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Gerhardt Ronnebergers Autobiographie - Deckname "SAALE" - aus 1999 - ein Generaldirektor erzählt .....

Gerhardt Ronneberger, geboren im März 1934 in Saalfeld († 2013 ?) schreibt 1999 in seiner Autobiographie (1982–1999) auf etwa 370 Seiten, wie es wirklich zuging beim MfS, der Stasi und den Betrieben in der "Deutschen Republik". Da er nie in einem richtigen Ossi-Gefängnis eingesperrt war, fehlt diese Erfahrung völlig, dafür aber die Zustände in einem West-Gefängnis und wie es dazu kam und vor allem, was danach bis zur Wende im Dez 1989 kam. Der Einstieg beginnt hier und mein Resume über das Buch endet hier.

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Kapitel 1
Ein Generaldirektor als Untersuchungshäftling

Die einführenden Seiten 4 und 5 fehlen leider.

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Von der Saale zum Chiemsee (März 1982)

Der 2. März 1982 war unfreundlich und naßkalt, einer jener Tage, an denen der scheidende Winter verbissen gegen die ersten zaghaften Anzeichen des nahenden Frühlings ankämpft. Ich saß im Zug D 303 Berlin - München, im DDR-Behördendeutsch ein „Zug im zwischenstaatlichen Reiseverkehr DDR-BRD" und im Volksmund nach wie vor „Interzonenzug" genannt, der sich durch das Saaletal schlängelte.

Mit Flüssen hat es so seine eigene Bewandtnis. Ein Fluß prägt jede Region. Deshalb sind es immer die Flüsse gewesen, die von den Dichtern und im Volkslied besungen wurden. So ist mir auch die Saale immer vertraut geblieben: „An der Saale hellem Strande stehen Burgen stolz und kühn ..." Ich habe das Lied einst in der Schule gelernt und höre es noch heute gern.

Mein Zug hatte bei Bad Kosen die auf einem 85 Meter hohem Muschelkalkfelsen seit 1150 stehende Rudelsburg passiert, auf der 1822 Franz Kugler das Lied über die Saale und ihre stolzen Burgen geschrieben hatte. Wir näherten uns bereits Jena, der Stadt von Carl Zeiss, Ernst Abbe und Otto Schott. Der Betrieb Carl Zeiss und die Friedrich-Schiller-Universität prägten stets das Leben in der Stadt und hatten sie in der Welt bekannt gemacht. Und schließlich hatte ich sechs Jahre lang in Jena gearbeitet.
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Erinnerungen während der Zugfahrt

Während ich noch wehmütig in meinen Erinnerungen kramte, hatte der Zug längst Jena und die mittelalterliche Leuchtenburg bei Kahla hinter sich gelassen. Wir näherten uns Saalfeld, der Stadt der Feengrotten, meiner Geburtsstadt.

Hier im Grünen Herzen Deutschlands, wie Thüringen gern genannt wird, hatte ich meine Kindheit und Jugend verlebt. Ich bin in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Das Geld meiner Eltern reichte oft nicht, um meine bescheidenen Kinderwünsche zu erfüllen. Diese Verhältnisse und die Kriegs- und Nachkriegserlebnisse haben mein Leben frühzeitig geprägt.

Trotz sehr guter schulischer Leistungen machte ich nicht das Abitur, sondern erlernte den Beruf eines Elektroinstallateurs. Mit der Lehre wurde ich auch gesellschaftlich aktiv, ich trat in die FDJ (Freie Deutsche Jugend) ein, besuchte die Bezirksjugendschule und wurde ehrenamtlicher FDJ-Sekretär meines Betriebes.

1952 verließ ich meine Geburtsstadt und begann ein Ingenieurstudium für elektrische Anlagen und Geräte. Mein Lehrbetrieb hatte mich zu diesem Studium an den Ingenieurschulen in Ilmenau, Karl-Marx-Stadt und Mittweida delegiert, und ich erhielt vom Staat ein Stipendium. Denn meine Eltern hätten das Studium nie finanzieren können.
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Die DDR - mein Staat - es war meine Entscheidung

Folgerichtig betrachtete ich die DDR als meinen Staat. Und als aktiver FDJ-Funktionär lag es für mich auch auf der Hand, Mitglied der SED zu werden. Den Marxismus-Leninismus verinnerlichte ich als meine Weltanschauung, in der sozialistischen Gesellschaftsordnung sah ich nach den Grauen des Krieges und des Faschismus die einzige Alternative.

