Ein Artikel in Audio 07/1987
Vergleichstest: vier DAT-Recorder
"Das ist'ne Wolke"
Der Nebel um eine neue Gerätegattung lichtet sich: Für den ersten großen DAT-Wettstreit untersuchte AUDIO gleich vier Digitalrecorder. Von Uwe Andresen Audio 07/1987
Die Testteilnehmer
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- Sony DTC-1000 ES um 2400 Mark
- JVC Victor XD-Z1100 um 2400 Mark
- Aiwa Excelia XD-001 um 2400 Mark
- Technics SV-D1000, um 2550 Mark.
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Eine Nacht- und Nebel-Aktion wie bei der DAT-Premiere zu Anfang des Jahres gab es diesmal zwar nicht. Trotzdem hielt sich in der Redaktion das kribblige Gefühl gespannter Erwartung. Denn zwei neue Digitalrecorder, frisch aus Japan importiert, sollten auf Bits und Samples geprüft werden.
Dabei hatten es die just eingeflogenen Modelle von Sony und JVC-Victor keineswegs leicht. Laborleiter Peter Bengel, seit dem ersten DAT-Test (siehe AUDIO 1/1987) auch auf digitale Cassettenrecorder geeicht, entwickelte längst eine knifflige DAT-Standardmessung (siehe Seite 16).
Außerdem hatten gerade erst zwei andere Seriengeräte, nämlich der Aiwa Excelia XD-001 und der Technics SV-D1000 (siehe AUDIO 6/1987), hohe Hürden für den Gang durch Meßlabor und Hörraum aufgestellt. Beide sollten deshalb auch bei der Beurteilung der digitalen Neulinge zum Vergleich antreten.
Eigentlich sind alle DATs gleich
Das technische Prinzip ist schließlich bei allen DATs gleich. Zur Erinnerung: Digitale Cassettenrecorder arbeiten - wie jeder Videorekorder - mit rotierender Kopftrommel. Zwei gegenüberliegende Köpfe bringen dabei die Digitalsignale in schrägen, extrem langgezogenen und unvorstellbar engen Spuren aufs Reineisenband.
Durch den wechselnden Kopfspalt-Winkel (Azimut) von plus 20 Grad und minus 20 Grad bleibt allerdings jede Schmalspur ausschließlich für den dazugehörigen Kopf lesbar.
Dabei bewegt der Transportmotor das Cassettenband zwar mit nur 8,15 Millimetern in der Sekunde voran; da indes die Kopftrommel mit 2.000 Umdrehungen pro Minute herumwirbelt, entsteht zwischen Kopf und Band eine Relativgeschwindigkeit von immerhin 3,13 Metern in der Sekunde. So reichen insgesamt rund 60 Meter Band aus, um zwei Stunden Musik zu speichern.
Kopf und Band haben Dauerkontakt
Durch ihre Schräglage gelingt es den Köpfen, auf dem nur 3,81mm breiten Magnetband Spuren von jeweils 23,5mm Länge unterzubringen. Und die wiederum enthalten neben den Musikdaten noch etliche Zusatzbits für die elektronische Fehlerkorrektur und die Orientierung des Recorders: Informationen über Zeiten, Nummern und Anfänge der gespeicherten Titel sind hier aufgezeichnet.
So müssen Tonköpfe und Band in allen Betriebsarten ständig in Kontakt bleiben, damit sich der Digitalrecorder auf der eingelegten Cassette überhaupt zurechtfindet. Nur der JVC-Victor erlaubt sich zur Bandschonung, in der Pausenstellung die Kopftrommel zu stoppen und das Band abzuheben; allerdings braucht er dann etwa eine Sekunde, bis er aus dem Stand wieder auf Hochtouren kommt.
Unterschiedliche Intelligenz der DAT-Laufwerke
Obgleich allerdings die Unterbringung der Musik- und Informationsdaten in einem exakten DAT-Standard festgelegt ist, ziehen die einzelnen Modelle recht unterschiedlichen Nutzen aus den Bits. Wohl bieten alle Geräte den CD-gewohnten Titelsprung, markieren bei der Aufnahme automatisch die Titelanfänge und informieren über Titelnummern und Spielzeiten. Doch Detailfragen klären sie sehr eigenwillig.
So sind die Modelle von Technics und JVC-Victor stets über die "absolute" Titel- und Gesamtspielzeit im Bilde: Wird eine Cassette eingelegt, starten beide eine kurze Leseprobe und liefern prompt die richtigen Daten. Anders bei den baugleichen DATs von Aiwa und Sony: Sie orientieren sich nur "relativ", setzen also bei jedem Cassettenwechsel die Anzeige auf Nullstellung, ohne sich um die jeweilige Umspulposition zu kümmern.
Unterschiedlich verteilt ist auch die Merkfähigkeit: Lassen sich beim Technics und JVC-Victor musikalische Menüs aus bis zu 99 Titeln programmieren, fehlt den beiden anderen jedes Gedächtnis. Sie sprinten dafür bei der direkten Titelanwahl ein wenig rascher als die Konkurrenten.
Alle vier haben 3 Abtastfrequenzen
Im Normalbetrieb arbeiten alle Kandidaten mit einer Abtastfrequenz von 48 Kilohertz und verstehen außerdem den (bei der CD benutzten) Takt von 44,1 Kilohertz, um künftige vorbespielte DAT-Cassetten abspielen zu können. Für direkte Aufzeichnungen des bevorstehenden digitalen Satelliten-Hörfunks (siehe Seite 32) bei 32 Kilohertz sind indes nur der Aiwa und der Sony vorbereitet.
