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Technik-Artikel 7 - teilweise aus einem Büchlein von 1988

Die beiden Autoren Michael Janitz und Claus Römer sind oder waren Ingenieure beim Südwestfunk Baden Baden (damals noch SWF, inzwischen SWR) und haben mehrere Aspekte der 1988 modernen Rundfunk- und Studiotechnik beschrieben. Die Didaktik ist vorbildlich und der Schreibstil ist mustergültig, darum hier ein paar Auszüge. Dies ist einer von mehreren Artikeln. Der nächste Artikel steht hier. Die Übersicht über alle diese Artikel steht hier.

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Produktion und Sendebetrieb des Hörfunks

Als der Rundfunk in Deutschland 1923 mit seinen regelmäßigen Ausstrahlungen begann, begnügte man sich im legendären Berliner Vox-Haus mit einem einzigen wohnraumartigen Zimmer, in dem Musik- und Wortsendungen gleichermaßen abgewickelt wurden. Zur Verbesserung der Akustik hatte man Vorhänge an den Wänden befestigt und Scheuertücher an die Decke gehängt. Als Studiomikrofon fungierte eine Kohlekapsel, wie sie in Telefonhörern verwendet wurde.

Dabei blieb es allerdings nicht. Man bemühte sich sehr schnell, die notwendigen Voraussetzungen für einen qualitativ hochwertigen Rundfunkbetrieb zu schaffen. Nur sieben Jahre nach der ersten Vox-Haus-Sendung entstand 1930 in Berlin das Haus des Rundfunks, entworfen von Hans Poelzig (1869-1936), das richtungweisend für weitere Rundfunk-Bauten in ganz Europa wurde.

Besonderer Wert wurde auf eine funktionsgerechte Zuordnung der technischen und programmlichen Bereiche gelegt, um einen reibungslosen Sendeablauf zu garantieren. Auch heute sind in allen Funkhäusern die aktuell-berichtenden Redaktionen, das Schallarchiv und das Bedien- und Wartungspersonal den Sendestudios räumlich angegliedert, während Musik-, Hörspiel- und Unterhaltungsabteilungen, die vorproduzieren können, ganz bewußt vom Sendebetrieb abgesetzt untergebracht sind.

Die Aufteilung der Arbeitsbereiche

Für die unterschiedlichen Programmanforderungen stehen entsprechend konzipierte Studios zur Verfügung, die den räumlichen und akustischen Erfordernissen gerecht werden.

Diese Räume bedürfen nicht nur einer besonders guten Schallisolierung gegen Außen- und Nachbargeräusche (was durch aufwendige zweischalige Wand- und Deckenverkleidungen ermöglicht wird), sie müssen auch - je nach Verwendungszweck - individuell angepaßte Nachhallwerte aufweisen.

So werden bei der Aufnahme sinfonischer Musikwerke Nachhallzeiten von 1,5 bis 2,0s bevorzugt, während einfache Wortaufnahmen, wie Kommentare oder Ansagen, in kleinen Studios mit einer Nachhalldauer von ca. 0,2s vorgenommen werden.

Hörspielproduktionen erfordern mehrere Räume mit unterschiedlichem akustischen Verhalten, um die ganze Breite der darzustellenden Umgebungen - sie reichen von der kleinen Kammer bis zum hallenden Kirchenraum - abdecken zu können. Für die Aufzeichnung von Szenen, die in der freien Natur spielen, wird ein schalltoter (reflexionsarmer) Raum benötigt.

Wichtig: Regie- und Tonträgerraum

Jedem Aufnahmeraum, sei es der Sendesaal oder das Ansagestudio, ist ein Regie- und Tonträgerraum zugeordnet, in dem die Mikrofonsignale bearbeitet, gemischt, über Regielautsprecher beurteilt und schließlich auf Tonband aufgezeichnet oder direkt gesendet werden. Dabei kommt dem Mischpult, das den jeweiligen Erfordernissen angepaßt sein muß, eine besondere Bedeutung zu. In Wortaufnahmestudios kommt man mit wenigen Mikrofonkanälen aus, in Studios für Musikaufnahmen werden viele Eingangskanäle mit Effekt- und Verhallungsmöglichkeiten benötigt. Regiepulte mit 56 oder 64 Kanälen sind keine Seltenheit. In einem Hörspielkomplex werden zahlreiche Bandgeräte zum Zuspielen von Geräuschaufnahmen eingesetzt.