Nach dem Ingenieurstudium folgte ich einem „Aufruf der Partei": Ich trat freiwillig als technischer Offizier dem Aeroclub der "Kasernierten Volkspolizei" (KVP), dem Vorgänger der Luftstreitkräfte der "Nationalen Volksarmee" (NVA), bei. Der Dienst in der KVP dauerte allerdings nur ein Jahr, bis zur Gründung der NVA. Offizier zu sein, hieß Berufssoldat zu sein. Doch das war nun keinesfalls mein Wunschtraum. Also ließ ich mich als Reserveoffizier entlassen - was übrigens ohne Probleme verlief - und ging in die Volkswirtschaft. Der Außenhandel der DDR brauchte junge Mitarbeiter mit technischer Ausbildung.
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Herbst 1956 - meine berufliche Entwicklung

So begann meine berufliche Entwicklung im Herbst 1956 mit Aufnahme einer Tätigkeit als Exportkaufmann im "Volkseigenem Außenhandelsbetrieb Elektrotechnik" in Berlin, kurz AHB ET genannt. Ich arbeitete als Exportkaufmann für Hochspannungstechnik und sammelte meine ersten Erfahrungen im Exportgeschäft mit der Volksrepublik Polen.

Nach drei Jahren wurde ich als Vertreter des AHB ET in die Handelsvertretung der DDR nach Kairo beordert. In den zwei Jahren Handelstätigkeit in Ägypten lernte ich nicht nur perfekt Englisch, sondern auch wichtige Grundlagen und Details zur Verhandlungsführung mit westlichen Geschäftspartnern, was sich in den Folgejahren für mich auszahlen sollte.

1961 kehrte ich zurück nach Berlin, wo ich Direktor für Export und Import im Außenhandelsbetrieb Heim-Electric wurde. Ich war verantwortlich für den Import und Export elektronischer Bauelemente.
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1965 - Ich ließ mich als IM "Saale" verpflichten

Zur Leipziger Frühjahrsmesse 1965 wurde ich von einem Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit namens Artur Wenzel in meinem Messebüro aufgesucht. Ohne Umschweife fragte er mich nach meiner Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Ich hatte weder Bedenken noch Gewissensbisse, und schon aus politischer Überzeugung verweigerte ich mich nicht.

Ein paar Wochen später, genau am 6. Mai 1965, unterschrieb ich meine Verpflichtungserklärung :
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  • „Ich erkläre mich hiermit einverstanden und bereit für die Organe der Staatssicherheit auf freiwilliger Basis zu arbeiten. Ich werde alle mir übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß lösen. Über Fragen und Probleme, die aus dieser Zusammenarbeit resultieren, werde ich volles Stillschweigen wahren. Ich werde keiner Person, auch nicht meinen nächsten Angehörigen gegenüber, meine Mitarbeit zur Kenntnis geben. Von mir zur Kenntnis gebrachten Informationen und Hinweisen mache ich keinen Gebrauch. Als Pseudonym wähle ich "Saale".

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Gerhardt Ronneberger Losung:
Frage: Ich möchte mit Dir die Vorbereitung für ein Schülertreffen in Mittweida beraten.
Antwort: Herr Saalbach hatte bei mir dieserhalb schon angerufen.

Gegen diese Verpflichtung verstieß ich bereits am nächsten Tag - ich informierte meine Frau. Die anderen Familienmitglieder sollten erst nach der „Wende" von meiner IM-Tätigkeit erfahren.
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Fernstudium Diplomökonom im Fachgebiet Außenwirtschaft

Im gleichen Jahr schloß ich ein sechsjähriges Fernstudium an der Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst als Diplomökonom im Fachgebiet Außenwirtschaft ab. Ich verließ 1966 den AHB Heim-Electric und nahm eine Tätigkeit in der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) "Bauelemente und Vakuumtechnik" Berlin auf.

In diesem Vorläufer des späteren Kombinates Mikroelektronik wurden erste Schritte zur Entwicklung der Mikroelektronik in der DDR konzipiert. Gemeinsam mit Wolfram Zahn, mit dem ich in den nächsten zwei Jahrzehnten stets eng zusammenarbeiten sollte, baute ich dort einen "speziellen" Importbereich auf, das „Direktorat Anlagenimport".

Damit legten wir den Grundstein für die Beziehungen zu führenden Konzernen und Betrieben der Mikroelektronik in der westlichen Welt Unser erklärtes Ziel bestand darin, Know-how zu erwerben und Produktionsausrüstungen für den Aufbau der Mikroelektronik in der DDR zu "importieren".
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Dezember 1972 - Generaldirektor des AHB Carl Zeiss Jena

Im Dezember 1972 mußte ich wieder meine Koffer packen. Es ging nach Jena. Vom Minister für Elektrotechnik und Elektronik, Ottfried Steeger, war ich nämlich als Generaldirektor des AHB Carl Zeiss Jena berufen worden, natürlich fehlte die Empfehlung (oder war es die Genehmigung ?) vom MfS nicht.

Das Volkseigene Kombinat Carl Zeiss Jena war einer der Aktivposten im Außenhandel der DDR, es hatte in der ganzen Welt einen guten Ruf und war das Vorzeigekombinat und Aushängeschild der DDR-Wirtschaft.

Staatsmänner aus Ost und West wurden durch das Kombinat geführt, Spitzenmanager der westlichen Welt gaben sich hier die Türklinke in die Hand. Mit einigen von ihnen traf ich persönlich zusammen und betreute sie während ihres Aufenthaltes.

