Aus den über 100 Pioneer Receivern ist dieser VSX-859 hier erfreulich herausragend.
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Eine bekannte Macke führt zum Totalausfall - ein Teil von ALPS
Mit der Einfühurng der Mikroprozessorsteuerungen wurden die Inkrementalgeber eingebaut. Und diese Teile kamen fast alle von einer eigentlich seriösen japanischen Edelfirma, von ALPS. Doch die Crux liegt im Detail an einer nicht ausgereiften Kontakt- technik.
Bei den ONKYO Verstärkern und Receivern aus den 1990er Jahren bekamen wir das zuerst zu spüren. Die Eingangswahlschalter begannen ein Eigenleben und schalteten je nach Lust und Laune hin und her, manchmal rotierten sie geradezu, weil die Positionierungskontakte nicht mehr funktionierten. Bei den Yamaha Receivern und Verstärkern konnte man keinen Eingang mehr auswählen, die dortigen Kontakte funktionierten überhaupt nicht mehr.
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An den Kundendiensttechniker hatte man nicht gedacht
Bei dem PIONEER VSX-859 fängt die Mühe nach dem Erkennen des Problems schon mit dem Zerlegen des Gerätes an, also mit der Demontage der Fronteinheit. Im Service Manual des nahezu baugleichen VSX-35TX - der sei mindestens mechanisch baugleich mit unseren beiden VSX-859 - ist ein Ausbau-Vorschlag zwar auf Seite 90 enthalten, doch man muß eine Menge Kreativität mitbringen, um dem (japanischen) Autor bei seinen "Vorschlägen" zu folgen.
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Zurück zum Übeltäter - dem Inkrementalgeber
Solch ein Teil ist nichts weiter als ein rotierender Kontakt, der endlos gedreht werden kann, in beide Richtungen und der die erzeugten Impulse dem Prozessor mitteilt. Und damit auch die Haptik "gewahrt bliebe", hatten sich die PIONEER Ingenieure einen besonderen Trick ausgedacht.
Der große Lautstärke-Knopf solle sich so richtig seriös schwer - aber gleichmäßig - drehen lassen und das auch noch lange Zeit und dazu kostengünstig. So wurde die Dreh-Achse des Stelers mit einem sehr zähen Fett "versorgt" (=geschmiert), das sich aber bösartigerweise (über die 20 Jahre) bis in die Kontaktebene weiter geschlichen hatte.
Offensichtlich ist es abhängig von der häufigen Benutzung dieses Lautstärke- stellers. Würde nur die Fernbedienung benutzt, "trete der Fehler erst in hundert !! Jahren auf".
Wir haben jetzt zwei (inzwischen mehrere) Geräte, eines (das schwarze "Deutsche") geht (noch), das güldene für den englischen Markt geht nicht mehr. Die Lautstärke springt (zum Beispiel) von -74db auf 0dB und dann auf +12db, das ist fast Maximallautstärke.
So schnell kann man den Netz-Stecker nicht aus der Dose rausreißen, damit die Boxen nicht aus dem Regal springen. Die (reaktions-) schnelle Umschaltung auf Video 1 oder 2 (natürlich ohne Input-Signal) bringt erst mal Ruhe ins Land.
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Wie baue ich die gesamte Fronteinheit ab ?
Wenn man es dann weiß, ist man immer schlauer als vorher. Am Anfang war es eine Pfrimelei. Es sind eigentlich nur 9 +4 und dann nochmal 3 kleine Schräubchen, neun rötlich goldene von oben (rote Pfeile) und von unten, dazu 4 schwarze Schräubchen hinter der Fronteinheit und dann die 3 silbernen direkt an der länglichen Platine von innen hinten, die man nur finden muß. Die 4 rötlich goldenen von oben und die 5 rötlich goldenen von unten sind noch einfach und die anderen dann weniger. Genaueres kommt hier :
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Die 4 weiteren schwarzen Schräubchen sieht man nur, wenn man senkrecht von oben - etwas versteckt hinter der Fronteinheit - in den gut ausgeleuchteten Zwischenraum blickt.
