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Quadro 73 - (zitiert aus "fonoforum" August 1973)

von Gert Redlich im Februar 2015 - Zuerst ist es für das Verständnis wichtig, einige Anmerkungen zu dem "fonoforum" QUADRO-Artikel aus 1973 zu machen.

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Die Zauberflöte als erste Quadro-Oper

Nikolaus Harnoncourt probiert Quadro aus

Das Repertoire der Schallplatte - Noch vor kurzem konnte man von den Verfechtern des Quadro-Gedankens lebhafte Klagen darüber hören, daß die (damaligen) Software-Hersteller (das sind nicht die heutigen Software-Hersteller, heute nennt man sie die Medien-Konzerne) sie bei der Propagierung ihrer Idee im Stich ließen, denn außer einigen Vierspurbändern gäbe es kein "vorführbares" Programmaterial. Nach der Einführung der verschiedenen Verfahren zur Speicherung vierkanaliger Informationen auf Schallplatten hat sich die Lage auf dem Tonträger-Gebiet unauffällig, aber schnell geändert.

  • Anmerkung: Das stimmt so nicht. Die allerersten 4-Kanal Kodier-Verfahren und davon gab es beinahe 20 Varianten, waren sehr unausgegoren und "sensibel".

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41 Quadro Platten von CBS

Als erste Schallplattenfirma brachte CBS Anfang 1972 Vierkanal-Schallplatten heraus. Das Quadro-Repertoire dieser Firma ist inzwischen auf 41 LPs angewachsen, die Platten, die aus Amerika importiert werden und zum Preis von 28.- DM über CBS zu beziehen sind, sind Parallelveröffentlichungen zu den größtenteils in Deutschland schon bekannten Stereo-Versionen.
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CD-4 Platten von JVC

Einige Monate später kamen aus Japan die ersten CD-4-Platten von JVC Nivico. Das JVC-Repertoire - mit hierzulande sonst nicht bekannten Einspielungen vorwiegend japanischer Herkunft - umfaßt mittlerweile 18 Platten, die Einzelplatte soll im Handel 17,50 DM kosten.

Die Anderen mit QUADRO

Während von WEA - Labels: Warner, Elektra, Atlantic - bis Redaktionsschluß noch keine Platten in Deutschland greifbar waren, ist das CD-4-Repertoire von RCA inzwischen als Import über die Teldec zu beziehen (25.- DM pro Platte). Im Unterschied zu CBS bietet RCA Einspielungen an, die es nicht in Stereofassung geben soll.

Ähnlich geht auch EMI-Electrola vor, die als erste deutsche Firma die Produktion von Quadroschallplatten aufgenommen hat: keine der neun Platten des klassischen Startprogramms überschneidet sich inhaltlich mit Stereoaufnahmen, sie bieten entweder Neuaufnahmen oder Aus- und Querschnitte aus Stereo-Kassetten.

Electrola und die „Zauberflöte"

Electrola wird zu Beginn der kommenden Saison auch die erste Gesamtaufnahme einer Oper in einer vierkanaligen Fassung offerieren: die Münchner Produktion der „Zauberflöte" unter Wolfgang Sawallisch (das Operettengegenstück wird der „Bettelstudent" sein).

Die Kompatibilität untereinander und zu Stereo ?

Angesichts dieser Situation stellt sich für den Schallplattensammler als erste wichtige Frage die nach der Kompatibilität von quadrophonen Platten. Kann und soll man sich Quadro-Platten anschaffen, auch wenn man vorerst bei seiner Stereo-Anlage bleiben will?

  • Und: Welche Platte soll man wählen, wenn parallel zur Stereo-Version auch Quadro angeboten wird?

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Und die folgende Aussage war definitiv falsch !

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Quadro-Platten anstelle von Stereo-Platten ?

Zur ersten Frage: Nach unseren bisherigen Hörerfahrungen gibt es keinen Grund, sich nicht Quadro-Platten auch für den eigenen Stereo-Bedarf anzuschaffen. Bei den SQ-Platten von Electrola und CBS waren außer dem fehlenden Raumeffekt keinerlei Einbußen beim Abspielen in Stereo zu bemerken, der Klang war nach Farbe und Balance praktisch identisch.
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CD-4 nur ein bißchen klang-kompatibel

Nicht ganz so einheitlich war das Bild bei den CD-4-Platten. Eine ganze Reihe von RCA-Aufnahmen klangen zwar in Stereo ebenso ausgezeichnet wie über eine Vierkanalanlage, in einigen Fällen jedoch änderte der Eindruck sich spürbar. So wirkte der quadrophon durchaus unbeengte Klang der Rachmaninow-Platte in Stereo etwas gedämpft. Ebenso klangen die Beethoven-Aufnahmen von JVC in Stereo zwar betont klar und sauber, aber weit weniger „saftig" als über Quadro.

Bei CD-4 sind also Unterschiede der Klangwirkung offenbar eher möglich, wenngleich sie bei den hier rezensierten Platten nur in einem Fall zu einer deutlichen qualitativen Einbuße führten.

Wie man sich im Fall der Wahlmöglichkeit zwischen Zwei- und Vierkanal-Version derselben Aufnahme entscheiden soll, hängt nicht vom technischen Pro und Contra ab. Bei den EMI-Platten, die uns in zwei Versionen vorlagen, schienen die klanglichen Unterschiede minimal, bei den CBS-Platten waren sie deutlicher, ganz allgemein klang die SQ-Version eine Spur heller und halliger, die Stereo-Aufnahme dagegen etwas klarer und konturierter.