In guter Erinnerung ist mir noch der Besuch des USA-Botschafters in der DDR. Er und seine beiden Begleiter, der eine von ihnen ein CIA-Mitarbeiter der Botschaft, fühlten sich in unserem repräsentativen Gästehaus mit guter Thüringer Küche und stilvoller Bar so wohl, wie schon der erste sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin.
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Alles Neuland für mich ...

Als Generaldirektor des AHB Carl Zeiss Jena mußte ich Neuland beschreiten. Denn die Außenhandelsbetriebe in der DDR unterstanden dem Minister für Außenhandel, sie wurden zentral staatlich geleitet. Die Industrieminister, die Kombinate und Betriebe selbst hatten also keinen Einfluß auf die Arbeit dieser Außenhandelsbetriebe.

Im Gegensatz dazu wurde Carl Zeiss Jena neben einigen anderen AHB aus der Verantwortung des Ministers für Außenhandel herausgenommen und direkt dem Kombinat unterstellt. An diesen wenigen Beispielen wollte man Erfahrungen sammeln. Es waren Experimente, die sich in der Folgezeit als recht nützlich erweisen sollten.

Für das, was wir zu tun hatten, gab es weder Erfahrungen noch Vorbilder. Für mich begann eine der schwierigsten Perioden meiner Arbeit, aber auch eine sehr erfolgreiche. So mußte eine völlig neue Arbeitsweise eines staatlichen Außenhandelsbetriebes bei Zuordnung zu einem Kombinat organisiert werden.

Ich hatte eine Belegschaft von über 1.100 hochqualifizierten Mitarbeitern zu leiten, die nicht nur die Export- und Importaufgaben dieses Kombinats zu realisieren hatten, sondern auch den gesamten Vertrieb einschließlich des Kundendienstes in der DDR.

Für mich war es eine Zeit des Lernens und harter Arbeit. Nicht zuletzt mußte ich mich auch gegen alteingesessene Zeissianer durchsetzen und deren Vertrauen gewinnen. Schließlich hatten die Zeissianer schon immer ihre eigene Philosophie und Vorbehalte gegenüber jeden, der von außerhalb kam.
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Umbruch und Strukturwandel

Das Kombinat befand sich gerade im Strukturwandel. Neben dem traditionellen wissenschaftlichen Gerätebau und der Optik wurde nunmehr auch begonnen, moderne Produktionsausrüstungen für die Herstellung mikroelektronischer Bauelemente zu entwickeln und herzustellen.

Ich lernte also nicht nur neue Formen und Methoden zur Beherrschung des Leitungsprozesses kennen, sondern gleichzeitig eine für mich neue Seite der Mikroelektronik. Auch Zeiss-Generaldirektor Wolfgang Biermann urteilte rückblickend: „Neue Wege mußten erschlossen werden, um die Wirksamkeit von Wissenschaft und Technik zu gewährleisten. Dazu bedurfte es mehrere Jahre und mancher Experimente ..."

Doch der Betrieb wuchs weiterhin rasant: 1984 zählte Zeiss etwa 48.000 Beschäftigte, 1988 arbeiteten fast 70.000 in 24 Betrieben des Kombinates, darunter 13.500 Physiker, Chemiker, Ingenieure, Informatiker, Mathematiker sowie Computer- und Mikroelektronikexperten.
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Mai 1978 - zurück nach Berlin

Doch zu diesem Zeitpunkt war ich schon nicht mehr in Jena, da ich im Mai 1978 nach Berlin zurückgerufen wurde. Der Außenhandelsbetrieb Elektronik wurde in Berlin neu gebildet und dem gleichfalls neu geschaffenen Kombinat Mikroelektronik in Erfurt unterstellt.

Der Minister für Elektrotechnik und Elektronik übertrug mir die Leitung dieses AHB als Generaldirektor, natürlich wiederum auf Vorschlag der Staatssicherheit.

Hintergrund der Überlegungen war, die guten Erfahrungen des AHB Carl Zeiss Jena auf diesen neuen Außenhandelsbetrieb zu übertragen. Das war freilich schwieriger als gedacht.

Die gewünschten raschen positiven Effekte blieben aus. Im Gegensatz zu Zeiss erhielt der AHB Elektronik von seinem Kombinat nicht die erforderliche Unterstützung. Hinzu kam, daß es zwischen dem Generaldirektor des Kombinates Mikroelektronik und mir als Generaldirektor des AHB in wichtigen strategischen Fragen keine Übereinstimmung gab, und auch in der SED-Grundorganisation im AHB fand ich keine Verbündeten.

Bald sah ich kaum noch Möglichkeiten, die mir übertragenen Aufgaben erfolgreich zu lösen. Nach gut drei Jahren, Ende 1981, bat ich um Entbindung von meiner Funktion und wurde vom Minister für Elektrotechnik und Elektronik abberufen.
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Das MFS stellte überall die Weichen

Damit war allerdings eine Bedingung verknüpft, die - wie sollte es andere sein - vom MfS gestellt wurde: Ich sollte als Stellvertreter des Generaldirektors im AHB Elektronik weiterarbeiten. Meine Aufgabenstellung wurde präzisiert: der Aufbau eines "speziellen" Importbereichs für Mikroelektronik aus der westlichen Welt, im DDR-Deutsch „NSW": "Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet", geheißen.

