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Qualität in der Serienfertigung 55/1971

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Endprüfung von Farbfernsehgeräten - 55/1971

aus TELEFUNKEN- Sprecher Heft 55/1971
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Bei der Endmontage von Farbfernsehgeräten „fließen" die Chassis und andere Teile des Empfängers sternförmig an den Bestückungsplätzen der Einbaubänder zusammen. Das Einbauband selbst ist U-förmig aufgebaut.

Ein Unterflurförderer transportiert die Gehäuse mit eingebauter Bildröhre auf Gerätewagen an mehreren Montageplätzen vorbei, an denen die Geräte komplettiert werden.

In der Mitte des Bandes, also am Umkehrpunkt des U-Bogens, beginnt schon die Arbeit des Prüffeldes mit einem Test, der ausnahmsweise nicht die Funktion des Gerätes betrifft, sondern die Sicherheit.
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Die (elektrische) Sicherheit der Bedienteile

Diese muß jedes elektrische Gerät aufweisen, um ohne Gefahr vom Kunden bedient werden zu können. Alle Metallteile des Gerätes, die von außen erreichbar sind, besonders die Antennenbuchsen, werden mit einer pistolenförmigen Prüfspitze bei einer Spannung von 2.000V geprüft. Überschreitet der Leckstrom ausnahmsweise einmal den zulässigen Wert, dann spricht in dem zugehörigen Prüfgerät ein Relais an und schaltet eine deutlich sichtbare rote Signallampe ein.

Ein solches Gerät ist für die weitere Prüfung gesperrt; es wird aus dem Förderer ausgeklinkt und der Fehler wird beseitigt. Als äußeres Erkennungssymbol für eine fachgerecht durchgeführte Prüfung auf Berührungsschutz-Sicherheit nach den Bestimmungen des Verbandes Deutscher Elektrotechniker erhält jedes Gerät das bekannte VDE-Zeichen, das ein Höchstmaß an Sicherheit für jeden Gerätebenutzer garantiert.

Nach der VDE-Prüfung und Einbaurevision wird das Gerät an das Stromversorgungsnetz angeschlossen. Der Sicherheit des Prüfpersonals dienen Trenntransformatoren, die auf einem Hängeförderer synchron zum Unterflurförderer mitlaufen und deren primär-seitige Versorgung aus dem Netz über Kohleschleifer von Kupferschienen erfolgt.
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Der zweite und dritte Prüfplatz

Auf dem zweiten und dritten Prüfplatz werden die Geräte für die danach folgenden Meßplätze vorbereitet. Dazu gehört eine grobe Einstellung der Bildgeometrie, des Weißabgleichs, der statischen Konvergenz, der Farbreinheit und der Fokussierspannung.

Außerdem wird das Abstimmaggregat auf jene Kanäle der vier Bereiche eingestellt, auf denen der hauseigene Zentralsender Testsignale mit unterschiedlichem Inhalt für die verschiedenen Prüfungen und Einstellungen ausstrahlt.

Danach ist das Gerät wenigstens 15 Minuten eingeschaltet gewesen und kann nun an vier Meßplätzen kontrolliert und eingeschaltet werden:

Im einzelnen geschieht dort folgendes:
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  • Meßplatz 1
    Kontrolle und Einstellung der Betriebsspannungen Ui und U5. Boosterspannungskontrolle. Zeilensynchronisation.
  • Meßplatz 2
    Kontrolle und Einstellung der getasteten Regelung, des Video-Drive und des Referenzoszillators.
  • Meßplatz 3
    Kontrolle und Einstellung der Matrix-Balance und der Spitzenstrom-begrenzung. Weißabgleich und Einstellung der Grundhelligkeit und der Strahlstrombegrenzung.
  • Meßplatz 4
    Kontrolle und Abgleich des Burst-verstärkers, der Gesamtphase und der (R-Y)-Achslage.

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Zwischen den Meßplätzen 2 und 3 steht ein Entmagnetisierungsgerät, das ein kräftiges, langsam abklingendes Magnetfeld erzeugt. Damit werden die Remanenzen aller Stahlteile beseitigt, die das Ablenkfeld beeinflussen könnten.
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Der "Klopftest" und es geht weiter

Nach dem letzten Meßplatz wird das Gerät abgeklopft, um eventuell unsichere Verbindungen oder Schlußgefahren aufzuspüren. Außerdem werden hier Bildgeometrie, Konvergenz und Farbreinheit abermals korrigiert, so daß bei den nachfolgenden Plätzen die Aufmerksamkeit den Feinheiten der Einstellung gewidmet werden kann.