In Einzelfällen, etwa bei der Stern-Zukerman-Aufnahme der Konzertanten von Mozart und Stamitz (siehe Heft 2/73), war dagegen in der Quadro-Version das (sehr geringe) Bandrauschen der Stereo-Version völlig eliminiert.

Die Quadro-Platten sind scheinbar dieselben

Fertigungstechnisch zeigten die vier-kanaligen Platten völlig dasselbe Bild wie ihre Stereo-„Schwestern", generell scheinen die Hersteller sich bei diesen Erstlingen um hohe Qualität der Pressungen besonders bemüht zu haben: Oberflächenstörungen und Knistern waren nur ganz selten zu vernehmen, auch Bandrauschen und Rumpeln wurden - bei recht massiven Abhörlautstärken - nur vereinzelt registriert.

CBS und RCA liefern ihre Vierkanal-Aufnahmen in der neuen dünnen Plattenform (Gewicht um 100g gegenüber 130-150g bei den üblichen Platten). Sie erreichten uns dennoch zum größten Teil ohne Höhenschlag. War eine Platte verwellt, so legte sie sich allerdings nicht auf dem Plattenteller von selbst wieder gerade, wie sie es nach den Herstellerangaben eigentlich tun sollte.

Laut Quadrotest-Redakteur alles paletti ?? Nein !

Und die Wiedergabe über eine Quadro-Anlage? Das Abspielen der SQ-Platten erwies sich als völlig problemlos. Die geringere Kanaltrennung zwischen Front- und Rücklautsprechern, die im System begründet liegt, tritt bei normalen Klassikaufnahmen, die den Klangkörper nach Konzertsaalmanier vor dem Hörer belassen, nicht negativ in Erscheinung. Die CD-4-Platten demonstrierten, daß Schwächen im Frequenz- und Dynamikumfang der Aufzeichnung, die man aufgrund des Verfahrens erwarten könnte, sich in der Praxis nicht auszuwirken brauche.

RCA und die „Quadradiscs"

RCA, die offenbar alle technischen Energien auf ihre „Quadradiscs" konzentriert hat, bietet einige Platten, die in Klangfülle und Leuchtkraft als musterhaft gelten können und jeden Vergleich aushalten.

Ein Ausschaltknacks am Ende der Aufzeichnung der Informationen für die hinteren Kanäle ist eine belanglose Unschönheit. Eine gewisse Problematik kommt bei den CD-4-Platten jedoch durch ihre offenbar gesteigerte Störanfälligkeit ins Spiel: Das Abspielen erfordert offenbar peinliche Sauberkeit, und auch nach ausgiebiger Säuberung von Plattenbesen und Nadel nach jeder Plattenseite war ein völlig störungsfreies Abspielen nur schwer zu erreichen (wohlgemerkt: von Platten, die über Stereo völlig einwandfrei klangen), bei etwas laxerem Vorgehen konnte das Abspielen durch häufige Knistergeräusche, die sich gelegentlich zu massiven Verzerrungen steigerten, zu einer leicht enervierenden Sache werden.

Hier ist - so unser derzeitiger Erfahrungsstand - offenbar das gewohnte Schallplattenniveau zur Zeit nur mit Schwierigkeiten zu erreichen, fonoforum wird in Zukunft das klassische Quadro-Angebot der Schallplattenfirmen im Rahmen seiner Schallplattenbesprechungen mitrezensieren.
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Wie Quadroplatten bezeichnet werden :

Eine Quadroplatte wird im Vorspann angezeigt durch ein Q, das durch die Indexbuchstaben d oder m als Quadroplatte nach Diskret- oder Matrix-Verfahren näher beschrieben wird (also z.B.: 2 Qd 30 = Album mit zwei Quadro-Platten in CD 4).
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Die folgende Sammelbesprechung befaßt sich mit 17 bei uns erhältlichen Neuaufnahmen in Quadrotechnik und ergänzt sie durch einen Blick auf quadrophone Parallel- und Ausschnittveröffentlichungen bereits in Stereo bekannter Einspielungen sowie durch Hinweise auf einige Aufnahmen des Unterhaltungsrepertoires. Durch den „Balken" sind diejenigen Platten aus dem Erstangebot hervorgehoben, die für „Klassiker" besonders interessant sind.
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Etwas über die Abhöranlagen der Redaktion fonoforum 1973!)

Abgehört wurde über mehrere Anlagen verschiedener Größe mit Lautsprecherboxen AR LST, Braun L 810, Revox 4631, Canton LE 600 und LE 350 - diese abwechselnd für Front- und Rücklautsprecher - sowie einer Vierergruppe JVC SX-3.

Als CD-4-Demodulator diente der 4 DD-5 von JVC, als SQ-Decoder der Sony SQD 2020, zum Abhören der SQ-Platten wurde ein Ortofon M15E Super verwendet, für CD-4-Platten ein JVC 4MD-20X. Als Verstärker fanden Verwendung die Modelle Klein+Hummel ES707, Lansing SG520/SE400, National SU-3600 und Sony TA-1055.

Als interessanter Nebeneffekt unserer Abhörtätigkeit sei hier zum Schluß noch kurz das Phänomen erwähnt, daß Quadrophonie „boxenfreundlich" ist: Verfärbungen von Lautsprechern wurden bei Betrieb einer Quadro-Anlage (ähnlich wie bei der parallelen Verwendung mehrer Boxenpaare) zumindest teilweise neutralisiert.