Komfort bereits bei der Aufnahme
Und sie bieten auch eine Zusatzfunktion, die sich gerade für solche Mitschnitte als nützlich erweist: Ungewünschte Passagen - wie beispielsweise Programmansagen - lassen sich nachträglich markieren und bei der Wiedergabe kurzerhand überspringen.
Mit solchem Komfort überbieten die digitalen Bandmaschinen noch jeden analogen Cassettenrecorder. Und mit ihren rasanten Zugriffszeiten sind sie ohnehin die Sprintmeister: Für das Umspulen eines 60-Minuten-Bandes braucht der besonders antrittsstarke Technics rund 20 Sekunden - unerreichbar für jeden analogen Kollegen.
Auch das Aufnehmen geht flink und problemlos von der Hand. Einzig an die strikte Übersteuerungsgrenze werden sich Cassetten-Fans künftig gewöhnen müssen. Denn bereits ein halbes Dezibel zuviel läßt den Klirr in astronomische Größenordnung ansteigen und macht die Aufnahme auf einen Schlag wertlos.
Keine Übersteuerungsfestigkeit oberhalb 0db
So beginnt der rote Bereich in der Aussteuerungsanzeige des JVC-Victor schon mit genügend Sicherheitsabstand. Sobald in einem der 16 Bit langen Datenblöcke ganz vorn eine Eins auftaucht, meldet das Display mögliche Gefahr.
Denn zwischen diesem "Most Significant Bit" (MSB) und der absoluten Vollaussteuerung liegen nur noch sechs Dezibel Sicherheitsabstand.
Da allerdings der jeweilige Spitzenpegel auch nach der Aufnahme noch angezeigt wird, läßt sich auf Anhieb feststellen, ob die komplette Überspielung brauchbar oder übersteuert ist.
Auch leise Aufnahmen bleiben bei DAT völlig rauschfrei
Der gewaltige Fremdspannungsabstand (Standardmessungen siehe Seite 16) erlaubt jedoch, großzügige Reserven vorzusehen. Selbst eine recht leise Aufnahme bleibt beim DAT schließlich rauschfrei.
Das gilt sogar in der "Long-play"-Funktion, einem DAT-Standard, den allerdings bislang nur der JVC-Victor bietet: Dabei werden die Abtastfrequenz (auf 32 Kilohertz), die Auflösung (auf 12 Bit nichtlinear) und die Transportgeschwindigkeit (auf 4,075 Millimeter in der Sekunde) reduziert, um die Spielzeit der Cassette auf vier Stunden zu verdoppeln. Dadurch nimmt zwar die Klangqualität etwas ab, der meßbare Fremdspannungsabstand sinkt indes nur um drei Dezibel.
Das hohe Klangniveau verdanken die Digitalrecorder schließlich bewährter Technik. Ihre Wiedergabeteile entsprechen nämlich völlig denen von CD-Spielern - bei den Modellen von Sony und Aiwa bis hin zum Philips-Wandler mit Vierfach-Oversampling und Digitalfilter. So sollte sich das digitale Quartett schließlich im Hörtest mit der Player-Referenz DP-80/DC-81 von Accuphase (siehe Seite 37) messen. Dabei mußte - weil die Möglichkeit der direkten Digitalkopie von der CD bei keinem Gerät vorgesehen war - jeweils der analoge Eingang des Digitalrecorders gefüttert werden.
Unterschiede von DAT zu CD marginal
Zwar büßten erwartungsgemäß sämtliche DAT-Aufzeichnungen an Glanz und Frische ein, doch blieb der Unterschied zwischen CD-Original und DAT-Kopie ähnlich gering, wie zwischen den Playern der beiden obersten Klassen.
Wohl dickte der Technics extreme Tiefbässe („Tiden Bara Gär", Opus 3) etwas ein und hatte - etwa in Schostakowitschs „Symphonie Nr. 13" (Decca 417 261-2) - Mühe mit der Auflösung dichter und mittenbetonter Orchesterpassagen. Umgekehrt schien der Aiwa gerade bei solchen Aufnahmen die Höhen minimal zu überziehen, ließ also das Orchesterblech eine Spur brillanter schmettern als direkt von der CD. Dagegen untertrieb der Sony eher ein wenig mit Glanz und Frische: Toshiyuki Hondas luftiges Saxophon („Modern", Eastworld/EMI CP35-5001) wirkte dumpfer als über die Konkurrenz, und das Frankfurter Radio-Sinfonie-Orchester mochte bei Brückners Neunter (Teldec 8.43302) nicht ganz so gelöst aufspielen.
Der JVC-Victor hatte indes gerade bei diesen Hörbeispielen eher leichte Probleme mit der räumlichen Staffelung - selbst Steve Reichs „Six Marimbas" (Nonesuch 979 138-2) rückten etwas eng zusammen.
Doch blieben solche Nuancen so hauchfein, daß die Tester keine unterschiedliche Punktebewertung rechtfertigen konnten.
Kein Zweifel also: DAT ist - allen Unkenrufen zum Trotz - klangliche Wolkenreisen wert.
Ein Artikel von Uwe Andresen in Audio 07/1987
Die Testkandidaten nochmal mit den 1987er Preisen :
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- DTC-1000 ES um 2 400 Mark
- JVC Victor XD-Z1100 um 2 400 Mark
- SV-D 1000 um 2 550 Mark
- KD-117 steht noch nicht fest
- Zum Vergleich Excelia XD-001 um 2 400 Mark
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