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Qualität in der Serienfertigung 53/1970

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3000 sichere Lötstellen in 100 Sekunden

aus TELEFUNKEN- Sprecher Heft 53/1970 - (Thema 2)
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Die Lötstelle ist seit eh und je ein Kriterium der Betriebssicherheit elektrischer Geräte. Mit ihr mußte sich schon der Funkbastler 1923 befassen. Lötfett und Klempnerzinn und ein fremdbeheizter Lötkolben, so ging es los. Dann kam das elektrische Lötwerkzeug und der Lötdraht mit Kolophoniumfüllung. Die Zahl der kalten Lötstellen ging zurück, aber man brauchte für 3 ganze Lötstellen immer noch 10 Sekunden, für 30 Lötstellen also - wenn es gut ging - 100 Sekunden.

In den Fabriken begann man mit eigenen Praktiken, losgelöst von den alten handwerklichen Klempnermethoden. Den Massenlötungen bei der Massenfertigung mußte man mit ganz anderen Methoden beikommen.

Es begann das Zeitalter der gedruckten Schaltung, so um 1955 herum. Sie wurde ständig weiterentwickelt, ja wissenschaftlich und ingenieurmäßig durchdrungen. Man könnte ein ganzes Buch darüber schreiben, - aber lassen wir es bei dem folgenden Aufsatz bewenden, der uns mit den modernsten Methoden vertraut macht, so wie man ihnen im Gerätewerk von AEG-TELEFUNKEN in Hannover begegnet.

Die Löttechnik muß beherrscht werden - für Fachleute

Die Anwendung der Druckschaltungstechnik in der modernen Fertigung setzt voraus, daß die Löttechnik beherrscht wird. Das Vorbehandeln der Lötstellen beginnt damit, die Lötfreudigkeit der Kupferbahnen beim Herstellen der Leiterplatten zu erhöhen. Dann darf die Lötfähigkeit auch beim Lagern nicht beeinträchtigt werden. Normalerweise umgeht man die Schwierigkeit dadurch, daß die Platten in einer angemessenen Zeit nach dem Herstellen in der Fertigung eingesetzt werden.

Eine weitere Voraussetzung für einwandfreie Lötstellen ist in der Zuordnung von Leiterplatten-Lochdurchmessern und Drahtdurchmessern der zu bestückenden Bauteile zu sehen. Ein dünner Draht und ein relativ großes Loch führen zu einer Lötstelle, die optisch (und auch elektrisch) völlig einwandfrei sein kann; bei der geringsten mechanischen Belastung wird hingegen die gebildete dünne Zinnhaut zerrissen, und die Lötstelle ist kalt, wie es im Fachjargon heißt.

Ferner hat das Verhältnis von Lötaugendurchmesser zur Länge des durchsteckenden Drahtendes Einfluß auf die Qualität der Lötstellen. Sehr lange Drahtenden neigen zur Bildung von Brücken; ebenso kann die große Oberfläche solcher Drahtenden das Zinn aus dem Lötauge herausziehen. Bei zu kurzen Enden ist nicht sichergestellt, daß das Zinn eine genügend große Fläche des Drahtes erreicht.

Tauchlöten, Schlepplöten, Fließlöten

Beim Löten selbst haben sich verschiedene Verfahren herausgebildet, die unter den Sammelbegriff »Tauchlöten« fallen. Es zählen dazu das Tauchlöten im engeren Sinn, das Schlepplöten und das Fließlöten.

Beim »Tauchlöten« wird die bestückte Leiterplatte in einer Tauchlötmaschine bis zur Plattenstärke in das flüssige Lötzinn eingetaucht, nachdem vorher mit einem Abstreifer die Oxydationsrückstände entfernt wurden. Die reine Lötzeit liegt zwischen 3,5 und 4,0s; die Temperatur des Lötzinns beträgt ziemlich genau 250° C.

»Tauchlöten«

Das Verfahren hat verschiedene Schwierigkeiten und sogar Nachteile. So können zum Beispiel die Lösungsmitteldämpfe nur schwer entweichen (Blasenbildung), auch fließt das Lötzinn nach dem Abheben nur unzureichend ab (Tropfenbildung). Verschiedentlich werden deshalb die Platten beim Eintauchen und Ausheben angekippt, manchmal sogar in leichte Vibration versetzt.

Bei dem sogenannten Sylvania-Verfahren wird das Lötbad mit einer Lochmaske abgedeckt; durch die Löcher der Maske wird flüssiges Lötzinn gepreßt. Unter jedem Lötauge der feststehenden Schaltung entsteht so ein ca. 1 cm hoher Strahl. Dieses Verfahren ist nur bei sehr großen Serien interessant.