Dazu durchfahren die Geräte eine abgedunkelte Kabine. Fünf Prüferinnen und Prüfer geben hier den Geräten den letzten Schliff. Farbreinheit und Konvergenz werden nach einer weiteren Entmagnetisierung abwechselnd mehrmals fein korrigiert.

Während ein Prüfer mit dem Mikroskop an verschiedenen Stellen des Bildschirms die Landungen der Elektronenstrahlen kontrolliert, gibt er der Prüferin hinter dem Gerät Anweisungen zum Einstellen der Farbreinheitsmagnete und für die Lage der Ablenkspule auf dem Bildröhrenhals.

Für den Weißabgleich ist in die Spiegelwand der Kabine eine Lichtquelle eingelassen, die als Vergleichsnormal einen definierten "Farbort" hat. Nachdem die Schirmgitterspannungen der Bildröhre auf gleichen Einsatzpunkt eingestellt sind, werden Geräteweiß und Normalweiß mit der Drive-Einstellung in Übereinstimmung gebracht. Die letzten Einstellungen betreffen die Fokussierung, die Kissensymmetrie und die Konvergenz.

Danach wird jedes Gerät einer scharfen Endprüfung unterzogen. Alle Funktionen - dazu gehört natürlich auch der Ton - werden überprüft und alle Einstellungen kritisch beurteilt. Maßgebend ist hierbei die Geräte-Prüfvorschrift, die objektiv meßbare Werte und natürlich auch Toleranzen zwingend vorschreibt.

Im Zweifelsfall zurück zum Fehlerbestimmer

Es gibt keine Ausnahmen von dieser Regelung: Hält ein Gerät in einem Punkt die geforderten Daten nicht ein, dann wird es aus dem Unterflurförderer ausgeklinkt und kommt zu einem Fehlerbestimmer.

Nachdem die schwache Stelle erkannt und in Ordnung gebracht wurde, muß das Gerät die Prüfstrecke erneut durchlaufen. Am Kabinenausgang ist die Stromschiene unterbrochen, so daß die nachfolgenden Arbeiten - Ausfüllen der Garantieunterlagen, Aufsetzen der Rückwand und Gehäusepolitur - gefahrlos durchgeführt werden können.

Jetzt könnte das Gerät eingepackt und an das Lager geliefert werden.
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Und noch eine Prüfung

Aber um ganz sicher zu sein, daß bei den letzten Arbeiten nichts beschädigt wurde, erfährt das Gerät nach 20 Minuten Einschaltzeit eine weitere gründliche Funktionsprüfung.

Nach dieser „Endprüfung" entnimmt die Abteilung Qualitätskontrolle in unbestimmten Abständen Geräte, die in der Werkabnahme einer Funktionsprüfung unterzogen werden. Das Gesamtergebnis dieser Stichprobenprüfung wird nach einem bestimmten Verfahren ausgewertet, worauf die Entscheidung fällt, ob die Produktion eines Einbaubandes für diesen Tag angenommen oder verworfen wird.

Die Kontrolle erfolgt nach dem „Einfach-Stichprobenplan" für Attributprüfung mit einem für Geräte sehr strengen AQL. Hinter diesen drei Buchstaben, den Abkürzungen für "acceptable quality level", übersetzt "annehmbare Qualitäts-Grenzlage" oder einfach „Gutlage", verbirgt sich die Erfahrung moderner Produktionsbetriebe in Bezug auf deren Qualitätsüberwachung nach statistischen Methoden.

Dieses Verfahren der Stichprobe verbindet den Vorteil der eindeutigen Aussage (Fehlergrenzen werden angegeben) mit einer einfachen Anwendbarkeit in der Praxis und wirtschaftlich vertretbarem Aufwand.
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Eine Tabelle der Prüfvorschriften

Bild 1 zeigt eine Tabelle, aus der die Prüfvorschriften für verschiedene Losgrößen (= Fertigungs- oder Liefermengen) und unterschiedliche AQL-Werte abgelesen werden können. Dabei ist sichergestellt, daß mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% die geforderte Gutlage der überwachten Produktionsmenge eingehalten wird, wenn die aufgetretenen Ausfälle die Tabellenwerte nicht überschreiten.

