Der "Receiver" ist quasi der Nachfolger des "Radios"
Bis etwa 1970 war bei unseren Eltern und Großeltern der Begriff "Radio" und "Stereoanlage" fest umrissen. Das Radio war ein Gerät, aus dem nach dem Einschalten sofort Musik oder Sprache raus kam, denn der Lautsprecher war da schon oder noch drinnen.
Dann fing sogar bei GRUNDIG das Bewerben der damals so benannten "Steuergeräte" an. Der "Stereomeister 300" war eines der ersten (erschwinglichen) Stereo-"Radios" und noch voll mit Röhren aufgebaut und der brauchte separate Lautsprecher, sogar 2 Stück für Stereo.
Zu der Zeit kamen auch die Japaner mit Macht auf den deutschen Markt, aber alle mit Geräten, die eigentlich für den Weltmarkt konzipiert waren. Und von nun an hieß das "Radio" oder "Steuergerät" nur noch "Receiver"- aber nicht in den deutschen Katalogen und anfänglich auch nicht in den deutschen Prospekten der japanischen Anbieter. Man hatte nämlich Japaner mit Deutschkenntnissen oder Deutsche mit japanischen Sprachkenntnissen beauftragt, die Werbe-Texte einzudeutschen.
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Also - ab jetzt nur noch "Receiver"
Wie bei uns in Europa gab es auch in Japan "Receiver" mit 2 x 6 Watt Musikleistung. Doch die waren reativ schnell unverkäuflich. Das Gewicht, die Karton-Größe der Verpackung und dadurch der teure Transport und der im Gegenzug erzielbare Verkaufs-Preis hatten ein eklatantes Mißverhältnis. Bereits in 1968 hatten die Japaner daher die 2 x 30 Watt (Sinus) Grenze überwunden und die Receiver "konnten" immer mehr Watt liefern.
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Die Tücken der hohen Leistungen
Es gab aber auch Schwächen dieser Receiver mit solch hohen Ausgangs- Leistungen, und nicht nur bei den Japanern. Die Ingenieure hatten schnell herausgefunden, daß bei hohen Ausgangsleistungen die sekundären Transformatorspannungen deutlich bis erheblich in die Knie gingen. Und wenn dann die häusliche Stromversorgung auch noch schwach war, wurden die Tuner- und Vorverstärker- Versorgungsspannungen grenzwertig schwach und wackelig.
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Bis 2 x 60 Watt unproblematisch
Zum Ende der 1970er Jahre strebten alle Hersteller in höhere Sphären und 2 x 120 Watt waren langsam normal. In diesen größeren Geräten waren dann 500 Watt Trafos drinnen, die nicht nur beim Einschalten zeigten, daß sie den Strom aus der Steckdose saugen (würden). Auch bei der Bereitschaftsleistung - also bei Flüsterlautstärke - wurde bereits kräftig hingelangt.
Doch das mit den 2 x 120 Watt wie bei Grundig mit dem A5000 (das ist eine solche Endstufe) reichte nicht. Die japanischen Monster-Receiver kamen auf und hatten mehr "Watt".
In den USA wurden solche Teile bzw. Massen-Hifi-Geräte schon gar nicht mehr hergestellt. Selbst der uramerikanische Hersteller Marantz produzierte bereits alles in Japan und später sogar in Taiwan und dann in China - auf dem Festland.
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Und bei "Monstern" sind dann 2 x 500 Watt Sinus für die Stromversorgung nicht mehr trivial.
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Monster-Receiver
Ich möchte hier nicht zuallererst die Frage nach dem Sinn und Zweck solcher Monster stellen, das wäre so ähnlich wie in 2010 und danach die Frage nach dem Sinn und Zweck der sogenannten "SUV"- Geländewagen in Mitteleuropa zu stellen.
Es geht mehr um die Technologie der Stromversorgung im "volle Pulle" Betrieb mit extrem in-effizienten Lautsprecherboxen - wie zum Beispiel der OHM F oder der AR-LST.
Eines unserer Beispiele ist der Pioneer SX-1980 aus 1978 mit 2 x 540 Watt Sinus an 4 Ohm Last. Da muß der Netztrafo deutlich über 1200 Watt liefern. Und dieser dort verbaute Ringkerntrafo könne das laut des "Tests".
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Die Spannungsreserven verbraten
Es gibt aber andere, die einen ganz normalen - aber extrem großen M-Kern Trafo drinnen haben, dessen Spannungen bei Belastung mit Sicherheit deutlich in die Knie gehen. Und dort muß der Entwickler erheblich Spannungsreserven vorhalten. Damals wurde das so gemacht, daß die überschüssige Spannung an Lastwiderständen oder an dicken Lasttransistoren verbraten wurde.
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Beispiel für ein uraltes Konzept : Grundig R3000
Der Grundig R3000 Receiver aus etwa 1981 ist kein Monster-Receiver, aber dort ist es gut nachvollziehbar. Die Ingenieure hatten für Vorverstärker und Tuner eine Versorgungsspannung von erst mal 70 oder sogar 82 Volt erzeugt. Die wurden dann auf etwa 55 Volt herunter geregelt und dann nochmal auf 29 Volt und am Ende auf 15 Volt.
Die gesamt überschüssige Spannung wurde entsprechend dem jeweils fließenden Dauerstrom teilweise an Kühlflächen und teilweise an Lastwiderständen verbraten. Und da kamen bestimmt 20 Watt verbratene Verlustleistung raus. Wie gesagt, das ist ja nur ein 2 x 50 Watt Receiver.
Eine späte Anmerkung : Das hatte mit den Tantal Kondensatoren zu tun. Diese Erkenntnis kam mir aber erst sehr spät.
Der Marantz 4400 Quadro-Receiver - ein Geschenk von Karl Breh - wird innen drinnen "sehr sehr" warm, weil auch dort eine Menge an zu hoher Spannung - und damit der jeweilige Strom - verbraten werden muß.
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Die Profis hatten solche Monsterkonzepte umgangen
Wenn man genauer in den Prospekten der renommierten Hersteller liest, also zwischen den Zeilen liest, findet man eine Menge an Informationen, ab wann getrennte Komponenten sinnvoll sind und auch warum. Die Spannungs- und die Stromversorgung von Tuner, Vorverstärker und Endstufen sind grundsätzlich verschieden. Erstere brauchen immer nur einen geringen aber stabilen Dauerstrom.
Eine Endstufe (die Endstufen im Allgemeinen) ist (sind) allermeist symmetrisch aufgebaut und kann mit geringen Spannungsvariationen gut leben. Geht die Sekundär-Spannung des Trafos unter Last in die Knie, kommt eben (etwas) weniger Dauer-Leistung hinten raus.
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