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Quadro-Premieren im August 1973

Jetzt werden in loser Reihefolge neun QUADRO Platten vorgestellt. Diesen Teil der QUADRO Artikel wollte ich eigentlich überspringen, doch zwischen den Zeilen liest man doch hin und wieder etwas über die Qualität der stereophonen Aufnahmen.

Erfreuen Sie sich an dem teilweise ungewohnt geschwollenen Sprachgebrauch der Schallplattenkritiker, der uns Hifi Fans oft etwas fremd scheint.

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BACH, Brandenburgisches Konzert Nr. 5 D-dur

BWV 1050; Doppelkonzert d-moll für Violine und Oboe BWV 1060; Minuett und Badinerie aus der Suite Nr. 2 BWV 1042; Air aus der Suite Nr. 3 BWV 1043 - Helmut Winschermann, Oboe; Rainer Kussmaul, Violine; Deutsche Bachsolisten, Helmut
Winschermann - JVC CD4K-7503E (1 Qd 30)

Diese Bach-Platte aus dem Startprogramm von JVC ist nicht allein vom Programm her ein bißchen „auf Erfolg" getrimmt, sondern auch durch den im ganzen recht halligen Klang der Aufnahme, der mir eine Spur zu sehr nach großer weiter Welt duftet. Unkonturiert klingt dennoch nichts, und vielleicht tut diese Art Aufnahme, die zudem den Oboisten-Dirigenten in seinen Soli etwas stark in den Vordergrund rückt, dem Stil des Ensembles sogar gut: Winschermanns sauberes und lebendiges, von keinen Rekonstruktionsgedanken belastetes Musizieren erhält dadurch eine angenehme Rundung, wirkt weniger eingleisig als auf manchen anderen der mir bekannten Aufnahmen. An sie erinnert am ehesten das hurtiggeradlinige Spiel des Cembalisten. - Sehr solide und stabile Plattentasche wie bei allen CD-4-Platten, außer Titel- und Interpretenangaben in lateinischer Schrift nur japanischer Kommentar.

BACH'S GREATEST FUGUES,

für Doppelorchester eingerichtet von Arthur Harris (Es-dur BWV 522, g-moll BWV 578, D-dur BWV 532, g-moll BWV 542, a-moll BWV 543, c-moll BWV 549, C-dur BWV 564) -Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy RCA ARD 1-0026(1 Qd 30)

Was bei der japanischen Platte angedeutet war, ist hier dick aufgetragen. Der kleine Quadro-Moritz soll erschlagen und dadurch überzeugt werden: Zu der protzigen großorchestralen Bearbeitung von sieben (aus ihrem Stück-Zusammenhang gerissenen) Fugen tritt ein großspuriges akustisches Arrangement, daß das Orchester im Halbkreis um den Hörer herumsetzt. Es ist zudem in einen Kirchen-Hall eingepackt, der exakte Ortung schwer macht. Ormandy läßt diesen Transkriptions-Bach heute nicht anders spielen als früher: mit naiver Freude am vollen Klang, die drastisch deutlich macht, wie unstreicherisch Bach seine Orgelthemen erdacht hat und wie wenig sich überhaupt der Stil der Werke zu dem seiner philharmonischen Interpreten schickt. Der erste Quadro-Schinken des Repertoires.
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BEETHOVEN, Sinfonie Nr. 5 c-moll, op. 67;

Coriolan-Ouverture - Gewandhausorchester Leipzig, Kurt Masur JVCCD4K-7511 (1 Qd 30)
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BEETHOVEN, Sinfonie Nr. 6 F-dur op. 67

(Pastorale); Egmont-Ouver-ture - Gewandhausorchester Leipzig, Kurt Masur JVCCD4K-7512(1 Qd 30)

Die ersten Beethoven-Einspielungen in diskreter Quadrophonie kommen aus Leipzig und wurden von VEB aufgenommen: Sehr ausgewogen und sauber, wenn auch nicht besonders saftig und brillant. In der Stereofassung wirkt der Aufsprechpegel recht niedrig; um zu den gewohnten Lautstärken zu kommen, muß man erheblich stärker aufdrehen, bekommt dann aber unüberhörbares Rauschen mit ins Klangbild. Die Wirkung beim Quadro-Hören ist ausgezeichnet: Volle Raumwirkung bei gleichzeitiger klarer Zeichnung aller Klänge. Musikalisch halten die Aufnahmen gutes Niveau, ohne irgendwie herauszuragen. Masur hält das traditionsreiche Orchester zu fließendem, lockerem Spiel an, ohne von ihm besondere Prägnanz zu fordern oder zu bekommen und ohne selber den vielgespielten Werken eine Deutung zu geben, die durch besondere Konsequenz oder Eigenprofil fesselt.

WAGNER, „Die Meistersinger von Nürnberg"

Vorspiele zum 1. und - 3. Akt; „Tristan und Isolde", Vorspiel zum 1. Aufzug; „Tannhäuser", Ouvertüre; „Lohengrin", Vorspiele zum 1. und 3. Akt - New Philharmonia Orchestra London, Sir Adrian Boult Electrola 1 C 063-02274 Q (1 Qm30)

Diese Aufnahme spiegelt beste kapellmeisterliche Tradition. Am ehesten läßt sich der über 80jährige Sir Adrian Boult wohl mit Robert Heger vergleichen: Da wird mitunter etwas betulich, aber immer mit höchster Sorgfalt und Solidität Musik gemacht, sehr genau und verantwortungsbewußt, ohne die geringste Nuschelei zuzulassen und ohne die Partitur mit „eigener Note" überlagern zu wollen. So erstehen die bekannten Wagner-Piecen wie selbstverständlich in einer lupenreinen Wiedergabe, in der orchestrale Perfektion und stilistische Sicherheit so untrennbar miteinander verbunden scheinen, als könne es gar nicht anders sein (aber es kann, wie man weiß).
Klanglich ist die Aufnahme der Interpretation völlig gewachsen: Frei, ausschwingend und klar.