Ich saß also nun als Stellvertreter des Generaldirektors des AHB Elektronik und Inoffizieller Mitarbeiter der DDR Staatssicherheit in einem Abteil der 1. Klasse im Interzonenzug nach München, um in Bernau am Chiemsee mit einem Geschäftspartner (Anmerkung : Embargo-Umgehungs-) Verhandlungen zu führen.
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Weiter mit dem Grenzübertritt in Richtung Westen

Der Zug verließ den Grenzbahnhof Probstzella (und die DDR) fahrplanmäßig und rollte in Richtung Ludwigsstadt, dem Grenzkontrollpunkt der Bundesrepublik. Grenzübertritte in Richtung Westen waren für mich schon Routine. Seit über 20 Jahren kannte ich die Kontrollen auf beiden Seiten, sie hatten nichts Beunruhigendes für mich. Bedenken ob meiner IM-Tätigkeit für das MfS hatte ich bereits vor vielen Jahren verdrängt.

Auf dem kleinen Bahnhof Ludwigsstadt begann die Grenzkontrolle. Die Abteiltür wurde von einem Beamten geöffnet, wir drei Insassen des Abteils höflich begrüßt. Von den beiden älteren Mitreisenden wurden die Reisepässe eingesehen und kommentarlos zurückgegeben. Es waren die blaue Reisepässe der DDR, also handelte es sich um Besuchsreisen von Rentnern.

Mein grüner DDR-Paß

Ich übergab meinen grünen DDR-Paß, der mich als Dienstreisenden auswies. Wir Dienstreisenden, in der DDR „Reisekader" genannt, hatten bei der bundesdeutschen Spionageabwehr schon immer besonderes Interesse erregt. Die Verfassungsschutzberichte sprachen von einer Fünften Kolonne des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit, wonach die Mehrzahl der „Reisekader" inoffiziell für einen östlichen Geheimdienst arbeiten sollten, was wohl tatsächlich auch der Fall war.

Der DDR wiederum war bekannt, daß der Bundesnachrichtendienst (BND) mit seinem Referat 14A ein spezielles Grenzmeldenetz aufgebaut und die Grenzübergangsstellen mit speziellen Fotoausrüstungen ausgestattet hatte, mit denen Reisedokumente abgelichtet wurden.

Das Grenzmeldenetz basierte auf Basis der Amtshilfe, die zwischen Bundesgrenzschutz und BND vereinbart war. Die Grenzkontrolle selbst erfolgte auf der Grundlage einer Geheimverfügung des BRD Innenministeriums. Der Abschnitt II dieser Verfügung sah eine Befragung der Reisenden und eine Erfassung der Befragungsergebnisse vor. Die Prüfung bezog sich auf Angaben zur Person, zum Auftraggeber, zum Zeitpunkt des Grenzübertrittes, zum Reisezweck und zum Reiseziel.

Oft wurden auch Fragen zur Übernachtungsadresse, zu dienstlichen Unterlagen und zur Höhe mitgeführter Geldbeträge gestellt. Das Grenzkontrollnetz diente de facto einer weitgefächerten Personenfahndung, deren Ergebnisse dem BND, dem Verfassungsschutz und den BND-Partnerdiensten zugänglich gemacht wurden. Das war sogar uns „Reisekadern" bekannt

Mein grüner Reisepaß wurde Seite für Seite exakt kontrolliert. In der Regel war das bei Kontrollen im Zug nur Routine, denn hier wurde der Paß nicht abgelichtet. An diesem Tag fiel mir jedoch eine Merkwürdigkeit auf: Der kontrollierende Beamte hielt einen kleinen Zettel in der Hand, auf den ich einen kurzen Blick werfen konnte.

Ich glaubte, dort meinen Familiennamen und die Worte „Paß" und „Beschreibung" gelesen zu haben. Der kontrollierende Beamte reichte den aufgeschlagenen Paß mit der Lichtbildseite und den Personalangaben seinem Kollegen. Der schaute sich die beiden Seiten genau an und gab den Paß mit einem leichten Kopfnicken an den ersten Beamten zurück. Dieser winzigen Besonderheit widmete ich aber keine Bedeutung. Ich konnte nicht ahnen, daß man auf bundesdeutscher Seite meine Einreise mit diesem Zug bereits erwartet hatte und nun im Freistaat Bayern hektische Aktivitäten der Sicherheitsorgane nach einem vorbereitetem Plan anliefen ...

Die Merkwürdigkeiten häuften sich

Es folgte die übliche Befragung, wobei die Antworten wie immer kommentarlos notiert wurden. Mein wirkliches Reiseziel Bernau gab ich nicht an, sondern nannte die Firma Siemens in München. Auskünfte zum Übernachtungsort in München konnte ich gleichfalls nicht geben.

