1962 - Ein Hifi-Traum geht in Erfüllung - eine Stereo-Anlage
(von Gert Redlich im Feb. 2011) Weihnachten 1962 war es dann endlich so weit, ein junger Doktorant Michael Hausdörfer leistet sich - schenkt sich - eine Stereoanlage. Als frisch gebackener Dipl. Ing. war das Geld natürlich noch knapp und so konnte es "nur" eine Grundig Stereo-Anlage werden. Andere verfügbare Hifi-Geräte von Braun oder von The Fisher aus Amerika oder aus England waren exorbitant teuer und somit fast unerschwinglich. Nur Grundig machte es möglich. Die Wahl fiel auf die Einbaukombination NF1 und HF2.
- Bitte beachten Sie, daß Grundig den HF2 nicht als Hifi-Gerät bezeichnete. Und Stereo konnte nur der Vorverstärker, der UKW Tuner konnte das noch nicht. Das konnten erst die späteren HF Typen.
Dazu kamen zwei Eigenbau Boxen mit einem Isophon Oval-Chassis und ein DUAL 1019. Der Dual hatte bereits ein frühes Magnetsystem mit einem Abtastdiamant !!! und so wurde mit damals modernster Germanium !! Technik der Entzerrer Vorverstärker selbst dazugebaut. Herr Hausdörfer hatte sich damals während des Physikstudiums ganz besonders für die noch ganz junge Halbleitertechnik interessiert. Dieser Entzerrer Vorverstärker ist leider bereits entsorgt worden. (Wir haben jetzt 2011)
Und damit die Ehefrau sich auch damit anfreunden konnte, mußte ein schönes Holzgehäuse für das Steuerteil angefertigt werden. Das hat fast im neuwertigen Zustand überlebt und steht jetzt vor uns. Und auch der Bauplan dazu hatte jetzt 50 Jahre in der Schublade auf meinen Scanner gewartet
Die beiden Grundig Geräte kosteten damals etwa 380.- D-Mark und das war so ziemlich ein Monatslohn eines Akademikers mit Halbtagsstelle. Der DUAL Spieler und die Boxen kamen natürlich auch auf ganz erkleckliche Beträge. Diese Kombination war aber so toll, daß sie bis Anfang der 1980er Jahre in Gebrauch war.
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Der Bauplan für das Holzgehäuse des HF 2
Damals wie heute lauschen viele Hifi-Fans immer noch mit den Ohren und mit den Augen. Die Neuerrungenschaft sollte auch entsprechend aussehen. Und so wurde in der damals kleinen Wohnung mit der "Schreinerei" angefangen und das Spanplattengehäuse am Ende auch noch funiert und gebeizt und lackiert.
Für einen Physiker ist es selbstverständlich, daß zuerst mal ein Plan gezeichnet wird, bevor das Holz zugeschnitten werden kann. Ein Physiker ist erst mal kein Schreiner, aber schauen Sie selbst, wie es nach 50 Jahren noch aussieht. Der Bauplan datiert vom 26.1.1963 und wir können davon ausgehen, daß der "Stapellauf" der neuen Stereo-Anlage schon vorüber war.
Der NF 1 Hifi-Stereoverstärker war ein besonderes Gerät
Wir müssen uns geistig zurück in die 50er Jahre bewegen, um zu verstehen, daß Max Grundig die Träume seiner Kunden erkannt hatte und daß er für diese Träume Produkte entwickeln ließ. "Ton"-angebend von der Qualität her waren damals die großen Musiktruhen. Die damaligen Radios waren zwar nicht mehr so schlecht wie ganz früher zu Mittelwellenzeiten, geklungen haben aber nur die großen Musiktruhen.
Und für diese Truhen waren die neuen Hifi-Einbaugeräte gedacht. Daß man sie auch noch separat erwerben konnte, war ein genialer Schachzug. Später hatte es dazu auch noch Lautsprecherbausätze gegeben wie damals Ende 1945 der Heinzelman, als ein junger Max Grundig das Radioverbot der Alliierten umging und die Amerikaner in Fürth mit einem Radio-Bausatz überlistet hatte. Mehr über die Konzeption und die Schaltungs-Technik im NF 1 finden Sie auf dieser Seite.
Die gedruckte Schaltung - 1962 völlig neu
Der NF 1 war vermutlich der erste reine Endverstärker und dann auch noch in Stereo und sogar in Hifi Qualität, den die Ingenieure bei Grundig entwickelten. Stereo Musik von der neuen 33er Langspiel- Schallplatte war nämlich gerade im Kommen.
Sicher war ein ganz normales Grundig UKW Radio mit solch einer einzelnen ELL80 Endstufe die bereits funktionierende Vorlage. So konstruierten die Ingenieure ein aufklappbares Chassis mit verbesserter Qualität und mit einer einzigen gedruckten Schaltung, auf der die Röhren und die meisten Bauelemente saßen. Auch die beiden Ausgangsübertrager hingen unter dem Klappchassis. Trafo, Selen-Gleichrichter und Netzteilkondensator saßen aber auf dem festen Teil des Chassis.