BIZET, Carmen-Suite

Yomiuri Nippon Symphony Orchestra, Serge Baudo JVC CD4K-7501 E (1 Qd 30)

Klanglich und orchestral eine sehr saubere Aufnahme, die durch die Verlagerung des Trompetensignals der Wache nach hinten vorsichtig von den Möglichkeiten des „Surround"-Klangs Gebrauch macht und dabei gleichzeitig die exakte Kanaltrennung von CD-4 demonstriert. Musikalisch leidet auch diese Carmen-Suite wieder an der Übernahme der Gesangparts durch Orchesterinstrumente. Man hat allerdings auch nicht das Gefühl, als habe Baudo diesen Mangel durch ein Mehr an Schwung oder Subtilität zu überspielen versucht.

TSCHAIKOWSKY, Ouvertüre solenelle „1812"

op. 49; Slawischer Marsch op. 31; Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia" London Symphony Orchestra, Andre Previn Electrola 1 C 063-02365 Q (1 Qm30)

Bei Einführung der Stereophonie gehörte Tschaikowskys „1812" zu den Demonstrationsknüllern. Also darf sie auch jetzt nicht im Startprogramm fehlen. Allerdings: Die Kanonenschläge kommen nicht aus allen Himmelsrichtungen, alles bleibt hier hübsch manierlich - quadrophone Effekte als Pendant zum einstigen Ping-Pong bleiben ebenso verpönt wie überhaupt alles Grobe, Aufdringliche. Dies gilt nicht nur für die Aufnahmetechnik, die ein schön ausgewogenes Klangbild anbieten kann. Es gilt nicht minder für Previn, der mit den Partituren sehr sorgsam, mitunter penibel bis an die Grenze der Trockenheit umgeht, aber dabei auch bei jedem der drei Werke kluge Gesamt-Disposition erkennen läßt.

TSCHAIKOWSKY, Klavierkonzert Nr. 2 G-dur

op. 44 - Sylvia Kersen-baum, Klavier; Orchestre National de l'O.R.T.F., Jean Martinon Electrola 1 C063-12124 Q (1Qm30)

Ich kann mir nach dieser Aufnahme schon gut vorstellen, daß Sylvia Kersenbaum live gut „ankommt": Ihr Spiel klingt beherzt und engagiert - hierin in völliger Übereinstimmung mit Jean Martinon, der das ORTF-Orchester zu sehr temperamentvollem Spiel hochgerissen hat -, sie greift voll und sicher in die Tasten. Ein großzügiges Musizieren, bei dem man aber dennoch nicht ganz überhören kann, daß es an den Höhepunkten eben doch an einem Quentchen letzter Überlegenheit fehlt, daß manches Detail überspielt ist und der unbestreitbare große Zug mit einer gewissen Einfarbigkeit des Anschlags erkauft ist. Die Kersenbaum spielt „männlicher" als Magaloff und Werner Haas, aber doch nicht so durchgestaltet wie Graffman oder Shukow, von Cherkassky auf seiner älteren Aufnahme zu schweigen. Immerhin, ihr Spiel hebt sich durch seinen echt konzertanten Impetus wohltuend von dem leicht anämischen Gezirkele ab, das man auch von den „großen Namen" heute nicht selten zu hören bekommt. Und wenn man einer solchen Leistung im Konzertsaal begegnen würde: Respekt, Respekt...
Die Aufnahme klingt voll und brillant, aber nicht optimal transparent.
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DEBUSSY, La Mer; Prelude l'apres-midi d'un faune

RAVEL, Daphnis und Chloe, 2. Suite -Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy RCAARD1-0029(1 Qd 30)

Ormandy und sein Orchester bringen dieses „Impressionisten"-Programm selbstverständlich in tadelloser Haltung über die Runden. Nur ist mir für diese Musik der „Zugriff" des Dirigenten etwas zu fest, zu „erdverbunden", zu wenig nervig und rassig und nicht genügend ausschwingend - die Karajan-Platte mit exakt demselben Programm würde ich eindeutig vorziehen. Unterstrichen wird die Eigenart von Ormandys Musizieren noch durch eine Technik, die hier nicht ganz der Gefahr entgangen ist, zugunsten eines gleichbleibend präsenten Klangs die Perspektive hörbar zu verändern: die berühmte Cellostelle im ersten Satz von „La mer" zum Beispiel kommt knüppeldick und völlig aus ihrer klanglichen Umgebung gerissen. Ansonsten: voller und runder Klang.

SIBELIUS, Sinfonie Nr. 2 D-dur op. 43

Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy RCA ARD1-0018(1 Qd 30)

Dies ist eine Musik, die philadelphischen Vollklang ebenso gut verträgt wie den seidigen Berliner Luxus a la Karajan, und ihr kann auch der kapellmeisterliche Professionalismus Ormandys, der bei Partituren abseits vom stilistischen oder ausdrucksmäßigen Mittelweg so leicht an seine Grenzen stößt, nicht gefährlich werden. So ist eine Einspielung zustande gekommen, die keine Wünsche offenläßt und in ihrer Art der Barbirolli-Aufnahme nahe ist. Auch der Klang überzeugt voll: breites Spektrum, ausgezeichnete Dynamik und Räumlichkeit, bis auf wenige Ausnahmen ungetrübte Balance der Orchestergruppen.