Stellt die Werkabnahme fest, daß die vereinbarten Werte überschritten sind, dann gibt es für die Fabrik kein Pardon: Die Tagesproduktion des betreffenden Einbaubandes muß zurückgezogen und einer erneuten Prüfung unterworfen werden, auch wenn die Ausfallursachen nicht in der eigenen Produktion, sondern in der eines Unterlieferanten liegen.

Da eine solche Entscheidung für die betroffene Prüffeldmannschaft erhebliche Konsequenzen hat - Überstunden, Samstagsarbeit -, wirkt sie auch psychologisch: Jeder Prüfer ist bemüht, durch äußerste Konzentration ein Zurückweisen der Geräte zu verhindern. Das wiederum hat Rückwirkungen auf die vorproduzierenden Gruppen bis hin zur Spulenwickelei und weiter auf die Wareneingangskontrolle, in der die Qualität der zugelieferten Erzeugnisse überwacht wird, so daß für alle Stellen ein Zwang zur ständigen Qualitätssteigerung besteht.

Die 100- und 1000- Stunden-Tests

Neben der erwähnten Funktionsprüfung erfolgen in der Abteilung Qualitätskontrolle laufend Dauerprüfungen (100- und 1000- Stunden-Test), die in kürzest-möglicher Zeit eine Aussage darüber gestatten, wie sich die Geräte im Mittel voraussichtlich beim Kunden verhalten werden und ob Bauteile vorhanden sind, die eine besondere Störanfälligkeit besitzen.

Dann noch die sogenannten Heimerprobungen

Daneben werden zwei Arten von Heimerprobungen durchgeführt:

1. Die Kurzzeit-Erprobung mit dem Zweck, möglichst umgehend Stellungnahmen von Fachleuten über die Qualität der gerade laufenden Produktion zu erhalten. Dafür müssen von den Erprobungsteilnehmern umfangreiche Fragebogen über technische Details ausgefüllt werden, die ein gutes Bild über die »Auspackqualität« und die Betriebssicherheit ergeben.

2. Die Langzeit-Erprobung mit einem wechselnden Kreis von Teilnehmern gibt weiteren Aufschluß über die Betriebssicherheit der Geräte. Durch Einbau von Betriebsstundenzählern werden die unterschiedlichen Sehgewohnheiten festgestellt und in die Auswertungen einbezogen. Ergänzend sei bemerkt, daß diese Geräte nach der Erprobung nicht in den Handel gehen, sondern zur weiteren Überwachung ausschließlich an Belegschaftsmitglieder.

Beim Anlauf neuer Gerätetypen werden Transport- und Fallversuche durchgeführt. Ebenso werden auf einer eigens dafür eingerichteten Meßstrecke die Geräte auf Einhaltung der Störstrahlungsbedingungen der Deutschen Bundespost kontrolliert.

Und warum dann immer noch Ausfälle möglich sind ?

Wer sich jetzt fragt, wie bei solchem Aufwand an Prüfungen und Kontrollen denn überhaupt noch Ausfälle im praktischen Betrieb möglich sind, der sei - bei allem Verständnis für den Ärger des Kunden über einen verpatzten Fernsehabend - darauf hingewiesen, daß leider die Zuverlässigkeit der über 1000 Bauelemente (Transistoren, Dioden, Widerstände, Kondensatoren usw.) den Idealwert 100% nicht immer erreicht, und daß letztlich eben doch Menschen hinter all der Technik stehen, die - es möge so bleiben - keine Maschinen sind.

H.-H.Alex aus TELEFUNKEN- Sprecher Heft 55/1971
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Bild 1. Teilansicht der Prüfstrecke eines Einbaubandes für Farbfernsehgeräte, im . Hintergrund die abgedunkelte Kabine für f die endgültigen Geräteeinstellungen
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Bild 2. Taschenkarte zur Ermittlung der Stichprobengröße bei verschiedenen Fertigungsmengen und unterschiedlichen AQL-Werten
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Nachtrag unter dem Artikel :

Hinweis : Aus der Artikelreihe: Qualität in der Serienfertigung erschienen außer dem vorgenannten die folgenden Beiträge:
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  1. Toleranzprüfautomat kontrolliert in 50 Sekunden 500 Bauteile eines Farbfernsehchassis (Heft 52/1970)
  2. 3000 sichere Lötstellen in 100 s (Heft 53/1970)
  3. Vor- und Chassisprüfung der Farbempfänger (Heft 54/1971)

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