Die muß man ebenfalls lösen / entfernen. Sind diese weiter oben genannten 9 rötlichen Schrauben entfernt, hängt die Fronteinheit erst mal an 2 Nocken (grüne Pfeile und rechtes Bild), über die man später die beiden Kunststoff- Laschen ganz leicht !! "herüber heben" muß. Die recht schwere Fronteinheit fällt also nicht gleich runter.
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Wie gesagt ..... beim 2. Mal geht es erheblich leichter und Sie brauchen auf keinen Fall Gewalt anzuwenden, mit etwas Gefühl geht alles ganz leicht.
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Die Platine mit dem Lautstärkesteller muß ausgebaut werden
Hat man die 9 rötlichen Schrauben, die 3 Flachband-Kabel und die weiteren 4 schwarzen Schrauben gelöst und so die Fronteinheit erstmal einigermaßen frei in der Hand, kann die kleine Platine mit den zwei Drehstellern bewundert werden (siehe Bild). Dort sind es dann die restlichen 3 silbernen Schräubchen, die ausgeschraubt werden müssen.
Der kleinere leichtgängige Drehsteller mit den Rasten (oben) ist der Programm- Auswahl- Steller, der etwas größere schwergängige Drehsteller (unten) ist unser Sorgenkind.
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Erster Versuch vor dem Auslöten - (den sollte man gleich übergehen :) Mit einem ganz kleinen Uhrmacher- Schraubendreher werden die 4 Laschen vom Basiskörper des Drehstellers nach außen gedrückt, bis man die Halterung der Achse ganz leicht hochheben kann. Auch hier keine Gewalt anwenden, es geht ganz leicht.
Jetzt kann das silberne Druckgußteil mit der Kunststoffachse von der grünen Basis abgenommen werden, auch das geht ganz leicht.
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Jetzt sieht man bereits die Ursache, das Fett auf den Kontakten
Das vorgefundene Fett ist klebrig und zäh, wie es ürsprünglich mal gewünscht war. Um eine längerfristige Genesung zu gewährleisten, muß das Fett von den Kontakten und von der Achse entfernt werden. Ich benutze dazu Wattestäbchen und Reinigungsalkohol. Doch das reicht nicht.
Das gut getränkte Wattestäbchen nimmt leider nicht alles Fett auf, da muß man kräftig nachhelfen und dabei kann einer der drei Schleifarme wegknicken.
Doch auch das reicht nicht, es darf so gut wie kein Fett verbleiben, weil das nach einer geraumen Zeit wieder überall hin "kriecht". Die Achse dreht sich jetzt ganz leicht, eigentlich viel zu leicht, wie bei einem billigen China-Gerät.
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Diese erste "Reparatur" hatte leider nichts gebracht .....
Nach der ersten Reinigung geht der Drehsteller leider gar nicht mehr. Also nochmal die Fronteinheit abbauen, die Platine ausbauen und den Drehsteller wieder öffnen. Die Kontaktflächen in der Basis und die Kontakte selbst scheinen zwar (optisch) "rein", aber sie stellen keinen elektrischen Kontakt mehr her.
Die zweite "Reparatur" rechts auch nichts:
Jetzt kommt die brutale Methode. Von den "Fernsehreparateuren" aus deren Reparaturabteilungen haben ich kleine lange Holzstäbchen mit beidseitig und an beiden Enden aufgeklebtem Schmirgelpapier feinster Graduation zwecks Kontakt-Reinigung geerbt.
Damit bearbeite ich die Kontaktfläche und siehe da, sie glänzt auf einmal wieder. Auch die Kontakflächen der Schleifer werden so nachbearbeitet. Ich hatte die verbliebene Korrosions- oder die "Speck"-Schicht übersehen.
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Der Inkrementalgeber funktioniert leider immer noch nicht ???