Dankend wurde mir mein Paß zurückgereicht. Kurze Zeit später setzte der Zug seine Fahrt fort. Am Hauptbahnhof in München wurde ich von Dietmar Scholz, dem Juniorchef der Firma „Alltransistor", abgeholt. Wir fuhren mit seinem Auto über die Autobahn München-Salzburg nach Bernau am Chiemsee, dem Firmen- und Wohnsitz des Geschäftsführers Albert Scholz.

Unterwegs mußten wir auf einem Autobahnrastplatz einen Halt einlegen, um einen recht eigenartigen technischen Defekt am Wagen zu beheben. Wir bemerkten nicht, daß wir dabei fotografiert wurden. Tage später sollte ich diese Fotos zu Gesicht bekommen.

Scholz hatte mich auf der herrlich gelegenen Seiser-Alm oberhalb von Bernau untergebracht. Doch ich konnte die Landschaft kaum genießen. Noch am gleichen Abend setzten wir uns im Hause des Seniorchefs zur Geschäftsverhandlung zusammen.
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Verhandlungsthema - Embargoliste und Umgehung

Es ging um die kommerzielle Abwicklung abgeschlossener Verträge zur Lieferung von japanischen Ausrüstungen zur Produktion von Leistungstransistoren. Diese Produktionsausrüstungen standen auf der Embargoliste und durften somit nicht in die DDR geliefert werden.

Scholz aber unterhielt seit über zwei Jahrzehnten Geschäftsbeziehungen mit der DDR und war als kleine Handelsfirma bereit und interessiert, solche Transaktionen zu tätigen. Schließlich konnte man damit viel Geld verdienen, und das war eine Existenzfrage für diese kleine Firma.

Albert Scholz war schwer herzkrank, so daß die operative Geschäftstätigkeit von seinem Sohn durchgeführt werden mußte. Scholz senior plauderte in der gelösten Atmosphäre am Abend darüber, daß er auch mit Wolfram Zahn, meinem früheren Chef im Direktionsbereich Anlagenimport der WB Bauelemente und Vakuumtechnik, Geschäfte machte und sogar Funktechnik und Dechiffriergeräte liefern könne.

Er verschwieg jedoch tunlichst, daß sein Sohn erst Tage vorher mit Zahn in Ostberlin verhandelt hatte, was sich für mich und für Scholz noch als verhängnisvoll erweisen sollte. Albert Scholz schlug in unseren Gesprächen noch einige weitere Projekte des Technologietransfers vor, für die er Interesse der DDR-Mikroelektronik vermutete und die er mit Hilfe von Freunden bei MBB, dem bayerischen Flugzeugkonzem, und beim Zoll realisieren könnte.

Zurück nach München und dann Heimreise

Am nächsten Tag, wir hatten unsere Verhandlungen gut über die Runden gebracht, fuhr mich Scholz junior nachmittags nach München zurück. Ich machte noch einen Stadt- und Einkaufsbummel und besuchte anschließend im Hauptbahnhof das Zeitkino, um die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges nach Berlin zu überbrücken.

Ich saß in der letzten Reihe und fühlte mich durch zwei männliche Personen gestört, die die ganze Zeit direkt hinter mir standen. Ich kam immer noch nicht auf die Idee, daß deren Aufmerksamkeit ausschließlich meiner Person galt.

Der D-Zug 304 nach Berlin verließ pünktlich den Münchner Hauptbahnhof. Ich belegte ein Schlafwagenabteil 1. Klasse und übergab meinen Dienstpaß und die Fahrkarte dem Mitropa-Schlafwagenschaffner. Normalerweise konnte man somit verhindern, bei der Ausreise aus der Bundesrepublik von den Kontrollorganen geweckt zu werden. Ich war allein im Abteil und machte es mir bequem. Ich ordnete mein Gepäck und entsorgte Zeitungen und Zeitschriften, da deren Einfuhr in die DDR nicht erlaubt war. Auch für mich nicht. Ich genehmigte mir noch eine Flasche des guten Radeberger Pilsners und schlief schnell ein.
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Überraschende Verlängerung einer Dienstreise ....

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Meine Verhaftung im D-Zug

Durch lautstarkes Klopfen an der Tür meines Schlafwagenabteils wurde ich jäh aus dem Schlaf gerissen. Schlaftrunken erkannte ich die Umrisse von zwei Zivilisten in der Tür. „Herr Ronneberger, Sie sind verhaftet!" Der Satz ging mir durch Mark und Bein, von Schlaftrunkenheit keine Spur mehr.

Wer waren die Männer? Wie spät war es, und wo befand sich der Zug? Befanden wir uns noch im Westen oder schon in der DDR? Die Antwort erübrigte sich sofort, denn hinter den beiden Zivilisten erkannte ich Polizeiuniformen. Es waren nicht die der Volkspolizei.

