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aus FUNKSCHAU 1975, Heft2 - Quadrofonie:
„Noch kein klarer Sieger"

Anders als in den USA und Japan halten sich bei uns (Anmerkung: in Deutschland) die Großen unter den Schallplattenproduzenten mit Quadro-Schallplatten sehr zurück, daher bekommt die Polydor-Gruppe als der führende deutsche Schallplattenhersteller immer wieder Anfragen nach der Haltung zur Quadrofonie auf Schallplatten.

In der Herbstausgabe 1974 der Hauszeitschrift „Gazette" nimmt Polygram- Geschäftsführer Dirk van Amstel erfreulich offen Stellung zu diesem Problem.

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„Noch kein klarer Sieger"
Wir fassen seine längeren Ausführungen in 10 Thesen zusammen.


1. Das diskrete CD-4-System bringt gute Kanaltrennung und vermag ein Klangbild genau entsprechend der Aufnahme wiederzugeben. Matrix-Verfahren haben mangelhafte Kanaltrennung, so daß eine echte Klanglokalisierung wie bei der Aufnahme nicht möglich ist. Logik-Schaltungen können diesen Nachteil z. T. ausgleichen. Bei einer großen Dynamik der Matrix-Aufnahme aber unterscheidet sich das Klangbild beträchtlich vom Original.

2. Daraus folgt, daß immer dann, wenn eine originalgetreue Wiedergabe verlangt wird, etwa bei Orchester-Musik, das CD-4-System das einzig akzeptable ist. Ist dieser Gesichtspunkt nicht vorrangig, dann sind Matrix-Systeme annehmbare Lösungen; sie vermitteln den Eindruck vom „allround sound".

3. Obwohl also CD-4 hinsichtlich der Annäherung an das Original-Klangbild das beste System ist, treten bei der Anwendung im Heim Schwierigkeiten auf. Wegen der hohen abzutastenden Frequenzen muß ein empfindlicher und teurer Tonabnehmer benutzt werden, der leider schon die geringsten Staubablagerungen auf der Platte registriert. Die CD-4-Wiedergabe läßt Störgeräusche hören, die man bei der Abtastung der gleichen Platte mit einem Stereo-Tonabnehmer nicht bemerkt. Der Effekt der größeren Störwiedergabe tritt insbesondere nach mehrmaligem Abspielen und nach einer gewissen Abnutzung des Diamanten in Erscheinung.

4. Diese vermehrte Störungen entfallen bei der Matrix-Wiedergabe
, die ja mit einer üblichen Stereo-Abtastnadel geschieht.

5. Der Überspielprozeß ist bei dem CD-4-System aufwendig; er erfordert viel Zeit und Sorgfalt, auch sind die Lackfolien sehr teuer. Ähnliches gilt für die Produktion der CD-4-Platten; u. a. ist die Ausbeute nicht immer befriedigend. Entsprechend hoch müßte der Preis von CD-4-Schallplatten bei echter Kalkulation liegen. Nun kann man aber diesen Preis eigentlich nur den Käufern von CD-4-Platten zumuten, was heißt: Jede Musikaufnahme müßte in zwei Plattenversionen angeboten werden (CD-4 und Stereo). Das bedeutet
doppelte Lagerhaltung, die wiederum einen Faktor für die Preisgestaltung bildet.

6. Anders sieht es bei Matrix-Platten, etwa der bekannten SQ-Version, aus. Weder beim Überspielen noch beim Herstellen der Platte in der Presserei bedarf es eines besonderen Verfahrens, so daß sich keine höheren Herstellerkosten ergeben. Die Kompatibilität mit Stereo ist gut, doppelte Lagerhaltung entfällt somit. Die Vorbereitung des speziell verschlüsselten Quadro-Bandes ist verhältnismäßig billig.

7. Was die Anwendung der Quadrofonie bei klassischer Musik betrifft, so stehen die begrenzten und sehr zweifelhaften Vorteile in keiner Relation zu dem hohen Preis. Wenn jedoch für spezielle Quadro-Kompositionen entsprechende Platten herauskommen sollen, käme nach Lage der Dinge ausschließlich das CD-4-System in Frage, Die Platten wären allerdings teuer (siehe Punkt 5).

8. Unterhaltungsmusik mit weniger Dynamik kann mit einem Matrix-System zufriedenstellend wiedergegeben werden. Es wird zwar kein originalgetreues Klangbild erreicht, zumindest aber ein aus verschiedenen Richtungen kommender Schall.

9. Solange beide Band-(Lauf-) richtungen erhalten bleiben sollen, ist die Musik-Cassette für Quadro noch nicht geeignet, denn dieses Verfahren setzt vier Spuren in jeder Richtung voraus. Hingegen können Matrix-Musik-Cassetten ohne technische Probleme hergestellt werden, aber es gibt bisher keine Abspielgeräte dafür.

10. Die 8-Spur-Cartridge kann ohne weiteres für diskrete Quadrofonie benutzt werden, wobei allerdings die Spieldauer auf die Hälfte reduziert wird und die Kompatibilität mit Stereo verloren geht. Entsprechende Abspielgeräte kommen heraus, aber noch keine für Matrix-8-Spur-Bänder, für die die Nachteile der Diskret-Bänder nicht zutreffen.

Dirk van Amstel meint 1974 abschließend . . .

. . . daß die Entscheidung, ob sein Haus (Polygram) ins Quadro-Geschäft einsteigt, durchaus vom Markt kommen muß. Man möchte in seinem Haus nicht erleben, daß der Kunde Geld verfrüht für eine Sache investiert, die sich schon bald als falsch erweisen könnte. Diese Überlegung und das Ausbleiben eines klaren Siegers im Systemstreit hat sein Unternehmen bewogen, vorläufig mit Quadrofonie abzuwarten.

Nichtsdestotrotz ist man in der Lage, quadrofonische Aufnahmen in jedem System umgehend auf den Markt zu bringen, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen ist. In Japan hat Polydor versuchsweise einige Quadro-Platten herausgebracht. Weitere diesbezügliche Experimente werden folgen. - FS


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