Also das Abschmirgeln der Kontaktflächen und der Schleifer hatte nichts gebracht. Der Inkrementalgeber gibt keinen Mucks mehr von sich, auch keine Fehlfunktionen wie anfänglich. Das bedeutet, der Geber ist nicht (mit normalem Aufwand) reparabel - also doch den ganzen Geber auslöten und austauschen, auch wenn dann die Achse kürzer ist. Das dauert jetzt etwas länger.
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Selbstverständlich hatte ich auch an den Austausch gedacht ...
Bei der Fernsehtechnikfirma BTS / Grass Valley in Darmstadt / Weiterstadt hatte ich über 100 solcher professionellen aber 10 Jahre "jüngeren" Drehsteller / Inkrementalgeber vor der Entsorgung gerettet, ohne damals zu wissen, wofür man die nochmal brauchen kann.
Die Montage- und Lötlöcher für die Platinen (wir Techniker sprechen in unseren Kreisen vom sogenannten "Rastermaß") sind genormt und die würden damit auch passen. Doch die Länge der Kunststoff-Achse ist nicht gleich, sie ist deutlich kürzer. Dennoch, es funktioniert. Wichtiger ist jedoch, daß der oder die Hersteller dazugelernt hatten.
Diese fabrikneuen Inkrementalgeber (Type : BOURNS Inc. PEC16-4020F-S0024) sind innen ganz anders aufgebaut als die von ALPS. In der professionellen Fernsehtechnik dürfen nämlich solche Ausfälle wie die unseren hier in der Consumer- Hifi-Technik einfach nicht vorkommen. Natürlich sind diese Bauteile deutlich teurer als die sowieso schon etwas besseren Consumerbauteile von ALPS (für die Massenproduktion).
Die runden segmentierten Kontaktflächen unten in der Basis des Inkremental-Gebers von "BOURNS Inc." sind vergoldet und es gibt 6 Schleifer für die gesicherte Kontaktgabe. Und das, obwohl diese Teile auch in China produziert werden.
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Also doch - den Inkrementalgeber auslöten und austauschen
Mit dem "richtigen" Lötwerkzeug ist es ein Klacks, den alten Inkremental-Geber auszulöten und den neuen einzulöten. Wie weiter oben gesagt, der neue Inkrementalgeber ist für 1,5cm Kappen (oder Knöpfe) gedacht und nicht für solch ein Riesenteil wie hier. So ist er leichter zu drehen und hat außerdem noch einen Druckpunkt-Schalter, den wir aber gar nicht brauchen.
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Der erste Hörtest mit dem neuen Drehsteller ist absolut positiv. Es "funzt" wieder, wie die Gurus in den Foren es benennen. Die digitalen Schritte sind vom Drehwinkel jetzt etwas kleiner, also die Lautstärke steigt deutlich schneller an oder nimmt ab, immer im Vergleich zu dem alten Drehsteller bzw. dem anderen schwarzen VXS-859 Receiver.
Dieser neue Drehsteller wird die nächsten 20 Jahre ganz locker überleben, aber eben nicht so schön satt gebremst wie der alte. Nur kommt da bei mir kein Fett mehr auf die Achse.
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Der neue Inkrementalgeber hat eine andere Dreh-"Charakteristik" ....
Mit deutlich weniger Drehwinkel wird die Lautstärke schneller rauf und runter geregelt. Scheinbar wird das ganze auch noch dynamisch beschleunigt, die CPU denkt mit.
Dreht man etwas zu schnell. überspringt die CPU einige Lautstärke-Stufen. Das ist jetzt neu und gewöhnungs- bedürftig, weil es "gefühlt" zu leicht geht. Man muß jetzt etwas langsamer bzw. vorsichtig drehen.
So ist es zumindest tröstlich, daß es überhaupt wieder sauber und problemlos funktioniert und man den A / V Receiver auch ohne Fernbedienung ganz normal benutzen kann.
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