Ich mußte mich ankleiden, meine Sachen zusammenpacken und mitkommen. Zwischenzeitlich wurde das gesamte Abteil samt Papierkorb durchwühlt. Handschellen legte man mir nicht an, denn es war reichlich Begleitpersonal vorhanden. Sogar der Bahnsteig war abgesichert.

Der 4. März 1982 - mein 48. Geburtstag

Jetzt erst erkannte ich den Grenzbahnhof Ludwigsstadt. Es war der 4. März, kurz nach Mitternacht. An diesem Tag war mein 48. Geburtstag (geboren im März 1934). In ein paar Stunden würden zu Hause in Berlin meine Familie (Anmerkung : Ehefrau und Sohn und wer noch?) und die Geburtstagsgäste auf mein Kommen warten.

In Ludwigsstadt wurde ich in eine kahle und nüchtern wirkende Villa gebracht, offensichtlich ein Objekt des Staatsschutzes oder des Nachrichtendienstes. Solche Häuser kannte ich zur Genüge - von meinen Treffs mit meinem MfS Führungsoffizier. Sie haben alle das gleiche Flair.

Hier wurde mir nun eröffnet, daß ich auf Veranlassung der Bundesanwaltschaft wegen Spionageverdachts verhaftet sei. Mein Verlangen nach sofortiger telefonischer Kontaktaufhahme mit der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn wurde brüsk zurückgewiesen.

Vielmehr sollte ich mein Gepäck öffnen. Als ich das ablehnte, wurde mein Koffer gewaltsam geöffnet und durchwühlt. Dem schloß sich eine gründliche Leibesvisitation an. Jedes Papierschnipsel wurde sichergestellt. Mit innerer Genugtuung registrierte ich die Enttäuschung auf den Gesichtern der beteiligten Herren, denn wirklich Bedeutsames konnten sie nicht finden.
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Was war der Anlaß der Verhaftung?

In meinem Kopf ratterte es wie in einem Computer. Was war der Anlaß der Verhaftung? Lagen Beweise für meine Stasi-Tätigkeit vor? Oder gab es nur Erkenntnisse über die Embargogeschäfte?

Natürlich konnte ich mir diese Fragen nicht beantworten. Gleichwohl mußte ich mir eine Strategie für mein Verhalten in den nächsten Stunden ausdenken, um glaubwürdig zu erscheinen. Meine Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit mußte ich auf alle Fälle in Abrede stellen.

Ich erinnerte mich der Worte meines Führungsoffiziers: „Leugne die MfS-Zugehörigkeit, aber räume Kontakte zum MfS-Mitarbeiter ein, der für deinen Betrieb in Abwehrfragen zuständig ist. Solche Kontakte hat jeder Wirtschaftsfunktionär, wenn du sie verneinst, bist du unglaubwürdig."

Viel Zeit zum Nachdenken blieb mir nicht. Nach einem kurzen Telefonat der Beamten mit ihrer Dienststelle wurde ich mit meinem Reisegepäck zu einen Pkw gebracht, und die Fahrt ging mit unbekanntem Ziel los. Nach kurzer Zeit erreichten wir die Autobahn, ich konnte die Fahrtrichtung München feststellen. Als Reiseziel vermutete ich Pullach, die Zentrale des BND.

Auch die Firma „Alltransistor" wurde durchsucht

Ich stellte mich schlafend. Es schien zu klappen, und ich konnte die von den Beamten leise geführten Gespräche mithören und daraus entnehmen, daß im Raum München parallel eine zweite Aktion durchgeführt und die Firma „Alltransistor" durchsucht wurde.

Vermutlich waren also meine Geschäfte mit Scholz aufgedeckt und ich wegen der Verstrickung in Embargogeschäfte verhaftet worden. Somit blieb wenigstens ein kleiner Trost Bei „Alltransistor" konnte es keine Hinweise auf meine Stasi-Tätigkeit geben. Auf diesen Überlegungen wollte ich meine Verteidigungsstrategie aufbauen: zu den Embargogeschäften bekennen, aber jegliche Tätigkeit für das MfS leugnen, um so die nachrichtendienstlichen Vorwürfe zu entkräften.

Meine Verpflichtung als Inoffizieller Mitarbeiter des MFS

An der Beschilderung der Autobahn erkannte ich, daß wir uns im Raum Nürnberg befanden. Es war also noch Zeit, darüber nachzudenken, was der Gegner von meinen Aktivitäten für die Staatssicherheit wissen und mir zur Last legen konnte.

Seit gut 17 Jahren war ich ja IM, ein „Inoffizieller Mitarbeiter zur operativen Durchdringung und Sicherung des Verantwortungsbereiches", wie es im MfS-Deutsch hieß. Ein „Normal-IM", der für den jeweiligen Dienstbereich eingesetzt wurde. Ich war kein IMF und damit kein „Inoffizieller Mitarbeiter mit Feindverbindung bzw. zur unmittelbaren Bearbeitung im Verdacht der Feindtätigkeit stehender Personen", die meist von der Hauptabteilung Aufklärung geführt wurden. In der späteren Arbeit sollte ich jedoch merken, daß die Grenzen nicht so eng gezogen wurden.