RACHMANINOW, Klavierkonzert Nr. 2 c-moll op. 18

FRANCK, Sinfonische Variationen - Alexis Weißenberg, Klavier; Berliner Philharmoniker, Herbert von Karajan Electrola 1 C 065-02374 Q (1 Qm30)

Ganz und gar eine Karajan-Aufnahme: Weißenberg ordnet sich hier ganz unter, er nimmt nicht als primus inter pares das Heft in die Hand, sondern spielt auf weite Strecken quasi als Orchestermusiker mit besonderen Aufgaben. Was allein dadurch an Spannung des Mit- und Gegeneinander verloren geht, zeigt schlagartig ein Vergleich etwa mit der älteren Rubinstein-Aufnahme.

Es kommt hinzu, daß Karajan alles tut, um die alten Rachmaninow-Klischees aufzupolieren: pompös-larmoyanter Softsound, viel (Klang-) Verliebtheit in Episoden, wenig rhythmische Straffheit und große Linie. Eine Aufnahme ohne unbefangen-virtuose „Freude an der Musik", aber mit viel unspontanem Kalkül.

Nicht anders bei Franck: Über dem Herausholen des besonderen Klangs einer Stelle, der „Atmosphäre" der einzelnen Variationen, über dem Streben nach weiter dynamischer und emotioneller Skala gehen Festigkeit und Stetigkeit der Darstellung verloren. Dabei gibt es hier einige recht unmotivierte Temposchwankungen und unorganische Übergänge gratis zu hören, wie andererseits die problemlose Bewältigung des Klavier-Parts durch Weißenberg höchst beachtenswert ist, das Spiel der Berliner Philharmoniker wiederum Sonderqualität besitzt und alles perfekt ausgefeilt ist. Eine artistisch ebenso „schöne" wie musikalisch unglückliche Aufnahme. Technisch klingt sie, durchaus interpretationsgerecht, etwas gedeckter als die anderen vierkanaligen EMI-Einspielungen.

RACHMANINOW, Klavierkonzert Nr. 2 c-moll op. 18

Artur Rubinstein, Klavier; Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy RCAARD1-0031 (1 Qd 30)

Auch RCA beginnt seine Quadro-Aufnahmen von Klavierkonzerten mit Rachmaninows op. 18, aber die Produktion macht kaum einen glücklicheren Eindruck als das EMI-Gegenstück. Wenn auch aus anderen Gründen. Das Spiel Rubinsteins und Ormandys sucht nicht einen neuen Rachmaninow, sondern bleibt durchaus konzertant im traditionellen Sinne, ohne dabei allerdings über eine etwas pauschale Routine hinauszukommen. Rubinstein merkt man sein Alter nun doch deutlich an. Die Manier, in der er seinen Part abliefert, ist von imponierender Souveränität, aber sein Ton ist spröder als früher, die Melodien haben weniger Schmelz, die Passagen wirken ungespannter. Und das Orchester klingt vom matt gespielten Hauptthema an ungewohnt wenig „erleuchtend". Keine Konkurrenz also zu Rubinstein/Reiner.

Es kommt hinzu, daß die Platte klanglich und in der Balance unter dem Durchschnitt der anderen „Quadradiscs" von RCA bleibt und auch fertigungstechnisch problematisch ist: leichtes Tremolieren des Klaviertonts, besonders viele Störungen bei Quadro-Betrieb, und an den leisen Stellen und Satzpausen begegnet einem sogar der altbekannte RCA-Brumm wieder.

STRAWINSKY, Der Feuervogel

(vollständige Ballettmusik, Fassung 1910) - Orchestre de Paris, Seiji Ozawa
Electrolal C 063-02382 Q (VÖm 30)

Nachdem Ozawa erst vor recht kurzer Zeit die Feuervogel-Suite auf RCA vorgelegt hat, bringt er hier nun das ganze Ballett in der Erstfassung. Mit Ansermets berühmter Spätaufnahme (siehe Heft 11/71) kann sie an künstlerischem Gewicht gewiß nicht ganz mithalten, sie gehört aber dennoch zu den hocherfreulichen Einspielungen des Japaners und zeigt gegenüber seiner Bostoner Version ein deutliches Mehr an Ausgewogenheit im Klanglichen und Musikalischen. Wenn auch der Anfang etwas leicht und obenhin klingt, so ist dieser eher die traditionellen Wurzeln als die zukunftweisenden Züge betonende „Feuervogel" insgesamt von sympathischer Lockerheit und Geschlossenheit. Die technische Realisierung ist in jeder Hinsicht untadelig.

SCHOSTAKOWITSCH, Sinfonie Nr. 15 A-dur

op. 141 - Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy RCA ARD1-0014 (1 Qd 30)

Wie schon bei den beiden Vorgängern dieser fünfzehnten (und wieder konventionelleren) Sinfonie Schostakowitschs ist Ormandy als erster Schallplatten-Dirigent außerhalb der Sowjetunion am Ball, und wiederum tritt seine Einspielung in Konkurrenz zu einer Melodia-Aufnahme. Sie besteht dabei erheblich besser als bei Nr. 13 (siehe Heft 4/72). Musikalisch lassen sich auch diesmal einige Unterschiede feststellen, ohne daß sich dadurch entscheidende Pluspunkte für die eine oder andere Platte ergäben. Klanglich aber ist die amerikanische Version vorzuziehen: Auch in Stereo ist der Klang breit, leuchtkräftig und klar definiert, als Quadro-Aufnahme gehört sie zu den eindrucksvollsten Darstellungen des neuen Angebots.