Ganz anders : die Senderegie

Die Senderegie unterscheidet sich von den Produktionsstudios in ihrer Aufgabenstellung. Hier werden vorproduzierte Beiträge abgespielt und live-gesprochene Nachrichten oder Moderationen auf den Sendeweg gegeben.

Für ein Hörfunkprogramm benötigt man einen Maschinenpark von fünf bis sechs Bandgeräten, zwei Plattenspielern, CD-Playern und speziellen Abspielgeräten für Pausenzeichen und Kennmelodien, Jingles oder akustische Signale bestimmter Sendereihen.

Die Senderegie muß darüber hinaus Telefoneinspielungen und die Anbindung von Zubringerleitungen für Direktübertragungen (Konzerte, Bundestagsdebatten, Sportveranstaltungen) ermöglichen. Der gewöhnlich recht umfangreiche Regietisch, der mit Schaltungsund Regelungsmöglichkeiten für alle denkbaren Übertragungssituationen ausgestattet ist, enthält im übrigen auch die Verkehrsfunkeinrichtung mit dem Hinz-Triller, der die Durchsagen akustisch-warnend umrahmt.

Die unsichtbare Zentrale - der Hauptschaltraum

Zentraler Angelpunkt eines jeden Funkhauses ist der Hauptschaltraum, in dem alle Leitungsverbindungen (hausinterne Schaltungen ebenso wie die Verbindungen zu Außenstudios oder anderen Rundfunkanstalten) hergestellt werden. Die bundesdeutschen Rundfunkanstalten haben sich ein sternförmiges Leitungsnetz geschaffen, auf dem, unabhängig von der eigentlichen Programmausstrahlung, ein reger Überspielverkehr innerhalb Deutschlands und auch grenzüberschreitend herrscht.

Der Sternpunkt in Frankfurt stellt, durch einen Rechner gesteuert, die gewünschten Verbindungen auf hochqualitativen Leitungen der Deutschen Bundespost in Sekundenschnelle her. So lassen sich aktuelle Beiträge und Informationen schnell zu den einzelnen Redaktionen übermitteln, die sie dann bei nächster Gelegenheit zur Sendung geben können. Auch Festspielübertragungen und Gemeinschaftsprogramme, bei der sich alle ARD-Anstalten zusammenschalten, laufen über dieses Leitungsnetz.

Im Hauptschaltraum der einzelnen Funkhäuser werden die ankommenden und abgehenden Überspielleitungen wie in einer Telefonzentrale zu den entsprechenden Studios oder Senderegien weitervermittelt. Darüber hinaus durchlaufen auch die Sendeleitungen den Schaltraum zur Endkontrolle und zur Verbindung mit den angemieteten Leitungen zu den Senderstandorten.

Studiolaufwerke

Der im Studio verwendete "Gerätepark" (Equipment) unterscheidet sich trotz gleicher Grundkonzeption in wesentlichen Punkten von den Geräten der Amateure, denn Studioanlagen müssen häufig im Dauerbetrieb laufen.

Abgesehen von den höheren Qualitätsanforderungen steht an erster Stelle die Betriebssicherheit. Platten- und Bandlaufwerke, aber auch Verstärker und andere Komponenten sind sehr robust aufgebaut, wobei in der Schaltungstechnik wie in der mechanischen Technologie ein "gewisser Hang" zum Überdimensionieren besteht.

Profitechnik ist teuer

So kostet z.B. ein Stereomagnetbandgerät 20.000 DM (Telefunken M15) und ein Studioplattenspieler von EMT ca. 13.500 DM. Die robuste Bauweise und die hohe Verfügbarkeit erfordern besondere Maßnahmen beim Abspielen von Tonträgern: Das Auflagegewicht des Tonarmes liegt mit 2,5 p deutlich höher als beim gewöhnlichen Plattenspieler, und die Tonbänder, die beim Rundfunk mit einer Geschwindigkeit von 38 cm/s laufen, sind zwei- bis dreimal so dick wie sonst in der Hi-Fi-Technik üblich.

Bandrisse oder Dehnungen sind daher kaum zu erwarten. Zur schnelleren Handhabung werden die Bänder übrigens nicht auf Spulen, sondern freitragend auf scheibenförmige Bandkerne gewickelt. Um Bandsalat zu vermeiden, sind die Bandoberflächen aufgerauht, die einzelnen Windungen liegen daher fest und verschiebesicher aufeinander.

Der Studio-Pegel ist der Einheitspegel

Auch bei der Wahl des Modulationspegels hat man den sicheren Weg gewählt. Während sich in der Heimtechnik Ausgangsspannungen von ca. 200 mV eingebürgert haben, werden im Studiobereich generell 1,55 V bei Vollaussteuerung verwendet. Dieser Wert gilt für alle studiotechnischen Komponenten und liegt ausreichend hoch gegenüber möglichen Störeinflüssen.