Hauptmann Artur Wenzel und die Hauptabteilung XVIII (18)

Mit Artur Wenzel, meinem Führungsoffizier aus der Hauptabteilung XVIII, damals noch Hauptmann, verband mich von Anbeginn eine ganze Menge. Wir waren gleichaltrig und hatten beide eine Ausbildung als Ingenieur für Elektrotechnik absolviert. Wir hatten ähnliche Interessen und vertraten in vielen Fragen übereinstimmende Auffassungen.

Somit entwickelte sich ein beiderseitiges vertrauensvolles, freundschaftliches und persönliches Verhältnis, das über die offizielle Zusammenarbeit hinausging. Mit der Zeit lernte Wenzel meine Familie kennen, ohne daß neben meiner Frau jemand wußte, wer er tatsächlich war, und auch ich lernte Wenzels Ehefrau und seine Kinder kennen.

Die Hauptabteilung XVIII des Ministerium für Staatssicherheit, geleitet von General Kleine, gehörte zum Bereich des Stellvertreters des Ministers für Staatssicherheit, Generaloberst Mittig. Sie war verantwortlich für die Sicherung (Abwehrtätigkeit) der Volkswirtschaft, Landwirtschaft, der wirtschaftsleitenden, handelspolitischen und finanzpolitischen Institutionen und volkswirtschaftlich bedeutsamen Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung sowie für die Verbindungen zum Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), vom Westen COMECON genannt.

Interna der HA XVIII - Hauptabteilung Aufklärung 18

Innerhalb dieser Hauptabteilung war die Abteilung 8 (HA XVIII/8) für das Ministerium für Elektrotechnik/Elektronik (MEE) zuständig. Leiter der Abteilung war zum Zeitpunkt meiner Verpflichtung Erich Lehmann, später wurde Artur Wenzel ihr Chef. Die Abteilung 8 mit ihren 62 Mitarbeitern saß nicht in der berühmt-berüchtigten Zentrale in der Normannenstraße in Berlin-Lichtenberg. Vielmehr hatte sie ihren Sitz im Haus der Elektrotechnik (HdE) am Alexanderplatz 6 in Mitte und war im sogenannten Anbau des HdE, einem Hochsicherheitstrakt, untergebracht.

Die einzelnen Abteilungen der HA XVIII, die es adäquat zur Zentrale in jeder Bezirksverwaltungen (BV) des MfS gab, betrieben eigene Recherchen und Analysen zur Lage der Volkswirtschaft, zum Binnen- und Außenhandel und zur Arbeit in den Ministerien, Kombinaten und Betrieben.

Dazu gehörten Informationen an die Partei- und Staatsführung über Zustände und Mängel und über die reale politische Stimmung unter den Leitungskadern, Angestellten und Produktionsarbeitern sowie Stellungnahmen zu Vorlagen, Leitungsentscheidungen und Berichten staatlicher Organe. Dabei stützten sich die Abteilungen auf Zuarbeiten, Einschätzungen und Informationen ihrer IM und Offiziere im besonderen Einsatz (OibE).

Weiterhin hatte die HA XVIII mit der Aufklärung gegnerischer Angriffe auf die Volkswirtschaft der DDR, der Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität, Korruption und Mißwirtschaft zu tun.

Dazu gehörten auch die Aufdeckung und Verhinderung von Verletzungen gesellschaftlicher Bestimmungen, Gesetze, Geheimhaltungs- und Sicherheitsvorschriften; von Bedingungen, die zu Bränden, Störungen und Havarien führen können und die Aufdeckung schwerer Mängel in der Leitungstätigkeit staatlicher und wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen.

Natürlich war es ehernes Prinzip der Staatssicherheit, auf die Personalpolitik in der Wirtschaft und besonders auf die Besetzung von Führungs- und Leitungspositionen gezielt Einfluß zu nehmen. Ging es doch vor allem um die politische Zuverlässigkeit der Leitungskader und die Überwachung von Verwaltung, Produktion und Forschung mit operativen Mitteln und Methoden.
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Die Abwehreinheit für bestimmte äußere Aufgaben

Die Hauptabteilung XVIII war als Abwehreinheit auch für bestimmte äußere Aufgaben zuständig, insbesondere für Konzerne, Einrichtungen und Personen, die unter dem Verdacht standen, daß sie im Rahmen der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zur DDR Aktivitäten gegen uns betrieben.

Vorbeugend sollte das Entstehen von sogenannten Konzernstützpunkten in der DDR verhindert werden, wie auch die „Reisekader" abgesichert und operativ genutzt werden sollten. Dabei führte man auch Doppelagenten. Bei denen handelte es sich um DDR-Bürger, die als Außenhandelskader von westlichen Diensten angeworben wurden, sich aber dem MfS offenbart hatten und nun in dessen Auftrag die Angriffsrichtung und die Mitarbeiter dieser gegnerischen Dienste aufklärten.