HERBERT VON KARAJAN - Fidelio - Tristan und Isolde

(Beethoven, Ouvertüre „Fidelio"; Brahms, Tragische Ouvertüre op. 81; Wagner, Vorspiel „Tristan und Isolde"; Vorspiel „Die Meistersinger von Nürnberg") - Berliner Philharmoniker, Staatskapelle Dresden (4), Herbert von Karajan Electrolal C 047-02381 QY (1Qm30)

Neu an dieser ersten deutschen Quadro-Promotionsplatte (10.- DM !) ist nur die Aufnahme der „Tragischen Ouvertüre" von Brahms, die gegenüber Karajans alter Wiener Einspielung die geglättetere, noblere, aber auch weniger spannungsreiche Version darstellt. Die anderen drei Vorspiele sind Vierkanal-Abmischungen aus den bekannten Stereo-Opernaufnahmen Karajans (den der Taschentext hier in kühner Ausweitung des bekannten Slogans zum „technologischen Wunder Karajans" deklariert). Über die musikalische Seite braucht daher nicht Vieldiskutiertes wiederholt zu werden. Unter quadrophonischem Aspekt würde ich aus dem Repertoire mit populärem Klassik-Programm die zuvor besprochene Boult-Platte eindeutig vorziehen, die insgesamt etwas freier, breiter und klarer klingt.

THE FANTASTIC PHILADELPHI-ANS, Vol. 1

(Charbrier, Espaha; Dukas, Der Zauberlehrling, Saint-Saens, Danse macabre; Mussorgsky/ Rimsky-Korsakoff, Eine Nacht auf dem kahlen Berge) - Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy RCA ARD 1-0002 (1 Qd 30)
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THE FANTASTIC PHILADELPHI-ANS, Vol. 2

(Smetana, Tanz der Komödianten aus „Die verkaufte Braut"; Saint-Saens, Bacchanale aus „Samson und Dalila"; Ponchielli, Tanz der Stunden aus „La Gio-conda"; Katschaturjan, Säbeltanz aus „Gajaneh"; Brahms, Ungarischer Tanz Nr. 5; Grieg, Anitras Tanz aus Peer-Gynt-Suite Nr. 1; Kabalewsky, Galopp; Gliere, Matrosentanz aus „Der rote Mohn"; Dvorak, Slawischer Tanz op. 46 Nr. 8; de Falla, Feuertanz aus „El amor brucho")- Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy RCA ARD 1-0017 (1 Qd 30)

In der Bewältigung des populären Klassik-Programms war Ormandy schon in Stereo-Zeiten unangefochtener Spitzenreiter. Es scheint, als wolle er diese Vorkämpferstellung auch beim Aufbau des Quadro-Programms behaupten. Und er entledigt sich seiner Aufgabe mit seinem Orchester auf durchaus noble Weise. Ja, während ähnliches in seinen Zweikanal-Aufnahmen oft etwas demonstrativ professionell, mehr kapellmeisterlich als inspiriert klang, wirkt hier das Musizieren wohltuend locker - das Hochkarätige der Orchesterleistung versteht sich bei den Philadelphiern nach wie vor von selbst.

Der Eindruck wird sicherlich begünstigt, wenn nicht gar getragen durch den Klang der Platten, der präsent, frei und voll, aber - raumbedingt - eher zu fülliger Sonorität als Brillanz tendiert. Vom Programm her anspruchsvoller ist die erste Platte mit vier größeren Einzelwerken, der Volume 2 vereinigt die „effektvolleren" Stücke, einige Titel sind mir akustisch fast schon zu sehr mit dem Neuen, dem „Raum" gesegnet.

Bekanntes im Quadrogewand

Weitaus größer als das Angebot an Quadro-Neuaufnahmen ist inzwischen schon das Repertoire von vierkanaligen Parallel- oder Ausschnittveröffentlichungen von Stereo-Einspielungen. Hier müssen an erster Stelle die (SQ-)Platten von CBS genannt werden, die seit anderthalb Jahren angeboten werden, in Deutschland allerdings nur mit gebremstem Schaum und in Übernahmen amerikanischer Pressungen. Daß hier die Neuabmischung oft an einem insgesamt etwas anderen Klangbild zu erkennen ist, wurde schon gesagt. Manche Aufnahme wirkt dadurch heller, aber auch etwas weniger transparent, es kommen auch Fälle vor, die gegenüber der Stereoversion eine eindeutige Verbesserung des Gesamteindrucks bedeuten.

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Einige Beispiele :

Von den uns vorliegenden Platten würden wir neben der schon erwähnten Stern/Zukerman/Barenboim-Aufnahme (MQ 31369) als gelungene „Raumklang"-Versionen bezeichnen: Bernsteins Interpretationen von Verdis Requiem (M2Q 30060) und von Strawinskys „Sacre" (MQ 31 520), Power-Biggs' Bach-Album Band 5 (MQ 31 424) und die Boulez-Dar-stellungen von Bartöks „Wunderbarem Mandarin" (MQ 31368) und Strawinskys „Petruschka" (MQ 31076).