»Schlepplöten«

Beim »Schlepplöten« wird die bestückte Leiterplatte in einem Lötschlitten nur seitlich geführt, während sie in vertikaler Richtung frei beweglich ist. über einer großflächigen Wanne mit Lötzinn taucht der Schlitten leicht geneigt in die Flüssigkeit, bis die Leiterplatte auf der Badoberfläche schwimmt.

Nach einer kurzen Schleppstrecke wird die Platte, ebenfalls schräg, aus dem Lötzinn herausgehoben.

»Fließlöten« - unsere Wahl bei Telefunken

Die sicherste Methode des Weichlötens ist jedoch das »Fließlöten nach dem Flowsolder-Prinzip«, das für die Fernseh- und Rundfunkgerätefertigung bei TELEFUNKEN heute ausschließlich verwendet wird.

Dabei drückt eine im Lötzinn befindliche Pumpe - in der Praxis meist nur ein einfaches Flügelrad - das flüssige Zinn durch eine senkrecht stehende Langdüse. Es entsteht eine Zinnwelle quer zur Bewegungsrichtung der Leiterplatten, die über den übrigen Zinnspiegel hinausragt und deren Höhe durch Verändern der Pumpendrehzahl einstellbar ist (siehe Bild).

Meist wird die Höhe so eingestellt, daß das Zinn mit leichtem Druck gegen die zu lötende Leiterplatte preßt, ohne jedoch die Platte zu überschwemmen oder sie gar anzuheben. Durch besonderes Ausformen der Langdüse kann die Form der Zinnwelle beeinflußt werden.

Dadurch, daß das heiße Zinn ständig in Bewegung gehalten wird, konnte das Problem der sogenannten »Krätzebildung« elegant umgangen werden. Flüssiges Zinn in unbewegten Bädern beginnt an der Oberfläche sofort mit dem Sauerstoff der umgebenden Luft zu reagieren. Der Rückstand ist die erwähnte »Krätze«, die von den Lötstellen unbedingt ferngehalten werden muß.

Bevor die bestückte Leiterplatte durch die Zinnwelle gezogen wird, muß eine dünne Schicht Kolophonium auf die Platte gebracht werden, um die Lötfähigkeit sowohl der Kupferaugen als auch der bestückten Bauteildrähte zu erhöhen.
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Zur Konstruktion der bei uns verwendeten Lötmaschine

Nun noch einiges zur Konstruktion der bei uns verwendeten Lötmaschine: Zwei parallellaufende Ketten sind mit kleinen, nach innen gebogenen Haken versehen, die die Leiterplatte aufnehmen und mit einer Geschwindigkeit von 60 ... 75cm/min transportieren.

Zuerst passiert die Platte die oben erwähnte Einrichtung zum Erhöhen der Lötfreudigkeit. Dieser sogenannte Fluxer arbeitet ähnlich wie die Lötwelle mit einer Düse, durch die das in Spiritus gelöste Kolophonium von unten gegen die Platte geschwemmt wird.

Die Schwierigkeit hierbei besteht im richtigen Dosieren des Fluxmittels. Überschüssiges Kolophonium verdampft beim Erhitzen in der Lötwelle und schlägt sich auf den Kontaktflächen von Bauteilen (z. B. Trimm-Widerständen) nieder, deren Funktion dadurch beeinträchtigt wird. Zuwenig Kolophonium wirkt dagegen negativ auf die Lötqualität.

Eine andere Lösung ist das bei uns ebenfalls verwendete Schaumfluxen. Hierbei wird Preßluft durch einen rohr-förmigen schwammigen Stein geblasen (Aerolith), der im Fluxmittel liegt und ein Aufschäumen bewirkt. Im Anschluß an den Schaumfluxer passieren die Platten eine Trockenstrecke. Erst wenn der Alkoholanteil im Fluxmittel verdunstet ist, durchlaufen die Platten die Lötwelle.

Alle Metallteile innerhalb des auf ca. 250°C erhitzten Lötzinns und auch die Wanne selbst bestehen aus zinnabweisendem V2A-Stahl.

Eine Automatik schaltet das Heizaggregat für die Zinnwanne zwei Stunden vor Arbeitsbeginn ein und verhindert ein unbeabsichtigtes Einschalten der Pumpe, wenn die Zinnmenge nicht restlos im flüssigen Zustand ist.

Die Voraussetzungen für eine einwandfreie Lötqualität in der Massenfertigung sind also vielfältig. Neben den erwähnten Gesichtspunkten konnte das bei uns verwendete Lötverfahren harmonisch in den Fertigungsfluß eingefügt werden, es garantiert sichere Lötqualität. Sichere Lötstellen sind wichtiger als eine schnelle Lötung. TELEFUNKEN hat mit dem Flowsolder-Verfahren ein Maximum an Lötsicherheit bei optimalen Fertigungsvorteilen erreicht.

H. H. Alex aus TELEFUNKEN- Sprecher Heft 53/1970

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