Nicht zuletzt war die HA XVIII auch für den Außenhandel und damit bis zur Bildung der „Arbeitsgruppe BKKU (Bereich Kommerzielle Koordinierung) für diesen Bereich zuständig.

Hier ging es beispielsweise um die Absicherung wirtschafte- und handelspolitischer Großveranstaltungen wie der Leipziger Messen und die Nutzung von Auslandsmessen für die Interessen des MfS. Das war auch die Grundlage für die enge Kooperation der HA XVIII zum Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA). Kam es doch darauf an, die von SWT bedachten Geheimnisträger und Auswertegruppen abwehrmäßig zu sichern und vorhandener Verbindungen ins Operationsgebiet -also in den Westen - zu nutzen.
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Rückblick in 1958 : Hüttenrauch und Latinsky

Lange Zeit, bevor ich mich als IM verpflichtet hatte, war ich schon ins Blickfeld der „Firma Horch & Guck", wie die Stasi im DDR-Volksmund genannt wurde, geraten.

Eine erste Berührung mit dem „Schild und Schwert der Partei" hatte ich 1958. Damals wurde eine Mitarbeiterin des Außenhandelsbetriebes Elektrotechnik, mit der ich in der gleichen Abteilung arbeitete, als Agentin des amerikanischen Geheimdienstes verhaftet. Sie sollte unseren Abteilungsleiter, mit dem sie ein intimes Verhältnis unterhielt, der Gegenseite zuführen.

Ich selbst geriet gleichfalls unter Verdacht, weil sie versucht haben soll, auch zu mir ein persönliches Verhältnis aufzubauen, was allerdings nicht den Tatsachen entsprach. Dennoch wurde ich, wie es so schon heißt, vom MfS „aufgeklärt".

1961 gabs Ärger - Abberufung aus Kairo

Ins Fadenkreuz der Aufklärer geriet ich erneut, als ich in der Handelsvertretung der DDR in Kairo arbeitete. Genau in jener Zeit verließ der Vater meiner Ehefrau, zu dem wir keine Verbindung unterhielten, illegal die DDR. Der Nebeneffekt: Ich mußte im August 1961 meine Tätigkeit in Kairo beenden.

1961/62 gingen von Kairo aus einige Mitarbeiter in den Westen, zu denen ich Kontakte hatte. Wieder geriet ich in den Beobachtungskreis der Staatssicherheit. Einer der geflüchteten Mitarbeiter namens Werner Bartmann arbeitete für den amerikanischen Geheimdienst und versuchte später, einige ehemalige Angehörige der DDR-Handelsvertretung in Kairo als Spione anzuwerben. Auch ich zählte zu Bartmanns Zielpersonen, worüber das MfS von Doppelagenten informiert wurde. Viele Jahre sollte mich der Verdacht verfolgen, von der CIA kontaktiert worden zu sein.
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Ausführliche Aufklärung zu meiner IM Tätigkeit

Meine ersten Spuren in der Staatssicherheit hatte ich somit als „verdächtige Person" hinterlassen. Die Verdachtsmomente waren zwar alle unbegründet, daß ich aber trotzdem zur Mitarbeit als IM herangezogen wurde, ist gewiß nicht alltäglich gewesen.

Wohl auch deshalb wurden mir immer wieder Fragen nach meiner Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit gestellt. So ist wahrscheinlich auch zu erklären, daß mich Artur Wenzel sofort nach meiner Unterschrift unter die Verpflichtungserklärung sehr intensiv über die Konsequenzen, insbesondere strafrechtlicher Art, eines Verrats oder Verstoßes gegen die Verpflichtung belehrte. Seine wörtliche Drohung: „Wenn du zum Verräter wirst, werde ich dich persönlich erschießen." Nach meiner Verhaftung wiederholte er dies gegenüber meiner Frau wörtlich. Es war alles andere als ein Scherz.

  • Anmerkung : Zu jener Zeit hätte Ronneberger bereits erkennen bzzw. realisieren müssen, daß er da "keinen" Freund hatte, eher einen Feind und Aufpasser und daß er zu einer Marionette des MfS degradiert war.

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Die AEG zahlte 676.000 DM an die DDR

Artur Wenzel, mein Führungsoffizier, war beim Eintreiben von „Wiedergutmachungsleistungen" besonders emsig. Sogar namhafte Konzerne waren vor ihm nicht sicher, wie das Beispiel AEG zeigte, die an die DDR 676.000 DM zahlen mußte.

Letzteres meldete übrigens am 17. Januar 1985 der Leiter der HA XVIII, General Kleine, stolz seinem Minister für Staatssicherheit, und Mielke zeichnete den Vermerk handschriftlich mit „einverstanden" ab. Wenn es um den jährlichen Bericht zur „Planerfüllung" ging, nahm Artur Wenzel solche Erfolge mit stolzgeschwellter Brust unter der Rubrik „Sicherheitspolitische Ergebnisse" auf.
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