Ormandys Tschaikowsky-Platte mit der „1812" und „Romeo und Julia" sollte besser nicht für quadrophone Mustervorführungen herangezogen werden: Ihr Klang wirkt unkonturiert und leicht patiniert, außerdem wird die Platte innen sehr rauh.
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  • Anmerkung : Das bedeutet doch, daß es sogar der Laie hören kann, daß die Schneid- und Abspieltechnik der 33er LP nach dem 2. Drittel einer Seite im physikalischen Grenzbereich spielt.

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Daß Electrola der entschiedenste Vorreiter der (SQ-)Quadrophonie in der Bundesrepublik ist, zeigt sich auch in dieser Veröffentlichungskategorie:

Im Unterschied zu CBS folgt die Kölner Firma dem Grundsatz, nicht vierkanalige Parallel-Platten vorzulegen, sondern jede Übereinstimmung zu vermeiden und Ausschnitt- oder Neukopplungen anzubieten. So etwa Querschnitte - mit und ohne Anführungszeichen - aus der „Fledermaus" unter Boskovsky (1 C 061-28823 Q - das „Q" weist auf einen Preis von 25.- DM pro Platte hin, nur ein zusätzliches Y hebt seine Bedeutung auf und setzt das preisbestimmende Ziffern-Prefix wieder in Kraft), aus der Ericson-Kassette mit „Europäischer Chormusik aus 5 Jahrhunderten" („Deutsche geistliche A-Capella-Chor-musik", 1 C 063-29916 Q) und aus Karajans Tschaikowsky-Kassette (Sinfonie Nr. 6, 1 C 065-02307 Q).

Über das Musikalische ist bereits bei den Stereo-Veröffentlichungen (siehe Hefte 4/73, 11/71 und 11/72) gehandelt worden, technisch trübt keine von ihnen das sehr vorteilhafte Bild des bisherigen Electrola-Programms. Am interessantesten für Kenner sicherlich die Chorplatte, die den erlesenen Chorklang der Schweden, demonstriert an einem exquisiten Raritäten-Programm - neben den Fest- und Gedenksprüchen von Brahms Regers „O Tod", Schönbergs „Friede auf Erden" und die Deutsche Motette von Strauss -, durchaus erlesen „in den Raum stellt".

Pop-Streiflichter

Während bei der sogenannten klassischen Musik die Möglichkeiten der Quadrophonie aus stilistischen Gründen (noch?) im wesentlichen darauf beschränkt werden, die jeweiligen Klangquellen vor dem Hörer zu lassen und die zusätzlichen Kanäle zur Verräumlichung des Eindrucks zu benutzen - ein Effekt, der sich durch eine der üblichen Pseudoquadro-Schaltungen auch mit Stereoplatten in guter Annäherung erreichen läßt -, bestehen bei Pop-Musik keine stilistisch-historisch- psychologischen Hemmnisse. Ihr bietet Quadrophonie neue Effektmittel an, sie nutzt sie, und sie erst fordert dabei die Leistungsfähigkeit der Systeme voll heraus.

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An den uns vorliegenden Platten kommen hier denn auch die Vorteile des diskreten Verfahrens zum Tragen. So gesehen ist es nur konsequent, wenn etwa die JVC-Einführungsplatte (4D-107) die Klassik (mit dem Schluß der Mahler-Achten in einer japanischen Einspielung!) auf Seite 2 verbannt und mit Auszügen aus dem U-Musik-Programm beginnt.

Dabei wird der Hörer konsequent in die Mitte des Klanggeschehens gesetzt, die Möglichkeiten instrumentalen Rundum-Arrangements werden ausgiebig demonstriert. Eine sehr attraktive Hörsache, da die Klänge wirklich eindeutig lokalisierbar sind und zudem alle vorliegenden Aufnahmen durch eine betont saubere Aufnahmetechnik die Vorzüge des diskreten Verfahrens diskret unterstreichen.

Als vergnügliche Muster eines Hörvergnügens neuen Stils will ich hier nur zwei Platten nennen: JVC's Starplatte des leichten Programms mit dem Titel „Love Story and other great movie themes" (CD4B-5005E) und die ähnlich angelegte Hit-Sammlung mit dem Titel „Perfect Sound" von Union Records (CDU-2501). Beide arbeiten vorwiegend mit kleinen Besetzungen und „durchbrochenen" (und leicht mondänen) Satzarrangements, ordnen die Instrumente in ständigem Wechsel, aber nicht ohne Geschmack um den Hörer herum an, mitunter quasi normal, wenn ein paar Orgeltakte von hinten das Zeichen zum Aufbruch des Ensembles vorne geben, gelegentlich aber auch als verkehrte Welt: Streicherchor von hinten, dazu vorn einsam und allein ein quasi solistisch agierendes Schlagzeug.

Man kann solcherlei gewiß nicht als „rein technische Spielerei" abtun, wir werden uns angewöhnen müssen, das Raumarrangement bei dieser Art Musik und entsprechender Handhabung als künstlerischen Parameter anzuerkennen. Und auch das Argument, unsere Sinne seien von Natur aus vorwiegend nach vorne gerichtet, so daß Reize von hinten störend oder unbehaglich wirken müssen, hält der Hörerfahrung nicht lange stand.

Offenbar ist schnell lernbar, daß eine (in jeder Weise) harmlose Love-Story-Melodie von hinten und in den eigenen vier Wänden auf einen eindringend, nichts mit dem Wilden Westen zu tun hat und weder Drohung bedeutet noch blitzschnelle Drehung mit Griff zum Gürtel fordert...