Die Ein- und Ausgänge von Bandmaschinen, Regieeinrichtungen, Hallgeräten, Platten- und Kassettenspielern, Aktivlautsprechern u.a.m. sind auf diesen Pegel eingemessen, so daß man sie problemlos zusammenschalten kann. Lediglich die Mikrofone geben niedrigere Pegel ab, die jedoch mit speziellen Verstärkern im Mischpult auf den Normwert angehoben werden.

Symmetrische Leitungen - immer !

Die Ein- und Ausgänge aller Komponenten, vom Mikrofon bis zum Lautsprecher, sind außerdem erdsymmetrisch ausgelegt, die Verbindungen werden daher mit zwei masseunabhängigen Adern hergestellt, die zusätzlich geschirmt werden.

Dieser erhöhte Aufwand, der mit elektronischen Ein-und Ausgangsschaltungen oder einfach mit Symmetrieübertragern realisiert wird, lohnt sich, denn auf diese Weise lassen sich Störeinstreuungen auf Leitungen und Verbindungskabeln durch Kompensation eliminieren.

Die neuen digitalen Geräte (von 1988 !!)

Bei den digitalen Bandaufzeichnungsgeräten haben sich im Studiobereich zwei Systeme durchsetzen können. Auf der einen Seite stehen professionelle Kassettensysteme (wobei man auf bereits etablierte Videorecorder wie U-Matic oder Beta zurückgreifen konnte, denen lediglich ein Digitalprozessor vorgeschaltet werden muß), während man sich im anderen Fall an die 50 Jahre alte Offenspultechnik anlehnte.

Derartige Aufnahmemaschinen unterscheiden sich kaum von den Analoggeräten; auch sie verwenden ein 6,25 mm breites Tonband, das mit der studioüblichen Geschwindigkeit von 38 cm/s transportiert wird. Bei diesem Verfahren kann mit Einschränkungen sogar die mechanische Schnittmontage angewandt werden, während bei den Kassettensystemen der elektronische Schnitt, wie bei den Vi-deo-MAZ-Bändern, praktiziert wird.

Einen einheitlichen und leicht archivierbaren Digitaltonträger hat man für den Rundfunk noch nicht gefunden. Derzeit setzt man große Hoffnungen auf das aus Japan stammende DAT-Kassettenformat und auf die bereits avisierte bespielbare CD-Platte. Beide Schallspeicher genügen nicht nur den studiotechnischen Anforderungen, sie sind auch dank der hohen Speicherdichte so handlich, daß sie platzsparend in den Archivmagazinen unterzubringen sind. Auch die Abspielgeräte dürften in beiden Fällen um ein Vielfaches kleiner und leichter sein als die jetzigen Magnetbandspieler, so daß die Rundfunkstudios von morgen eher einem Wohnzimmer als einem Arbeitsraum mit platzgreifenden Abspielmaschinen gleichen werden.

Aufnahmen in Mehrspurtechnik

Bei der Aufzeichnung von Unterhaltungs- und Tanzmusik hat sich ein Aufnahmeverfahren bewährt, das unter der Bezeichnung Mehrspurtechnik bei der Schallplattenindustrie und beim Rundfunk mit Erfolg praktiziert wird.

Mit besonderen Tonbandmaschinen lassen sich nicht wie sonst üblich zwei, sondern mehrere Spuren (eingebürgert haben sich 16, 24 oder 32 Spuren) gleichzeitig oder auch nacheinander aufzeichnen.

Freilich reicht die übliche Bandbreite von 1/4 Zoll (6,25 mm) hierfür nicht aus; benötigt werden 1 oder 2 Zoll breite Tonbänder. Eine Aufnahmetechnik, bei der die Instrumente oder Instrumentengruppen und die Solisten nacheinander auf das Band spielen, bezeichnet man als Playback-Verfahren. Es brauchen nie alle Musiker gleichzeitig im Studio anwesend zu sein, und damit sie auch immer im richtigen Tempo spielen, können sie die bereits aufgenommenen Tonspuren bei der Aufnahme mithören, wobei man zweckmäßigerweise mit dem taktbestimmenden Schlagzeug beginnt. Nach und nach füllen sich so alle Tonspuren des Bandes mit den einzelnen Orchester- und Solostimmen, bis die Partitur vollständig aufgezeichnet ist.

