große Rolle. Aber Vernunft ist nicht etwas Selbstverständliches.
Um zum vernünftigen Kern einer Sache vorzustoßen, muß man oft ganze Berge unvernünftigen Plunders abräumen. Nur auf wenigen Gebieten wird das so deutlich, wie auf dem Gebiet der industriellen Fertigung von Konsumgütern.
Braun gibt sich die größte Mühe «vernünftig» zu sein, und zwar nicht nur in der Produktgestaltung, sondern in allen Aspekten des Unternehmens.
Neue Gedanken und neue Ideen = neue Mitarbeiter
Die Grundentscheidung der Brüder Braun, unserer Zeit angemessene Produkte zu fertigen, hatte deshalb Folgen, an die auch sie selbst im Anfang nicht gedacht hatten. Bei den Mitarbeitern fing es an. Man brauchte unvoreingenommene, aufgeschlossene, frische Leute. Keine Karusselpferde, die nur links oder rechts herum laufen können.
Man brauchte Techniker, die für Produktgestaltung Verständnis aufbringen und Formgestalter, die die Sprache und Denkweise der Techniker verstehen. Sie zu echter Zusammenarbeit zu bringen, war vielleicht das Schwierigste. Daß das gelungen ist, dürfte einer der Schlüssel des Braun-Erfolges sein.
Aber mit den Geräten allein war es nicht getan. Vernünftige Geräte verlangten eine ihnen angemessene Art der Werbung. Die Kunden sollten nicht beschwätzt werden, sondern durch Leistung überzeugt. Statt mit leeren Schlagworten spricht Braun deshalb von Röhren, Schneidkanten und Umdrehungszahlen. Von Leistung statt
von Prestige. Die Geräte werden in nüchternen, guten Sachaufnahmen gezeigt, nicht mit attraktiven Mannequins, Weihnachtsbäumen oder süßen Hundchen.
Die Firmen Identität von Braun
Drucksachen von der Visitenkarte über den Briefbogen bis zum Prospekt werden nach strengen grafischen Systemen geordnet. Einige dieser Systeme sind in der Ausstellung zu finden. Mit diesen Systemen umzugehen, verlangte vom Grafiker große Disziplin. Diese Disziplin - oder Ordnung - sichert aber wieder eine Einheitlichkeit, in der jede einzelne Aussage zur gesamten Aussage, zum «Gesicht» der Firma, beiträgt.
Schließlich brauchte Braun draußen im Land Händler, die bereit waren, das Risiko zu übernehmen, das jede Pionierleistung nun einmal mit sich bringt. Und die Firma brauchte saubere Vertriebssysteme, damit diese Händler echten Lohn für ihre unternehmerische Leistung erhalten konnten.
Man braucht kaum noch zu erwähnen, daß all das natürlich auch in den sozialen Aspekten und in den zwischenmenschlichen Beziehungen die Firma von Grund auf geändert hat. Die Sozialeinrichtungen von Braun bieten keineswegs eine Betreuung der Mitarbeiter von A bis Z. Aber sie bieten das, was man außerhalb der Firma nicht oder nicht besser geboten bekommt.
Kreativität durch Auseinandersetzen
Braun ist keine Familie, in der jeder den anderen kennt, ständig mit ihm zusammen ist und alle die gleiche Meinung haben. Das wäre schrecklich. Aber gerade in der Vielzahl der Meinungen und Charaktere, in dem schwierigen aufeinander Eingehen und in der Dynamik, die nur aus Spannungen entstehen kann, liegt die Stärke des Unternehmens.
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Braun Präsentation - völlig anders
Natürlich muß eine Ausstellung dieser Art unvollständig sein. Vieles Wesentliche ist nur angedeutet, anderes, das vielleicht eine eigene Ausstellung verdient hätte, mußte ganz wegbleiben. Trotzdem hofft Braun, daß ein Eindruck von der Eigenart des Unternehmens entsteht:
Die Ausstellung beginnt mit einer strukturellen und organisatorischen Übersicht über die Braun-Gruppe. Obwohl Braun nach außen einheitlich auftritt, ist die Firma im Inneren streng vertikal in vier Artikelbereiche gegliedert.
Die Leiter dieser Bereiche sind nicht nur für die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb verantwortlich. Sie tragen außerdem als Mitglieder des Vorstandes die Verantwortung für die gesamte Gruppe. Dadurch bleiben die einzelnen Gruppen überschaubar und flexibel, ohne daß die Gesamtheit zu sehr unter Partikularismus leidet.
Über die Fotos in dieser Broschüre
Der Übersicht folgen Entwicklungsbeispiele und Fotos aus der Produktion einer Küchenmaschine. Eine Analyse verschiedener Entwürfe zeigt, daß Designer und Techniker schon bei der Aufgabenstellung für das Gerät eng zusammenarbeiten.
Es folgt ein Beispiel für Dekorationselemente in Schaufenstern. Die Elemente, für alle Artikelbereiche gleich, können zu ganzen Wänden zusammengestellt werden. Sie sorgen dafür, daß die sonst unauffälligen Geräte im Schaufenster des Händlers zur Geltung kommen. Haushaltgeräte müssen vorgeführt werden. Ein Foto von einem Braun-Messestand zeigt, wie der Braun-Beratungsdienst diese Aufgabe erfüllt.
Braun-Geräte sollen sich unauffällig in die Wohnung einfügen. Ein Beispiel dafür: Eine Studio-Hi-Fi-Anlage in einer neuzeitlich eingerichteten Wohnung.
Besonders wichtig im Braun-Programm ist der Elektrorasierer. Kleine Fotos zeigen die Entwicklungsstufen dieses Gerätes bis zum heutigen Spitzengerät sixtant.
Übersichtlichkeit und Klarheit muß auch in der Architektur herrschen. Der von der Hochschule für Gestaltung in Ulm für Braun entwickelte Messepavillon ist ein gutes Beispiel dafür.
Das war der Einblick in eine Broschüre aus 1967
Vermutlich wurden diese Seiten erstellt, um die Übernahme durch die Firma Gillette als akzeptabel zu kommunizieren. Wann diese Broschüre nun genau heraus kam, konnte bislang nicht festgestellt werden.
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