Als kleinste Einheit mit 2 x 8 Watt Prospekt-Nennleistung wurde die Hifi Norm natürlich nur "tangiert", denn der Testbericht bestätigt bereits bei 6 Watt eine kleine Baßschwäche und auch keine überragenden Höhen.
Wir dürfen aber nicht vergessen, welche Programmquellen damals überhaupt zur Verfügung standen und welche Qualität die lieferten. Unsere zufälligen LP-Tests im Jahr 2010 offenbaren eklatante Qualitätsprobleme bei vielen Schallplatten. Keine Bässe und verschmierte Höhen und zerrende Bläser, das ging mit jedem normalen billigeren Mittelwellen-Radio auch.
Das (nicht Stereo- und nicht Hifi-) Rundfunk-Empfangsteil HF 2
Nach unseren Erkenntnissen war es bei Grundig das zweite separate Mono-Empfangsteil mit Stereo-Vorverstärker nach dem HF1. An UKW-Stereo dachten zwar die Entwickler bei Grundig und bei den Rundfunkanstalten, doch für den Kunden war das noch völliges Neuland.
Das Radioteil mit allen Wellenbereichen lieferte nur ein Mono Signal an den Vorverstärker. Jedoch von Plattenspieler und Band konnte bereits Stereo-Musik verstärkt werden.
Ein Dreifach Equalizer in Stereo
Max Grundig hatte an alles gedacht. Das Wort Stereo stand ganz groß drauf. Viele wussten immer noch nicht, was das denn jetzt wieder sei. Man hatte gerade mal den 3D-Klang von 1955 kapiert. Das Wort Equalizer kannte damals auch noch keiner. Und das bekannte Grundig Logo mit dem Kleeblatt hatte schon sein Krönchen oben drauf.
Nach überlieferten Berichten wurden bis in die späten 70er alle Geräte ohne Ausnahme vom Chef selbst begutachtet und freigegeben. Mit dem HF2 hatte der Max die Wünsche und Geschmäcker seiner Zeit voll getroffen.
Das Bedienteil sah nicht nur gut aus, es war auch einfach bedienbar und technisch auf der Höhe der Zeit. Eigentlich machte es optisch mehr her, als es technisch zu leisten vermochte. Es konnte noch kein Hifi und Stereo ging bis dato nur mit Konserven. Aus dem bekannten runden magischen Auge, der Libelle, war ein magisches Band zur Senderabstimmung geworden.
Ein durchdachtes edles Innenleben
Das Blech-Chassis war stabil und es wurden sogar edle Teile drinnen verbaut.
Die Drucktasten hatten teure Goldkontakte, die heute nach 50 Jahren sogar noch blitzblank leuchten.
Fast die gesamte Elektronik war bereits auf einer gedruckten Schaltung enthalten und nur noch wenige Komponenten waren kreuz und quer von Hand verlötet.
Etwas über die Seriennummer
Auf dem Chassis ist wie auch auf dem NF1 und den NF 10 für die Ewigkeit die Typennummer eingeprägt bzw. eingestanzt und weithin sieht man das Made in Germany.
Die Serienenummer zeigt 6925. Wir wissen nicht, wieviele Geräte dieser Type gebaut wurden, doch wir wissen, Max Grundig dachte von Anfang an nur an hohe Stückzahlen und niedrige Preise.
Der NF 1 war 1964 immer noch für DM 125.- zu haben. Der Tuner-Vorverstärker hatte bestimmt auch noch deutlich unter DM 300.- gelegen. Herr Hausdörfer erinnert sich an etwa 350.- DM für beide Geräte.
Noch ein paar Feinheiten
Das Chassis des Tuner-Vorverstärkers war mit einer Kunststoffhaube geschützt und die innen auf der HF-Teil Seite sogar mit metallisierter Farbe gespritzt war, um im HF Teil die Einstreuungen von HF Störungen zu abzuschirmen.
Und wie bei fast allen Grundg Geräten fangen nach 50 Jahren die Alu- oder Zink- Druckgußteile an, sich aufzulösen. Auch das Skalenseil des UKW Bereiches ist bereits gerissen.
Die Wege der Netzspannung
Die Netzspannung auch für die jeweilige Endstufe wurde im Bedienteil geschaltet und dann wieder nach draussen zur Endstufe geführt. Dafür kamen aus der Endstufe die Versorgungsspannungen für die Elektronik zurück.
Das bedeutet im Umkehrschluß, das Bedienteil ist wirklich nur das zugehörige Bedienteil für eine der Endstufen und nicht alleine betriebsfähig !!
2011 - Als nächstes kommt die Inbetriebnahme
und dann der Hörtest. Nur, von den angegebenen 8 Watt Sinus (es waren wirklich nur 5 Watt gemessen worden) von jeweils einer End-Röhre pro Kanal kann man keine Wunder erwarten.
Mehr in Kürze . . . . .