Das Playback-Verfahren ermöglicht ein rationelles Arbeiten, da - wie angedeutet - nie alle Musiker gleichzeitig zur Stelle sein müssen; man ist also unabhängig von der Zeit. Man ist aber auch unabhängig vom Ort, denn man kann ein Mehrspurband in einem anderen Studio, das über die gleiche technische Einrichtung verfügt, ergänzen oder vervollständigen.

Bei der Aufnahme von Gesangstiteln werden in der Regel zunächst die begleitenden Orchesterstimmen eingespielt und erst danach die Vokalstimme hinzugefügt. Dabei können bei Bedarf mehrere Fassungen in verschiedenen Landessprachen hergestellt werden.

Eine Mehrspuraufnahme ist natürlich noch nicht sendefähig. Wenn die Künstler das Studio verlassen haben, beginnt die eigentliche Arbeit des Aufnahmeteams. Das Mehrspurband muß abgemischt und auf normales Studioband überspielt werden. Dabei werden die Pegel der einzelnen Spuren ausbalanciert und mit Panoramareglern die Positionen der Instrumente und Solostimmen auf der Stereobasis fixiert. Gegebenenfalls muß die, Aufnahme mit künstlichem Hall unterlegt werden, damit der Eindruck einer Weiträumigkeit entsteht. Mit diesen Manipulationen kann eine breite Skala an Klangmöglichkeiten, die den Charakter des Titels beeinflussen, erzeugt werden, die zu einem späteren Zeitpunkt eine neue, dem veränderten Zeitgeschmack angepaßte Fassung ergeben können.

Rundfunk-Außenübertragungen

Nicht selten müssen Veranstaltungen übertragen oder aufgezeichnet werden, die außerhalb der Rundfunkstudios stattfinden. Da in den meisten Veranstaltungsräumen keine Tonregien vorhanden sind, werden Übertragungswagen eingesetzt, die mit allen notwendigen Einrichtungen so ausgestattet sind, daß sie einen Rundfunk-Regieraum ersetzen können.

Übertragungsfahrzeuge enthalten komplette Regietische mit 40 und mehr Eingangskanälen, zwei bis drei Bandlaufwerke, u.U. auch Digitalaufnahmeeinrichtungen, Geräte für die künstliche Verhallung und häufig auch einen Monitor, auf dem man das Geschehen im Saal über eine kleine Fernsehkamera verfolgen kann. Die Mikrofonleitungen werden, meist fünf- oder zehnfach in einem mehradrigen Kabel gebündelt, von großen Trommeln abgewickelt und zur Bühne des Aufnahmeraumes gezogen. Diese Kabelleitungen können auch für Lichtzeichen und Sprechverbindungen benutzt werden.

Bei Unterhaltungssendungen wird nicht nur das akustische Geschehen mikrofontechnisch eingefangen, häufig muß das Ü-Wagenpersonal auch für eine ausreichende Saalbeschallung sorgen.

Wird die Veranstaltung direkt übertragen, benötigt man Sendeleitungen zum Funkhaus, die von der Bundespost angemietet werden. Für derartige Fälle werden meist auch Telefonverbindungen eingerichtet, um erforderliche Absprachen treffen zu können.

Die Ü-Wagen der Rundfunkleute

An die Fahrzeugtechnik von Ü-Wagen werden besondere Anforderungen gestellt, wobei vor allem die hohen Achslasten einen ausgewogenen und gut überlegten Innenausbau erfordern. Im Karosseriebereich sind zudem besondere Vorkehrungen für die klimatischen und akustischen Bedingungen zu treffen. Die Wand- und Deckenverkleidungen müssen nicht nur eine hohe Schall- und Wärmedämmung aufweisen, sie müssen auch in hohem Maße absorptionsfähig gestaltet werden, um Reflexionen, die sich in einem Innenraum besonders störend auswirken, weitgehend zu unterbinden.

Nicht immer sind große Übertragungswagen notwendig; bei Reportagen und Sportveranstaltungen haben sich Kleintransporter und PKWs als Reportagewagen bewährt. In vielen Fällen reichen besondere Reportage-Bandgeräte aus, mit denen der Redakteur das Interview nicht nur selbst aufzeichnen, sondern mit einem eigens geschalteten Leitungsanschluß auch direkt in das Funkhaus überspielen kann.

Um den Reporter nicht unnötig zu belasten, werden vielfach batteriegespeiste und speziell konzipierte Kassettenrecorder verwendet. Zur weiteren Schnittbearbeitung muß die Aufzeichnung im Funkhaus allerdings auf Studioband umgeschnitten werden.

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