Über den Spaß und damit zum Ende kommt der Autor

Handfesten musikalischen Spaß in der neuen Machart gibt es inzwischen auch schon: mit den „Stolen Gifts", die in der Ausführung durch „the Outrageous Dr. Teleny's Incredible Plugged-In Orchestra" Klassik-Evergreens von Händel bis Liszt durch den Kakao ziehen. Die Platte ist offenbar als Gegenstück zu dem ebenfalls quadrophonisch greifbaren „Switched-on Bach" von CBS (MQ 31018) gedacht und übertrifft ihn in der Klang- und Raumwirkung eindeutig, während das „cavalier treatment" der Klassik-Themen, wie es im ausgesprochen hübschen Rückseitentext (in Form von Briefen der „Bestohlenen" an den Dieb) heißt, eher grob gestrickt wirkt.

Vor allem im Rhythmischen wird bald es recht bald öd und leer, während etwa die Aufbereitung des Pastorale-Finales zu „Ludwig's Gig" und die Transponierung von Lipatti-Ergriffenheit beim Bach-Choral „Jesus bleibet meine Freude" in unbekümmerte „Superjoy" - so der Titel - ja immerhin nicht viel weniger Neuheitenreiz besitzt als der üppige und knackig-frische Surround-Sound dieser Platte ...
Ingo Harden

Im Hintergrund der Tempel ...

Als Beitrag zur vieldiskutierten Frage, wie weit Quadrophonie auch künstlerisch neue Dimensionen eröffnet, drucken wir hier ein engagiertes Pro-Plädoyer von Helmut Storjohann ab, dem Direktor der Klassischen Produktion von EMI-Electrola.

Storjohann, der zu einer Zeit über Mahler promovierte, als viele von denen, die den „sinfonischen Schmerzensmann" heute zum Maß aller (musikalischen) Dinge erklären, noch kaum mehr als seinen Namen kannten, schildert darin, welche Möglichkeiten ihm als Produzenten die neue Technik eröffnet; er hat diese Möglichkeiten inzwischen mit einer Gesamtaufnahme der Zauberflöte und drei (in Dresden eingespielten) Querschnitten von „Carmen", „Aida" und „Turandot" auch praktisch ausgiebig erprobt.

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Quadro ist deshalb so faszinierend für den Producer, weil es lebendiges Rund-Herum-Theater mit mannigfaltigen variablen Möglichkeiten ins eigene Heim zu bringen vermag und damit akustisch erstmals dem traditionellen Guckkastentheater überlegen ist.

Was zum Beispiel Ernst Poettgen in seiner Zauberflöteninszenierung bei den Ludwigsburger Schloßfestspielen 1972 in einem Theater versuchte, dessen Guckkastenbühne eine unveränderliche Gegebenheit ist (Auftritte der Akteure aus den Logentüren im Rang), war dankenswert, mußte aber Notbehelf bleiben. Das New London Theatre, erst kürzlich eröffnet, hat mittels mannigfaltiger Umbau- und Verschiebemöglichkeiten von Schauspieler- und Zuschauerebenen dem modernen Theater wirklich neue Perspektiven eröffnet. Die Schallplatte kann jetzt Intentionen dieser Art zum Vorteil der künstlerischen Wirkung kompromißlos realisieren. Wollen Sie Beispiele?

Nehmen wir „Carmen", die Arena im letzten Akt. Was man da herkömmlich in Mono wie Stereo zu hören bekommt, ist immer ein Klang-Konglomerat. Quadrophonisch hab ich's so aufgenommen; Männer im Rücken, Frauen vorn links, Kinder vorn rechts. Und, o Wunder!, der Zuhörer, inmitten des Geschehens, hört jetzt auch die Kinder ganz
plastisch.

Das Nur-Visuelle des Bühneneindrucks (wo man die Kinder sieht) wird durch die Quadrophonie ins Akustische übertragen. Oder die Massenszenen im zweiten Finale
der „Aida": Vorn ganzflächig der Chor des Volkes. Im Rücken: Chor der Priester aus dem (rückwärts gelegenen) Tempel. Die Fanfaren erklingen von allen Seiten. Der Zuhörer dieser jüngst in Dresden produzierten deutschsprachigen Aufnahme wähnt sich inmitten der Menge, nicht mehr nur als Zuschauer im Parkett.

Zum besseren Verständnis unseres quadro-phonischen Engagements möchte ich auch noch ein drittes Beispiel anführen: Mir persönlich hat es immer imponiert, wie man in meiner Vaterstadt, im alten, 1678 eröffneten Hamburger Opernhaus am Gänsemarkt, inszeniert hat. Da wurde die imaginäre Welt der Götter (zum Beispiel verteilte Liebesgott Cupido, über dem Publikum an Seilen agierend, Liebesbriefchen an die Damen im Parkett) gegen das damals betont realistische Geschehen auf der Bühne abgehoben. Das ergab die Idee für EMTs jüngste Zauberflöten-Einspielung: Die Quadrophonie ermöglichte, das alte Hamburger Regiekonzept exakt auf die Zauberflöte zu übertragen.

Das imaginäre Reich der Königin der Nacht erklingt dem Quadro-Hörer „overhead" - wie es in der Quadro-Fachsprache heißt - und somit dramaturgisch auf dem richtigen Platz. Möge der Schallplattenfreund neuen Entdeckerfreuden aus der qundrophoniscnen „Trickkiste" mit Spannung entgegensehen! Die führenden Dirigenten stehen - ganz anders als seinerzeit bei der argwöhnisch anvisierten Stereophonie - der neuen Technik erfreulich aufgeschlossen gegenüber.

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